Nicht der Todestag der beiden Apostel Petrus und Paulus wird am 29. Juni gefeiert, sondern die Übertragung ihrer Reliquien in die Katakombe an der Via Appia, nahe bei der heutigen Kirche San Sebastiano in Rom. Bereits in der Mitte des 3. Jahrhunderts wurde der Festtag der beiden Apostel an diesem Tag gemeinsam begangen.
Die Heilige Schrift berichtet uns viel über die beiden Apostel. Von Petrus erfahren wir vor allem aus den Evangelien. Er, der Fischer am See von Galiläa, wird von Jesus zum Apostel berufen. Unter ihnen nimmt er bald den ersten Platz ein. Ihm werden von Jesus selbst die Schlüssel des Himmelreiches anvertraut. Dennoch hat Petrus lange gebraucht, bis er Jesus verstanden hat. Er musste lernen, dass das Bekenntnis “Jesus, du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!” auch das Leiden und Sterben des Messias am Kreuz einschließt. Auf das Wort Jesu: “Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen!” folgt unmittelbar der Ausruf: “Weg von mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.”
Noch in der Stunde der Passion hat Petrus nicht den Mut, zu Jesus zu stehen. Dreimal verleugnet er den Herrn. Doch er bereut und Jesus nimmt ihn an, indem er ihn als der Auferstandene dreimal fragt: “Liebst du mich?” Nun hat Petrus die Kraft, das Werk Jesu fortzuführen und der jungen Christengemeinde vorzustehen. Die Apostelgeschichte berichtet von Wundertaten des Petrus in Jerusalem und Umgebung, dann schweigt die Heilige Schrift über ihn.
Paulus hat von Jesu Erdenleben keine Notiz genommen. Wahrscheinlich ist er erst später von Tarsus nach Jerusalem gekommen. Im Gegensatz zum einfachen Fischer Petrus ist Paulus ein Mann von Welt. Er hat das jüdische Gesetz studiert und gehört zu den Gelehrten. Als sich die frühe Kirche in Jerusalem und Umgebung ausbreitet, wird er auf die Christen aufmerksam und verfolgt diese mit großem Eifer. Dann aber begegnet ihm Christus vor Damaskus, ein Ereignis, das sein Leben grundlegend verändert. Aus dem Verfolger wird einer der eifrigsten Verkünder der Botschaft Jesu Christi.
Die Begegnung mit Jesus vor Damaskus wird für Paulus zugleich zur Legitimation, sich Apostel nennen zu dürfen. Immer wieder betont er in seinen Briefen, dass er den übrigen Aposteln um nichts nachsteht. Wie diese wurde er vom Herrn selbst berufen und in das Evangelium eingeführt. Daher geht er nach seiner Berufung auch nicht nach Jerusalem, um sich dort die Legitimation der anderen Apostel zu holen und von ihnen zu lernen, sondern beginnt sofort zu predigen. Die Apostelgeschichte und seine eigenen Briefe geben Zeugnis von der umfangreichen Missionstätigkeit des Paulus im östlichen Mittelmeerraum und seinen Wunsch, das Evangelium auch in Rom und darüber hinaus weiter im Westen zu verkünden.
Erst Jahre später geht Paulus nach Jerusalem und begegnet dort zum ersten Mal Petrus. Seine Reise nach Jerusalem hatte allein den Zweck, Petrus den Fels (Kephas) kennenzulernen. Nicht, um von ihm zu lernen oder sich von ihm die oberhirtliche Bestätigung für seine Missionstätigkeit einzuholen, sondern allein aus Respekt und Freundschaft dem Petrus gegenüber ist Paulus nach Jerusalem gegangen. Er hat sonst keinen anderen der Apostel kennengelernt, außer Jakobus, den Bruder des Herrn, der damals wohl die Leitung der Jerusalemer Gemeinde innehatte.
In Petrus und Paulus wird die ganze Bandbreite christlicher Berufung sichtbar. Gott schaut nicht auf die Person. Gott sieht das Herz. Er kennt die Fähigkeiten jedes einzelnen und ruft jeden dazu, diese in den Dienst des Reiches Gottes zu stellen. Das bedeutet für jeden Menschen, seine eigenen Pläne aufzugeben und Jesus nachzufolgen. Doch wohin geht der Weg? Gott ist es, der diesen Weg bahnt und der Mensch erkennt ihn erst nach und nach im immer neuen Suchen und Fragen, in der ständigen Begegnung mit Jesus Christus.
Trotz so vielfältiger Berichte über Petrus und Paulus schweigt die Heilige Schrift über deren letzte Lebensjahre. Wir erfahren nichts mehr über Petrus, nachdem er Jerusalem verlassen hat, und auch der Bericht über Paulus endet, als dieser in Rom als Gefangener angekommen ist. Der hl. Isidor schreibt:
Nachdem Petrus die Kirche von Antiochia gegründet hatte, reiste er unter Kaiser Claudius nach Rom, um gegen Simon den Magier vorzugehen. In Rom predigte er 25 Jahre lang und wurde Bischof dieser Stadt. Im 36. Jahr nach dem Leiden des Herrn wurde er von Nero gekreuzigt, mit dem Haupt nach unten, wie er es selbst gewollt hatte.
Zuverlässige außerbiblische Quellen und die Tradition der Kirche geben Zeugnis davon, dass Petrus der erste Bischof von Rom gewesen ist und dass er zusammen mit Paulus dort das Martyrium erlitten hat. Viele Legenden schmücken die letzten Tage der beiden Apostel in Rom und deren Zusammentreffen und gemeinsamen Gang zum Martyrium. Auch der Wettstreit der beiden mit dem bereits in der Apostelgeschichte genannten Simon den Magier gehört zu diesen Legenden. Simon war inzwischen zu einem Vertrauten des Kaisers geworden und wetteiferte mit Petrus und Paulus darum, wer die größten Wunder vollbringen konnte. Am Ende war er mit seiner Zauberei der Glaubenskraft der Apostel unterlegen.
Als sicher gilt das Martyrium der Apostel Petrus und Paulus unter Kaiser Nero (54-68) um das Jahr 67, wie es heißt am gleichen Tag. Petrus wurde auf seinen eigenen Wunsch hin, da er sich nicht für würdig hielt, wie der Herr zu sterben, mit dem Kopf nach unten gekreuzigt, Paulus aber, der als Römischer Bürger nicht gekreuzigt werden durfte, starb durch Enthauptung und wird daher mit dem Schwert dargestellt, zugleich Symbol für die Kraft seines Wortes. Petrus aber hält die Himmelsschlüssel in der Hand.
Um das Jahr 450 predigte Papst Leo der Große in Rom zum Festtag der beiden Apostelfürsten:
Über die Verehrung hinaus, die dem heutigen Fest mit Recht auf dem ganzen Erdkreis entgegengebracht wird, ist es doch in unserer Stadt mit besonderem und ureigenem Jubel zu feiern, denn dort, wo die Apostelfürsten im Tod verherrlicht wurden, soll am Tag ihres Martyriums auch die höchste Freude herrschen.
Petrus und Paulus, die so grundlegend voneinander verschieden waren, sind beide zum Fundament geworden, auf dem Jesus Christus seine Kirche gebaut hat. An der Stätte des Petrusgrabes wurde der Petersdom errichtet, das Zentrum der Christenheit. Paulus wurde der Überlieferung nach auf einem heidnischen Friedhof an der Via Ostiense beigesetzt. Über seinem Grab wurde die Basilika Sankt Paul vor den Mauern errichtet, eine der vier Hauptkirchen Roms.