Die Begegnung Jesu mit der Sünderin (Lk 7,36-50)

11C_WaageAm vergangenen Sonntag haben wir im Evangelium von der Witwe von Nain gehört. Sie trug ihren einzigen Sohn zu Grabe – und Jesus hat den Jungen zum Leben erweckt und damit zugleich auch seiner Mutter die Lebensfreude wiedergeschenkt. Heute hören wir von einer anderen Frau, die sicher ebenso verzweifelt war wie die Witwe von Nain, wenn auch aus einem anderen Grund. Sie ist eine Sünderin, eine, mit der man nichts zu tun haben will, ein Schandfleck in der Stadt. Mit ihrem Tun hat sie sich an den Rand der Gesellschaft gebracht und nun findet sie keinen Weg zurück. Jesus wird auch ihr das Leben neu schenken.

Den Rahmen für die Geschichte bildet ein Gastmahl, zu dem Jesus eingeladen ist. Es findet im Haus eines Pharisäers statt, Simon heißt er, und der ist ein vornehmer und durchaus auch frommer Mann. Simon war sicher auf der Suche nach dem rechten Weg zu Gott. Treu hält er die Gebote, die das Gesetz vorschreibt. Jesus erkennt diesen Weg zu Gott an, doch er wird zeigen, dass ihm etwas Entscheidendes fehlt: die Liebe.

Plötzlich ist da eine Frau, die die familiäre Atmosphäre des Gastmahls durchbricht. Ungebeten hat sie sich eingeschlichen, von hinten tritt sie an Jesus heran, und dann kniet sie plötzlich zu seinen Füßen und mit liebender Hingabe wäscht sie die Füße des Herrn mit ihren Tränen, trocknet sie mit ihrem Haar und salbt sie mit wohlriechendem Öl.

Die Reaktion des Pharisäers gleicht zu allen Zeiten hindurch der Reaktion aller gesetzestreuen Menschen: So etwas gehört sich nicht! Wie kann ein Mann Gottes sich so auf eine Sünderin einlassen und sich sogar von ihr berühren lassen? – Wenn Jesus nicht dagewesen wäre, hätte er die Frau wohl sofort hinauswerfen lassen, aber er war doch gespannt darauf, was Jesus zu seinem Verhalten zu sagen hat. Jesus rückt die Angelegenheit in das rechte Licht und wird dem Pharisäer deutlich machen, dass er mit all seiner Frömmigkeit nicht viel besser dasteht als diese Frau.

Jesus erzählt ein Gleichnis. Zwei Männer haben Schulden, einer sagen wir mal etwa fünftausend Euro, der andere fünfzigtausend. Beiden wird die Schuld erlassen. Der Pharisäer versteht. Wir sind alle schuldig vor Gott, kein Mensch kann sagen, dass er vor Gott vollkommen gerecht ist. Das wussten auch die Pharisäer. Bei all ihrer Gesetzestreue war ihnen doch bewusst, dass sie es nie schaffen werden, alle Gebote vollkommen zu erfüllen.

Mir fällt hier eine ähnliche Situation aus dem Johannesevangelium ein. Als eine Ehebrecherin gesteinigt werden soll, bringt Jesus die Menge mit dem Satz zum Nachdenken: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe als erster seinen Stein.“ – Und einer nach dem anderen ging fort, zuerst die Ältesten (vgl. Joh 8,7-9).

Auch wenn nun also der Pharisäer Simon von seiner Gerechtigkeit überzeugt ist, so weiß er doch auch um seine eigenen Sünden und Fehler. Auch er steht bei Gott in der Schuld und hofft darauf, dass Gott ihm diese erlassen wird. Aber er hat dabei eine andere Methode als die Frau. Simon wird sich denken, wenn ich vor Gott trete, dann kann ich zumindest all das aufzählen, was ich Gutes getan habe, dann wird Gott vielleicht über die kleinen Fehler hinwegsehen.

Jesus aber zeigt, wie Gott will, dass wir vor ihn hintreten: mit einem demütigen und liebenden Herzen. Nicht das Hervorheben unserer eigenen Gerechtigkeit lässt Gott unsere Sünden vergeben, sondern das Tun der Liebe. Unsere ganze Gerechtigkeit kann die Schwere unserer Schuld nicht aufwiegen, nur die Liebe hat Gewicht.

Simon ist Jesus als vornehmer Hausherr gegenübergetreten, der seinen Gast zwar freundlich, aber doch distanziert empfangen hat. Die Frau aber erweist Jesus große Liebe. Sie ist sich nicht zu schade, vor Jesus niederzuknien, sie ist sich nicht zu schade, den Schmutz von seinen Füßen mit ihrem Haar abzuwischen.

Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie mir so viel Liebe gezeigt hat.

Was heißt das für uns heute konkret? Wir kennen die Beispiele großer Heiliger, die sich mit ihrer Liebe den Menschen zugewandt haben, die die Wunden der Aussätzigen berührt haben, vor denen sich die anderen voll Ekel abgewandt haben, die zu denen gegangen sind, die von allen anderen gemieden wurden. Es muss nicht immer so spektakulär ablaufen, es können auch auf den ersten Blick ganz unscheinbare Begegnungen sein, die doch große Wirkung haben können. Wenn wir aufmerksam durchs Leben gehen, werden sicher auch wir Menschen sehen, die unsere liebende Zuwendung brauchen.

Vitus / Veit (+304)

Der hl. Veit gehört zu den Vierzehn Nothelfern und war besonders im Mittelalter ein sehr beliebter Heiliger. Davon zeugen heute noch viele Ortsnamen. Bedeutende Kirchen wie der Prager Veitsdom sind ihm geweiht. Um sein Leben ranken sich zahlreiche Legenden.

Veit wurde um das Jahr 292 in Mazzara, dem heutigen Mazara del Vallo, auf Sizilien geboren. Sein Vater war ein hoher römischer Beamter. Von seiner Amme Creszentia und seinem Lehrer Modestus wurde Veit christlich erzogen, was dem heidnischen Vater missfiel. Doch so sehr er den Sohn deswegen schimpfen und schlagen mochte, Veit blieb, obwohl noch ein Kind, seinem Glauben treu.

Während der Christenverfolgungen wurde Veit gefangengenommen. Als der Richter ihn schlagen wollte, verdorrten ihm die Arme. Durch sein Gebet machte Veit ihn wieder gesund, doch das vermochte diesen nicht vom christlichen Glauben zu überzeugen. Der Vater versuchte weiterhin, Veit vom Glauben abzubringen, doch womit er es auch versuchte, er hatte keinen Erfolg. Durch einen Engel ließ Christus dem bedrängten jungen Mann die Botschaft bringen:

„Habe Mut, ich bin bei dir und werde dein Beschützer sein alle Tage deines Lebens.“

Eines Tages roch der Vater aus dem Zimmer des Sohnes Weihrauchduft. Neugierig geworden schaute er hinein und sah sieben Engel um den jungen Mann stehen. Wer so mit Gott und den heiligen Engeln in Beziehung steht, den vermögen keine irdischen Verlockungen zu verführen.

Der Vater aber wurde blind und die heidnische Heilkunst konnte ihm das Augenlicht nicht wiedergeben, wohl aber das Gebet seines Sohnes. Doch auch dies vermochte den Vater nicht zum christlichen Glauben zu bekehren. Daraufhin flüchtete Veit zusammen mit Modestus und Creszentia nach Unteritalien. Sie wurden jedoch entdeckt und vor Kaiser Diocletian geführt. Dieser bat Veit, seinen besessenen Sohn zu heilen.

Nachdem Veit den Sohn des Kaisers geheilt hatte, wollte dieser die drei dazu bringen, den Göttern zu opfern. Als sie dies ablehnten, ließ er sie ins Gefängnis werfen. Veit wurde in einem Kessel mit siedendem Öl gemartert. Als ihm dies nichts anhaben konnte, wurde er den Löwen vorgeworfen, doch auch diese taten ihm kein Leid. Daraufhin ließ der Kaiser Veit zusammen mit Modestus uns Creszentia enthaupten. Veit war etwa zwölf Jahre alt, als er das Martyrium erlitt.

Die Verehrung des hl. Veit ist schon früh belegt. Papst Gelasius I. weihte ihm eine Kirche und Papst Gregor I. berichtet von Klöstern auf Sizilien und Sardinien, die seinen Namen tragen. Seine Reliquien kamen von Sizilien aus über Unteritalien nach Frankreich in das Kloster St-Denis und in die berühmte Abtei Corvey an der Weser. Von den Mönchen wurde die Verehrung des Heiligen in ganz Europa verbreitet. Das Volk rief Veit besonders bei Geisteskrankheiten an, für die man damals kein Heilmittel kannte. Als Veitstanz wird eine Form der Epilepsie bezeichnet, bei der es auf Grund der Schädigung des Nervensystems zu unkontrollierbaren spastischen Bewegungen des gesamten Körpers kommt.

Antonius (2) … den Weg finden, ein Original zu sein.

Nach seinem Eintritt bei den Franziskanern schien der Weg des Antonius klar zu sein, Aufbruch nach Marokko, Predigt bei den Muslimen und – so hat er es sich sehnlich gewünscht – das Martyrium. Doch es sollte anders kommen. Die Franziskaner waren die Berufung des Antonius, aber anders, als er es sich vorgestellt hatte. Die Lebensbeschreibung sagt dazu:

„Der Eifer in der Verbreitung des Glaubens drängte Antonius mit immer größerer Kraft, und das Verlangen nach dem Martyrium, das ihm im Herzen brannte, ließ ihm keine Ruhe. So geschah es, dass er gemäß dem Versprechen, das man ihm gegeben hatte, und nachdem er die Erlaubnis dazu bekommen hatte, eilig in das Land der Sarazenen aufbrach. Aber der Allmächtige, der das Herz der Menschen kennt, stellte sich seinen Plänen entgegen.“

Ende des Jahres 1220 ist Antonius aufgebrochen. Doch schon bald setzte ihn eine schwere Krankheit außer Gefecht. Das Schiff, auf dem Antonius sich befindet, erreicht nicht die Küste Afrikas, sondern muss wegen heftiger Stürme die Küste Siziliens anlaufen. Wegen seines Gesundheitszustandes ist Antonius gezwungen, dort an Land zu gehen. Sein Plan wurde ein totaler Misserfolg und es heißt:

„Nachdem er gesehen hatte, dass er nichts von dem, was er sich vorgenommen hatte, zu Ende führen konnte, war Antonius, um zumindest die Gesundheit des Körpers wiederzuerlangen, gezwungen, sich auf den Rückweg in die Heimat zu machen.“

Er konnte nichts zu Ende führen, ein vernichtendes Urteil über einen so eifrig gefassten Lebensplan. Sicher war Antonius nicht nur körperlich, sondern auch geistig am Ende. Doch es tut sich ihm ein neuer Weg auf. Von Sizilien aus gelangte er nach Assisi. Dort fand Pfingsten 1221 das Generalkapitel seines Ordens statt, an dem er teilnahm. Auch Franziskus war dort. Wir wissen nicht, wie viel die beiden miteinander geredet haben. Antonius war ein Neuling im Orden, aus einem fremden Land, von dem keiner etwas Näheres wusste und der zudem krank war. Es scheint, dass man ihm nicht allzu viel Beachtung geschenkt hat. Am Ende des Generalkapitels ist sein Provinzial nicht einmal bereit, ihn in seine Heimat mitzunehmen.

„Nachdem das Kapitel wie gewöhnlich abgeschlossen war und die Provinziale die ihnen anvertrauten Brüder zu ihrem Bestimmungsort geschickt hatten, blieb nur Antonius verlassen beim Generalminister zurück, da er von keinem Provinzial gewünscht worden war – wie einer, der, weil er unbekannt war, zu nichts gut schien.“

Antonius verbarg seine umfassende Bildung. Er wollte nicht prahlen mit seinen Fähigkeiten. Er wollte nur den gekreuzigten Christus kennenlernen und ihm sein Leben anvertrauen. Und dazu bekam er Gelegenheit. Etwa ein Jahr lang wird er mit einigen Mitbrüdern in einer Einsiedelei des Ordens auf dem Monte Paolo leben. Wie es Franziskus in seiner Regel für die Einsiedeleien vorschreibt, wechseln sich die Brüder dort ab, so dass eine gewisse Zeit lang die einen ganz frei sind für die Meditation, während die anderen sich um den Haushalt kümmern und dann wieder die einen den Haushalt übernehmen und der andere Teil der Brüder frei ist für die Meditation.

Und dann kommt der große Auftritt des Antonius. Plötzlich erkennt man im Orden, welch begabten Mitbruder man da unter sich hat. In der Stadt Forli wurden einige Mitbrüder zu Priestern geweiht und viele kamen zusammen, um diesen großen Tag zu feiern, auch Antonius kam dorthin. Aber – welch peinliche Situation – man hatte vergessen, einen Prediger zu bestimmen. So hatte keiner der Brüder eine Predigt vorbereitet und keiner wollte unvorbereitet vor so vielen Mitbrüdern predigen.

„Da wandte sich der Obere an Antonius und trug ihm auf, den versammelten Brüdern zu predigen, was ihm vom Heiligen Geist eingegeben werde. Dies nicht etwa, weil er annahm, dass in ihm eine gewisse Kenntnis der Heiligen Schrift stecke oder dass er irgendetwas anderes gelesen habe, als höchstens das, was den Kirchendienst anging: der Obere erinnerte sich lediglich daran, dass er ihn Latein hatte sprechen hören, wenn es der Umstand erforderte. In der Tat, obwohl Antonius die große Begabung hatte, sich anstelle eines Buches des Gedächtnisses bedienen zu können, und die Gnade der mystischen Sprache besaß, hielten ihn seine Mitbrüder für geeigneter zum Spülen des Geschirrs in der Küche als zum Auslegen der Geheimnisse der Schrift.“

Doch als Antonius anfing zu predigen kamen seine Mitbrüder aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie waren beeindruckt von seiner Weisheit. Antonius war nun 27 Jahre alt und es begann nun der Lebensabschnitt, über den wir am meisten von ihm wissen. Plötzlich steht er im Mittelpunkt als großer Volksprediger, Wunder geschehen in seiner Umgebung und der Ruf seiner Heiligkeit verbreitet sich in ganz Europa.

Antonius von Padua (1) – Jeder Mensch braucht Vorbilder …

Antonius von Padua gehört zu den beliebten Volksheiligen. In vielen Kirchen finden wir ein Bild oder meist eine Statue von ihm mit dem Jesuskind auf dem Arm. Wir kennen vielleicht einige Anekdoten aus seinem Leben wie die berühmte Fischpredigt. Etwas verklärt blickt uns der Heilige an, aber was wissen wir wirklich von ihm? Können wir uns vorstellen, dass dieser berühmte Heilige selbst einen wechselvollen Lebensweg gehabt hat, dass er selbst Vorbilder gebraucht hat, um zu dem zu werden, als den wir ihn heute verehren?

Antonius wurde 1195 in Lissabon geboren. Erst etwa fünfzig Jahre zuvor was diese Stadt von den Muslimen zurückerobert worden. Der Großvater des Antonius hatte sich in diesen Kämpfen verdient gemacht, weshalb er vom König geehrt wurde und die Familie seither zu den Angesehenen der Stadt gehörte und ein repräsentatives Haus gleich neben der Kathedrale bewohnte.

Die Eltern wollten ihrem Sohn Fernando – so hieß Antonius bis zu seinem Eintritt bei den Franziskanern – eine gute Zukunft bereiten und schickten ihn zur Erziehung auf die Kathedralschule. Als Kind aus gutem Haus hatte Fernando eine recht unbeschwerte Kindheit, war aber damit nicht von den Problemen befreit, die Jugendliche zu allen Zeiten durchleben müssen. In seiner Lebensbeschreibung heißt es:

„Nachdem er die Jahre der Kindheit ruhig in der Familie verbracht hatte, vollendete Fernando glücklich sein fünfzehntes Lebensjahr. Da mit der Pubertät der Drang des Fleisches zunahm, und obwohl er sich weitaus mehr als gewöhnlich gepeinigt fühlte, so gewährte er der Jugend und der Lust keinen freien Lauf, sondern zog der bedrängenden Begierde des Fleisches die Zügel an und besiegte so die schwache menschliche Natur.“

Im Alter von etwa 17 Jahren trat Fernando in das Kloster der Augustiner-Chorherren in Coimbra ein. In dieser Stadt residierte, bis 1260 Lissabon zur Hauptstadt wurde, der Portugiesische König. Das Kloster war gut ausgestattet, besaß die umfangreichste Bibliothek des Landes und ermöglichte den Chorherren ein in materieller Hinsicht sorgenfreies Leben. Fernando hatte dort genügend Zeit, sich neben dem Gebet dem Studium zu widmen.

„Er bildete den Geist durch fleißiges Studium und übte die Seele durch Meditation, Tag und Nacht, je nach Möglichkeit, und immer vertiefte er sich in die Heilige Schrift.“

Fernando besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis und alles, was er damals gelernt hat, wird ihm später einmal zu Gute kommen. Seine Kenntnis der Heiligen Schrift hat ihm bis heute den Ehrentitel „Doctor Evangelicus“ zu teil werden lassen. Sicher stand ihm aufgrund seiner Begabungen eine glänzende Karriere im Orden bevor. Doch es sollte anders kommen.

Wahrscheinlich um das Jahr 1220, mit 25 Jahren, wurde Fernando zum Priester geweiht. Im Kloster übernahm er die Funktion des Gastpaters. An der Pforte erschienen zu dieser Zeit immer wieder Brüder aus dem Orden des Franziskus, die in absoluter Armut lebten und um Almosen baten. Im Jahr 1217 haben sie nahe des Klosters der Augustiner-Chorherren ein kleines Grundstück geschenkt bekommen. Fernando wird also des Öfteren Gelegenheit gehabt zu haben, mit den Brüdern ins Gespräch zu kommen.

Die Franziskanische Bewegung war damals noch sehr jung, Franziskus selbst leitete noch den Orden, man spürte noch den Geist des Anfangs. Die Menschen waren begeistert von den Brüdern, die so entschieden das Evangelium lebten und so predigten, dass die Menschen sie verstehen konnten.

Ein Ereignis im Jahr 1220 brachte die Franziskanische Bewegung in aller Munde und machte sie noch populärer, als sie eh schon war. Damals sind fünf Brüder von Spanien aus nach Marokko gezogen, um unter den Muslimen zu predigen. Von Anfang an waren sie bereit zum Martyrium und es dauerte nicht lange, bis ihnen dieses zu teil wurde. In einem großen Triumphzug holte der Kronprinz die Leiber der Märtyrer zurück nach Spanien und sie wurden im ganzen Land und darüber hinaus gefeiert.

Als Glaubenszeuge zu sterben, das Feuer dieses Ideals schlug auch auf Fernando über und er beschloss, sein bisheriges Leben aufzugeben und für dieses Ziel ganz neu zu beginnen. Auch er wollte Franziskaner sein und unter den Muslimen Jesus Christus verkünden und dafür sein Leben hingeben. Er war bereit, das doch recht komfortable Leben eines Chorherren aufzugeben, die Bücher und das Studium, und sein feines weißes Ordenskleid gegen die braune Kutte der Franziskaner einzutauschen, die in einem einfachen Kloster ohne materielle Absicherung von Almosen lebten.

Eine einzige Bedingung stellte er bei seinem Eintritt: er erbat vom Provinzial die Erlaubnis, sofort nach Marokko reisen zu dürfen, um dort bei den Muslimen zu predigen. Diese Bitte wurde ihm gewährt. Fortan nannte er sich Antonius. Die Tür der Augustiner-Chorherren schloss sich hinter ihm und vor ihm lag eine ganz ungewisse Zukunft.

Und alle wurden von Furcht ergriffen (Lk 7,16)

Licht_11Die Macht des Göttlichen bricht ein in unsere Welt und durchbricht den ewig gleichen Kreislauf irdischen Geschehens. Gott schenkt Hoffnung, wo bange Hoffnungslosigkeit herrscht und erfüllt die Herzen der Trauernden mit Freude.

Der Mensch, die Gottes Macht erfährt, wird von heiligem Schauer erfüllt, von einer wissenden Ahnung um die Gegenwart des Höchsten. Es ist ein heiliger Schrecken, der den ganzen Menschen durchfährt.

„Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch am Leben geblieben.“

So ruft schon Jakob aus, nach seinem geheimnisvollen Kampf mit Gott (Gen 32,23-33).

Brauchen wir nicht alle eine solche Erfahrung von Gottes Gegenwart in unserer Welt, in unserem Leben, damit unser Glaube nicht nur frommes Schauspiel ist, sondern uns mit seiner ganzen Kraft durchdringt?

Die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit, so heißt es an mehreren Stellen. Nur wer Gott erfahren hat, kann mit vollem Vertrauen sein ganzes Leben auf ihn hin ausrichten. Nur wer um seine Nähe und Gegenwart weiß, kann sich ganz in seine Arme fallen lassen.

Gott will uns diese Erfahrung seiner Gegenwart schenken und wir brauchen nicht zu denken, dass sie nur einigen Auserwählten zu Teil wird. Vielleicht müssen manchmal lange danach suchen. Doch wenn wir offen sind, Gott zu begegnen, dann wird er sich uns zeigen. Er sagt ja selbst:

„Wer mich sucht, der wird mich finden.“ (Spr 8,17)

Zeichen der Gegenwart Gottes in seinem Volk

Lukas stellt mit der Schilderung der Auferweckung des jungen Mannes von Nain einen Bezug her zu einer Geschichte aus dem Alten Testament, die wir in der Ersten Lesung hören, die Auferweckung des Sohns der Witwe von Sarepta durch den Propheten Elija (1 Kön 17,17-24). Beide Male handelt es sich um den Sohn einer Witwe und beide Male heißt es nach der Auferweckung: „Und er gab ihn seiner Mutter zurück.“

Das ist kein Zufall. Lukas will zeigen, dass Jesus direkt an die alten Propheten anknüpft. Jesus führt das weiter, was Gott bereits im Alten Bund mit dem Volk Israel begonnen hat. Somit ist die Auferweckung des jungen Mannes in Nain nicht nur etwas, das sich zwischen Jesus und der Witwe abspielt, sondern hat Bedeutung für ganz Israel. Alle sollen erfahren, dass Gott weiterhin in seinem Volk wirkt und ihm Heil und Rettung bringt.

Dieses Heil zeigt sich nicht nur in Worten, sondern wird konkret in Taten. Nicht nur diesem und jenem will Gott sich zuwenden, sondern allen, die auf seine Barmherzigkeit hoffen. Das spüren die Menschen, die Zeugen dieses Geschehens sind, wenn sie rufen:

Gott hat sich seines Volkes angenommen.

Wenn Gott hier in dem kleinen Städtchen Nain so Großes tut, dann kann er es auch anderswo, dann ist kein Mensch mehr allein in seiner Trauer und Verzweiflung sondern darf voll Zuversicht darauf hoffen, dass Gott jede Tränen aus den Augen wischen wird und durch sein machtvolles Tun einen Weg aus der Verzweiflung öffnet.

Die Auferweckung eines jungen Mannes in Nain

10C_Nain_2Im Evangelium hören wir heute von der Auferweckung eines jungen Mannes in Nain. Jesus kommt in Begleitung einer großen Menschenmenge zu dieser Stadt. In der Nähe des Stadttores kommt ihnen ein Leichenzug aus der Stadt heraus entgegen. Die Freude des Himmelreiches, die Jesus und seine Begleiter umgibt, trifft mit der Erfahrung tiefsten irdischen Leids zusammen. Was dann geschieht, ist ein ungeheuerlicher Beweis von Gottes Gegenwart in dieser Welt.

Weine nicht!

In tiefer Trauer und laut ihr Leid klagend wird die Frau neben der Bahre hergegangen sein, auf der man ihren toten Sohn aus der Stadt getragen hat. Trauer und Verzweiflung sind oft das einzige, das einem Menschen bleibt, dem das Wichtigste im Leben genommen wird. Für die Witwe von Nain war ihr Sohn dieses Wichtigste. In Liebe hat sie ihn großgezogen. Sie hat all ihre Hoffnung auf ihn gesetzt und darüber hinaus war er der einzige, der für sie sorgen konnte, denn als Witwe stand sie in der damaligen Gesellschaft alleine völlig arm und mittellos da.

Trauer und Verzweiflung und es scheint kein Weg, auf dem das Leben weitergehen kann ohne Schmerzen. Nie mehr werde ich eine Spur von Freude kosten können, da mir der Grund all meiner Freude entzogen ist. Was hat das Leben jetzt noch für einen Sinn? Wer kann Trost geben? Alle Worte bleiben hier leer.

Jesus sieht das Elend der Witwe. „Weine nicht!“ Aus dem Mund jedes anderen würden diese Worte wie Spott und Hohn klingen, doch aus Jesu Mund geben sie wirklichen Trost, weil es nicht nur Worte sind, sondern ihnen die Kraft innewohnt, die Situation machtvoll zu verändern.

Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf!

Jesus erweist sich als Herr über Leben und Tod. Hat Lukas in der vorangegangenen Perikope von der Heilung des todkranken Dieners des Hauptmanns von Kafarnaum berichtet, so ist es nun ein tatsächlich Toter, an dem sich Gottes Wirken zeigt. Jesus befiehlt dem Tod, den Toten wieder freizugeben. Die Herrschaft des Todes ist gebrochen und machtvoll bricht sich das Leben Raum. Was hier geschieht, weist hin auf die Auferstehung Jesu und knüpft zugleich an andere Totenerweckungen an, die uns die Bibel berichtet. Der hl. Ambrosius schreibt dazu:

„Es hat einen guten Sinn zu sagen, dass in der Schrift von sieben Auferweckungen berichtet wird, die der Auferstehung des Herrn vorangingen: der Sohn der Witwe von Sarepta, der Sohn der Schunemiterin, die Auferweckung, welche durch den Leichnam des Elischa bewirkt wurde, die Auferweckung von Nain, die der Tochter des Synagogenvorstehers, die des Lazarus und als siebte das Geschehen vom Leiden Christi, als viele Leiber von Verstorbenen auferstanden. Als achte kam die Auferstehung Christi, an dem der Tod keinen Anteil hat.“

Herz Mariä

Der Herr erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht

über alle die ihn fürchten. (Lk 1,50)

So singst du, Maria im Magnifikat. Du bist die erste, die dieses Erbarmen, das Gott bereits den Vätern verheißen hat, auf ganz neue Weise an sich erfahren hat.

Du hast Gottes Sohn unter deinem Herzen getragen. Fortan schlägt dein Herz im Gleichklang mit dem Herzen deines Sohnes.

Wie er wendest du dich voll Liebe uns Menschen zu, um uns Gottes Liebe erfahrbar zu machen. Dein Herz schlägt für uns. Die Liebe deines Herzens breitet sich über uns aus.

Maria, lass mich diese Liebe erfahren. Schenke mir Anteil an deinem Herzen und am Herzen deines Sohnes. Lass mich in dieser Liebe geborgen sein und diese Liebe anderen weiter schenken.

Amen.

Herz Jesu

Gib mir, unendlicher Gott, dass ich mich immer an Jesus Christus, meinen Herrn, halte. Sein Herz offenbare mir, wie du zu mir bist. Auf sein Herz will ich blicken, wenn ich zu wissen begehre, wer du bist.

Wenn das Auge meines Geistes nur auf deine Unendlichkeit blickt, in der du alles in jedem bist, erblindet es, und es umfängt mich die Finsternis deiner Grenzenlosigkeit, die härter ist als alle meine irdischen Nächte.

So will ich, Gott unseres Herrn Jesus Christus, auf sein Menschenherz hinschauen, dann erst weiß ich, dass du mich liebst.

Und dann habe ich noch eine Bitte: Mach mein Herz gleich dem Herzen deines Sohnes, so weit und so reich an Liebe, damit meine Brüder – damit wenigstens einmal in meinem Leben einer durch dieses Tor eintreten kann, um zu begreifen, dass du ihn liebst.

Gott unseres Herrn Jesus Christus, lass mich dich in seinem Herzen finden.

Karl Rahner