Bischof Otto von Bamberg (um 1060-1139)

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Otto ist der achte Bischof von Bamberg und neben dem Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde Patron des Bistums. Er zählt zu den großen Gestalten des Mittelalters. Er hat für die Stärkung des Glaubens in seinem Bistum Sorge getragen, hat viele Klöster gegründet, ist ein Reformer der Kirche und Missionar unter den Pommern.

Mit großer Sorge nahm sich Otto der Not der Armen an. Er gründete etliche Spitäler zur Versorgung der Armen und Kranken. Sein Wahlspruch war:

Alles zur Ehre Gottes und zum Heil des Nächsten!

Seine Menschenfreundlichkeit bekamen alle zu spüren und er sah in allen, denen er seine Fürsorge und Menschlichkeit erwies, den Herrn gegenwärtig. Selbst lebte er ein einfaches Leben und untersagte allen Luxus, der sonst für das Haus eines Bischofs üblich war. Feine Speisen ließ er an die Armen verteilen und aß selbst nur karge Kost und niemals bis zur Sättigung. Alte und zerrissene Gewänder und Schuhe ließ er flicken, anstatt sich neue zu kaufen. Als sich einige darüber empörten und meinten, solche Armut schicke sich nicht für einen Bischof, antwortete er:

Das Besitztum des Bischofs besteht aus lauter Almosen von den Gläubigen. Es ist uns nicht erlaubt, dasselbe in Eitelkeit zu vergeuden.

Petrus und Paulus

Petrus_Paulus

Nicht der Todestag der beiden Apostel Petrus und Paulus wird am 29. Juni gefeiert, sondern die Übertragung ihrer Reliquien in die Katakombe an der Via Appia, nahe bei der heutigen Kirche San Sebastiano in Rom. Bereits in der Mitte des 3. Jahrhunderts wurde der Festtag der beiden Apostel an diesem Tag gemeinsam begangen.

Die Heilige Schrift berichtet uns viel über die beiden Apostel. Von Petrus erfahren wir vor allem aus den Evangelien. Er, der Fischer am See von Galiläa, wird von Jesus zum Apostel berufen. Unter ihnen nimmt er bald den ersten Platz ein. Ihm werden von Jesus selbst die Schlüssel des Himmelreiches anvertraut. Dennoch hat Petrus lange gebraucht, bis er Jesus verstanden hat. Er musste lernen, dass das Bekenntnis “Jesus, du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!” auch das Leiden und Sterben des Messias am Kreuz einschließt. Auf das Wort Jesu: “Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen!” folgt unmittelbar der Ausruf: “Weg von mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.”

Noch in der Stunde der Passion hat Petrus nicht den Mut, zu Jesus zu stehen. Dreimal verleugnet er den Herrn. Doch er bereut und Jesus nimmt ihn an, indem er ihn als der Auferstandene dreimal fragt: “Liebst du mich?” Nun hat Petrus die Kraft, das Werk Jesu fortzuführen und der jungen Christengemeinde vorzustehen. Die Apostelgeschichte berichtet von Wundertaten des Petrus in Jerusalem und Umgebung, dann schweigt die Heilige Schrift über ihn.

Paulus hat von Jesu Erdenleben keine Notiz genommen. Wahrscheinlich ist er erst später von Tarsus nach Jerusalem gekommen. Im Gegensatz zum einfachen Fischer Petrus ist Paulus ein Mann von Welt. Er hat das jüdische Gesetz studiert und gehört zu den Gelehrten. Als sich die frühe Kirche in Jerusalem und Umgebung ausbreitet, wird er auf die Christen aufmerksam und verfolgt diese mit großem Eifer. Dann aber begegnet ihm Christus vor Damaskus, ein Ereignis, das sein Leben grundlegend verändert. Aus dem Verfolger wird einer der eifrigsten Verkünder der Botschaft Jesu Christi.

Die Begegnung mit Jesus vor Damaskus wird für Paulus zugleich zur Legitimation, sich Apostel nennen zu dürfen. Immer wieder betont er in seinen Briefen, dass er den übrigen Aposteln um nichts nachsteht. Wie diese wurde er vom Herrn selbst berufen und in das Evangelium eingeführt. Daher geht er nach seiner Berufung auch nicht nach Jerusalem, um sich dort die Legitimation der anderen Apostel zu holen und von ihnen zu lernen, sondern beginnt sofort zu predigen. Die Apostelgeschichte und seine eigenen Briefe geben Zeugnis von der umfangreichen Missionstätigkeit des Paulus im östlichen Mittelmeerraum und seinen Wunsch, das Evangelium auch in Rom und darüber hinaus weiter im Westen zu verkünden.

Erst Jahre später geht Paulus nach Jerusalem und begegnet dort zum ersten Mal Petrus. Seine Reise nach Jerusalem hatte allein den Zweck, Petrus den Fels (Kephas) kennenzulernen. Nicht, um von ihm zu lernen oder sich von ihm die oberhirtliche Bestätigung für seine Missionstätigkeit einzuholen, sondern allein aus Respekt und Freundschaft dem Petrus gegenüber ist Paulus nach Jerusalem gegangen. Er hat sonst keinen anderen der Apostel kennengelernt, außer Jakobus, den Bruder des Herrn, der damals wohl die Leitung der Jerusalemer Gemeinde innehatte.

In Petrus und Paulus wird die ganze Bandbreite christlicher Berufung sichtbar. Gott schaut nicht auf die Person. Gott sieht das Herz. Er kennt die Fähigkeiten jedes einzelnen und ruft jeden dazu, diese in den Dienst des Reiches Gottes zu stellen. Das bedeutet für jeden Menschen, seine eigenen Pläne aufzugeben und Jesus nachzufolgen. Doch wohin geht der Weg? Gott ist es, der diesen Weg bahnt und der Mensch erkennt ihn erst nach und nach im immer neuen Suchen und Fragen, in der ständigen Begegnung mit Jesus Christus.

Trotz so vielfältiger Berichte über Petrus und Paulus schweigt die Heilige Schrift über deren letzte Lebensjahre. Wir erfahren nichts mehr über Petrus, nachdem er Jerusalem verlassen hat, und auch der Bericht über Paulus endet, als dieser in Rom als Gefangener angekommen ist. Der hl. Isidor schreibt:

Nachdem Petrus die Kirche von Antiochia gegründet hatte, reiste er unter Kaiser Claudius nach Rom, um gegen Simon den Magier vorzugehen. In Rom predigte er 25 Jahre lang und wurde Bischof dieser Stadt. Im 36. Jahr nach dem Leiden des Herrn wurde er von Nero gekreuzigt, mit dem Haupt nach unten, wie er es selbst gewollt hatte.

Zuverlässige außerbiblische Quellen und die Tradition der Kirche geben Zeugnis davon, dass Petrus der erste Bischof von Rom gewesen ist und dass er zusammen mit Paulus dort das Martyrium erlitten hat. Viele Legenden schmücken die letzten Tage der beiden Apostel in Rom und deren Zusammentreffen und gemeinsamen Gang zum Martyrium. Auch der Wettstreit der beiden mit dem bereits in der Apostelgeschichte genannten Simon den Magier gehört zu diesen Legenden. Simon war inzwischen zu einem Vertrauten des Kaisers geworden und wetteiferte mit Petrus und Paulus darum, wer die größten Wunder vollbringen konnte. Am Ende war er mit seiner Zauberei der Glaubenskraft der Apostel unterlegen.

Als sicher gilt das Martyrium der Apostel Petrus und Paulus unter Kaiser Nero (54-68) um das Jahr 67, wie es heißt am gleichen Tag. Petrus wurde auf seinen eigenen Wunsch hin, da er sich nicht für würdig hielt, wie der Herr zu sterben, mit dem Kopf nach unten gekreuzigt, Paulus aber, der als Römischer Bürger nicht gekreuzigt werden durfte, starb durch Enthauptung und wird daher mit dem Schwert dargestellt, zugleich Symbol für die Kraft seines Wortes. Petrus aber hält die Himmelsschlüssel in der Hand.

Um das Jahr 450 predigte Papst Leo der Große in Rom zum Festtag der beiden Apostelfürsten:

Über die Verehrung hinaus, die dem heutigen Fest mit Recht auf dem ganzen Erdkreis entgegengebracht wird, ist es doch in unserer Stadt mit besonderem und ureigenem Jubel zu feiern, denn dort, wo die Apostelfürsten im Tod verherrlicht wurden, soll am Tag ihres Martyriums auch die höchste Freude herrschen.

Petrus und Paulus, die so grundlegend voneinander verschieden waren, sind beide zum Fundament geworden, auf dem Jesus Christus seine Kirche gebaut hat. An der Stätte des Petrusgrabes wurde der Petersdom errichtet, das Zentrum der Christenheit. Paulus wurde der Überlieferung nach auf einem heidnischen Friedhof an der Via Ostiense beigesetzt. Über seinem Grab wurde die Basilika Sankt Paul vor den Mauern errichtet, eine der vier Hauptkirchen Roms.

Nachfolge (Lk 9,57-62)

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Als sie auf ihrem Weg weiterzogen, redete ein Mann Jesus an und sagte: Ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. (Lk 9,57-58)

Schickt Jesus den Mann weg, der ihn um Aufnahme in die Nachfolge bittet, oder zeigt er ihm nur, wie schwer dieser Weg ist? Der Weg mit Jesus führt nicht geradewegs ins traute Heim oder gemachte Nest. Wer Jesus folgt, weiß zunächst nicht, wohin es geht. Er lässt sich führen, im Vertrauen darauf, dass Gott für ihn bereits den Ort bereitet hat, an dem sein Leben fruchtbar werden kann.

Zu einem anderen sagte er: Folge mir nach! Der erwiderte: Lass mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben. Jesus sagte zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes! (Lk 9,59-60)

Es fällt schwer, diesen Satz Jesu zu erklären. Versuchen wir, uns in die Situation hinein zu versetzen. Da ist ein Mann, den Jesus in seine Nachfolge ruft. Sein Vater ist gerade verstorben. Der Mann trauert. Er will hingehen und zusammen mit seiner Familie dem Vater die letzte Ehre erweisen. Das ist nichts Ungewöhnliches, es ist vielmehr das, was in allen Kulturen und auch bei den Juden und uns Christen Sitte und Pflicht ist. Will Jesus verbieten, dass wir unseren Toten die letzte Ehre erweisen? Dies mit Sicherheit nicht. Die Christen haben darin niemals die Lehre Jesu gesehen, die Toten sich selbst zu überlassen.

Was aber will Jesus uns damit sagen? Jesus will bewusst provozieren. Ihm nachzufolgen ist wichtiger, als die so hoch stehende Forderung, den Toten die letzte Ehre zu erweisen. Jesu Verhältnis zum Tod ist ein anderes als das der Menschen. Als sein Freund Lazarus stirbt, hat er keine Eile, dessen trauernde Schwestern zu besuchen. Er nimmt nicht am Begräbnis teil, sondern kommt und ruft den Toten aus dem Grab. Als man ihn selbst tot ins Grab legt, verlässt er es als Lebender.

Jesus hat die Macht über Leben und Tod. Daher überlässt auch der Sohn, der die Nachfolge Jesu der Sorge um seinen toten Vater vorzieht, den Toten nicht sich selbst, sondern vertraut ihn Jesus an. Er vertraut darauf, dass Jesus ihm das Leben wiedergeben kann, wenn nicht in dieser Welt so doch im Reich Gottes. Es sind noch genug Verwandte da, die für das Begräbnis sorgen können, für ihn gibt es jetzt im Moment aber Wichtigeres.

Jesus will zeigen, welch hohen Stellenwert die Nachfolge hat und diese Nachfolge ist radikal. Sie fordert heraus, mehr als alles andere auf der Welt. Wer sie als plumpe Ausrede gebrauchen würde, um seinen irdischen Pflichten nicht nachkommen zu müssen, der lästert den Namen Gottes. Es gibt keine billige Nachfolge. Jesus verlangt alles, um alles geben zu können.

Wieder ein anderer sagte: Ich will dir nachfolgen, Herr. Zuvor aber lass mich von meiner Familie Abschied nehmen. Jesus erwiderte ihm: Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes. (Lk 9,61-62)

Auch das dritte Nachfolgewort Jesu ist radikal. Der kundige Leser hört im Hintergrund Anklänge an die Berufung des Propheten Elischa im Alten Testament. Als Elischa beim Pflügen ist, kommt der Prophet Elija und ruft ihn, ihm zu folgen. Elischa bittet darum, von seiner Familie Abschied nehmen zu dürfen. Elija gewährt es ihm und Elischa bereitet mit dem Holz des Pfluges aus den Rindern, die dem Pflug vorgespannt waren, ein Abschiedsmahl für seine Familie. Jesus aber macht deutlich, dass sein Ruf noch radikaler ist als der des Propheten Elija. Er duldet keinen Aufschub.

Wen er rief, dem war damit gesagt, dass für ihn nur noch eine einzige Möglichkeit des Glaubens an Jesus besteht, nämlich die, dass er alles verlässt und mit dem menschgewordenen Sohn Gottes geht. Mit dem ersten Schritt ist der Nachfolgende in die Situation gestellt, glauben zu können. Folgt er nicht, bleibt er zurück, so lernt er nicht glauben. (Dietrich Bonhoeffer)

Erneut will Jesus hier bewusst provozieren. Er will nicht die Sorge für die Eltern abschaffen, die ja im vierten Gebot fest verankert ist. Nachfolge bedeutet nicht, dass für den, der in die Nachfolge eintritt, die Eltern ab sofort gestorben sind. Wenn aber die Familienbande zu stark sind, kann dies ein Hindernis sein, das vom Weg mit Jesus ablenkt. Die – vielleicht auch nur vorübergehende – radikale Trennung aber ermöglicht einer Verbindung auf einer neuen Ebene. Als man Jesus einmal seine Mutter zeigte, hat er auf die Menschen um ihn herum gedeutet und gesagt: Das hier sind meine Brüder, Schwestern und meine Mutter. Als Glaubende aber gehört die Mutter Jesu auch zu dieser Gemeinschaft. Als Glaubende stehen auch die Eltern des Jüngers zusammen mit diesem in der Gemeinschaft der Brüder und Schwestern des Herrn.

Die Nachfolge Jesu fordert radikalen Verzicht, aber gerade dieser Verzicht macht es möglich, dass Jesus alles schenken kann. Wer um Jesu Willen alles aufgibt, der gewinnt alles. Dies ist der Hintergrund, vor dem wir Jesu Worte verstehen können. Wer ängstlich an etwas festhält, und sei es das Ehrenhafteste auf der Welt, der ist nicht frei, um Jesus zu folgen und aus der Fülle des Reichtums Gottes zu schöpfen. Nachfolge ist radikal, aber sie eröffnet zugleich ungeahnte Möglichkeiten.

Wir fragen uns sicher, wer dann überhaupt Jesus nachfolgen kann. Jesus folgen, das geht nicht unter Zwang, sondern nur in dem grenzenlosen Vertrauen auf Gottes Güte und Barmherzigkeit. Nur wenn ich weiß, dass Gott mich keinen Mangel und keine Not leiden lassen wird, wenn ich ihm mein Leben schenke, kann ich das loslassen, was mich daran hindert, Jesus nachzufolgen.

Für jeden von uns gilt die Frage: Was hindert mich noch daran, Jesus ganz zu folgen, woran klammere ich mich und was kann ich loslassen, um zu einer größeren Freiheit zu finden? Bitten wir um den Mut für das Wagnis des Glaubens. Vielleicht können die Worte von Dietrich Bonhoeffer helfen, das Gesagte zu vertiefen.

Billige Gnade ist Predigt der Vergebung ohne Buße, ist Taufe ohne Gemeindezucht, ist Abendmahl ohne Bekenntnis der Sünden, ist Absolution ohne persönliche Beichte. Billige Gnade ist Gnade ohne Nachfolge, Gnade ohne Kreuz, Gnade ohne den lebendigen, menschgewordenen Jesus Christus.

Dagegen ist teure Gnade der verborgene Schatz im Acker, um dessentwillen der Mensch hingeht und mit Freuden alles verkauft, was er hatte; die köstliche Perle, für deren Preis der Kaufmann alle seine Güter hingibt; die Königsherrschaft Christi, um derentwillen sich der Mensch das Auge ausreißt, das ihn ärgert; der Ruf Jesu Christi, auf den hin der Jünger seine Netze verlässt und nachfolgt. Teure Gnade ist das Evangelium, das immer wieder gesucht, die Gabe, um die gebeten, die Tür, an die geklopft werden muss.

Teurer ist sie, weil sie in die Gnade ruft, Gnade ist sie, weil sie in die Nachfolge Jesu Christi ruft; teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet, teurer ist sie, weil sie ihm so erst das Leben schenkt… Teuer ist die Gnade vor allem darum, weil sie Gott teuer gewesen ist, weil sie Gott das Leben seines Sohnes gekostet hat, und weil uns nicht billig sein kann, was Gott teuer ist. (Dietrich Bonhoeffer)

Nach Jerusalem (Lk 9,51-56)

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Als sich die Tage seiner Hinwegnahme erfüllten, da richtete Jesus sein Antlitz fest darauf, nach Jerusalem zu wandern. (Lk 9,51)

In dieser wörtlichen Übersetzung (nach Peter Köster) wird die Bedeutung des Satzes klarer. Er bildet die Überschrift über die nun folgenden Kapitel. In dem nur wenige Verse vorher geschilderten Bericht von der Verklärung Jesu wurde den Jüngern ein Blick auf Jesu Göttlichkeit gewährt. Dann hat Jesus den Jüngern deutlich gemacht, dass er vor seiner Verherrlichung leiden und sterben müsse. Der Leser, der dem Lauf des Lukasevangeliums folgt, wurde also schon hinreichend auf das vorbereitet, was die hier genannte Hinwegnahme bedeutet. Jesu Leiden, Tod und Auferstehung, die sich in Jerusalem erfüllen, sind das Ziel des Weges Jesu.

Die nun folgenden Kapitel bis Lukas 19,27 bilden eine Einheit und zeigen Jesu Weg nach Jerusalem. In Worten und Taten führt Jesus die Jünger immer tiefer in sein Geheimnis ein. Am Ende dieses Weges steht dann der Einzug Jesu in Jerusalem, auf den seine Gefangennahme folgt. Jesus weiß, was ihn in Jerusalem erwartet, und ist fest entschlossen, diesen Weg zu gehen. Auch wenn er noch mehrere Wochen unterwegs sein wird und dabei vielen Menschen begegnet, so ist doch die Richtung klar.

Gleich am Anfang dieses Weges stellt sich Jesus ein Hindernis in den Weg, das einen kleinen Umweg erforderlich macht. Zugleich macht Jesus seinen Jüngern deutlich, was es heißt, mit ihm auf diesem Weg zu gehen. Es ist eine Entscheidung, die radikales Vertrauen auf Gott zur Grundlage haben muss.

Und er sandte Boten vor sich her. Und sie gingen hin und kamen in ein Dorf der Samariter, um ihm Herberge zu bereiten. Und sie nahmen ihn nicht auf, weil sein Antlitz gerichtet war, nach Jerusalem zu wandern. (Lk 9,52-53)

Jesus schickt Jünger voraus, die eine Unterkunft vorbereiten sollen. Der Weg führt durch samaritisches Gebiet. Wir kennen aus verschiedenen biblischen Erzählungen die Feindschaft zwischen Juden und Samaritern. Nach dem Untergang des Nordreiches im Jahr 732 v.Chr. wurden im Gebiet um Samaria fremde Volksstämme angesiedelt, viele Israeliten sind nach Juda geflohen, einige aber blieben in ihrer Heimat zurück. Auf jüdischer Seite war man bestrebt, den JHWH-Kult auf den Tempel in Jerusalem als dem einzig legitimen Heiligtum zu beschränken. Schon in den Königsbüchern des Alten Testaments wird deutlich, dass jeder Kult außerhalb des Tempels von Jerusalem Götzendienst und Abfall vom Gott Israels ist.

Im alten Israel aber kannte man verschiedene Heiligtümer. Die samaritanische Bevölkerung hielt an ihrer Verehrung Gottes auf dem Berg Garizim fest. Da beide Seiten aus ihrer Sicht den Gott Israels anbeteten, kann man von so etwas wie zwei jüdischen Konfessionen sprechen. Wir wissen aus unserer eigenen christlichen Vergangenheit, dass der Hass zwischen den Konfessionen, die den gleichen Gott verehren, größer sein kann, als die Ablehnung der Heiden, die andere Götter verehren.

Der Hass zwischen Juden und Samaritern beruhte auf Gegenseitigkeit. Man wollte nichts miteinander zu tun haben, mied jedwedes Zusammentreffen und erzählte sich die übelsten Geschichten von der Bosheit der jeweils anderen Gruppe. Jesus durchbricht diese Spirale des Hasses. Er macht keinen großen Bogen um samaritisches Gebiet, wie es fromme Juden zu tun pflegten. Und er erzählt auch keine Schauermärchen über die Samariter. Im Gegenteil. Im Johannesevangelium hören wir von der Begegnung Jesu mit der Samariterin und das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter, das Lukas uns im nächsten Kapitel überliefert, gehört bis heute zu den bekanntesten Geschichten des Neuen Testaments.

Und doch wollen die Samariter Jesus nicht durch ihr Gebiet lassen, sie nehmen Jesu Angebot der Versöhnung nicht an. Jesus aber urteilt nicht über sie, er verurteilt sie nicht. Er sagt nicht: Da sieht man ja, wie schlecht diese Samariter sind. Er weiß, wie schwer es ist, tief verwurzelte Feindschaften zu heilen. Er will den Graben des Hasses nicht noch tiefer graben. Er lässt den Hass der Gegenseite nicht in sein Herz, und somit kann ein Schimmer des Friedens aufleuchten inmitten der Dunkelheit. Seine Jünger aber, die einen Blitz der Vernichtung fordern, weist er scharf zurecht:

Als die Jünger Jakobus und Johannes das sahen, sagten sie: Herr, sollen wir befehlen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet? Da wandte er sich um und wies sie zurecht. Und sie gingen zusammen in ein anderes Dorf. (Lk 9,54-56)

Jesus ist nicht gekommen, um zu vernichten, sondern um zu retten. Niemand darf mit Gewalt zum Glauben an ihn gezwungen werden oder für die Ablehnung Jesu mit Gewalt bestraft werden. Was Jesus hier den beiden eifernden Donnersöhnen, wie Jakobus und Johannes an anderer Stelle genannt werden, deutlich macht, haben spätere Glaubensverkündiger leider immer wieder vergessen.

Jesus will uns zeigen, dass die vollkommene Tugend nicht rachsüchtig ist, dass dort, wo volle Liebe herrscht, der Zorn keinen Platz hat und Schwäche nicht auszuschließen, sondern zu unterstützen ist. Fern sei den Frommen die Verbitterung und fern den Großmütigen die Rachsucht! (Ambrosius)

Beten wir darum, dass wir wie Jesus die Kraft haben, dass wir auf Ablehnung nicht mit Ablehnung reagieren und die Flamme der Liebe in unserem Herzen nicht vom Hass ersticken lassen.

Christus als Gewand

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Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angelegt. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer» in Christus Jesus. Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben kraft der Verheißung. (Gal 3,26-29)

Auf immer wieder neue Weise will Paulus den Galatern deutlich machen, was es heißt, an Jesus Christus zu glauben. Wer glaubt und sich taufen lässt, ist zu einem neuen Menschen geworden. In Gal 2,20, der Lesung am vergangenen Sonntag, hat Paulus das so erklärt: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ Er wollte damit zeigen, dass der Glaube den Menschen in seinem Innersten so verändert, dass er in seinem Denken, Fühlen und Wollen Christus immer ähnlicher wird. Nun zeigt er, dass Glaube und Taufe den Menschen auch äußerlich verändern:

Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt.

Christus als Gewand anlegen, was meint Paulus damit? Wer “Gewand Christi” bei Google eingibt, der stößt dabei schnell auf den heiligen Rock in Trier. Hier haben wir ein Gewand, das Christus selbst getragen haben könnte. Zu den großen Wallfahrten können wir dieses Gewand Christi ansehen und verehren. Doch Paulus meint mit seinen Worten etwas anderes, als dass wir dieses Gewand Christi selbst anziehen sollten.

Wenn wir über das Thema Kleidung nachdenken, so fällt uns auf, dass wir bei uns in großen Menschenmassen selten zwei Menschen sehen, die gleiche Kleidung tragen. So vielfältig ist das Angebot an Kleidungsstücken, so groß ist unser Drang nach Individualität, dass wir uns von anderen unterscheiden wollen. Andererseits schafft das bewusste Tragen der gleichen Kleidung Gemeinsamkeit. Das sehen wir spielerisch, wenn zwei Menschen im “Partnerlook” gehen. Autoritäre Staaten möchten gerne ihre Bürger in Einheitskleidung stecken. Ähnliche Kleidung macht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe deutlich. Offizielle Anlässe verlangen nach einer angemessenen Kleidung, die Uniform der Soldaten macht die Vielen zu einer Truppe. Im kirchlichen Bereich kennen wir das Ordensgewand, das die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinschaft zum Ausdruck bringt, oder das Kollar, das einen Priester kenntlich macht.

All dies hilft uns, das Wort des Apostels Paulus besser zu verstehen. Wir sollen als Christen unsere Ähnlichkeit mit Jesus Christus äußerlich zum Ausdruck bringen. Nicht durch uniforme Kleidung, die reine Äußerlichkeit bliebe, sondern durch eine Gemeinschaft über alle nationalen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg. Der gemeinsame Glaube und die gemeinsame Ausrichtung auf Jesus Christus überbrückt alle Unterschiede aufgrund der ethnischen oder sozialen Herkunft. Ob einer reich oder arm, Mann oder Frau, Europäer oder Afrikaner ist, jeder Mensch kann Abbild Jesu Christi sein und ist gleichwertig in der Gemeinschaft der Glaubenden.

In dem speziellen Zusammenhang des Galaterbriefes geht es Paulus vor allem darum, den Galatern zu zeigen, dass sie auch ohne Übernahme der jüdischen Tradition der Beschneidung vollwertige Mitglieder in der Gemeinschaft der Kirche sind. Damals sind bei den Galatern judenchristliche Missionare aufgetreten, die in fälschlicher Berufung auf die Apostel in Jerusalem von den Heidenchristen die Beschneidung gefordert haben. Nur durch die Beschneidung, so meinten sie, könnten auch die Heiden Erben der Verheißung werden, die Gott an Abraham gerichtet hat. Gott hat ihrer Meinung nach das Heil an das Zeichen der Beschneidung gebunden. Paulus widerspricht dem. Im neunen Bund, den Christus gestiftet hat, ist nicht mehr die Beschneidung das verbindende Bundeszeichen, sondern allein die Taufe.

Paulus betont, dass sowohl die Juden, die das Bundeszeichen der Beschneidung tragen, als auch die Heiden, die dieses Zeichen nicht tragen, durch die Taufe das Heil Gottes erlangen und Kinder Gottes sind. Er geht noch darüber hinaus und argumentiert, dass es nach der Taufe gar keine Unterschiede aufgrund menschlicher Herkunft mehr geben kann.

Für uns heute mag diese Auseinandersetzung weit weg, die Abgrenzung zwischen Juden und Christen ist bald nach Paulus deutlich, vielleicht allzu deutlich, vollzogen worden. Wir können uns aber dennoch fragen, wo wir heute trotz Christentum und allgemeiner Erklärung der Menschenrechte, nach der alle Menschen die gleiche Würde haben unabhängig von „Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand“, immer noch Unterschiede in der Würde des Menschen gelten lassen und andere diskriminieren.

Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt.

Paulus gebraucht diesen Ausdruck, weil er so gewaltig ist. Denn wenn Christus Sohn Gottes ist, du aber ihn angezogen hast, so bist du, weil du den Sohn in dir hast und ihm ähnlich gestaltet wurdest, in eine Verwandtschaft und Form mit ihm gebracht worden. … Er begnügt sich aber auch mit dieser Redensart nicht, sondern erklärt dieselbe, dringt tiefer ein in die Art dieser Verbindung und schreibt: „Ihr alle seid einer in Christus Jesus“, das bedeutet, ihr alle habt eine Gestalt, eine Form, die Form Jesu Christi. Gibt es etwas, was gewaltiger ist als dieses Wort? Ein Mensch, der zuvor Heide oder Jude oder Sklave war, wandelt nun einher in der Gestalt nicht eines Engels, nicht eines Erzengels, nein, in der Gestalt des Alleinherrschers selber und vergegenwärtigt Christus in seiner Person. (Johannes Chrysostomus)

Ähnlich wie Johannes Chrysostomus ruft uns auch Papst Leo der Große in einer Predigt dazu auf, das Unglaubliche, das Gott an uns gewirkt hat, stets vor Augen zu haben und uns dessen würdig zu erweisen:

Christ, erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden, kehre nicht zu der alten Erbärmlichkeit zurück und lebe nicht unter deiner Würde. Denk an das Haupt und den Leib, dem du als Glied angehörst! Bedenke, dass du der Macht der Finsternis entrissen und in das Licht und das Reich Gottes aufgenommen bist.

Wir haben Christus als Gewand angelegt. Wir gehören zu Jesus Christus und sind dazu berufen, unser Leben seinem Leben ähnlich zu machen. Leben wir gemäß unserer Berufung. Tragen wir unseren Glauben in die Welt hinaus. Leben wir so, dass durch unser Tun den Menschen das Heil erfahrbar wird, das Gott der Welt geschenkt hat. Das bedeutet nicht, dass wir alle im Gleichschritt marschieren müssen, Nachfolge ist individuell und vielfältig, jeder hat seine je eigene Berufung. Aber doch gibt es einen gemeinsamen Ursprung, einen gemeinsamen Mittelpunkt, ein gemeinsames Ziel: Jesus Christus geht den Vielen voran, die er in seine Nachfolge ruft, auf ihn gilt es zu schauen.

Paul Claudel hat es einmal so formuliert:

Heilige sind Menschen, die in die Fußstapfen Jesu getreten sind, doch jeder mit seiner eigenen Schuhgröße.

Wir alle sind als Heilige berufen und dazu auserwählt, in dem Gewand des neuen Lebens zu wandeln, das Gott für jeden von uns in seiner Größe passend bereit gelegt hat.

Prophet Sacharja (2)

Sacharja_Durchbohrt

War im ersten Teil des Buches Sacharia euphorisch von der Rettung Judas und Jerusalems unter der Führung der beiden Heilsgestalten, dem Hohenpriester Jeschua und dem Davidspross Serubbabel, die Rede, die treu den Willen Gottes erfüllen, so ist nun eine andere Zeit angebrochen. Es sind Herrscher aufgetreten, die sich nicht um das Wohl des Volkes kümmern, sondern wie schlechte Hirten sich nur am Fleisch der Herde sattessen wollen.

Zugleich aber verheißt Sacharja in Sach 9,9 das Kommen eines Friedenskönigs. Doch erst einmal herrscht Krieg. Wir erkennen die Ursache dieses Krieges in der Verwerfung Gottes durch die treulosen Hirten. Jerusalem aber wird siegreich aus diesem Kampf hervorgehen. Im Volk werden Helden erstehen, die siegreich kämpfen. Dann spricht der Prophet mitten in dieses Bild des Gemetzels die Worte:

An jenem Tag werde ich danach trachten, alle Völker zu vernichten, die gegen Jerusalem anrücken. Doch über das Haus David und über die Einwohner Jerusalems werde ich den Geist des Mitleids und des Gebets ausgießen. Und sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben. Sie werden um ihn klagen, wie man um den einzigen Sohn klagt; sie werden bitter um ihn weinen, wie man um den Erstgeborenen weint. (Sach 12,9-10)

Es ist, als würde plötzlich der Kriegslärm schweigen und Stille das geschundene Land überziehen. Gottes Geist, der einst über den Wassern der Urflut schwebte, kommt über das Land. Den Menschen wird ihr Trug und ihre Eitelkeit bewusst und sie blicken auf das Zeichen des Durchbohrten, das mitten unter ihnen steht.

Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben.

Im Johannesevangelium (Joh 19,37) und in der Offenbarung des Johannes (Offb 1,7) wird dieses Wort eindeutig auf Jesus Christus bezogen, der am Kreuz gestorben ist. Das Volk Gottes hat in seiner Verblendung seinen Gott gekreuzigt, der gekommen ist, ihm das Heil zu bringen. Sie aber wollten mit ihren eigenen Waffen kämpfen und siegreich sein. Ihr falscher Eifer für das Gesetz, ihr falscher Stolz auf ihren Glauben hat sie blind gemacht. Nun aber weht Gottes Geist über das Todesfeld der Geschlagenen und öffnet ihnen die Augen.

Sie klagen und weinen und Gott vergibt ihnen die Schuld. Sie kehren um, schaffen alles Unreine und alle Lüge weg aus ihrer Mitte. Doch es gilt auch jedes Wort des Propheten:

 

„Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben“ – mit diesen Worten beschließt der Evangelist Johannes seine Darstellung der Passion des Herrn; mit diesen Worten eröffnet er die Christusvision im letzten Buch des Neuen Testamens, das wir „Geheime Offenbarung“ zu benennen pflegen. Zwischen der zweimaligen Anführung dieses prophetischen Wortes aus dem Alten Bund liegt die ganze Geschichte ausgespannt: zwischen Kreuzigung und Wiederkunft des Herrn; in diesem Wort ist ebenso die Rede von der Erniedrigung dessen, der wie ein Verbrecher am Galgen starb, wie von der Macht dessen, der kommen wird, die Welt zu richten – auch unser Richter.

„Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben“ – das ganze Johannesevangelium ist im Grunde nichts anderes als der Vollzug dieses Wortes, nichts anderes als das Bemühen, unsere Augen und unser Herz zu sammeln in den Blick auf ihn hin. Und die ganze Liturgie der Kirche ist nichts anderes als das Schauen auf den Durchbohrten, dessen verhülltes Antlitz der Priester auf dem Höhepunkt des Kirchenjahres, in der gottesdienstlichen Feier des Karfreitags, den Augen der Kirche und der Welt enthüllt: „Seht, das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen!“

„Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben“ – Herr, gibt uns, in dieser Stunde auf dich zu schauen, in der Stunde deiner Verborgenheit und Erniedrigung durch eine Welt, die das Kreuz als ärgerlichen Unfall übergehen will, die sich deinem Blick entzieht, ihn als unnütze Zeitvergeudung ansieht und nicht weiß, dass sie eben darin deiner Stunde entgegengeht, in der sich niemand deinem Blick wird entziehen können. (Benedikt XVI.)

An jenem Tag wird für das Haus David und für die Einwohner Jerusalems eine Quelle fließen zur Reinigung von Sünde und Unreinheit. (Sach 13,1)

Trauer und Schmerzen – das Herz ist verwundet, zerrissen. Jeder Mensch sehnt sich nach Liebe, doch wie oft wird diese Sehnsucht enttäuscht, zerbricht der kostbare Schatz in unseren Händen oder wird gar achtlos beiseite geworfen.

Die Sehnsucht nach Liebe durchzieht die Generationen des Menschengeschlechtes. Der Schrei nach Liebe hallt wider auf allen Plätzen dieser Erde und Schmerzensblut tropft auf unsere Straßen.

Woher kommt Rettung, woher Heilung für die gebrochenen Herzen, die so oft enttäuscht worden sind, und von einer Bitternis durch eine kurze Freude in die nächste Bitternis fallen? Ist es das Los des Menschengeschlechts, dass der Ruf nach Liebe ungehört verhallt?

Es gibt eine Quelle des Trostes, es gibt Heilung für die wunden Herzen. Kein einfaches Pflaster, keine schnellwirkende Medizin, keine billigen Pillen, aber etwas, das doch bei kontinuierlicher Anwendung heilsam wirkt.

Wir können unsere Herzen heilen im Licht der Liebe Gottes. Jesus Christus hat selbst den Schmerz in seinem Herzen empfunden. Aus Liebe hat er sein Herz durchbohren lassen. Aus seinem geöffneten Herzen fließt der Strom der göttlichen Liebe in diese Welt.

Blicken wir auf das aus Liebe durchbohrte Herz des Herrn. Lassen wir uns füllen von Gottes grenzenloser Liebe. Sie ist reichlich für alle da. Treten wir hinzu zum Quell der Liebe und tanken wir diese Liebe in unseren Herzen, damit unsere Wunden heilen und wir mit einem Herzen voller Liebe durch diese Welt gehen.

Indem wir auf Christus schauen, wissen wir uns zugleich von ihm selbst angeschaut. Er, den wir mit unserer Schuld durchbohrt haben, wird nicht müde, über uns den unerschöpflichen Strom seiner barmherzigen Liebe auszugießen. Möge die Menschheit erfassen, dass nur von dieser Quelle aus es möglich ist, die notwendige spirituelle Energie zu erlangen, um jenen Frieden und jenes Glück zu bauen, die Ziel der Sehnsucht aller Menschen sind. (Benedikt XVI.)

Prophet Sacharja (1)

Sacharja_Prophet

Im zweiten Jahr des Darius erging im achten Monat das Wort des Herrn an den Propheten Sacharja, den Sohn Berechjas, des Sohnes Iddos. (Sach 1,1)

Der Prophet Sacharja (“JHWH hat sich erinnert”) hat in der Zeit um 518 v.Chr. gewirkt, nur wenig später als der Prophet Haggai. Er wird auch in anderen biblischen Büchern erwähnt (vgl. Esra 5,1; Neh 12,16). Nach Nehemia 12,16 war Sacharja Priester. Er wurde in Babylon geboren und war mit seinem Großvater Iddo in der ersten Gruppe der Exilanten, die nach dem Befreiungsedikt des Perserkönigs Kyros unter der Führung von Serubbabel und Jeschua nach Jerusalem zurückkehrten.

Das Buch Sacharja ist Teil des Zwölfprophetenbuches. Es lässt sich in zwei Teile gliedern, wobei wohl nur der erste Teil, der die Kapitel 1 bis 8 umfasst, direkt auf den Propheten zurückgeht. Der zweite Teil, der die Kapitel 9 bis 14 umfasst, ist später (wahrscheinlich im 4. Jhd. v.Chr.) entstanden und wurde im Nachhinein dem Propheten zugeschrieben.

Die Zeit des Propheten ist geprägt vom Wiederaufbau der jüdischen Herrschaft im Land Israel nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil. Das Volk ist bedroht von äußeren Feinden, aber auch von inneren Auseinandersetzungen, die Worte des Propheten sollen Mut machen. In der Gestalt des Hohenpriesters Jeschua und des davidischen Herrschers Serubbabel sieht er die Heilsgestalten seiner Zeit, die für ihn zugleich Endzeit ist. Das Eintreffen von Gottes Heil steht nahe bevor. Serubbabel ist der letzte im Alten Testament erwähnte Herrscher aus dem Haus David.

Das Buch Sacharja enthält zahlreiche Hinweise auf den Messias, die in den Evangelien auf Christus gedeutet werden. Sach 9,9 prophezeit den Einzug Jesu in Jerusalem auf einem Esel, Sach 11,12-13 den Verrat durch Judas für 30 Silberstücke, Sach 12,10 die Durchbohrung der Seite des am Kreuz erhöhten Messias, Sach 13,7 die Zerstreuung der Jünger nach der Verhaftung Jesu, Sach 14,6-7 die Sonnenfinsternis in der Todesstunde Jesu. Der letzte Vers des Buches, Sach 14,21, wird auf die Tempelreinigung hin gedeutet. Die endzeitliche Schlacht in Harmagedon (Offb 16,16) leitet sich ab von der in Sach 12,11 erwähnten Totenklage in der Ebene von Megiddo.

Die Visionen erhält Sacharja nicht immer unmittelbar von Gott, sondern es tritt ein Engel auf, der ihm das Geschaute deutet. Damit kündigt sich die Wende von der Prophetie zur Apokalyptik an und wir können Ähnlichkeiten zum Buch Daniel und zur Offenbarung des Johannes feststellen. Die Texte im zweiten Teil des Buches sehen das Heil erst nach einer Eroberung Jerusalems durch die Feinde. Vor der Heilszeit steht die Notwendigkeit des Leidens. Am Ende des Buches steht die Vision vom Tag des Herrn.

Galater 2 – Leben in Christus

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Ich aber bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich für Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat. Ich missachte die Gnade Gottes in keiner Weise; denn käme die Gerechtigkeit durch das Gesetz, so wäre Christus vergeblich gestorben. (Gal 2,17-21)

Paulus will den Galatern deutlich machen, welche Freiheit ihnen der Glaube an Jesus Christus schenkt. Er will ihnen zeigen, wie der Glaube an Jesus Christus Leben bedeutet, die Übernahme des Gesetzes aber, die seine Gegner von den Galatern verlangen, den Tod.

Das Gesetz stellt eine unmögliche Anforderung an den Menschen. Es verlangt, genau dies und jenes zu tun und genau dies und jenes zu unterlassen. Es regelt das menschliche Leben bis ins kleinste Detail. Wer vollkommen nach dem Gesetz handelt, der ist gerecht vor Gott. Der Mensch kann sich durch das Gesetz also selbst vor Gott rechtfertigen, wenn er es bis ins kleinste Detail einhält. Aber, und das wissen auch die frommen Juden, kein Mensch kann das Gesetz bis ins kleinste Detail befolgen. Daher ist kein Mensch gerecht vor Gott, jeder ist ein Sünder und daher dem Tod geweiht, denn der Tod ist die Folge der Sünde, die aus der Übertretung des Gesetzes folgt.

Das Gesetz befiehlt nämlich, alle Vorschriften zu beobachten, und bestraft den Ungehorsam. Folglich sind wir ihm alle abgestorben, da keiner es ganz erfüllt hat. – Beachte auch hier die Zurückhaltung, mit der er gegen das Gesetz ankämpft! Er sagt nicht: das Gesetz ist mir gestorben, sondern: ich bin dem Gesetze gestorben. Der Sinn seiner Worte ist der: Wie ein Toter, ein Leichnam nicht imstande ist, auf die Vorschriften des Gesetzes zu hören, ebenso wenig bin ich es, der ich durch den Fluch desselben gestorben bin. Denn durch seinen Ausspruch bin ich dem Tode verfallen. (Johannes Chrysostomus)

Gott aber befreit die Menschen von dieser Gefangenschaft des Todes. Jesus Christus, der Sohn Gottes, hat selbst hat die Verurteilung des Gesetzes auf sich genommen und ist für alle in den Tod gegangen. Das Gesetz Gottes hat somit Gott selbst getötet. Doch dadurch, dass der Vater den Sohn von den Toten auferweckt, schenkt Gott neues Leben allen, die mit Christus in den Tod gehen. Die Taufe ist dieser Tod, aus dem jeder, der sich taufen lässt, als neuer Mensch hervor geht. In der Taufe erhält der Mensch Anteil an diesem neuen Leben, das Gott schenkt.

Durch die Worte: „mit Christus bin ich gekreuzigt worden“, spielt er an die Taufe an, durch die Worte aber: „doch nicht mehr ich lebe“ auf den darauffolgenden Lebenswandel, der unsere Glieder abtötet. Was aber besagt der Zusatz: „Christus lebt in mir?“ Er will sagen: Nichts geschieht meinerseits gegen Christi Willen. Wie er nämlich unter Tod nicht den gewöhnlichen Tod versteht, sondern den der Sünde, so versteht er auch unter Leben die Befreiung von derselben. Gott leben kann nur, wer der Sünde abgestorben ist. (Johannes Chrysostomus)

Das neue Leben, das Gott in der Taufe schenkt, ist für jeden Gabe und Aufgabe zugleich, Gabe, weil Gott es umsonst gibt, Aufgabe aber, weil jeder Mensch die ihm verliehene Gabe Wirklichkeit werden lassen muss. Jeder Getaufte ist dazu berufen, eine lebendige Ikone Jesu Christi zu sein und sich damit des neuen Lebens würdig zu erweisen, das Gott schenkt. In diesem neuen Leben aber spielt das alte Gesetz keine Rolle mehr. Gleichwohl aber gibt es auch für Christen Gebote, an die sie sich zu halten haben.

Wahrscheinlich ist das neue Leben aus dem Glauben sogar anspruchsvoller als das Leben nach dem Gesetz. Denn das Gesetzt machte klare Vorschriften. Stellt man aber das ganze Leben unter das Gebot der Liebe – und zwar auch der Liebe zu den Feinden – so wird weit mehr von uns verlangt, als es das Gesetz tut. Aber wir brauchen dabei nicht zu verzagen, denn nun ist es Christus, der durch uns handelt und uns Kraft gibt zu unserem Tun.

Nun wartet nicht mehr der Tod auf uns, weil wir es ja nicht schaffen, das Gesetz zu erfüllen. Gott weiß um unser Versagen. Nun warten Gottes liebende Hände auf uns, die uns immer wieder aufrichten, wenn wir fallen, und ihm unsere Hände entgegenstrecken, damit er uns aufhilft.

Christus, lebe du in mir.

Unterwirf mein Leben den Gesetzen deines Lebens.

Mach mein Leben deinem Leben gleich.

Lebe du in mir, bete du in mir, leide du in mir.

Mehr verlange ich nicht.

Denn wenn ich dich habe, bin ich reich.

Wer dich gefunden hat, hat die Kraft und den Sieg

seines Lebens gefunden.

Gebet nach Karl Rahner