Weisheit unter Vollkommenen – sapientia inter perfectos (1Kor 2,6)

Haben Sie eigentlich schon mal genauer über das Wort „perfekt“ nachgedacht? Was verbinden Sie spontan mit diesem Wort?

Der Duden hat für das Adjektiv „perfekt“ zwei Bedeutungsfelder: frei von Mängeln, vollkommen; und: endgültig abgemacht, nicht mehr änderbar.

Über etwas, das perfekt ist, kann man nicht weiter hinausgehen. Es ist die vollkommenste Form, die etwas annehmen kann.

In dieser Hinsicht wünschen sich viele den perfekten Körper, oder den perfekten Partner, mit dem das Zusammenleben die höchste Vollendung aller Wünsche ist.

Aber gibt es wirklich etwas, das perfekt ist? Mann oder Frau kann sich zwar mit viel Mühe den „perfekten“ Körper antrainieren, aber irgendwann wird das Alter seine Spuren hinterlassen. Und was den perfekten Partner angeht, so wird auch der irgendwann seine Schwachpunkte aufweisen. Was dann?

Ich meine, dass nichts Äußerliches perfekt sein kann. Alles unterliegt dem Wandel der Zeit. Was heute perfekt erscheint ist morgen vielleicht schon veraltet und wird von etwas abgelöst, das noch perfekter ist. Für Maschinen und technische Geräte mag eine solche Entwicklung von Vorteil sein, aber im zwischenmenschlichen Bereich kann der Drang nach Perfektion leicht zum Desaster werden.

Und doch sagt Paulus, dass er seine Verkündigung an Leute richtet, die perfekt sind. Gibt es die? Sind nicht diejenigen, die sich für perfekt halten, gerade diejenigen, die es am allerwenigsten sind?

Für das Wort perfekt steht im Griechischen teleios. Darin steckt das Wort Telos, Ziel. Eine englische Übersetzung trifft meines Erachtens sehr gut das Gemeinte: „Who are all that they can be“, diejenigen, die alles sind, das sie sein können, Menschen, die die Bestimmung ihres Lebens gefunden haben.

Perfekt ist ein Mensch, der seine Talente entfaltet, der – wie Jesus im Gleichnis sagt – sein Talent nicht ängstlich vergräbt, sondern damit Gewinn macht. Das bedeutet immer ein gewisses Wagnis. Es bedeutet, Sicherheiten aufzugeben und sich ins Ungewisse zu begeben – im Vertrauen darauf, dass da einer ist, der mich führt und vor dem Fallen bewahrt.

Um das Ziel des Lebens zu finden, muss man sich erst einmal aufmachen, um danach zu suchen. Auf dieser Suche kann man auch mal falsche Schritte tun. Perfekt sein zu wollen bedeutet also nicht, keine Fehler zu machen, sondern aus seinen Fehlern zu lernen und sie zu korrigieren. Ein Mensch, der perfekt werden will, ist dazu bereit, sein Leben zu wagen und aus seinen Fehlern zu lernen.

Ein solcher Mensch erkennt auch die verborgene Weisheit Gottes. Wer der Bestimmung seines Lebens folgt, wird seinen Weg auch mit Gott gehen. Gott wird ihn lehren. Das geschieht oftmals unbewusst, nicht durch spektakuläre Erscheinungen, sondern durch die kleinen Winke der alltäglichen Begegnungen und Erlebnisse.

Wie dieser Weg mit Gott aussieht, das ist für jeden anders. Er kann nach außen hin ganz normal erscheinen, es müssen keine spektakulären Ereignisse damit verbunden sein. Wichtig ist, dass der Mensch offen ist für die kleinen Winke Gottes und sich von ihnen leiten lässt.

Salz der Erde (Mt 5,13-16)

Die Apostel sind Verkünder der himmlischen Dinge und salzen gleichsam mit Ewigkeit. Sie werden zu Recht Salz der Erde genannt, weil sie durch die Kraft der Lehre gleichsam salzen, das heißt die Körper für die Ewigkeit aufbewahren.

Hilarius von Poitiers

Salz, das seinen Geschmack verliert, wird weggeworfen und zertreten.

Nicht der wird von den Menschen zertreten, der Verfolgung leidet, sondern der aus Angst vor der Verfolgung schal wird. Denn zertreten werden kann nur der, der am Boden ist. Am Boden liegt aber nicht, wer trotz vieler Leiden auf der Erde dennoch mit seinem Herzen fest im Himmel verankert bleibt.

Augustinus