Psalm 32 (2) Freude über die Vergebung

Ps32_Freude

Da bekannte ich dir meine Sünde / und verbarg nicht länger meine Schuld vor dir. Ich sagte: Ich will dem Herrn meine Frevel bekennen. / Und du hast mir die Schuld vergeben.

Darum soll jeder Fromme in der Not zu dir beten; / fluten hohe Wasser heran, ihn werden sie nicht erreichen.

Du bist mein Schutz, bewahrst mich vor Not; / du rettest mich und hüllst mich in Jubel.

“Ich unterweise dich und zeige dir den Weg, den du gehen sollst. / Ich will dir raten; über dir wacht mein Auge.”

Werdet nicht wie Ross und Maultier, / die ohne Verstand sind. Mit Zaum und Zügel muss man ihr Ungestüm bändigen, / sonst folgen sie dir nicht.

Der Frevler leidet viele Schmerzen, / doch wer dem Herrn vertraut, den wird er mit seiner Huld umgeben.

Freut euch am Herrn und jauchzt, ihr Gerechten, / jubelt alle, ihr Menschen mit redlichem Herzen!

Psalm 32 zeigt die befreiende Wirkung der Vergebung. Wer die Sünde verbergen will, sich ständig rechtfertigt, die Tatsachen verdreht, der verfängt sich immer mehr in ihrem Geflecht, er stöhnt, ist ermattet und verdorrt, wie eine Pflanze im heißen Sommerwind, der das Wasser fehlt.

Wir kennen sicher das befreiende Gefühl, „wenn es endlich raus ist“, wenn wir den Mut hatten, etwas zu sagen, was uns schwer fiel, wenn wir endlich vor jemanden getreten sind, und ihn um Verzeihung gebeten haben. Die Last fällt von unserer Schulter und wir fühlen uns erleichtert.

Jetzt kann es weiter gehen. Wir sind im Leben einen Schritt vorangekommen, eine neue Perspektive öffnet sich. Das Leben fällt uns leichter. Wir fühlen uns plötzlich beschützt und geborgen. Was uns vorher Angst machte, kann uns nicht mehr erschüttern. Wie auf Flügeln gelangen wir durch die Schwierigkeiten, die sich uns in den Weg stellen wollen.

Nun spricht Gott im Psalm. Er selbst ist es, der uns führt uns leitet. Er zeigt uns den Weg. Sein Auge wacht über uns. Gottes Wacht – zu unserem Schutz. Er sieht auch unsere Fehler, wenn wir den Weg verlassen, den er uns zeigt. Dann gilt es wieder umzukehren, Kurskorrektur, immer wieder.

Vergebung ist kein einmaliges Geschehen im Leben, sondern etwas, dessen wir immer wieder bedürfen. Immer wieder werden Prüfungen auf uns zukommen, Ereignisse, die uns zeigen, ob wir schon aus unseren Fehlern gelernt haben und bereit sind für den nächsten Schritt.

Nicht zügellos durchs Leben laufen. Wenn Ross und Maultier keinen Herren haben, dann nutzen sie dem Menschen nichts. Wer sie aber zügelt, der gelangt mit ihnen dorthin, wohin er will. Ziele erreicht man nur durch Zielstrebigkeit, Disziplin.

Welches Ziel habe ich? Was nützen Zaum und Zügel, wenn wir nicht wissen, wohin es gehen soll. Ziellosigkeit ist die Ursache vieler Übel. Vielleicht ist es heute für viele Menschen das Wichtigste, erst einmal ein Ziel zu finden. Wohin soll mein Leben gehen? Was will ich erreichen?

Ich werde still uns schaue in mich hinein. Schaue auf meine wunden Punkte, auf das, was Heilung braucht. Aber nicht nur unsere Fehler verstecken wir. Allzu oft verbergen wir auch unsere Wünsche und Sehnsüchte. Wir haben die Hoffnung aufgegeben, dass sie erfüllt werden könnten, weil wir so oft enttäuscht wurden und gescheitert sind.

Ich schaue in die Tiefen meines Herzens, dort, wo ich meine Wünsche und Sehnsüchte vergraben habe, und hole sie hervor, halte sie in Gottes Licht. Im Anschauen meiner Wünsche und Sehnsüchte erkenne ich mein Ziel. Gott wird mir den Weg zeigen, auf dem ich es erreichen kann.

Nun kann ich mich freuen, jauchzen und jubeln und mit neuer Kraft durchs Leben gehen.

 

Psalm 32 (1) – Last der Schuld

Ps32_Last

Wohl dem, dessen Frevel vergeben / und dessen Sünde bedeckt ist.

Wohl dem Menschen, dem der Herr die Schuld nicht zur Last legt / und dessen Herz keine Falschheit kennt.

Solang ich es verschwieg, waren meine Glieder matt, / den ganzen Tag musste ich stöhnen.

Denn deine Hand lag schwer auf mir bei Tag und bei Nacht; meine Lebenskraft war verdorrt wie durch die Glut des Sommers.

Psalm 32 beginnt mit einem Glückwunsch, einem Glückwunsch der bereits im Aussprechen in Erfüllung gegangen ist. Zu beglückwünschen ist derjenige, dem Sünde und Schuld vergeben ist. Vergeben und bedeckt, das meint sicher nicht unter dem Teppich gekehrt, sondern wirklich weggenommen.

Das Bild, das mir bei diesem Psalm in den Sinn kommt, ist das eines Menschen, dem eine große Last bedrückt, von der er schließlich befreit wird und nun wieder leben kann in Glück und Freude.

Viele Lasten legen wir uns selbst auf, oder wir haben sie plötzlich auf dem Rücken, ehe wir uns versehen. Das Leben ist voll von Ereignissen, die oft unvorbereitet auf uns zukommen. Wir müssen lernen, mit diesen Ereignissen richtig umzugehen. Oft sind schnelle Entscheidungen gefragt, und manchmal sind es die falschen.

Ein Augenblick kann das Leben grundlegend verändern. Ein böses Wort kann Beziehungen vergiften. Es war vielleicht nicht so gemeint, aber ich war eben schlecht drauf und da ist es mir über die Lippen gekommen, scharf wie ein Messer, verletzend für den, den es traf.

Wir alle kennen solche Ereignisse, wissen, wie Schuld entsteht, wie wir uns darin immer mehr verstricken, weil wir zu stolz sind, um Vergebung zu bitten oder es einfach nicht können. Wir wollen uns rechtfertigen oder wir schämen uns und gehen dem anderen aus dem Weg.

Nun liegt die Last auf unserer Schulter. Auch wenn wir sie aus unserem Gedächtnis verdrängen, bohrt sie in uns oft unbewusst weiter, zerfrisst uns innerlich. Wir wissen vielleicht selbst nicht, was da mit uns geschieht, kennen nicht die Ursache, weil wir unsere Schuld verdrängt haben. Da gilt es, ehrlich zu sein, in uns hinein zu hören, heraufzuholen, was wir tief unten eingelagert haben.

Wir dürfen unsere Schuld vor Gott hinhalten. Wir dürfen unsere Dunkelheit in sein Licht stellen. Nur so kann sich unsere Schuld verwandeln. Alles, was wir unseren Mitmenschen antun, betrifft auch unsere Beziehung mit Gott. Ich kann nicht andere Menschen verletzen und dann vor Gott mit reinem Herzen stehen. Ich kann meine Sünde nicht vor Gott verbergen. Er kennt mich durch und durch.

Gott will, dass wir ehrlich sind. Er weiß, dass kein Mensch perfekt ist. Gott will auch nicht, dass wir aus Angst vor Fehlern uns gar nicht mehr unter Menschen wagen. Gott will, dass wir leben, und dazu gehört es auch, Fehler zu machen. Sie sind die Schule, durch die wir gehen müssen. Aber wir müssen auch den richtigen Umgang mit diesen Fehlern lernen, damit wir weiter kommen.

Wenn wir zu unseren Fehlern stehen, dann werden sie für uns zu einer Leiter, die uns immer weiter nach oben führt. Gott will uns vergeben, aber das kann er nur, wenn wir ihn offen darum bitten und unsere Fehler auch formulieren. Ein bloßes: ja ich habe viel falsch gemacht im Leben – hilft da nicht weiter und nützt uns nichts. Was habe ich konkret falsch gemacht? Nur wenn ich eine Situation gezielt anschaue, kann ich es das nächste Mal besser machen.

Wenn wir die Steine auf unserem Weg nicht erkennen, wundern wir uns immer wieder, warum wir darüber stolpern.

 

Apophthegmata – Makarius

Makarius_Anfang

Es ist das Kennzeichen des christlichen Lebens, dass ein Mensch, soviel er sich auch müht und soviel Rechtschaffenheit er auch leisten mag, sich dennoch so fühlt, als habe er nichts getan. Im Fasten zu sagen: Dies ist kein Fasten; beim Beten zu sagen: Das ist nicht Gebet; und bei der Beharrlichkeit im Gebet zu sagen: Ich habe keine Beharrlichkeit. Ich fange gerade erst an, den Glauben zu leben und Schmerzen auf mich zu nehmen. Und auch wenn der Mensch rechtschaffen lebt vor Gott, soll er stets sagen: Ich bin nicht rechtschaffen, nicht ich. Ich nehme keine Schmerzen auf mich, sondern ich mache nur jeden Tag einen Anfang.

 

1.Korintherbrief – Gnadengaben 1Kor 12,4-11

Gnadengaben

4 Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist.

5 Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn.

6 Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen.

Paulus macht deutlich, dass alle Befähigungen in ihrer Vielzahl einen gemeinsamen Ursprung haben: den dreifaltigen Gott. Gottes Kraft wirkt durch den Herrn Jesus Christus im heiligen Geist. Auf den ersten Blick unscheinbar, kommt in diesen drei Sätzen deutlich der trinitarische Charakter der Charismen zum Ausdruck.

Gottes Wirken setzt sich fort in der Zeit durch Menschen, die seinen Willen tun. Ob es sich aber bei dem, was Menschen tun, um eine Gabe Gottes oder allein um menschliches Profilierungsstreben handelt, lässt sich an einem Aspekt messen:

7 Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt.

Ist das, was ein Christ tut, förderlich zum Aufbau der Gemeinde, oder führt es zu Streit und Spaltung? Wenn einer sich selbst in den Mittelpunkt stellt, dann bringt er Spaltung in die Gemeinde, weil sie sich formiert in Anhänger und Gegner seiner Person. Wem es aber um den Aufbau der Gemeinde geht, der stellt sich selbst in den Hintergrund. Nicht sein Licht in den Schatten, das ist hier nicht gemeint. Jeder darf mutig seine Gabe zum Einsatz bringen. Die Geschichte der Heiligen zeigt jedoch, dass eine besondere Gabe oft zu einer Bürde wird. Sie bringt nichts Herausragendes im irdischen Sinn, sondern ist eher eine Herausforderung, die dem Begabten oft unter seiner Begabung leiden lässt.

8 Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem andern durch den gleichen Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln,

9 dem dritten im gleichen Geist Glaubenskraft, einem andern – immer in dem einen Geist – die Gabe, Krankheiten zu heilen,

10 einem andern Wunderkräfte, einem andern prophetisches Reden, einem andern die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem andern verschiedene Arten von Zungenrede, einem andern schließlich die Gabe, sie zu deuten.

Paulus gibt hier einen kurzen Überblick über die verschiedenen Gnadengaben. Wir verstehen das, was hier gemeint ist, leichter, wenn wir auf Christus blicken. In ihm wirkte Gottes Kraft in ihrer ganzen Fülle und er hat alle Gnadengaben in ihrer Fülle in sich vereinigt. Er besaß Gottes Weisheit und hat diese den Menschen verkündet. Er besaß die Kraft, Krankheiten zu heilen, ja sogar Tote zum Leben zu erwecken. Kein Geheimnis war ihm fremd, alles war ihm offenbar und davon hat er Kunde gebracht. Schließlich hat er sein Leben gering geachtet und sich für uns alle hingegeben.

Die Menschen, die in der Nachfolge Christi leben, teilen sich diese Kräfte. Der Geist teilt jedem seine Gabe zu, so wie es Gott gefällt. Kein einzelner Mensch kann in seiner Fülle das wirken, was Christus getan hat, aber die Gemeinde in ihrer Ganzheit, die Christi Leib in seiner bleibenden Gegenwart darstellt, kann durch die Summe ihrer Glieder, der einzelnen Christen, das Wirken Christi durch die Zeiten fortführen.

Die Gemeinde als Ganzes tut das, was Christus getan hat. Da gib es Christen, die in besonderer Weise Einblick in die Geheimnisse Gottes haben und den Menschen Weisheit vermitteln können. Andere verstehen die Zusammenhänge dieser Welt in besonderer Weise und können Erkenntnis vermitteln. Andere besitzen Glaubenskraft, die Berge versetzen kann. Mit ihrem Gebet können sie Großes bewirken. Andere können wie Christus Kranke heilen, können Menschen befreien von den Leiden und Zwängen, in denen sie lieben.

Wieder anderen ist die Gabe der Prophetie geschenkt. Sie erkennen tiefe Zusammenhänge und sehen voraus, was geschehen wird. Eine wichtige Gabe ist die Unterscheidung der Geister. Wenn es viele Stimmen in der Gemeinde gibt, welche ist die Stimme Gottes? Woran kann man sich orientieren? Anderen ist die Gabe der Zungenrede gegeben. Diese ist nicht unumstritten. Für manche ist es ein unverständliches Lallen, andere aber sehen darin eine Schau unergründlicher Geheimnisse, die andere zu deuten wissen.

11 Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will. (1Kor 12,4-11)

Noch einmal macht Paulus deutlich, dass alle diese Gnadengaben ihren Ursprung haben in dem einen Geist, der diese schenkt. Alle diese Gnadengaben sind wichtig für die Gemeinde und eine Gemeinde kann nur leben, wenn sie diese Gaben in sich vereinigt. Nur so stellt sie den Leib Christi dar, dessen Bild auf Erden sie ist. Dieses Bild von der Gemeinde als Leib Christi führt Paulus im folgenden Abschnitt noch deutlicher aus.

Beten wir darum, dass auch heute in unseren Gemeinden die Gnadengaben wirksam sind. Nur so können wir Gottes Wirken auf Erden fortsetzen in einer Zeit, die dieser Hilfe so sehr bedarf.

Gott. Du hast uns verschiedene Gaben geschenkt.

Keinem gabst du alles – und keinem nichts.

Jedem gibst du einen Teil.

Hilf uns, dass wir uns nicht zerstreiten,

sondern einander dienen mit dem,

was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.

12.1. Aelred von Rieval (1110 – 1167)

Aelred_Streben

Auch der Versuch, Großes zu erreichen, ist eine große Tat. – Magnarum rerum etiam ipse conatus magnus est. – Dem Tapferen ist es ein Bedürfnis, Erhabenes und Höchstes anzustreben. Er will das Gewünschte erhalten, oder wenigstens besser erkennen, was dessen Wert ist, und wie erstrebenswert das ist, was er noch nicht erhalten hat. Es ist kein geringer Fortschritt, wenn einer die Tugend kennenlernt und somit weiß, wie weit er von ihr noch entfernt ist. Übrigens darf der Christ nie verzweifeln und denken, irgendeine Tugend sei ihm unerreichbar. Denn täglich klingt ihm ins Ohr die Stimme Gottes im Evangelium: „Bittet und ihr werdet empfangen!“

Erster Korintherbrief – Einführung

An den ersten Sonntagen im Jahreskreis hören wir verschiedene Abschnitte aus den Briefen des Apostels Paulus an die Korinther. Das gibt uns Gelegenheit, einen Blick auf diese Stadt und die Hintergründe zu den Themen der Briefe zu werfen.

Paulus, durch Gottes Willen berufener Apostel Christi Jesu, und der Bruder Sosthenes an die Kirche Gottes, die in Korinth ist. (1Kor 1,1-2a)

Der erste und zweite Korintherbrief sind Teil einer umfangreichen Korrespondenz, die Paulus mit der Gemeinde dieser Stadt führte. Korinth war damals eine bedeutende Handelsstadt. An der Meerenge zwischen dem griechischen Festland und der Halbinsel Peloponnes gelegen, hatte sie Zugang sowohl zur Ägäis im Osten als auch zum Ionischen Meer im Westen und verfügte über zwei Häfen. Das alte Korinth war von den Römern im Jahr 146 v.Chr. dem Erdboden gleich gemacht worden. Erst im Jahr 27 v.Chr. erfolgte unter Julius Caesar die Neugründung der Stadt als römische Kolonie.

Die Bevölkerung der Stadt bestand zu einem großen Teil aus römischen Veteranen. Der blühende Handel zog aber Menschen aus allen Teilen des Reiches an, so dass wir von einer bunt gemischten Bevölkerung ausgehen müssen, in der neben dem römischen Götterkult auch eine Vielzahl orientalischer Kulte gepflegt wurde. Ebenso gab es in der Stadt eine große jüdische Gemeinde, die in Folge des Judenedikts des Kaiser Claudius, durch welches um das Jahr 49 alle Juden aus Rom ausgewiesen wurden, noch weiter gewachsen ist.

Die Apostelgeschichte (Apg 18) berichtet davon, dass Paulus die christliche Gemeinde von Korinth auf seiner zweiten Missionsreise gegründet hat. Nachdem er den ersten Schritt von Asien nach Europa gemacht hat, wandert er über Philippi, Thessalonich und Athen nach Korinth. Von dort fährt er mit dem Schiff zurück nach Ephesus in Kleinasien. In Korinth begegnet Paulus den jüdischen Eheleuten Priszilla und Aquila, die nach ihrer Ausweisung aus Rom in Korinth eine neue Bleibe gefunden haben. Sie üben ebenso wie Paulus das Handwerk eines Zelttuchmachers aus, nehmen Paulus in ihr Haus auf und werden zu wichtigen Mitarbeitern, die Paulus auch in seinen Briefen erwähnt.

Paulus bleibt verhältnismäßig lange in Korinth, wohl etwa anderthalb Jahre. Dieser Aufenthalt ist in die Zeit zwischen den Jahren 49 und 52 zu datieren. Bald wird die Wohnung von Priszilla und Aquila zu klein für die Versammlungen der stetig wachsenden Gemeinde. Paulus zieht daher in das Haus des Titus Justus um, der wahrscheinlich ein vornehmer Römer war, der als Gottesfürchtiger dem Judentum nahe stand. Die kulturelle, religiöse und soziale Vielfalt der Stadt spiegelt sich auch in der christlichen Gemeinde wider. Neben ehemaligen Heiden gab es auch Judenchristen. Ein großer Teil der Gemeinde gehörte den sozial niedrigen Schichten an, es gab aber auch eine gewisse Anzahl von Angehörigen der Oberschicht.

Diese inhomogene Zusammensetzung der Gemeinde führt zu zahlreichen Spannungen, die in den Briefen des Paulus ihren Niederschlag finden. Nach dem Weggang des Paulus ist es zu Spaltungen gekommen. Es gab verschiedene Gruppierungen. Die einen sahen sich als Anhänger des Paulus, andere als Anhänger des Apollos, eines weiteren christlichen Missionars. Zudem kam es zu sittlichen Verfehlungen, die Paulus aufs schärfste verurteilt. Es gab zudem Mitglieder, die das soziale Ungleichgewicht in der Gemeinde auch im Gottesdienst sichtbar werden ließen, indem sie sozial niedriger gestellten Gemeindemitgliedern einen untergeordneten Platz zuwiesen. Sind die Worte des Paulus im Ersten Korintherbrief noch gemäßigt, so wird sein Ton im zweiten Brief schärfer, da sich die Missstände wohl eher ausgeweitet als gemindert haben. Zudem scheint sich die Opposition gegen Paulus verstärkt zu haben.

Neben der Kritik von Missständen, die Paulus durch Leute aus der Gemeinde zu Ohren gekommen sind, nimmt Paulus im Ersten Korintherbrief auch Bezug auf Anfragen aus der Gemeinde, die ihm übersandt wurden. Diese betreffen hauptsächlich die im Brief behandelten Themen Ehe und Ehelosigkeit, Jungfrauen, Essen von Götzenopferfleisch, Geistesgaben, die Kollekte für Jerusalem und des Missionar Apollos. Entstanden ist der der Erste Korintherbrief wahrscheinlich im Jahr 54 in Ephesus.

Taufe des Herrn (2)

Taufe_2

Die Taufe des Herrn wird in der Kunst auf vielfältige Weise dargestellt. Im Mittelpunkt steht der Herr, der nackt in die Fluten des Jordan steigt. Ganz Mensch ist er hier, der Sohn Gottes. Er, der frei ist von jeder Sünde und der Umkehr nicht bedarf, nimmt die Taufe des Johannes auf sich, der die Menschen zur Umkehr ruft. Er, der stärker ist als Johannes und mit Heiligem Geist und Feuer taufen wird, taucht in Demut in die Wasser des Jordans.

Rechts sehen wir Johannes den Täufer. Er überragt Jesus, den er tauft. Zu beiden Seiten des Jordan stehen Gestalten, auf der einen Seite sind es oft Engel, sie tragen die Gewänder Jesu in den Händen, um ihn zu bekleiden, wenn er aus dem Wasser steigt. Hinter Johannes sehen wir dessen Jünger, einige von ihnen werden bald Jesu Jünger sein.

Dann geht der Blick nach oben. Von dort kommt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf Jesus herab. Ein alter Mann oder eine Hand aus der Wolke stellen Gottvater dar, der zu Jesus Christus spricht: “Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.” Die Taufe des Herrn wird so zu einem innertrinitarischen, ganz von Gott gewirkten Geschehen. In der Taufe offenbart sich die Gottheit Jesu Christi. Der als Mensch im Jordan steht, ist Gottes geliebter Sohn seit Ewigkeit. Er bedarf der Taufe nicht, weil er schon immer eins ist mit dem Vater und dem Heiligen Geist, und doch nimmt er sie auf sich, weil sich so die Gerechtigkeit, der Wille des Vaters erfüllt.

Johannes der Täufer wirkt mit an diesem Geschehen. Obwohl Gott, der in sich vollkommen ist, des Menschen nicht bedarf, muss dennoch Johannes der Täufer mitwirken am Werk Gottes, indem er Jesus tauft. Obwohl Gott des Menschen nicht bedarf, hat er ihn geschaffen, aus reiner Liebe. Weil Gott den Menschen liebt, kam der Sohn Gottes in die Welt, um den Willen des Vaters zu tun. Gott will das Heil und die Erlösung des Menschen. Nur, wenn auch der Mensch Ja sagt zu Gottes Plan, kann sein Heil Wirklichkeit werden.

Gott will jeden Menschen hineinnehmen in das Wirken seiner Liebe. Der Vater spricht: Du bist mein geliebter Sohn. Dieses Wort Gottes gilt uns allen, wenn wir bereit sind, in Gottes Liebe einzutreten, wenn wir bereit sind, Ja zu sagen zu seinem Willen. Der erste Schritt dazu ist die Taufe, in der Gott uns von unseren Sünden reinigt und uns annimmt als seine geliebten Kinder. Was wir in der Taufe begonnen haben, gilt es in unserem Leben immer mehr zu verwirklichen.

Gottes Liebe zu uns Menschen offenbart sich in der Taufe Jesu. Folgen wir diesem Ruf der Liebe Gottes. Sagen wir Ja zu seinem Willen, geben wir ihm unsere Stimme, unsere Hände, uns selber ganz und gar.

 

Taufe des Herrn (1)

Taufe_Himmel

Jesus reiht sich ein in die Schar der Täuflinge des Johannes. Unscheinbar steht er in der Menge, wartet geduldig, bis er an der Reihe ist. Jesus drängt sich nicht vor. Er zeigt sich als Mensch wie alle anderen. Seine Göttlichkeit ist verborgen und doch wird sie deutlich. Als Johannes ihn tauft und Jesus dabei betet, tut sich der Himmel auf und der Vater offenbart die Göttlichkeit des Sohnes. Doch der offene Himmel bedeutet mehr: nun steht jedem, der wie Jesus die Wasser der Taufe empfängt, der Himmel offen. Beda Venerabilis sagt:

Nicht für ihn, dessen Augen das Innere des Himmels schauen, tat sich der Himmel auf. Vielmehr wurde die Kraft der Taufe offenbar, denn wer aus ihr heraussteigt, dem öffnet sich das Reich der Himmel.

Taufe ist die lebendige Begegnung mit Gottes Kraft. Taufe ist mehr als ein Ritual. Der Getaufte begegnet Christus. Diese Begegnung ist kein einmaliges Geschehen, sondern von nun an ist er ganz mit Christus verbunden. Wie der Bräutigam mit der Braut so geht der Getaufte mit Christus eine lebendige Beziehung ein.

Vielleicht ist uns das etwas fremd, weil wir meist als Neugeborene getauft wurden und uns daran nicht mehr erinnern können. Schön kommt das aber in den Worten zum Ausdruck, die Johannes Chrysostomus den erwachsenen Taufbewerbern wenige Tage vor der Taufe sagt:

Ich verkünde euch, dass in drei Tagen der Bräutigam kommt. So erhebt euch, zündet die Lampen an, und empfangt mit ihrem hellen Licht den König des Himmels. Erhebt euch und wacht! Denn nicht am Tag, sondern mitten in der Nacht kommt der Bräutigam zu euch.

Wenn ihr den Ruf hört: Der Bräutigam kommt!, dann überhört seine Bedeutung nicht! Denn er ist wirklich bedeutsam und ist erfüllt von großer Menschenfreundlichkeit. Der Herr verlangte nicht, dass die Menschen zu ihm kämen, sondern er kam selbst zu uns.

Von diesem Kommen des Herrn haben wir in den vorangegangen Abschnitten des Evangeliums gehört. Lukas hat uns Gottes segensreiches und mächtiges Wirken in den Erzählungen aus der Kindheit Jesu geschildert. Nun sind etwa 30 Jahre vergangen. Ob es damals wohl jemanden gab, der sich an den Stall von Betlehem und an den Besuch der Weisen aus dem Morgenland erinnert hat, als er Jesus in das Wasser des Jordan steigen sah und miterlebte, wie er von Johannes getauft wurde?

 

7.1. Raimund von Penafort (um 1175-1275)

Raimund war adliger Herkunft und wurde um das Jahr 1175 auf dem westlich von Barcelona bei Villafranca del Penades gelegenen Schloss Penafort geboren. Er studierte an den damals sehr berühmten Universitäten von Barcelona und Bologna Philosophie und Rechtswissenschaften. In Bologna promovierte er zum Professor für Kirchenrecht. Er gilt als einer der bedeutendsten Rechtsgelehrten des Mittelalters.

In Bologna lernte er den Predigerorden des Hl. Dominikus kennen. Er beendete seine dortige Lehrtätigkeit und kehrte im Jahr 1220 nach Spanien zurück. Dort wurde er zunächst Kanoniker am Dom zu Barcelona. Er verfasste die Konstitutionen des damals entstandenen Mercedarier-Ordens. Dieser Orden, der in Deutschland auch „Orden der Gnade“ genannt wurde, bestand aus zölibatären Mönchsrittern und Mönchspriestern und setzte sich vor allem für den Loskauf von Gefangenen aus muslimischer Gefangenschaft ein.

Im Jahr 1222 trat Raimund von Penafort in den Dominikanerorden ein. Nach Abschluss des Noviziats lehrte er von 1223 bis 1229 an Schulen des Ordens. Im Jahr darauf wurde er von Papst Gregor IX., der ihn zu seinem Beichtvater ernannte, nach Rom gerufen. Auch hier wirkte er im Bereich des Kirchenrechts und erstellte eine Sammlung kirchlicher Gesetze, die vom Papst 1234 als „Corpus Iuris Canonici” in Kraft gesetzt wurde. Große Verbreitung erfuhr sein um das Jahr 1238 verfasstes Handbuch für Beichtväter (Summa de paenitentia et matrimonio).

Von 1238 bis 1240 war Raimund von Penafort als zweiter Nachfolger des Hl. Ordensgründers Dominikus Ordensgeneral der Dominikaner. Er erarbeitete die Kodifizierung der Ordensregeln, die weitgehend bis zur Reform in der Zeit des II. Vatikanums in Kraft blieben. Nach knapp drei Jahren legte er 1242 sein Amt nieder und ging nach Barcelona, wo er zum Berater König Jakobs. I. von Aragon, genannt Eroberer (1213-1276), wurde.

In dieser Zeit spielt die sogenannte Mantel-Legende. Raimund tadelte den König wegen seines unsittlichen Lebenswandels und wollte seine Beraterdienste beenden. Beide befanden sich damals auf der Insel Mallorca. Raimund wollte aufs Festland zurückkehren, jedoch verbot der König jedem bei Androhung der Todesstrafe, Raimund dabei behilflich zu sein. So fand er kein Schiff, das ihn übersetze. Daraufhin nahm er seinen Ordensmantel und fuhr auf diesem über das Meer. Der König, beeindruckt von diesem Wunder, besserte fortan seinen Lebenswandel.

Damals fielen immer mehr ehemals muslimische Gebiete an die Spanische Krone. Das stellte Kirche und Staat vor große Herausforderungen. Es ging vor allem darum, die fremde Kultur, Sprache und Religion der Muslime kennen zu lernen, und mit diesem Wissen die Mission unter den Muslimen voran zu treiben. Die intensive Begegnung mit der arabischen Kultur hat aber auch das geistige Leben in Europa befruchtet. Über die damals kulturell hochstehende muslimische Kultur kam man an bis dahin unbekannte Werke der Antike, wie vor allem die Schriften des Aristoteles.

Zusammen mit dem seligen Franziskaner-Terziaren Raimundus Lullus trat Raimund für die Mission unter den Muslimen, aber auch den in den neu eroberten Gebieten zahlreichen Juden ein. Der Missions-Erlass des aragonischen Königs von 1242 dürfte auf seine Anregung zurückgehen. Juden und Muslime wurden damit zu einer regelmäßigen Teilnahme an Predigten verpflichtet, die sie zum katholischen Glauben führten sollten. Bereits 1256 konnte Raimund von zehntausend getauften Muslimen berichten.

Durch Raimund wurde ein Arabisch- und Hebräisch-Unterricht in mehreren Klöstern des Dominikanerordens eingeführt. Die berühmte Summe gegen die Heiden (Summa contra gentiles) des Hl. Thomas von Aquin, der bekanntlich auch Dominikaner gewesen ist, ist auf Anregung Raimunds von Penafort entstanden. Mit ihr sollten durch Vernunftargumente nichtchristliche Glaubensauffassungen widerlegt und die Größe des christlichen Glaubens aufgezeigt werden. Raimundus Lullus und andere Theologen der damaligen Zeit haben Gespräche verfasst, in denen ein Jude, ein Muslim und ein Christ über ihre Religion diskutieren, wobei immer der Christ die überlegenen Argumente besitzt.

Raimund von Penafort war etwa einhundert Jahre alt und gezeichnet durch ein unermüdliches asketisches Leben, als er am 6. Januar 1275 zu Barcelona starb. Er wurde in der gotischen Kathedrale dieser Stadt beigesetzt. Viele Wunder ereigneten sich an seinem Grab. Im Jahr 1601 wurde er von Papst Clemens VIII. heiliggesprochen.