Johannes der Täufer

In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf. Er verkündete in der Wüste von Judäa: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. (Mt 3,1b-2)

Johannes der Täufer ruft mit den gleichen Worten, die der Evangelist auch Jesus in den Mund legt (Mt 4,17). Beide stehen für den Ruf zur Umkehr und für den Anbruch des Reiches Gottes, das bei Matthäus als Himmelreich bezeichnet wird. Matthäus sieht ebenso wie auch die anderen Evangelisten in Johannes die Verheißung des Propheten Jesaja erfüllt:

Er war es, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat: Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! (Mt 3,3)

Matthäus zitiert hier wörtlich Jes 40,3. Ursprünglich meint der Prophet damit einen Weg aus der Gefangenschaft in Babylon heim ins Gelobte Land. In einer Zeit, als die Straßen noch holprige Wege waren, die über viele Kurven bergauf und bergab dem Gelände folgten, war eine Straße, die gerade und eben Berge und Täler überwindet, ein Wunder. Doch bereits im alten Persien gab es die Königsstraßen, auf denen ein Kriegsherr schnell in entlegene Provinzen gelangen konnte. Die Römer waren bekanntlich Meister im Straßenbau und Matthäus mag wie viele andere seiner Zeit diese befestigten Straßen bewundert haben.

Auch für Gott entsteht eine Straße, wir würden heute vielleicht sagen eine Autobahn, die sein Kommen zu den Menschen einfach macht. Wenn es einen ebenen und geraden Weg gibt, kann man leicht und schnell auch in entlegene Gegenden kommen. Johannes der Täufer ist so ein Wegbereiter für Gott, aber nicht indem er mit Hacke und Schaufel eine Trasse für eine Straße baut, sondern indem er die Herzen der Menschen vorbereitet.

Harte Herzen sind das größte Hindernis für das Kommen Gottes in diese Welt. Daher müssen die Herzen der Menschen vorbereitet werden. Nicht alle hatten ein offenes Herz für Gott. Einige Verse weiter werden wir sehen, wie der Täufer bereits den Widerstand der Pharisäer und Sadduzäer zu spüren bekommt, die sich später auch Jesus in den Weg stellen und für seine Hinrichtung sorgen. Aber von den einfachen Menschen kommen viele zu Johannes und später zu Jesus. Sie sind bereit zur Umkehr, bereit zu einer ganz neuen Begegnung mit dem Gott Israels, der allen Menschen auf der ganzen Welt das Heil schenken möchte.

Wie sieht es heute aus mit den bereiten Herzen? Bei vielen Menschen findet Gott heute keinen geraden und breiten Weg in die Herzen vor, sondern einen mit vielen Hindernissen, der oft auch noch mit schweren Barrieren verschlossen ist. Die Menschen scheinen Gott heute weniger zu brauchen als eh und je. Viele Mysterien, die Menschen früher auf göttliche Kräfte zurückgeführt haben, lassen sich heute rein wissenschaftlich erklären. Für das geistige Wohlbefinden kann man sich an einen Psychologen wenden. Und mit dem Begriff Heil kann kaum mehr jemand etwas anfangen.

In jenen Tagen …

In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf. (Mt 3,1a)

Matthäus hat sein Evangelium mit der Kindheitsgeschichte Jesu begonnen, die in der Erzählung von den Sterndeutern, dem darauf folgenden Kindermord in Betlehem und der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten ein für die christliche Frömmigkeit bedeutsames und einmaliges Eigengut enthält. Wie bei den anderen Evangelien auch, steht bei Matthäus am Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu die Schilderung des Wirkens Johannes des Täufers. Bevor wir dieses näher betrachten, lohnt es sich, bei den ersten Worten dieses Abschnitts zu verweilen.

“In jenen Tagen”, schreibt Matthäus, trat Johannes am Jordan auf. Lukas ist hier sehr präzise und ordnet jene Tage in das Gefüge der Weltgeschichte ein: “Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa, Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch von Ituräa und der Trachonitis, Lysanias Tetrarch von Abilene.” (Lk 3,1) Markus schließt das Wirken des Täufers ohne Zeitangabe direkt an die Überschrift zu seinem Evangelium an.

Was aber meint Matthäus mit “jenen Tagen”, von denen er schreibt? Das vorangehende Kapitel endet ja mit dem “Umzug” der Heiligen Familie nach Nazaret und da war Jesus noch ein Kind und es liegen etwa 30 Jahre zwischen diesen Ereignissen und jenen, die nun geschildert werden. Ich glaube, dass Matthäus hier bewusst auf prophetische Texte anspielt, die von den Tagen des Heils künden. Mit dem Auftreten des Täufers beginnt die Heilszeit, die im Wirken Jesu ihren Höhepunkt und ihre Erfüllung findet.

Einen schönen Beleg für den Charakter jener Tage finden wir in den letzten Worten des Buches Joel, die auch in einer Antiphon zum ersten Adventssonntag eindrucksvoll vertont worden sind:

Und es wird geschehen an jenem Tag: Da triefen die Berge von Wein, die Hügel fließen über von Milch und in allen Bächen Judas strömt Wasser. Eine Quelle entspringt im Haus des Herrn und tränkt das Schittim-Tal. Ägypten wird zur Wüste, Edom wird zur verödeten Steppe, wegen der Gewalttat an den Kindern Judas, in deren Land sie unschuldiges Blut vergossen. Juda aber wird für immer bewohnt sein und Jerusalem von Geschlecht zu Geschlecht, ich erkläre ihr Blut für unschuldig, das ich vorher nicht für unschuldig erklärte, und der Herr wohnt auf dem Zion. (Joel 4,18-21)

Gott wohnt unter seinem Volk und befreit es von seinen Sünden. Das Land wird gesegnet sein und trieft von Wasser, Milch und Honig. Wasser steht für Fruchtbarkeit, Milch und Honig für überfließenden Reichtum, der ein Kennzeichen des Segens Gottes ist. Diese Heilszeit ist nun da, Gott spendet seinen Segen. Johannes der Täufer steht ebenso wie der Prophet Joel für den Ruf zu Umkehr und Buße, die eine entscheidende Voraussetzung für den Anbruch der Heilszeit sind. Anders jedoch als die früheren Propheten schaut Johannes nicht in eine ferne Zukunft, sondern erlebt selbst das Kommen des Messias, des Sohnes Gottes, der das Heil in überfließender Fülle schenkt.

Wertvoll

Jetzt aber – so spricht der Herr, der dich erschaffen hat, Jakob, und der dich geformt hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir! Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, keine Flamme wird dich verbrennen.

Denn ich, der Herr, bin dein Gott, ich, der Heilige Israels, bin dein Retter. Ich habe Ägypten als Kaufpreis für dich gegeben, Kusch und Seba an deiner Stelle. Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe, gebe ich Menschen für dich und für dein Leben ganze Völker.

Jes 43,1-4

“Jetzt aber!” Mit diesen Worten beginnt etwas Neues, dieser Ruf des Propheten steckt voller freudiger Erwartung. Jetzt ist die Zeit vorbei, da sich die Menschen von Gott verlassen fühlten. Gott zeigt sich ganz neu als Vater und Beschützer der Seinen. Er sagt einem jeden von uns: Fürchte dich nicht, ich habe dich erschaffen und in die Welt gebracht, ich werde dich auch beschützen. Ich kenne deinen Namen, ich kenne den Namen jedes einzelnen Menschen. “Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt”, (Mt 10,30) sagt Jesus einmal zu seinen Jüngern. Wie könnten wir da meinen, dass Gott sich nicht um uns sorgt und uns nicht kennt?

Selbst in den größten Gefahren ist Gott nahe, er leitet den Weg sicher durch reißende Ströme und loderndes Feuer, durch die Hitze der Wüste. Gott erweist sich als Retter. Er löst sein Volk aus der Gefangenschaft aus, ganze Völker gibt er als Kaufpreis für sein Volk, ja er selbst gibt sich für sie hin.

In Jesus Christus ist diese Zuwendung Gottes zu den Menschen selbst Mensch geworden. In allem, was er tut, zeigt Jesus, dass wir uns nicht zu fürchten brauchen. In Krankheit und Not schenkt er Rettung und Heil, ja er hat selbst die Kraft, Tote zum Leben zu erwecken. Die Gesetze des Verfalls scheinen nicht mehr zu gelten. Alles wird neu im Licht der Liebe Gottes.

Wir zweifeln oft daran, dass es eine Kraft geben kann, die alles erneuert. Schicksalsergeben fügen wir uns dem Lauf der Geschichte. Doch die Welt gehört denen, die den Mut haben, aufzustehen und die Zukunft selbst zu gestalten. Wir haben jederzeit die Möglichkeit, dieses “Jetzt aber!”, von dem der Prophet hier spricht, in unserem Alltag Wirklichkeit werden zu lassen.

Ostern ist für uns das beste Beispiel dafür. Alles läuft darauf hinaus, dass Jesus vernichtet wird. Scheinbar schicksalsergeben fügt Jesus sich dem, was geschieht. Aber wenn wir die Evangelien genau lesen, so entdecken wir, dass Jesus selbst das Geschehen lenkt. Er nimmt bewusst an, was seine Feinde ihm zufügen, weil er weiß, dass es zur Rettung der Menschen geschieht. Er wehrt sich nicht dagegen, sondern gestaltet die Ereignisse selbst mit. Somit wird aus der scheinbaren Erniedrigung Jesu die Inszenierung seiner Krönung zum König der ganzen Welt.

Vielleicht helfen uns die Worte des Propheten Jesaja, das Geschehen um Jesu Tod besser zu verstehen. Jesus Christus gibt sich für uns hin, weil er weiß, dass dies der Preis dafür ist, alle Menschen aus der Macht der Sünde und des Todes zu retten.

Wie leicht lassen wir uns von den Gegnern des Christentums treiben, indem wir versuchen, auf ihre Argumente einzugehen und nur reagieren, anstatt selbst zu agieren. Wir brauchen wieder neu die Flamme des Heiligen Geistes, die uns dazu fähig macht, den Gegnern das Heft aus der Hand zu nehmen und selbst Regie zu führen.

Denken wir stets daran: wir sind von Gott geliebt, alle Menschen sind von Gott geliebt. Gott ist Herr der ganzen Welt und er hat die Macht, alles zu bestimmen. Vertrauen wir uns dieser Macht Gottes an und lassen wir uns nicht von den Mächten der Welt gefangen nehmen. Haben wir den Mut, unser Leben von Gott bestimmen zu lassen und so stets getragen zu sein vom Strom seiner Liebe.

Gottes Worte, die uns Kraft geben und uns an seine Zusage erinnern, sollen wir nie vergessen:

Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll, und weil ich dich liebe, geb’ ich für dich alle Länder und Völker und für dein Leben mich selbst.

Gott – Herr der ganzen Erde

Singt dem Herrn ein neues Lied, seinen Ruhm vom Ende der Erde her, die ihr das Meer befahrt, seine Fülle, die Inseln und ihre Bewohner! Die Wüste und ihre Städte sollen sich freuen, die Dörfer, die Kedar bewohnt. Die Bewohner von Sela sollen singen vor Freude und jubeln auf den Gipfeln der Berge. Sie sollen dem Herrn die Ehre geben, sein Lob auf den Inseln verkünden.

Jes 42,10-12

Der Prophet ruft zu einem Loblied auf für Gott, das auf der ganzen Erde erschallen soll. Es ertönt auf dem Festland und über dem Meer, in der Ebene der Wüste mit ihren Städten und Dörfern und auf den Gipfeln der Berge, also einfach überall in der damals bekannten Welt, in der man noch nichts wusste von fernen Kontinenten, die man über das Meer erreicht, und von fernen Ländern, die sich hinter dem Horizont auftun.

Der Gott Israels ist Herr der ganzen Erde und das unscheinbare Volk Israel sah sich im Zentrum der Weltgeschichte. Die großen Mächte hatten es auf dieses kleine Volk abgesehen und Gott hatte erlaubt, dass sie es besiegen durften. Doch nun bedient sich Gott erneut der fremden Völker und zwar des größten aller Herrscher, um sein Volk zu retten. Er erwählt den mächtigen Perserkönig Kyros zum Retter, der sein Volk heimführen wird aus der Verbannung.

Warum soll da nicht die ganze Welt widerhallen vom Lob Gottes, ist er es doch, der die Geschicke aller Völker lenkt, der darüber bestimmt, welches Volk Erfolg hat im Krieg und mächtig wird und welches untergeht.

Der Herr zieht in den Kampf wie ein Held, er entfacht seine Leidenschaft wie ein Krieger. Er erhebt den Schlachtruf und schreit, er zeigt sich als Held gegenüber den Feinden. Ich hatte sehr lange geschwiegen, ich war still und hielt mich zurück. Wie eine Gebärende will ich nun schreien, ich stöhne und ringe um Luft. Die Berge und Hügel dörre ich aus und lasse ihr Gras völlig vertrocknen. Flüsse mache ich zu Inseln und Teiche lege ich trocken.

Jes 42,13-15

Gott hat lange wie ein unbeteiligter Zuschauer das Geschick seines Volkes mitverfolgt und zugelassen, dass es in die Verbannung geführt wird. Damit ist nun aber Schluss. Gott greift wieder aktiv in die Geschichte ein und zeigt damit, dass in seiner Hand das Geschick der ganzen Welt liegt. Sein Eingreifen ist unüberhörbar wie der Schrei einer Gebärenden und übersehbar ist das, was er tut.

Gott macht aus dem fruchtbaren grünen Land ein trockenes Ödland wegen der Schuld seiner Bewohner, ein Bild, das wir so öfter in der Heiligen Schrift finden, und das gerade heute wieder an Brisanz gewinnt. Auch die Menschen früherer Zeiten erlebten bereits Klimaveränderungen. Ganze Völker gingen unter, weil es plötzlich nicht mehr genug Regen gab, damit genügend Getreide geerntet werden konnte, um die Bevölkerung zu ernähren und den Wohlstand des Landes zu sichern.

Die Gier der Menschen und die Zerstörungen durch den Krieg vernichten immer wieder große Flächen an Kulturland. Sie vernichten Gottes Schöpfung, die ja wie ein üppig grüner Garten von Gott angelegt worden ist. Was bleibt ist dürres Land, dem die Menschen mit all ihrer Mühe kaum einen Grashalm entlocken können. Doch die Menschen fahren fort in ihrer Gier, versuchen mit immer aufwändigeren Methoden, Herr über die Natur zu werden, und erkennen nicht, wie einfach es wäre, die zerstörte Natur widerherzustellen, wenn sie im Einklang mit Gott und seiner Schöpfung leben würden.

Aber damit dies geschehen könnte, müsste ja jeder verzichten auf vieles, das ihm lieb ist, müssten alle lernen, bescheidener zu sein und verantwortungsvoller mit den Geschenken der Natur umzugehen. Vor allem müssten die Menschen erkennen, dass diese Geschenke für alle da sind und nicht nur der Bereicherung einiger weniger dienen, die sich dann noch untereinander bekämpfen.

Wie können wir es schaffen, in Frieden miteinander zu leben? Beten wir täglich für diesen Frieden. Beten wir täglich darum, dass die Menschen lernen, verantwortungsvoll mit Gottes Schöpfung umzugehen. Beten wir täglich darum, dass die Menschen lernen, miteinander zu teilen, anstatt sich auf Kosten anderer zu bereichern.

Fünfter Fastensonntag

Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, achtet nicht mehr! Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?

Jes 43,18-19a

Das ganze Kapitel 43 des Jesajabuches ist voll positiver Energie und schildert mit machtvollen Worten die Befreiung des Volkes aus dem Exil in Babylon durch seinen Gott. Das Volk war voller Trauer über den Verlust des Heiligen Landes, ja mehr noch, es fühlte sich von seinem Gott verlassen, denn eigentlich hätte es nie zu dieser Katastrophe kommen dürfen.

Doch Gott macht einen neuen Anfang mit seinem Volk. Durch die Worte des Propheten, der von der Bibelwissenschaft Deuterojesaja genannt wird, macht er seine Liebe zu seinem Volk deutlich. Nichts mehr wird dem Volk Gottes Schaden zufügen. Die Menschen können bald wieder in Frieden und Sicherheit in ihrem Land wohnen. Gott führt sie aus der Gefangenschaft, wie er einst das Volk aus Ägypten durch die Wüste geführt hat. Alles wird neu werden, und der Anfang dieses Neuen ist schon jetzt spürbar, wenn auch das Volk noch in Babylon lebt und die Heimkehr in scheinbar weiter Ferne liegt.

Die Liturgie präsentiert uns diesen Text am Fünften Fastensonntag, dem Passionssonntag. An diesem Tag werden die Kreuze verhüllt und bleiben es bis zum Karfreitag. Die Feier von Jesu Leiden und Auferstehung steht nahe bevor, die österliche Bußzeit neigt sich ihrem Ende zu und bald kommt die frohe Osterzeit. Auch in der Natur sprießt frisches Grün und wir erfreuen uns an den ersten warmen Frühlingstagen.

Gott macht alles neu, er schenkt Wärme nach dem eisigen Winter, schenkt Trost in der Trübsal und Freude nach einer Zeit der Schmerzen. Das Evangelium dieses Sonntags berichtet von der Rettung und Vergebung, die Jesus der zur Steinigung verurteilten Ehebrecherin schenkt.

Gottes neue Welt braucht aber auch Menschen, die sich dafür einsetzen, die dem Beispiel Jesu folgen und andere nicht verurteilen, sondern nach Wegen der Vergebung suchen, Menschen, die für andere da sind und einander annehmen, auch über die Gräben von Vorurteilen hinweg. Bei Deuterojesaja ist es der Gottesknecht, der die ihm von Gott zugedachte Aufgabe der Rettung seines Volkes ausführt. Die Exegeten sind sich nicht einig darüber, wer dieser Gottesknecht ist. Etwa der Prophet selbst? Oder der Perserkönig Kyros, der die Heimkehr des Volkes aus dem Exil ermöglicht und Mittel zum Wiederaufbau Jerusalems zur Verfügung stellt?

Der Gottesknecht aus dem Buch Jesaja ist auch Vorausbild für Jesus Christus. Er ist der Retter aus dem Gefängnis von Sünde und Tod, er öffnet den Weg zu neuem Leben in unüberbietbarer Weise. Es braucht aber zu jeder Zeit “Gottesknechte”, die Jesu Botschaft immer wieder neu lebendig werden lassen und für die Menschen das befreiende dieser Botschaft erfahrbar werden lassen, die andere hinführen zu einer lebendigen Begegnung mit Jesus Christus.

Die Worte des Propheten Jesaja sind also nicht nur für Menschen einer fernen Vergangenheit gesprochen. Sie wurden auch für uns heute aufgezeichnet. Sie sollen uns Mut machen und Kraft schenken, unser Leben in Gottes Licht zu stellen und mit ihm unser Leben zu gestalten, so dass Gottes Licht so auch auf andere übergeben kann.

Immer wieder einen neuen Anfang machen, das war ein Lebensmotto der frühen Wüstenväter. Wir machen immer wieder Fehler, aber es bringt nichts, wenn wir uns deswegen ständig Vorwürfe machen. Fehler sind dazu da, aus ihnen zu lernen und dann mit neuer Kraft weiter zu gehen. Es bringt auch nichts, einer schönen Vergangenheit nachzutrauern. Wir können sie nicht zurückholen. Es gilt vielmehr, in der Gegenwart zu leben und an einer Zukunft zu bauen, die noch schöner wird als die Vergangenheit.

Haben wir Mut, das Neue anzunehmen, das Gott uns schenken will. Lassen wir uns von ihm überraschen und sagen wir Ja zu dem was kommt, im festen Vertrauen darauf, dass alles, was Gott uns schenkt, das Beste für uns ist das uns passieren kann.

Weihnachten – Licht des Heils

Um Zions willen werde ich nicht schweigen, um Jerusalems willen nicht still sein, bis hervorbricht wie ein helles Licht seine Gerechtigkeit und sein Heil wie eine brennende Fackel.

Jes 62,1

Ich kann nicht schweigen und ich werde nicht schweigen. Es gibt wenig Menschen, die den Mut haben, durch Widerstände und Ablehnung hindurch ihrer Überzeugung treu zu bleiben und dafür Zeugnis zu geben. Hier ist es Gott der redet, der niemals schweigt. Das Schweigen Gottes war schon immer ein Bild für die Gottferne einer Zeit. Hier zeigt sich Gott als der Nahe, als der Redende. Er verschafft seiner Botschaft Geltung, auch dort, wo die Menschen sie nicht hören und annehmen wollen. Gott kann niemand zum Schweigen bringen.

Gott redet nicht um seiner selbst willen. Wenn er redet, dann geht es ihm nicht darum, dass die Menschen ihm Opfer bringen. Gott redet um der Menschen willen. Er will den Menschen Gerechtigkeit und Heil bringen. Seine Worte richten sich gegen die Ungerechtigkeit und Sünde der Menschen. Gott tritt ein für die Schwachen und Unterdrückten. Ihnen will er mit seinen Worten Recht verschaffen.

Gott ist ein lästiger Mahner. Immer wieder haben Mächtige versucht, mit seinem Namen ihre Macht zu rechtfertigen. Zu allen Zeiten missbrauchen diejenigen, die sich seine Diener nennen, seinen Namen dazu, sich selbst Vorteile und Einfluss zu sichern. Doch Gott lässt auf Dauer nicht zu, dass man seinen Namen missbraucht. Gott ist kein toter Götze, der nur die Fassade bildet für das Machtgebaren seinen Diener. Gott ist lebendig. Er ruft und schreit, er handelt und bestimmt selbst das Geschick der Welt.

Gottes Wort findet seinen Weg zu den Menschen. Das wird ganz besonders an Weihnachten deutlich. Wir feiern die Fleischwerdung des Wortes. “Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.” So bringt es der Evangelist Johannes zum Ausdruck. Gottes Wort wird ein kleines, hilfloses Kind. Die Worte aber, die Gottes Sohn auf der Erde gesprochen hat, haben auch heute, über 2000 Jahre nach dieser Fleischwerdung, nichts von ihrer Macht verloren.

Gottes Wort bringt Licht ins Dunkel. Es ruft nach Gerechtigkeit, wo Menschen ungerecht behandelt werden. Es bringt Heil, wo Menschen im Unheil leben. Gottes Wort, Fleisch geworden in Jesus Christus, machtvoll bis heute in jedem, der an ihn glaubt.

Weihnacht
Licht im Leben
von Gott entzündet
Wort des Heils
von Gott gesandt
Mensch geworden
um die Menschen
Menschlichkeit zu lehren
und um Gottes Licht
unauslöschlich zu entzünden
mitten in der Welt
Licht, das bis heute leuchtet
Wort der Gerechtigkeit
und des Heils
das nie verstummt
Licht der Hoffnung
in einer unheiligen Zeit.

Dritter Advent

Herr, mein Gott

schweigend stehe ich vor dir

du bist da,

auch wenn ich dich nicht sehe.

Ich befinde mich im Raum deiner Liebe.

Durchdringe mich ganz mit deiner Liebe.

dass ich immer mehr Liebe werde,

so wie du die vollkommene Liebe bist.

Mach mich zum Boten deiner Liebe

dass die Menschen um mich herum

deine Liebe spüren.

Lass uns Menschen eins sein in der Liebe

dass das Fest des Lebens niemals endet.

Amen.

Samuel

In jenen Tagen schlief der junge Samuel im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes stand. Da rief der Herr Samuel, und Samuel antwortete: Hier bin ich.
Dann lief er zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen. Geh wieder schlafen! Da ging er und legte sich wieder schlafen.
Der Herr rief noch einmal: Samuel! Samuel stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen, mein Sohn. Geh wieder schlafen!
Samuel kannte den Herrn noch nicht, und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart worden.
Da rief der Herr den Samuel wieder, zum dritten Mal. Er stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Da merkte Eli, dass der Herr den Knaben gerufen hatte.
Eli sagte zu Samuel: Geh, leg dich schlafen! Wenn er dich wieder ruft, dann antworte: Rede, Herr; denn dein Diener hört. Samuel ging und legte sich an seinem Platz nieder.
Da kam der Herr, trat zu ihm heran und rief wie die vorigen Male: Samuel, Samuel! Und Samuel antwortete: Rede, denn dein Diener hört. (1Sam 3,3-10)

In der Lesung aus dem Alten Testament geht es um einen ganz anderen Gottsucher, den Propheten Samuel. Er wurde als Kind in das Haus Gotts in Schilo gebracht, um dort bei dem Propheten Eli in die Lehre zu gehen. Eli war ein weiser Mann, aber zu seiner Zeit war das Volk Gott fremd geworden. Worte Gottes waren selten. Die Religion war zur Tradition erstarrt und bot keine neuen Impulse.

Samuel ist der von Gott Erwählte, der wieder neues Leben in die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk bringen wird, eine neue Dynamik. Doch noch ist Samuel jung. Er hat zwar schon einiges von Eli gelernt, er kennt die Gebete und weiß, wie man sich im Haus Gottes zu verhalten hat, aber noch ist ihm Gott fremd, er ist Gott noch nicht begegnet.

Doch eines Nachts ruft ihn Gott. Samuel kennt die Stimme Gottes noch nicht, er denkt, dass es Eli ist, der ihn ruft. Dreimal ruft Gott und Samuel geht zu Eli und fragt, was das Rufen zu bedeuten hat. Dann erinnert sich der alte Mann an seine eigene Berufung. Plötzlich wird ihm klar, wer es ist, der den jungen Mann ruft. Es ist kein Traum, kein Hirngespinst, es ist Gott, der anklopft und Einlass sucht in das Leben dieses Menschen.

Eli gibt Samuel die letzte Lektion in seiner Ausbildung. Wenn Gott wieder ruft, so soll Samuel antworten: ” Rede, Herr; denn dein Diener hört.” Und so geschieht es. Nun ist es nicht mehr Eli, der Samuel unterweist, sondern Gott selbst hat die Führung übernommen, er hat sich seinen Propheten erwählt, der das Volk wieder mit Gott und seinem Wort bekannt macht.

Die Berufung des Samuel ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wie Berufung geschieht. Samuel hat sich vorbereitet auf den Dienst vor Gott, er betet, er verrichtet den Dienst im Haus Gottes. Aber es fehlt ihm etwas ganz Entscheidendes: die persönliche Begegnung mit Gott. So geht es auch uns, wenn wir im Glauben erzogen werden. Wir werden von unseren Eltern hingeführt zum Glauben, lernen Beten, gehen in die Kirche, tun den Dienst als Ministrant.

Wenn wir dann älter werden, stehen wir vor der Entscheidung: wollen wir den Weg mit Gott weitergehen? Werden wir auch als Erwachsene weiterhin zur Heiligen Messe gehen? Wollen wir uns in der Gemeinde einbringen? Oder wird uns die Kirche fremd? Geben wir Gott die Möglichkeit, uns zu begegnen? Beten wir auch weiterhin, wenn wir in der Ausbildung und im Beruf stehen, wenn wir eine Familie gründen, geben wir unseren Kindern den Glauben weiter?

Behalten wir in unserem Leben den Raum, dass Gott uns rufen kann? Haben wir ein offenes Ohr für Gott? Es kann lange dauern, bis Gott uns ruft. Es wird bei jedem Menschen anders sein. Aber Gott will sich jedem Menschen zeigen. Manche haben eine besondere Berufung, zum Priester, zur Ordensfrau oder zu einem anderen kirchlichen Beruf. Aber auch die Laien haben ihre besondere Berufung. Ich muss nicht Priester sein, um von Jesus Christus Zeugnis zu geben.

Es gilt, immer ein offenes Ohr für Gott zu haben, treu zu sein im Dienst an Gott, in den täglichen Gebeten, auch wenn es nur wenige Minuten sind, im Gottesdienst, auch wenn es nicht jeden Sonntag ist. Dann wird Gott auch bei mir anklopfen und mich mit ihm vertraut machen.

Weihnachten

Ja, ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. (Jes 9,5a)

Dieser Vers wird in der lateinischen Kirche seit alters her als Eröffnungsgesang der Messe am Weihnachtstag gesungen. Nach der modernen Leseordnung hören wir ihn in der Lesung in der Heiligen Nacht. Jesaja verheißt die Geburt eines Kindes, das mehr ist als nur ein besonderer Mensch, ein Königssohn und Thronfolger. Er verheißt die Geburt eines Kindes, in dem Gott selbst mitten unter uns ist, eines Kindes, das Gottes Sohn ist. Als Christen sehen wir in der Geburt Jesu Christi, die wir an Weihnachten feiern, die Erfüllung der Weissagung des Jesaja.

Wir haben uns an die Darstellungen der Krippe von Betlehem, an die Romantik mit Ochs und Esel und Hirten, eingehüllt in ein warmes Licht, vielleicht so sehr gewöhnt, dass uns das Ungeheuerliche, das dahintersteht gar nicht mehr bewusst wird. Gott wird ein Kind. Götter sind doch groß und erhaben, dem Zugriff der Menschen entzogen, vielleicht kommen sie in manchen Mythen als Helden auf die Welt. Dass aber Gott ein kleines, schwaches Kind wird, das hat man noch nie gehört. Zudem ist es auch gar kein Wunderkind, sondern einfach ein ganz normales Kind.

Gott will uns seine Macht in der Machtlosigkeit eines Kindes zeigen. Gott will uns zeigen, dass er so mächtig ist, dass er gerade durch ein hilfloses Kind die Menschen retten kann. Wir Menschen schauen oft nur auf das Äußere, auf imposante Gesten, lassen uns von der Zurschaustellung von Macht beeindrucken. Die Werbung heutzutage gaukelt uns mit schönen Bildern vor, dass jedes noch so wertlose Zeug etwas ist, das wir unbedingt haben müssen und uns zu einem besseren Menschen macht und wir wundern uns, warum wir so unzufrieden sind, obwohl wir doch so vieles haben.

Wertvoll sind Menschen und Dinge nicht durch den äußeren Schein, nicht durch Werbung oder dadurch, dass sie viele “Follower” in den sozialen Netzwerken haben. Wahre Werte, das was Menschen oder Dinge wirklich wertvoll macht, ist etwas, das nicht in Geld gemessen werden kann. Wir können uns Unterhaltung, Dienstleistungen und auch Spaß mit Geld kaufen, aber wahre Liebe gibt es nicht für Geld. Menschen, die in wirklich allen Lebenslagen zu uns stehen, sind unbezahlbar, gerade auch deshalb, weil sie keinen Lohn für ihre Zuwendung erwarten.

Gott hat uns an Weihnachten ein unbezahlbares Geschenk gemacht. Er ist zu uns gekommen als ein kleines Kind. Vielleicht finden wir Gott auch heute wieder am leichtesten in der Betrachtung dieses Kindes. Gott ist uns so nahe, dass wir ihn in die Arme nehmen können, wie ein kleines Kind. Und wie Kinder mit ihrem Lächeln die Menschen verzaubern können und selbst die härtesten Herzen anrühren, so will Gott uns mit seiner Nähe verzaubern und unsere harten Herzen öffnen.

Weihnachten ist das Fest der Nähe. Näher konnte Gott uns nicht kommen als in der Geburt seines Sohnes, der Mensch, der Kind werden wollte für uns. In unserem Bruder Jesus aber sind auch wir einander nahegerückt. (Klaus Hemmerle)

Mit seiner Geburt will Gott auch uns Menschen zusammenführen, dass wir zusammen feiern, Menschen verschiedener Klassen und Schichten, Menschen verschiedener Rassen und Kulturen. In der Gegenwart des göttlichen Kindes soll Frieden sein und Freude. Draußen bleiben alle, die mit Weihnachten nur Geld verdienen möchten, die weihnachtliche Gefühle in den Menschen wecken, um sie zum Konsum zu motivieren. Verbannen wir den Kommerz von unserem Weihnachtsfest. Ja, ein paar kleine Geschenke sind schön, für Erwachsene und ganz besonders auch für Kinder, aber sie sind wertlos, wenn das Wichtigste an Weihnachten fehlt, die Erfahrung, dass Gott zu uns gekommen ist mit seiner Liebe, die Erfahrung, dass Gott uns mehr geschenkt hat, als wir jemals werden schenken können.

Ich wünsche Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!

Freudenbote (Jes 61)

Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. (Jes 61,1a)

SEIN, meines Herrn, Geist ist auf mir.

So übersetzt Martin Buber Jesaja 61,1a. Wer ist es, der hier spricht? Das Kapitel 61 des Jesajabuches gehört zu Tritojesaja. Hier wurden prophetische Worte aus nachexilischer Zeit unter dem Namen des berühmten Propheten Jesaja gesammelt, um zu zeigen, dass die Worte des Propheten nicht nur für eine ferne Vergangenheit Gültigkeit hatten, sondern sich im Hier und Heute erfüllen. So sehen ja auch die Evangelisten in Jesus Christus die Erfüllung der Verheißungen der Propheten des Alten Bundes.

Es ist von einem Gesalbten die Rede. Die rituelle Salbung ist im Alten Testament ein besonderer Akt der Legitimation. Durch sie wird einem herausgehobenen Menschen Kraft, Stärke, Macht und Einfluss übereignet. Der so Gesalbte bekommt Anteil an Gottes Macht und Stärke und an seinem Geist. So werden Könige, Propheten und Priester gesalbt.

Der hier spricht ist also ein Mensch, der einen besonderen Auftrag von Gott hat. Es kann ein Prophet sein, aber auch ein fiktiver Herrscher, den sich das Volk ersehnt, weil er die Gerechtigkeit neu aufrichtet und das Volk auf den Weg mit seinem Gott führt. In der nachexilischen Zeit, als Israel wieder in seinem Land lebte, stand es immer in Gefahr, seine Eigenständigkeit durch den Einfluss fremder Kulturen, vor allem des Hellenismus, zu verlieren, und seine Regenten ließen sich allzu leicht von der Macht blenden, vergaßen den Gott Israels und beuteten das Volk aus. Dagegen gab es immer wieder religiöse Bewegungen, die sich für die Aufrechterhaltung des überlieferten Glaubens einsetzten.

Das Volk Gottes bedarf der beständigen Erneuerung, der Rückbesinnung auf seine Wurzeln. Dafür braucht es Menschen, die sich in besonderer Weise von Gott gesandt wissen, die mit Gott, ihrem und aller Herrn in einer besonderen Beziehung stehen, die sich von seinem Geist leiten lassen, die nicht ihren, sondern seinen Willen tun. Auch das Christentum kennt die Salbung. In der Firmung empfängt der Gläubige das Siegel des Heiligen Geistes. Somit kommt jedem einzelnen Gläubigen die Aufgabe zu, nach den ihm gegebenen Möglichkeiten zur Vertiefung und Ausbreitung des Glaubens und zur Durchsetzung der Gerechtigkeit Gottes beizutragen. Was das konkret bedeutet, zeigen die nächsten Verse:

Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe, einen Tag der Vergeltung unseres Gottes, damit ich alle Trauernden tröste, die Trauernden Zions erfreue, ihnen Schmuck bringe anstelle von Schmutz, Freudenöl statt Trauergewand, Jubel statt der Verzweiflung. (Jes 61,1b-3a)

Aufgabe des von Gott Gesandten ist es, Freudenbote zu sein. Eine frohe Botschaft für die Armen soll er verkünden. Wir denken hier an die Bergpredigt, in der Jesus die Armen seligpreist. Wer sind diese Armen? Das können Menschen sein, die alles verloren haben, die nicht weiter wissen im Leben, für die unserer Gesellschaft keinen Platz hat. Zu allen Zeiten werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer. Reichtum konzentriert sich in den Händen weniger und je mehr Reichtum sich die Reichen anhäufen, desto größer wird die Armut der Vielen. Obwohl genug für alle da ist, sind die Schätze der Erde ungerecht verteilt.

Eine frohe Botschaft für die Armen. Das heißt, Teilen konkret werden lassen. Nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten dem Armen beistehen. Nicht nur ein kleines Almosen geben, sondern den Armen wirklich ernst nehmen, annehmen, ihm eine Heimat geben. In unserer Gesellschaft entsteht Armut oft auch durch schwierige Verhältnisse, Kinder wachsen in zerrütteten Familien auf, bekommen zu wenig Zuwendung und schaffen daher keinen guten Schulabschluss. Armut gebiert oft neue Armut.

Die Wunden heilen in den Herzen der Menschen. Zuwendung schenken, Liebe und Geborgenheit. Menschen neue Hoffnung geben und sie befreien aus den Fesseln der Unfreiheit und der Schuld. Menschen die Möglichkeit geben, sich zu verändern, sich zu bessern, ein neues Leben beginnen. Neue Perspektiven schenken.

Schmuck, Freudenöl, Jubel, die Gemeinde des Herrn ist keine Gruppe von Trübseligen, die missmutig mit schwarzen Gewändern und ausdruckslosem Gesicht brav in den Kirchenbänken sitzt. Mit Gott sind wir immer auf der Siegerseite, wir dürfen jubeln und uns freuen. Glauben heißt, Hoffnung haben, gerade auch dort wo es keine Hoffnung zu geben scheint. Gott ist mit uns, er hat uns befreit, er schenkt uns Kraft, er zeigt uns den Weg. Erheben wir uns und gehen wir den Weg mit unserem Gott, den Weg aus der Finsternis des Todes in das Licht des Lebens.