Dann machten sich die sieben Engel bereit, die sieben Posaunen zu blasen. (Offb 8,6)
In der Offenbarung des Johannes finden sich drei
Siebenerreihen, in denen Gottes Strafen an der Welt vollzogen werden. Da sind
zunächst die sieben Siegel, mit denen das Buch der Weltgeschichte versiegelt
ist, und die durch das Lamm geöffnet werden. Sie offenbaren den gewalttätigen
Verlauf der Geschichte. Herrscher erheben sich und werden gestürzt, Reiche
entstehen und werden selbst wieder erobert, Mensch und Umwelt werden auf Kosten
des Profits ausgebeutet und so kommen Katastrophen über die Welt.
Die Engel mit den sieben Posaunen kündigen weitere Strafen
Gottes an und am Ende werden noch die sieben Schalen des Zorns über die Erde
ausgegossen. Warum aber straft Gott die Welt? Die Geschichte der Welt eine
Geschichte der Entfremdung des Menschen von Gott. Nur wenige bleiben Gott treu
und diese Getreuen Gottes sind oft den Anfeindungen ihrer Mitmenschen
ausgesetzt. Nur wenige dienen Gott in Heiligkeit, ohne ihre eigenen Interessen
zu verfolgen. Nur wenige suchen Gott, immer wieder wird Gottes Liebe verletzt.
Die Apokalypse zeigt, dass Gott diesem Tun der Menschen auf
Dauer nicht tatenlos zusieht. Vielleicht bleibt Gottes Handeln oft auch
verborgen, Johannes aber sieht, wie Gott eingreift. Gott kann nicht zulassen,
dass seine Liebe verletzt wird.
Zorn Gottes heißt im Alten und endgültig im Neuen Testament
jene vollkommene Bestimmtheit der Liebe Gottes, mit nichts, was ihrem
lautersten Feuer widerspricht, paktieren zu können und zu wollen. Das Böse, das
sich in die Herzen der Menschen eingefressen hat, muss um jeden Preis weg und
aus der Welt so hinausgeworfen werden, dass es nichts mehr zu verzehren hat.
(Hans Urs von Balthasar)
Gottes Strafe kann so als Zeichen seiner Liebe verständlich
werden. Liebe muss gegen das kämpfen, was der Liebe widerspricht. Das Böse
gutheißen ist keine Liebe, Liebe kann das nicht gutheißen, was die Liebe
zerstört. Aber dennoch ist es für uns Menschen schwer, zwischen Gut und Böse zu
unterscheiden. Daher ist der Zorn der Liebe allein Gott vorbehalten. Wir müssen
uns an Jesu Wort halten, dass wir nicht richten und verurteilen dürfen. Wir
sollen lieben, in der Liebe wachsen, uns stets selbst prüfen, ob wir in der Liebe
sind. Gott wird die Menschen die lieben beschützen, auch wenn sie in der Welt
dem Treiben des Bösen ausgeliefert sind.
Und die Stimme aus dem Himmel, die ich gehört hatte, sprach noch einmal zu mir und sagte: Geh, nimm das Buch, das der Engel, der auf dem Meer und auf dem Land steht, geöffnet in der Hand hält! Und ich ging zu dem Engel und bat ihn, mir das kleine Buch zu geben. Er sagte zu mir: Nimm und iss es! In deinem Magen wird es bitter sein, in deinem Mund aber süß wie Honig. Da nahm ich das kleine Buch aus der Hand des Engels und aß es. In meinem Mund war es süß wie Honig. Als ich es aber gegessen hatte, wurde mein Magen bitter. Und sie sagten zu mir: Du musst noch einmal weissagen über viele Völker und Nationen mit ihren Sprachen und Königen. (Offb 10,8-11)
Das Bild von der Buchrolle, die der Prophet essen soll,
finden wir bereits beim Propheten Ezechiel (Ez 2,8-3,7). Der Prophet hört nicht
nur die Worte Gottes, die er verkünden soll, er isst sie, nimmt sie ganz in
sich auf, verdaut sie, so dass sie ganz Teil seiner selbst werden. Ruminatio
ist ein Wort für die Betrachtung der Heiligen Schrift, das an dieses Bild
erinnert. Wörtlich bedeutet dies Widerkäuen. Durch ständige Betrachtung nehmen
wir die Worte der Heiligen Schrift in uns auf, wir sagen sie uns entweder laut
(wie es die Väter getan haben) oder im Geist immer wieder vor, bis sie ein
Bestandteil unserer selbst werden, bis diese Worte in uns leben und unser Leben
verändern.
Die Bibel können wir nicht lesen wie jedes andere Buch. Sie
ist kein Roman, der unserer Unterhaltung dient, sie ist kein Sachbuch, das
unser Wissen erweitert. Die Heilige Schrift, das sind Worte des Lebens. Ihre
Worte sollen unser Leben bestimmen. Wir verstehen die Schrift nur, wenn wir sie
auch leben. Es kann sein, dass ihre Worte bei jedem Lesen eine neue Bedeutung
für uns gewinnen. Es kann sein, dass eine Stelle für uns lange unverständlich
bleibt und wir dann plötzlich ihren Sinn verstehen.
Nehmen wir täglich die Heilige Schrift zur Hand und
vergessen wir nicht, beim Lesen auch zu verweilen. Es ist gut, einen Überblick
über die Schrift zu haben, aber ihren tieferen Sinn erschließt sie uns erst,
wenn wir in die Tiefe gehen. In einem Vers, ja sogar einem einzelnen Wort kann so
viel Sinn stecken, dass wir ganze Bücher damit füllen könnten.
Johannes nimmt wie der Prophet Ezechiel das Buch aus der
Hand des Engels. Er versteht nun den Sinn der Weltgeschichte, er versteht
Gottes Plan mit der Menschheit. Aber dieses Verstehen ist nicht so wie
beispielsweise das Verstehen in der Mathematik. Gottes Pläne sind keine
einfachen Gleichungen, Gottes Geschichte mit den Menschen ist keine klare
Abfolge. Es gehört auch zum Verständnis der Schrift, dass uns klar wird, dass
ihre Deutung offen bleibt. Nur mit Bildern kann Johannes das vermitteln, was er
gesehen hat. Es sind Bilder, die offen sind für Deutung und nicht Bilder, die
wie ein Film zeigen, was geschieht.
Ich denke wir haben im Zeitalter von Fernsehen und anderer
Medien die Phantasie verlernt. Wir bekommen ständig Bilder geliefert, die genau
zeigen, was irgendwo auf der Welt geschehen ist. Früher waren die Menschen auf
das angewiesen, was sie selbst gesehen haben und andere ihnen erzählt haben.
Aber wenn wir einmal aufmerksam hinsehen, müssen wir verstehen, dass auch das
Fernsehen nie ein Abbild der Wirklichkeit liefert, sondern immer nur eine
Deutung. Ein zweiminütiger Nachrichtenbeitrag kann niemals ein Geschehen
objektiv widergeben, ja selbst die Auswahl der Bilder ist schon Deutung.
Menschen wollen Fakten und bekommen doch allzu oft Fake News
oder zumindest nur die halbe Wahrheit. Wenn wir ein Geschehen in der Welt
wirklich verstehen wollen, müssen wir uns viele verschiedene Informationen dazu
holen. Dann werden sich uns vielfältige Aspekte und Hintergründe auftun.
Freilich, das ist mühsam und kein Mensch hat die Zeit und Fähigkeit, alle
Informationen genau zu prüfen, aber es lohnt sich, das eine oder andere näher
zu prüfen und vor allem stets vorsichtig mit dem umzugehen, was an uns
herangetragen wird.
Der Seher Johannes bekommt Informationen aus erster Hand.
Mit dem Bild vom Engel und der Schriftrolle will er zeigen, wie wichtig seine
Worte sind und dass es für seine Leserinnen und Leser lebensentscheidend ist,
auf sie zu hören. Es lohnt sich, die Bilder der Offenbarung immer wieder zu
betrachten und so nach und nach ihren Sinn zu verstehen. Sie wollen uns keine
Angst machen, aber sie wollen uns deutlich machen, wie wichtig es ist, sich zu
entscheiden, auf welcher Seite man steht. Christentum ist keine Religion der
Bequemlichkeit. Wer ernsthaft Christ sein will, steht im Spannungsfeld der
Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse. Er ist berufen, Zeugnis abzulegen für
Jesus Christus, den Herrn des Lebens.
Isidor von Madrid, der am Ende des 11. und zum Beginn des 12.
Jahrhunderts in Madrid lebte, war Bauer, Pächter auf dem Land eines Adligen. Über
seine Lebenszeit gibt es unterschiedliche Angaben, entweder von etwa 1040 bis 1130
oder von 1082 bis 1172. Der Legende nach wurde er 90 Jahre alt, was sich in
beiden Angaben widerspiegelt. Sein Todesjahr 1172 berechnet sich nach der
Öffnung seines Grabes im Jahr 1212, bei der man seinen Leichnam unversehrt
vorfand und die 40 Jahre nach seinem Tod erfolgt sein soll. Ende des 13.
Jahrhunderts verfasste ein Diakon namens Johannes die Lebensgeschichte Isidors.
Vielleicht macht es uns stutzig, warum der Stadtheilige von
Madrid Bauer ist. Wenn wir aber ein wenig über die Geschichte der Stadt nachlesen,
erscheint uns das nicht mehr so seltsam. Madrid geht wahrscheinlich nicht auf
eine Gründung der Römer zurück, erste historische Belege finden sich im 9.
Jahrhundert. Damals waren große Teile Spaniens muslimisch. Im Jahr 711 hatten
die Mauren das Westgotenreich erobert und auf der iberischen Halbinsel das
muslimische Reich al-Andalus errichtet. Nur im Norden Spaniens konnten sich die
Christen halten. Von dort begann die christliche Rückeroberung Spaniens, die
Reconquista, die bis zum Jahr 1492 dauerte.
Im 9. Jahrhundert bestand Madrid aus einer maurischen Burg und
einer Siedlung. Der Name des Ortes weist vermutlich auf den Wasserreichtum der
dortigen Gegend hin. Im Jahr 1083 war die Reconquista in Madrid angekommen, Festung
und Ort wurden von den Christen erobert. Eine muslimische Belagerung im Jahr
1109 blieb erfolglos, Madrid war fortan christlich. Der Ort wuchs zu einer
Stadt, deren Aufstieg zu der Weltmetropole, als die wir sie heute kennen, jedoch
erst begann, als die spanischen Könige im Jahr 1561 Madrid als Residenz und
Hauptstadt wählten.
Zur Zeit Isidors war Madrid also durchaus ländlich geprägt
und die Zeiten, in denen er lebte, waren ziemlich turbulent. Sie waren geprägt
von den Kämpfen und Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen. Wahrscheinlich
war die Bevölkerung noch lange Zeit gemischt, die christliche Herrschaft noch
nicht gefestigt, sicher kam es zu Streit zwischen den unterschiedlichen
Bevölkerungsgruppen. Es ist anzunehmen, dass der adlige Pachtherr, dem Isidor
diente, das Land aufgrund seiner Verdienste bei der Reconquista erhalten hat,
Land, das zuvor muslimischen Herren gehört hatte. Um das Land zu bestellen,
warb er christliche Pächter an, von denen einer Isidor gewesen ist.
Um das Christentum in den neu erworbenen Gebieten zu
festigen, bedurfte es Vorbilder für christliches Leben, besonders auch für die
einfache Bevölkerung. Es ging darum, die Fruchtbarkeit des Landes zu steigern
und somit die christliche Herrschaft abzusichern. Zugleich sollte der
christliche Glaube das Volk einen und gegen die immer noch vorhandenen
muslimischen Einflüsse stärken.
Gott ist es, der die Fruchtbarkeit des Landes schenkt und
daher ist für einen guten Ertrag neben dem Fleiß der Bauern auch deren
Frömmigkeit wichtig. Dass Gott selbst den Lohn der Frommen gibt, auch wenn
diese sich mehr dem Gebet als der Arbeit widmen, macht eine Legende aus dem
Leben des Heiligen Isidor deutlich. Sie sollte auch uns zu denken geben, die
wir in einer Zeit leben, in der viele Menschen nur noch auf die eigene Leistung
schauen und vergessen, dass auch Gott seinen Teil schenkt, wenn wir auf ihn vertrauen.
Neidische Nachbarn verklagten Isidor bei seinem Herrn und
erzählten, dass Isidor vor lauter Frömmigkeit die Äcker und Weiden verkommen
lasse. Der Pachtherr erschien persönlich, gerade als Isidor nach der Heiligen
Messe die Kirche verließ. Isidor hörte den Tadel seines Herrn schweigend an. Am
Ende bat er ihn, mit ihm aufs Feld zu gehen. Dort angekommen, sah der Herr, wie
ein Gespann mit zwei weißen Stieren, das von einem Engel geführt wurde, in
geraden, tiefen Furchen den Acker pflügte.
Obwohl selbst sehr arm, war Isidor ein sehr freigiebiger
Mensch. Er half jedem, den er in Not sah. Selbst zu den Tieren war er gut,
wovon eine weitere Legende erzählt, die uns gerade in der heutigen Zeit, in der
die Zerstörung der Natur dramatische Ausmaße annimmt, zu denken geben sollte.
Zusammen mit seinem hartherzigen Nachbarn war Isidor im
Winter mit einem Sack Getreide auf dem Rücken auf dem Weg zur Mühle. Da sahen
sie einen großen Schwarm hungernder Vögel. Sogleich streute Isidor aus seinem
Sack den Vögeln reichlich Futter hin. Der Nachbar aber war empört über diese
Verschwendung guten Brotgetreides. Als aber später die Säcke der beiden vom
Müller gemahlen wurden, brachte der halbe Sack Isidors zwei Säcke voll von
feinstem Mehl, der volle Sack des Nachbarn aber brachte nur einen halben Sack
schlechtes Mehl.
Isidor war verheiratet mit Maria de la Cabeza und hatte einen
Sohn. Die Legende berichtet vom vorbildlichen christlichen Lebenswandel des
Ehepaares. Eines der Wunder Isidors galt der Rettung seiner Familie. Eines
Tages fiel sein kleiner Sohn Illan zusammen mit dem Körbchen, in dem er lag, in
einen Brunnen. Die Mutter stand hilflos daneben und wusste nicht, wie das Kind
zu retten sei. Da begann Isidor mit ihr inständig zu beten und das Wasser des Brunnens
stieg bis zu dessen Rand und brachte das Kind in seinem Körbchen unversehrt an
die Oberfläche. Isidors Frau zog sich bald nach diesem Wunder zurück und lebte
ganz für Gott im Gebet. Sie verstarb im Ruf der Heiligkeit.
Isidor hatte ein langes Leben und soll seine Sterbestunde vorausgesagt
haben. Als man nach 40 Jahren seinen Sarg öffnete, fand man den Leichnam
unversehrt. Seine Gebeine wurden daraufhin in die Andreaskirche übertragen. Diese
lag direkt neben dem Haus des Gutsherrn, in dem Isidor verstorben sein soll.
Das Haus wurde im 17. Jahrhundert zu einer Kapelle umgebaut und ist heute Museum
für Isidor und die Frühgeschichte von Madrid. Die daran angrenzenden
Ländereien, die Isidor selbst bewirtschaftet hat, sind heute ein nach ihm
benannter Friedhof und Park. Die Kirche San Isidro mit Friedhof und Park findet
man, wenn man die Altstadt Madrids im Südwesten verlässt und den Fluss
Manzanares auf der Puente de San Isidro überquert. So wird bis heute die
Bedeutung dieses Heiligen für die Stadt Madrid deutlich.
Im Jahr 1620 wurden die Gebeine Isidors und seiner Frau in
die ihm geweihte Jesuitenkirche im Zentrum von Madrid übertragen. Isidor wurde im
Jahr 1619 seliggesprochen und am 12.März 1622 zusammen mit Ignatius von Loyola,
Franz Xaver, Theresia von Avila und Philipp Neri durch Papst Gregor XV. heiliggesprochen.
Er ist Patron der Bauern. Auch in Deutschland gibt es bis heute
Isidorbruderschaften, die sein Andenken lebendig erhalten.
Sie werden keinen Hunger und keinen Durst mehr leiden und weder Sonnenglut noch irgendeine sengende Hitze wird auf ihnen lasten. Denn das Lamm in der Mitte vor dem Thron wird sie weiden und zu den Quellen führen, aus denen das Wasser des Lebens strömt, und Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen. (Offb 7,16-17)
Der vierte Sonntag der Osterzeit ist der Sonntag vom Guten
Hirten. Zu diesem Thema kommen uns vor allem die Texte aus dem
Johannesevangelium in den Sinn, in denen sich Jesus als der gute Hirte
beschreibt. Wir denken auch an Psalm 23, mit seinen ergreifenden Worten von der
Hirtensorge Gottes. Aber an die Offenbarung des Johannes werden wir spontan
wahrscheinlich nicht denken. Und doch wird wohl nirgendwo sonst so konkret
beschrieben, wie sich Gottes Hirtensorge zum Ausdruck bringt.
Diese Welt ist für den Menschen kein Paradies. Krankheit und
Not können allen widerfahren. Schon gleich an ihrem Beginn wird in der Bibel
darüber nachgedacht, warum das so ist. Warum hat Gott die Erde nicht als
Paradies erschaffen, in dem es allen Menschen gut geht? Die Antwort der Bibel
lautet: wegen seiner Sünde wurde der Mensch aus dem Paradies vertrieben und
muss im Schweiße seines Angesichts für seinen Lebensunterhalt sorgen. Die Frage
nach dem “Warum?” wird gerade an religiöse Menschen immer wieder
herangetragen. Warum lässt Gott das Leid zu? Warum treffen harte
Schicksalsschläge auch gute und fromme Menschen?
Wir werden keine befriedigende Antwort auf diese Fragen
finden. Die Antwort Gottes ist das geschlachtete Lamm der Offenbarung. In
seinem Sohn Jesus Christus hat Gott selbst alle Mühsal und alles Leid der Welt
auf sich genommen. Freiwillig hat er sich dem Tod ausgeliefert, um zu zeigen,
dass Leid und Tod nicht das Letzte sind. Nach jedem Schmerz wartet eine neue
Freude, nach jedem Tod wartet das Leben. Es bleibt uns nicht erspart, durch
diese dunklen Mauern hindurch zu gehen, aber Gott geht mit uns diesen Weg und
nach dem Dunkel kommt das Licht, oft bereits in diesem Leben, immer im neuen
Leben bei Gott.
Das Bild der Offenbarung, das dem Leiden unter Hunger, Durst
und Sonnenglut einen paradiesischen Garten gegenüberstellt, in dem es frisches
Wasser und Schatten gibt, ist nicht nur eine Vertröstung auf das Jenseits.
Freilich, Johannes schreibt die Offenbarung zunächst an Christen in der
Bedrängnis, die jederzeit damit rechnen müssen, für ihren Glauben ins Gefängnis
oder gar in den Tod zu gehen. Er macht ihnen Mut und zeigt, dass Gottes Macht
größer ist als die Mächte, die gegen Gott und seine Getreuen kämpfen. Aber es
wird ein Ende der Verfolgung geben. Gott vergisst seine Getreuen nicht und wer
standhaft ausharrt, wird auf unerdenkliche Weise belohnt werden.
Blicken wir auf das Lamm, es ist geschlachtet, wie tot, aber
doch ist es voller Leben. Dieses Lamm ist Christus, der Sieger über Leiden und
Tod. Im Blick auf ihn finden wir Antwort auf all unsere Fragen, im Vertrauen
auf ihn werden wir alles überwinden, er gibt uns Kraft im Leiden und Mut in der
Verzweiflung, er stillt unseren Durst nach Leben und schenkt uns Schatten in
der Glut der Versuchung.
Ich sah und ich hörte die Stimme von vielen Engeln rings um den Thron und um die Lebewesen und die Ältesten; die Zahl der Engel war zehntausend mal zehntausend und tausend mal tausend. (Offb 5,11)
Der Seher Johannes wurde in den Himmel entrückt und vor
Gottes Thron, der umgeben ist von vier geheimnisvollen Lebewesen. Um den Thron
herum stehen die Sitze von 24 Ältesten und in deren Mitte thront Jesus Christus
als geschlachtetes Lamm. Das Zentrum des Thronsaales ist umgeben von einer
unüberschaubar großen Zahl von Engeln. Es sind Bilder, die teilweise der
Gotteserscheinung bei Ezechiel entsprechen, dabei aber neu gedeutet werden. Es
ist ein Bild der Herrlichkeit Gottes. Gottes Thronsaal ist prächtiger, als die
feinsten und kostbarsten Edelsteine, die man sich auf Erden vorstellen kann.
Der Seher versucht das Unbeschreibliche mit menschlichen Worten zu beschreiben.
Was er sieht ist größer als alle auf Erden vorstellbare Pracht. Der römische
Kaiser – der in der Offenbarung immer als Bezugspunkt mitklingt – kann mit all
seiner Pracht, seinen Palästen und Hofleuten nicht einmal einen kleinen
Bruchteil dieser Herrlichkeit erreichen.
Der himmlische Chor singt das Lied des Lammes. Christus
erscheint in der Offenbarung als blutendes, geschlachtetes Lamm mit sieben
Hörnern und sieben Augen. Das Lamm steht für Friedfertigkeit und Reinheit,
zugleich aber zeigen die sieben Hörner seine unbegrenzte Macht und die sieben
Augen seinen Einfluss auf die ganze Welt. In diesem Lamm vereinen sich absolute
Macht und absolute Gerechtigkeit. Das Lamm ist mächtig und doch geschlachtet,
es wurde getötet, aber es lebt.
Dieses Bild erscheint uns sonderbar. Warum zeigt uns
Johannes Christus nicht als Mensch, als Auferstandenen mit Wundmalen und
Siegesfahne? Weil das Bild vom geschlachteten Lamm am eindrucksvollsten das
Wesen Christi beschreiben kann. Sanft wie ein Lamm, zart und lieblich, zugleich
ein Opfertier, wie es das Altes Testament beschreibt. Durch sein Blutopfer hat
es die Sünden der Welt getilgt. Und doch ist Christus mächtig, nicht wie ein
Opfertier, das sich seinem Schicksal fügen muss, sondern er hat sich selbst
aktiv aus eigenem Willen als Opfer dargebracht. Er ist Sohn Gottes, daher lebt
er, auch wenn er getötet wurde und zeigt mit seinen Hörnern und Augen seine
Macht. Aber es ist eine demütige Macht, die nicht auf gewaltsame Herrschaft
setzt, sondern die Herzen mit seiner Liebe regieren will.
Diesem Lamm ruft die himmlische Versammlung zu:
Sie riefen mit lauter Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet ist, Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre, Lob und Herrlichkeit. (Offb 5,12)
Weil er seine Macht nicht missbraucht, gebührt Christus alle
Macht, weil er sich für die Sünden aller hingegeben hat, gebührt ihm der
Lobpreis. In Christus zeigt sich Gottes Liebe, die alle Menschen heilen und
retten will. Christus allein ist Heilsbringer, darum gebühren ihm allein die
Heils- und Segensrufe der ganzen Welt.
Und alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde, unter der Erde und auf dem Meer, alles, was darin ist, hörte ich sprechen: Ihm, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebühren Lob und Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit. Und die vier Lebewesen sprachen: Amen. Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an. (Offb 5,13-14)
Johannes zeigt uns hier, was Liturgie bedeutet. An Gottes
Thron wird eine ewige himmlische Liturgie gefeiert. Ihr Abbild feiert die
Kirche jeden Sonntag auf Erden. Wir erinnern uns, dass die Vision explizit an einem
Sonntag stattfindet. Liturgie ist nicht eine Zusammenkunft von Menschen mit
belehrendem Charakter wie etwa ein Vortrag, sie ist nicht eine
Spaßveranstaltung zur Unterhaltung des Publikums. Liturgie ist vielmehr eine
nach einer festen Ordnung verlaufende Feier zur Verherrlichung Gottes.
Wir sehen verschiedene Chöre, die den Lobpreis Gottes
singen. Die vier geheimnisvollen Lebewesen und die 24 Ältesten, die dem Thron
Gottes am nächsten stehen, stimmen den Lobpreis an, dann antwortet die
unüberschaubar große Zahl der Engel auf diesen Lobruf und schließlich singt ihn
die ganze Schöpfung. Am Ende sprechen die vier Lebewesen das “Amen”
zur Bekräftigung des Lobgesanges aller und die 24 Ältesten fallen anbetend
nieder.
Gemeindeleiter, Chor und Volk, alle haben Teil am Lob Gottes
und die Ergriffenheit über dieses Lob mündet in die Anbetung, womit der
Zeitpunkt der feierlichen Erhebung der Hostie gemeint sein könnte. Hier ist das
himmlische Lamm wirklich inmitten der irdischen Gemeinde gegenwärtig.
“Seht das Lamm Gottes”, so spricht der Priester und zeigt uns in der
Hostie den gekreuzigten und auferstandenen Herrn der inmitten seiner Kirche
gegenwärtig bleibt. Die irdische Versammlung steht der himmlischen also in
nichts nach. Hier und dort ist Gott wahrhaft gegenwärtig und es ist der gleiche
Lobgesang, der im Himmel und auf Erden gesungen wird. Die Himmelschöre feiern
die Liturgie auf Erden mit und der Lobpreis auf Erden dringt bis in den Himmel.
In der Liturgie vereinen sich Himmel und Erde zu dem einen Lobpreis Gottes.
Ihm, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebühren Lob und
Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit! Amen.
Heilige Maria, am Beginn des Monats Mai, der dir in besonderer Weise geweiht ist, inmitten der Osterfreude und der prächtig blühenden Natur, ehren wir dich als unsere Mutter und Königin. Maria, du Mutter des gekreuzigten und auferstandenen Erlösers, du wurdest unsere Mutter, als Christus sich für uns am Kreuz dahingab. Hilf uns und bitte für uns! Als getaufte Christen haben wir schon jetzt Anteil an der Auferstehung deines Sohnes und leben in Gemeinschaft mit dir und deinem Sohn. Hilf uns deinem Sohn immer ähnlicher zu werden, indem wir jeden Kompromiss mit der Sünde meiden und in der Liebe wachsen. Wir wollen mit dir gehen, wenn wir Christus nachfolgen, deinen Sohn, der auferstanden ist. Wir wollen leben als Zeugen des Auferstandenen in diesem dritten christlichen Jahrtausend. Dass uns das gelingt, flehen wir dich, heiligste Jungfrau, Mutter Jesu und unsere Mutter und Königin der Liebe, auf Knien an, bitte für uns! Amen.