Psalm 30 (4)

An Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln

psalm_30_4.JPGDas Leben mit Gott nicht nur ein Spaziergang. Der Glaube bewährt sich in der Prüfung. Das musste der Beter auf schmerzliche Weise erfahren und das ist auch unsere Erfahrung, wenn wir uns auf den Weg mit Gott einlassen. Wir werden immer mehr zum Tempel Gottes, geweiht, wenn wir uns einlassen auf die Liebesbeziehung mit Gott und diesem Gott durch Höhen und Tiefen hindurch treu bleiben. Die größte Prüfung dieser Liebe wird sein, wenn Gott sich scheinbar verbirgt und wir in seiner Verborgenheit seine Nähe erkennen müssen.
Doch nach der Prüfung kommt wieder die Freude. Gott lässt uns nicht in der Depression versinken. Gott will uns nicht niederdrücken, sondern er will uns immer mehr zur Freude führen. Auch wenn uns nach menschlichen Maßstäben der Weg, den Gott mit uns hat, unverständlich erscheint, dürfen wir doch darauf vertrauen, dass er besser weiß, was uns gut tut, als wir selbst.

30, 12-13 Da hast du mein Klagen in Tanzen verwandelt,
hast mir das Trauergewand ausgezogen und mich mit Freude umgürtet.
Darum singt dir mein Herz und will nicht verstummen.
Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.

Mit Gott leben – auch wenn der Weg mit Gott beschwerlich wird, das ist die Kunst des Glaubens. Im vierten Kapitel seiner Regel beschreibt der Heilige Benedikt die Werkzeuge der christlichen Kunst. Am Ende einer langen Aufzählung steht der Satz: “An Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln.”
Ähnlich hat auch Fridolin Stier gedacht, wenn er schreibt:

Liebe zu Gott – diese unglückliche Liebe!
Und das, obschon ich weiß (oder glaube),
dass sie erwidert wird – er hat uns zuerst geliebt.
Diese Liebe ist so unglücklich,
weil sie von dem Geliebten Schläge empfängt,
Unliebe erfährt, die menschliches Denken und Fühlen
als Gegenteil von Liebe empfindet. …
Liebe zu Gott – nur Erfahrene wissen,
dass unglückliche Liebe die seligste ist.

Psalm 30 (3)

Der ferne Gott

Plötzlich verstummt der Beter. Sein Lobgesang bricht jäh ab. Sein Mut und seine Hoffnung schwinden. Er blickt fragend um sich. Wo ist dieser Gott, mit dem ich meinte, leichten Fußes über Höhen zu schreiten? Wo ist er, der mir Halt gegeben hat?

30, 7-11 Im sicheren Glück dachte ich einst: Ich werde niemals wanken.
Herr, in deiner Güte stelltest du mich auf den schützenden Berg.
Doch dann hast du dein Gesicht verborgen. Da bin ich erschrocken.
Zu dir, Herr, rief ich um Hilfe, ich flehte meinen Herrn um Gnade an.
Ich sagte: Was nützt dir mein Blut, wenn ich begraben bin?
Kann der Staub dich preisen, deine Treue verkünden?
Höre mich, Herr, sei mir gnädig! Herr, sei du mein Helfer!

psalm_30_3.JPGIch denke hier an die Stelle im Evangelium, als Jesus über das Wasser geht und er Petrus zuruft, es auch zu wagen (vgl. Mt 14,22-33). Petrus steigt aus dem Boot und geht über das Wasser auf Jesus zu, doch dann verlässt ihn der Mut, “er bekam Angst und begann unterzugehen. Er schrie: Herr, rette mich!”
Mit der Schwerkraft nach oben – so habe ich den Anfang des Psalms überschrieben – und dann zieht die Schwerkraft doch plötzlich wieder nach unten. Du Kleingläubiger – warum hast du gezweifelt? – fragt Jesus den Petrus. Gott stellt unseren Glauben immer wieder auf die Probe. Das soll uns zeigen, wie stark unser Vertrauen auf Gott schon ist.
Wenn alles gut geht, machen wir uns schnell etwas vor, kommen leicht in Versuchung, uns zu sagen, wie toll wir doch sind. In der Prüfung erkennen wir dann, wo wir wirklich stehen. Wie fest ist der Grund, auf den wir gebaut haben? Wo verlasse ich mich auf Gott und wo noch zu sehr auf mich selbst?
Gott prüft uns, aber er lässt uns nicht untergehen. Als Petrus um Hilfe rief, hat der Herr sofort die Hand ausgestreckt, um ihn zu retten. So dürfen auch wir darauf vertrauen, dass Gott uns zwar manchmal etwas zappeln, aber nie versinken lässt. Die Prüfung soll uns ja nicht schaden, sondern sie soll uns helfen, immer fester im Glauben zu stehen.
Herr, hilf mir! Lass mich immer mehr auf dich vertrauen. Zeige mir meine Angst und meinen Kleinglauben und schenke du mir, dass ich immer fester auf dem Grund des Glaubens stehe.

Psalm 30 (2)

… und alles ist gut.

Der Beter freut sich an Gott und ruft auch andere zum Lobpreis auf:

30, 5-6 Singt und spielt dem Herrn, ihr seine Frommen, preist seinen heiligen Namen!
Denn sein Zorn dauert nur einen Augenblick, doch seine Güte ein Leben lang.
Wenn man am Abend auch weint, am Morgen herrscht wieder Jubel.

psalm_30_2.JPGDas Leben mit Gott erscheint als Weg über sonnige Höhen, unbeschwerlich, mit weiter Fernsicht, kein Wölkchen am Horizont. Da lässt es sich fröhlich voranschreiten mit einem Lied auf den Lippen.
Selbst wenn einige Wolken auftauchen oder einige Steine im Weg liegen, so ist sich der Beter doch gewiss, dass die Sonne auch weiter scheint und der Weg bald wieder eben wird.
Schlaf mal drüber … Wer hat diesen Rat noch nicht gehört. Es ist eine bekannte Weisheit, dass vieles am nächsten Tag anders aussieht. Wenn wir es schaffen, vom Grübeln weg zu kommen und Ruhe finden, dann kommen wir manchmal “im Schlaf” zu einer Lösung.
Der Beter ruft uns auf, die “Leichtigkeit des Seins” auszukosten, positiv in die Zukunft zu blicken. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott nicht kleinlich auf unsere Fehler schaut. Auch wenn wir etwas falsch gemacht haben, so ist Gott doch immer wieder bereit, uns zu verzeihen. Seine Barmherzigkeit ist grenzenlos, sein Zorn einen Augenblick – seine Güte ein Leben lang.
Wie ist mein Bild von Gott? Vertraue ich auf seine Barmherzigkeit? Bin ich bereit, auch anderen Barmherzigkeit zu erweisen? Kann ich anderen verzeihen und auch mal ein Auge zu drücken, oder bin ich kleinlich und mache so anderen das Leben zur Hölle?
Herr, hilf mir, auf deine Barmherzigkeit zu vertrauen und auch selbst barmherzig zu sein.

Psalm 30 (1)

Mit der Schwerkraft nach oben

30, 1 Ein Psalm, Ein Lied zur Tempelweihe. Von David.

psalm_30_1.JPGIn der Überschrift wird Psalm 30 ausgewiesen als ein Lied zur Weihe des Hauses (des Herrn), des Tempels. Der Tempel ist das Haus, in dem das Lob Gottes erschallt. Tempel Gottes aber sind alle, die nach seinem Willen leben. Der Apostel Paulus ruft den Korinthern zu (1Kor 3,16):

Wisst ihr denn nicht, dass ihr Gottes Tempel seid?

Der Mensch ist dazu fähig, Tempel Gottes zu sein. Durch den Menschen erschallt das Lob Gottes. Dieses Lob singt der Beter im ersten Teil des Psalmes.

30, 2-4 Ich will dich rühmen, Herr, denn du hast mich aus der Tiefe gezogen
und lässt meine Feinde nicht über mich triumphieren.
Herr, mein Gott, ich habe zu dir geschrien und du hast mich geheilt.
Herr, du hast mich herausgeholt aus dem Reich des Todes, aus der Schar der Todgeweihten mich zum Leben gerufen.

Der Beter fühlt sich von Gott nach oben gehoben. In seiner Erklärung zu Psalm 30 gebraucht der heilige Augustinus folgenden Vergleich:

Das Gewicht ist der Drang eines jeglichen Dings, das zu seinem Ort hin begehrt. Wenn du einen Stein in der Hand trägst, merkst du sein Gewicht, er drückt deine Hand, weil er seinen Ort sucht. Ziehst du die Hand weg, fällt er zur Erde und ruht auf der Erde – er hat seinen Ort gefunden. Andere Dinge suchen oben ihren Ort. Wenn Wasser und Öl zusammen gegossen werden, dann sucht das Wasser unter dem Öl seinen Ort, das Öl aber sucht ihn über dem Wasser.

Wo ist mein Ort, wohin strebe ich? Wonach ist mein Sehnen gerichtet? Nach den Dingen dieser Welt, nach Geld und verschiedenen Annehmlichkeiten? Oder bin ich bereit, mich von diesen Wünschen zu lösen und mein Sehnen nach oben zu richten, zu Gott hin?
Ich bin Gottes Tempel. Halte ich diesen Tempel rein und gebe Gott Raum darin, oder stelle ich ihn voll mit allem möglichen Krimskrams?

Verkündigung des Herrn

maria_verkuendigung_3.jpgDie Verkündigung des Engels an Maria, von der uns der Evangelist Lukas berichtet, ist ein unscheinbares, verborgenes Ereignis, etwas, das sich allein zwischen Gott und Maria – unter Vermittlung des Erzengels Gabriel – abgespielt hat. Und doch ist es ein Ereignis, das für die Geschichte der ganzen Menschheit entscheidend geworden ist: Gottes Sohn wird Mensch im Schoß einer Jungfrau.

Dreimal am Tag halten inne in unseren Alltag, um uns mit allen Betern auf der Welt zu einem gemeinsamen Gebet zu vereinen und der Menschwerdung Gottes zu gedenken. Dreimal am Tag, gewöhnlich morgens um 7 Uhr, mittags um 12 Uhr und abends um 19 Uhr läuten die Glocken, um uns zu diesem Gebet zu rufen:

Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft, und sie empfing vom Heiligen Geist.

Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.

Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

Maria sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort.

Gegrüßet seist du, Maria …

Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.

Gegrüßet seist du, Maria…

Bitte für uns, heilige Gottesmutter, auf dass wir würdig werden der Verheißungen Christi.

Lasset uns beten: Allmächtiger Gott, gieße deine Gnade in unsere Herzen ein. Durch die Botschaft des Engels haben wir die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt. Lass uns durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung gelangen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Wir möchten Jesus sehen (Joh 12,21)

weizenkorn.jpgDer Weg zu Jesus beginnt mit der Sehnsucht, mit dem Wunsch, ihm zu begegnen.

Ich möchte Jesus sehen.

Auf der Suche nach Gott wollen wir entdecken, wie er ist. Wir suchen nicht die Weisheit und das Wissen dieser Welt, sondern wollen Jesus begegnen und mit ihm leben.

Es gibt einen Weg, auf dem die Menschen zu allen Zeiten Jesus begegnen können. Das ist der Weg der Nachfolge. Nachfolge bedeutet, sein Leben gering zu achten in dieser Welt. Wer bereit ist, sein Leben los zu lassen und es einem anderen zu übergeben, dem Vater, wie es Jesus getan hat, der kommt Jesus nahe und wird sein Leben bewahren bis ins ewige Leben.

Der „Test“ für unser geistliches Leben besteht darin, in welchem Maß in uns der Wunsch wächst, Gott zu sehen, zu kennen und zu lieben. Dieser Wunsch kann in uns entbrennen, wenn wir sein Wort hören und das bedenken, was er uns in der Heiligen Schrift sagt. Es sind Worte, die in jeder Zeit aktuell sind. Darin begegnet er uns selbst, das Wort, das Person ist, Jesus Christus.

Natürlich können uns Zweifel befallen, natürlich wird es in einem ernsthaften Gebetsleben auch Phasen der Dunkelheit geben, natürlich wird es Zeiten geben, in denen wir zu kämpfen haben. Wir leben nicht dauernd im Licht einer tiefen geistigen Freundschaft oder in der Wärme einer tiefen Verbundenheit des Herzens. Solches zu erfahren, ist ein Geschenk. Doch wir sollen nicht müde werden, um dieses Geschenk zu bitten und offen dafür zu sein.

Basil Hume

Herr,

öffne unser Herz für dich und dein Wort

und halte in uns die Sehnsucht wach,

dich und den Vater zu sehen.

Fasten – Zeichen der Umkehr

fasten_4.jpgFasten bedeutete schon immer auch Buße. Im Alten Testament hören wir öfter, dass die Menschen ein Fasten ausrufen, um Gott um Verzeihung für ihr böses Tun zu bitten und Gottes Zorn von ihnen abzuwenden.

Es ist nicht egal, wie wir leben. All unser Tun hat Auswirkungen auf die ganze Gemeinschaft, auch wenn dieser Zusammenhang nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist. Gute Taten machen andere froh und können für andere ein Vorbild sein, auch Gutes zu tun. Wenn ich aber Böses tue, schade ich anderen und oft auch mir selbst.

Damit mein böses Tun nicht zum Vorbild für andere wird und immer mehr Böses geschieht, muss ich zeigen, dass mir das böse Tun leid tut und dass ich es wieder gut machen will, indem ich bewusst eine gute Tat entgegensetze.

Früher war die Fastenzeit besonders auch die Zeit, in der Menschen, die wegen ihrer Sünden aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen wurden, wieder in die Gemeinschaft aufgenommen wurden. Dazu mussten sie verschiedene Zeichen öffentlicher Buße setzen.

Wenn dies aber besonders in der Fastenzeit geschah, in der alle Gläubigen fasten, so war dieses gemeinsame Fasten auch ein Zeichen der Solidarität mit den Sündern. Der eigene Verzicht und das gute Tun soll auch den Sündern zu gute kommen, dass sie dir Kraft haben, umzukehren.

Jeder Mensch hat es immer wieder nötig, umzukehren, jeder macht mal etwas falsch und braucht die Kraft und den Mut, dazu zu stehen und es wieder gut zu machen. Wenn wir gemeinsam fasten, zeigen wir, dass wir bereit sind, umzukehren und wir machen einander Mut, auf dem Weg mit Gott zu gehen.

Fasten – Teilen

fasten_3.JPGSchon seit dem frühen Christentum ist christliches Fasten verbunden mit der Solidarität mit den Armen. Fasten ist nicht etwas, das nur allein mich betrifft, es ist keine Leistung, die zeigen soll, wie toll ich doch bin. Fasten hat immer auch mit Gemeinschaft zu tun.

Fasten bedeutet immer auch Teilen. Wenn ich durch den Verzicht etwas einspare, kann ich dies mit anderen teilen, die es nötiger haben als ich. Etwas Geld für die Not in den armen Ländern, aber auch ein Lächeln oder eine gute Tat für die Menschen um mich herum, wenn ich etwas von meiner Zeit mit ihnen teile.

Papst Johannes XIII. hat einmal gesagt: 

„Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen – und ich werde es niemandem erzählen.“

Wir können nicht die Welt verändern, aber wir können sie mit einer kleinen Tat doch ein wenig schöner machen.