Gebet um den Heiligen Geist (2)

Gott will in jedem Menschen durch den Heiligen Geist auf eine ganz einmalige und einzigartige Weise wirken. Der Heilige Geist schenkt sich selbst jedem Menschen als Gott für mich und in mir. Er wird so ganz zum Inhalt meines Lebens und zeigt sich mir als Erfüllung und als das Beste meines Lebens. Wer sich so vom Heiligen Geist führen und beschenken lässt, in dem scheint der Glanz des Geistes in diese Welt.

„Der Heilige Geist hat keine eigene Ikone, keinen eigenen Namen. Die Heiligung besteht eben darin, dass jedes Wesen, ja jedes Ding zu einer solchen Ikone und zu einem solchen Namen werden. Wenn die Menschen durchsichtig für den Heiligen Geist sind, wenn sie seine Schönheit und Güte widerspiegeln, wenn sie vollkommen ein Leben in ihm führen und wahrhaftig seinen Duft verbreiten, werden sie einerseits vollkommen sie selbst als Personen und andererseits werden sie zu wirklichen Ikonen und Namen des Heiligen Geistes.“ (Alexander Schmemann)

Maria hat auf vollkomene Weise den Heiligen Geist an sich wirken lassen. So können wir Maria als erste Ikone, erste Sichtbarwerdung des Geistes bezeichnen. Maria ist die erste in der gesamten Schöpfung, durch die wir den Heiligen Geist kennen lernen. Schauen wir auf ihr Beispiel. Lassen wir uns von ihr führen zur Erfahrung des Heiligen Geistes und zur Begegnung mit ihrem Sohn.

Gebet um den Heiligen Geist (1)

pfingsten201005.jpgIn den Tagen nach Chrisi Himmelfahrt sehen wir Maria im Kreis der Jünger, wie sie zusammen mit ihnen im Gebet um den Heiligen Geist vereint ist. (Apg 1,12-14) Was Maria an sich erfahren hat und ihr ganzes Leben vertieft hat, das gibt sie an die Jünger weiter. Sie kennen den Heiligen Geist noch nicht. In seinen Abschiedsreden hat Jesus zu ihnen vom Heiligen Geist gesprochen, sie kennen ihn also vom Hörensagen, haben aber sein Wirken noch nicht erfahren.Maria kennt das Wirken des Geistes. Wir können sagen, dass ihr Leben eine einzige Erfahrung des Heiligen Geistes war. Immer tiefer ist sie durch den Heiligen Geist in das Geheimnis Gottes und somit auch in das Geheimnis ihres Sohnes eingedrungen. Maria lehrt die Jünger, um den Heiligen Geist beten. Die Apostel wussten um die besondere Erwähltheit Mariens. Daher ist für sie die Hilfe und der Beistand Mariens wichtig in diesen Stunden vor Pfingsten.

Bitten auch wir Maria, dass sie uns über den Heiligen Geist belehrt, dass sie uns zeigt, wie wir in rechter Weise um den Heiligen Geist beten sollen, dass sie uns hilft, uns ganz seinem Wirken zu öffnen, wie sie es getan hat. Papst Paul VI. hat einmal gesagt:

„Wir Christen brauchen als Allererstes das Gebet zum Heiligen Geist und zur Muttergottes, die uns zu ihm führt, genauso, wie sie uns zu Christus trägt. Er ist der Lebensspender, der Heiligmacher. Er ist der Friede und die Freude, ist Unterpfand und Anfang des seligen und ewigen Lebens. Wir müssen im Heiligen Geist leben, ganz von seiner Liebe durchdrungen und erfüllt sein, um ein Leben im Dienste der Liebe zu Gott und dem Nächsten leben zu können.“

Bleiben und bewahren

Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm. (1Joh 4,16) 

Bleiben – Menschen brauchen eine Bleibe, ein Dach über dem Kopf, aber mehr als das, einen Ort, der ihnen Geborgenheit schenkt, Menschen, die Geborgenheit schenken.  

Sieh zu, wo du bleibst! Wer einen Menschen so von sich wegstößt, der will nichts mit ihm zu tun haben. 

Einen Ort zu haben, wo ich hinkommen kann, wo ich bleiben kann, gerade auch dann, wenn es mir nicht so gut geht und ich Trost und Hilfe brauche, jeder Mensch ist froh, wenn er einen solchen Ort hat. 

Was bleibt? Wir sehen, wie alles um uns sich verändert, oft in rasantem Tempo. Gewohnte Strukturen, vertraute Gesichter, die einem heute das Gefühl von Heimat vermitteln, sind vielleicht morgen nicht mehr da. Es wird vieles modernisiert, entpersonalisiert, kommerzialisiert. Und wo bleibt der Mensch? 

Bleibt in meiner Liebe. – Gott will uns einen Ort bieten, eine Heimat, die uns immer verfügbar nahe ist, egal wie das drum herum sich ändert. Gott geht nicht weg von einem Tag auf den anderen. Er lässt sich auch nicht wegrationalisieren oder umstrukturieren. Gott bleibt. 

Ich bin der ich bin – Gott bleibt immer Gott. Auch wenn alles Vertraute aus meiner Umgebung geschwunden ist – Gott bleibt. Und überall da, wo Menschen in Gott bleiben, kann der Raum wachsen, in dem Menschen wieder neu Heimat und Geborgenheit finden. 

Gott, lass mich in deiner Liebe bleiben, lass mich bei Dir Geborgenheit erfahren – und lass mich eine Bleibe sein für andere. 

Nichts soll dich ängstigen, 

nichts dich erschrecken, 

alles vergeht. 

Gott allein bleibt derselbe. 

Wer Gott besitzt, 

dem kann nichts fehlen. 

Gott allein genügt. 

(Teresa von Avila)

Ja zum Heiligen Geist

„Der Heilige Geist tritt in dem Maß in unser Leben ein, in dem wir ihm durch unser Ja das Herz öffnen. Je stärker das Ja ist, um so vollkommener ist das Geschenk seiner Gegenwart. Zum besseren Verständnis können wir auf eine ganz einfache Wirklichkeit Bezug nehmen: auf das Licht. Wenn die Fensterläden fest geschlossen sind, kann die Sonne, obwohl sie scheint, das Haus nicht erleuchten. Wenn ein kleiner Spalt offen ist, tritt ein Lichtstrahl ein; wenn man den Fensterladen ein bisschen weiter öffnet, wird es im Zimmer heller; aber erst wenn alles vollständig offen ist, können die Sonnenstrahlen den Raum erhellen und erwärmen. Maria wird vom Engel begrüßt als „voll der Gnade“, was genau das bedeutet: Ihr Herz und ihr Leben sind ganz offen für Gott und deshalb vollständig von seiner Gnade erfüllt.“

Papst Benedikt XVI.

Marias persönliches Pfingsten

In der Heiligen Schrift ist nicht oft von Maria die Rede, aber wenn wir ihr dort begegnen, dann an den entscheidenden Wendepunkten, die bis heute die Geschichte der Welt bestimmen.

Die Menschwerdung Gottes beginnt mit dem Ja Mariens. Wir hören von Marias ganz persönlichem Pfingsten. „Der Heilige Geist wird über dich kommen,“ (Lk 1,35) so verheißt es ihr der Engel Gabriel. Maria ist so die erste, die das Wirken des Heiligen Geistes in seiner ganzen Fülle an sich erfährt.

Wir erfahren in dieser Begegnung Marias mit dem Heiligen Geist auch etwas über uns. Auch uns ist diese Begegnung mit dem Heiligen Geist verheißen. Nur so können wir Gottes Willen – und Gott hat mit jeder und jedem von uns einen Plan – erkennen und erfüllen. Der Heilige Geist will jeden Menschen erfüllen und ihn in seiner Einzigartigkeit rufen in die persönliche Begegnung mit Gott.

„Es ist die eigentliche Funktion des Heiligen Geistes, menschliche Wesen als Personen zu erfüllen. Der Heilige Geist ist für jeden Menschen das höchste Geschenk der Einzigkeit, dieser Einzigkeit, die den ewigen und absoluten Wert jeder Person begründet. Gott ist für jeden Menschen eine einzigartige und persönliche Enthüllung, als sähe jede Person in Gott in einer ausschließlichen Beziehung, in einer einzigartigen Liebe und in persönlichster Gemeinschaft ein einzigartiges, ihr zugewandtes Antlitz.“ (Alexander Schmemann)

Maria zeigt uns, wie diese persönliche Begegnung mit Gott im Heiligen Geist gelingen kann. Wenn wir ihrem Beispiel folgen und unser Ja zu Gott im entscheidenden Moment sagen und unser ganzes Leben lang wiederholen, dann wird auch unser Leben zu seiner höchsten Erfüllung gelangen, einer Erfüllung, von der wir vielleicht jetzt noch gar kleine Vorstellung haben.

Der Sühnegedanke von Fatima

Ein zentrales Anliegen der Botschaft von Fatima ist die Bitte Mariens, Sühne zu leisten für die Sünden der Menschen. Bereits bei der ersten Vision fragt sie die Kinder:

„Wollt ihr euch Gott darbieten, um alle Leiden zu ertragen, die er euch schicken wird, zur Sühne für die Sünden, durch die er beleidigt wird und als Bitte um die Bekehrung der Sünder?”

Gott will nicht nur, dass der Mensch das Angebot seiner Liebe annimmt, er will auch, dass der Mensch mitwirkt an der Rettung der Sünder. Die stärksten Waffen gegen die Sünde sind die Liebe und das Gebet. Wer mit diesen Waffen kämpft, kann nicht nur sich selbst vor der Sünde bewahren, sondern auch andere aus der Macht der Sünde retten.

Vielleicht haben einige schon erfahren, was es bewirken kann, wenn man für andere betet. Es können wahre Wunder geschehen. Was nach rein menschlichen Maßstäben aussichtslos erschien, ist plötzlich geschehen. So kann das Gebet für einen Menschen diesem auch helfen, sich aus den Fängen der Sünde zu befreien und den Weg zu finden, zu einem Ja zu Gott.

„Indem Gott Sühne verlangt, lässt er den Menschen mit seiner Liebe mitwirken und an der Aufarbeitung der Sünde mittätig sein.“ (Leo Kardinal Scheffczyk) Papst Pius XII. sagt:

„Die Sühne für andere ist ein wahrhaft erregendes Geheimnis, das man niemals genug betrachten kann: dass nämlich das Heil vieler abhängig ist von den Gebeten und freiwilligen Bußübungen der Glieder des geheimnisvollen Leibes Jesu Christi, die sie zu diesem Zwecke auf sich nahmen.“

Die Muttergottes legt uns in Fatima besonders das Rosenkranzgebet ans Herz. Gerade das von ihr offenbarte Gebet am Ende jedes Gesätzes kann uns helfen, den Gedanken der Aufopferung lebendig zu halten: „O mein Jesus, verzeihe uns unsere Sünden; bewahre uns vor dem Feuer der Hölle, führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen.“

Die Marienerscheinungen von Fatima

Vom 13. Mai bis zum 13. Oktober 1917 ist die Muttergottes bei Fatima in Portugal drei einfachen Hirtenkindern sechs Mal erschienen. Die Botschaften, die Lucia, Francisco und Jacinta damals empfangen haben, sind bis heute von größter Bedeutung für die ganze Welt. Päpste sind nach Fatima gepilgert, zusammen mit Millionen von Gläubigen. Auf der ganzen Welt haben sich Fatima-Gebetskreise gebildet. Die Rettung der Seelen und der Friede der Welt, dafür zu beten ruft uns Maria in besonderer Weise auf.

Papst Johannes Paul II. hat es in besonderer Weise dem Schutz Mariens zugeschrieben, dass er das auf ihn verübte Attentat am 13. Mai 1981 überlebt hat. Unter der blauen Weltkugel der Statue der Muttergottes in der Erscheinungskapelle von Fatima wurde bei seinem Besuch am 13. Mai 1982 jene Kugel angebracht, welche nach dem Attentat auf dem Petersplatz aus seinem Körper herausoperiert wurde. Er hat die Botschaft von Fatima ernst genommen und die Weihe der Welt an das Unbefleckte Herz Mariens vollzogen. In einem von ihm verfassten Gebet heißt es: 

„O Mutter der Menschen und der Völker, Du kennst all ihre Leiden und Hoffnungen, Du fühlst mit mütterlicher Anteilnahme alles Kämpfen zwischen Gut und Böse, zwischen dem Licht und der Dunkelheit, von der die Welt befallen ist – erhöre unseren Ruf, den wir im Heiligen Geist unmittelbar an Dein Herz richten. Umfange mit der Liebe der Mutter und der Magd des Herrn jene, die diese liebende Zuneigung am meisten ersehnen, und zugleich auch diejenigen, auf deren Vertrauen Du besonders wartest! Nimm die ganze Menschheitsfamilie, die wir mit liebender Hingabe Dir, o Mutter, anvertrauen, unter Deinen mütterlichen Schutz. Mögen allen Menschen Zeiten des Friedens und der Freiheit, Zeiten der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Hoffnung beschieden sein!“