1.Korintherbrief – Gnadengaben 1Kor 12,4-11

Gnadengaben

4 Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist.

5 Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn.

6 Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen.

Paulus macht deutlich, dass alle Befähigungen in ihrer Vielzahl einen gemeinsamen Ursprung haben: den dreifaltigen Gott. Gottes Kraft wirkt durch den Herrn Jesus Christus im heiligen Geist. Auf den ersten Blick unscheinbar, kommt in diesen drei Sätzen deutlich der trinitarische Charakter der Charismen zum Ausdruck.

Gottes Wirken setzt sich fort in der Zeit durch Menschen, die seinen Willen tun. Ob es sich aber bei dem, was Menschen tun, um eine Gabe Gottes oder allein um menschliches Profilierungsstreben handelt, lässt sich an einem Aspekt messen:

7 Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt.

Ist das, was ein Christ tut, förderlich zum Aufbau der Gemeinde, oder führt es zu Streit und Spaltung? Wenn einer sich selbst in den Mittelpunkt stellt, dann bringt er Spaltung in die Gemeinde, weil sie sich formiert in Anhänger und Gegner seiner Person. Wem es aber um den Aufbau der Gemeinde geht, der stellt sich selbst in den Hintergrund. Nicht sein Licht in den Schatten, das ist hier nicht gemeint. Jeder darf mutig seine Gabe zum Einsatz bringen. Die Geschichte der Heiligen zeigt jedoch, dass eine besondere Gabe oft zu einer Bürde wird. Sie bringt nichts Herausragendes im irdischen Sinn, sondern ist eher eine Herausforderung, die dem Begabten oft unter seiner Begabung leiden lässt.

8 Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem andern durch den gleichen Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln,

9 dem dritten im gleichen Geist Glaubenskraft, einem andern – immer in dem einen Geist – die Gabe, Krankheiten zu heilen,

10 einem andern Wunderkräfte, einem andern prophetisches Reden, einem andern die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem andern verschiedene Arten von Zungenrede, einem andern schließlich die Gabe, sie zu deuten.

Paulus gibt hier einen kurzen Überblick über die verschiedenen Gnadengaben. Wir verstehen das, was hier gemeint ist, leichter, wenn wir auf Christus blicken. In ihm wirkte Gottes Kraft in ihrer ganzen Fülle und er hat alle Gnadengaben in ihrer Fülle in sich vereinigt. Er besaß Gottes Weisheit und hat diese den Menschen verkündet. Er besaß die Kraft, Krankheiten zu heilen, ja sogar Tote zum Leben zu erwecken. Kein Geheimnis war ihm fremd, alles war ihm offenbar und davon hat er Kunde gebracht. Schließlich hat er sein Leben gering geachtet und sich für uns alle hingegeben.

Die Menschen, die in der Nachfolge Christi leben, teilen sich diese Kräfte. Der Geist teilt jedem seine Gabe zu, so wie es Gott gefällt. Kein einzelner Mensch kann in seiner Fülle das wirken, was Christus getan hat, aber die Gemeinde in ihrer Ganzheit, die Christi Leib in seiner bleibenden Gegenwart darstellt, kann durch die Summe ihrer Glieder, der einzelnen Christen, das Wirken Christi durch die Zeiten fortführen.

Die Gemeinde als Ganzes tut das, was Christus getan hat. Da gib es Christen, die in besonderer Weise Einblick in die Geheimnisse Gottes haben und den Menschen Weisheit vermitteln können. Andere verstehen die Zusammenhänge dieser Welt in besonderer Weise und können Erkenntnis vermitteln. Andere besitzen Glaubenskraft, die Berge versetzen kann. Mit ihrem Gebet können sie Großes bewirken. Andere können wie Christus Kranke heilen, können Menschen befreien von den Leiden und Zwängen, in denen sie lieben.

Wieder anderen ist die Gabe der Prophetie geschenkt. Sie erkennen tiefe Zusammenhänge und sehen voraus, was geschehen wird. Eine wichtige Gabe ist die Unterscheidung der Geister. Wenn es viele Stimmen in der Gemeinde gibt, welche ist die Stimme Gottes? Woran kann man sich orientieren? Anderen ist die Gabe der Zungenrede gegeben. Diese ist nicht unumstritten. Für manche ist es ein unverständliches Lallen, andere aber sehen darin eine Schau unergründlicher Geheimnisse, die andere zu deuten wissen.

11 Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will. (1Kor 12,4-11)

Noch einmal macht Paulus deutlich, dass alle diese Gnadengaben ihren Ursprung haben in dem einen Geist, der diese schenkt. Alle diese Gnadengaben sind wichtig für die Gemeinde und eine Gemeinde kann nur leben, wenn sie diese Gaben in sich vereinigt. Nur so stellt sie den Leib Christi dar, dessen Bild auf Erden sie ist. Dieses Bild von der Gemeinde als Leib Christi führt Paulus im folgenden Abschnitt noch deutlicher aus.

Beten wir darum, dass auch heute in unseren Gemeinden die Gnadengaben wirksam sind. Nur so können wir Gottes Wirken auf Erden fortsetzen in einer Zeit, die dieser Hilfe so sehr bedarf.

Gott. Du hast uns verschiedene Gaben geschenkt.

Keinem gabst du alles – und keinem nichts.

Jedem gibst du einen Teil.

Hilf uns, dass wir uns nicht zerstreiten,

sondern einander dienen mit dem,

was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.

Erster Korintherbrief – Einführung

An den ersten Sonntagen im Jahreskreis hören wir verschiedene Abschnitte aus den Briefen des Apostels Paulus an die Korinther. Das gibt uns Gelegenheit, einen Blick auf diese Stadt und die Hintergründe zu den Themen der Briefe zu werfen.

Paulus, durch Gottes Willen berufener Apostel Christi Jesu, und der Bruder Sosthenes an die Kirche Gottes, die in Korinth ist. (1Kor 1,1-2a)

Der erste und zweite Korintherbrief sind Teil einer umfangreichen Korrespondenz, die Paulus mit der Gemeinde dieser Stadt führte. Korinth war damals eine bedeutende Handelsstadt. An der Meerenge zwischen dem griechischen Festland und der Halbinsel Peloponnes gelegen, hatte sie Zugang sowohl zur Ägäis im Osten als auch zum Ionischen Meer im Westen und verfügte über zwei Häfen. Das alte Korinth war von den Römern im Jahr 146 v.Chr. dem Erdboden gleich gemacht worden. Erst im Jahr 27 v.Chr. erfolgte unter Julius Caesar die Neugründung der Stadt als römische Kolonie.

Die Bevölkerung der Stadt bestand zu einem großen Teil aus römischen Veteranen. Der blühende Handel zog aber Menschen aus allen Teilen des Reiches an, so dass wir von einer bunt gemischten Bevölkerung ausgehen müssen, in der neben dem römischen Götterkult auch eine Vielzahl orientalischer Kulte gepflegt wurde. Ebenso gab es in der Stadt eine große jüdische Gemeinde, die in Folge des Judenedikts des Kaiser Claudius, durch welches um das Jahr 49 alle Juden aus Rom ausgewiesen wurden, noch weiter gewachsen ist.

Die Apostelgeschichte (Apg 18) berichtet davon, dass Paulus die christliche Gemeinde von Korinth auf seiner zweiten Missionsreise gegründet hat. Nachdem er den ersten Schritt von Asien nach Europa gemacht hat, wandert er über Philippi, Thessalonich und Athen nach Korinth. Von dort fährt er mit dem Schiff zurück nach Ephesus in Kleinasien. In Korinth begegnet Paulus den jüdischen Eheleuten Priszilla und Aquila, die nach ihrer Ausweisung aus Rom in Korinth eine neue Bleibe gefunden haben. Sie üben ebenso wie Paulus das Handwerk eines Zelttuchmachers aus, nehmen Paulus in ihr Haus auf und werden zu wichtigen Mitarbeitern, die Paulus auch in seinen Briefen erwähnt.

Paulus bleibt verhältnismäßig lange in Korinth, wohl etwa anderthalb Jahre. Dieser Aufenthalt ist in die Zeit zwischen den Jahren 49 und 52 zu datieren. Bald wird die Wohnung von Priszilla und Aquila zu klein für die Versammlungen der stetig wachsenden Gemeinde. Paulus zieht daher in das Haus des Titus Justus um, der wahrscheinlich ein vornehmer Römer war, der als Gottesfürchtiger dem Judentum nahe stand. Die kulturelle, religiöse und soziale Vielfalt der Stadt spiegelt sich auch in der christlichen Gemeinde wider. Neben ehemaligen Heiden gab es auch Judenchristen. Ein großer Teil der Gemeinde gehörte den sozial niedrigen Schichten an, es gab aber auch eine gewisse Anzahl von Angehörigen der Oberschicht.

Diese inhomogene Zusammensetzung der Gemeinde führt zu zahlreichen Spannungen, die in den Briefen des Paulus ihren Niederschlag finden. Nach dem Weggang des Paulus ist es zu Spaltungen gekommen. Es gab verschiedene Gruppierungen. Die einen sahen sich als Anhänger des Paulus, andere als Anhänger des Apollos, eines weiteren christlichen Missionars. Zudem kam es zu sittlichen Verfehlungen, die Paulus aufs schärfste verurteilt. Es gab zudem Mitglieder, die das soziale Ungleichgewicht in der Gemeinde auch im Gottesdienst sichtbar werden ließen, indem sie sozial niedriger gestellten Gemeindemitgliedern einen untergeordneten Platz zuwiesen. Sind die Worte des Paulus im Ersten Korintherbrief noch gemäßigt, so wird sein Ton im zweiten Brief schärfer, da sich die Missstände wohl eher ausgeweitet als gemindert haben. Zudem scheint sich die Opposition gegen Paulus verstärkt zu haben.

Neben der Kritik von Missständen, die Paulus durch Leute aus der Gemeinde zu Ohren gekommen sind, nimmt Paulus im Ersten Korintherbrief auch Bezug auf Anfragen aus der Gemeinde, die ihm übersandt wurden. Diese betreffen hauptsächlich die im Brief behandelten Themen Ehe und Ehelosigkeit, Jungfrauen, Essen von Götzenopferfleisch, Geistesgaben, die Kollekte für Jerusalem und des Missionar Apollos. Entstanden ist der der Erste Korintherbrief wahrscheinlich im Jahr 54 in Ephesus.