Im Evangelium hören wir heute von der Auferweckung eines jungen Mannes in Nain. Jesus kommt in Begleitung einer großen Menschenmenge zu dieser Stadt. In der Nähe des Stadttores kommt ihnen ein Leichenzug aus der Stadt heraus entgegen. Die Freude des Himmelreiches, die Jesus und seine Begleiter umgibt, trifft mit der Erfahrung tiefsten irdischen Leids zusammen. Was dann geschieht, ist ein ungeheuerlicher Beweis von Gottes Gegenwart in dieser Welt.
Weine nicht!
In tiefer Trauer und laut ihr Leid klagend wird die Frau neben der Bahre hergegangen sein, auf der man ihren toten Sohn aus der Stadt getragen hat. Trauer und Verzweiflung sind oft das einzige, das einem Menschen bleibt, dem das Wichtigste im Leben genommen wird. Für die Witwe von Nain war ihr Sohn dieses Wichtigste. In Liebe hat sie ihn großgezogen. Sie hat all ihre Hoffnung auf ihn gesetzt und darüber hinaus war er der einzige, der für sie sorgen konnte, denn als Witwe stand sie in der damaligen Gesellschaft alleine völlig arm und mittellos da.
Trauer und Verzweiflung und es scheint kein Weg, auf dem das Leben weitergehen kann ohne Schmerzen. Nie mehr werde ich eine Spur von Freude kosten können, da mir der Grund all meiner Freude entzogen ist. Was hat das Leben jetzt noch für einen Sinn? Wer kann Trost geben? Alle Worte bleiben hier leer.
Jesus sieht das Elend der Witwe. „Weine nicht!“ Aus dem Mund jedes anderen würden diese Worte wie Spott und Hohn klingen, doch aus Jesu Mund geben sie wirklichen Trost, weil es nicht nur Worte sind, sondern ihnen die Kraft innewohnt, die Situation machtvoll zu verändern.
Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf!
Jesus erweist sich als Herr über Leben und Tod. Hat Lukas in der vorangegangenen Perikope von der Heilung des todkranken Dieners des Hauptmanns von Kafarnaum berichtet, so ist es nun ein tatsächlich Toter, an dem sich Gottes Wirken zeigt. Jesus befiehlt dem Tod, den Toten wieder freizugeben. Die Herrschaft des Todes ist gebrochen und machtvoll bricht sich das Leben Raum. Was hier geschieht, weist hin auf die Auferstehung Jesu und knüpft zugleich an andere Totenerweckungen an, die uns die Bibel berichtet. Der hl. Ambrosius schreibt dazu:
„Es hat einen guten Sinn zu sagen, dass in der Schrift von sieben Auferweckungen berichtet wird, die der Auferstehung des Herrn vorangingen: der Sohn der Witwe von Sarepta, der Sohn der Schunemiterin, die Auferweckung, welche durch den Leichnam des Elischa bewirkt wurde, die Auferweckung von Nain, die der Tochter des Synagogenvorstehers, die des Lazarus und als siebte das Geschehen vom Leiden Christi, als viele Leiber von Verstorbenen auferstanden. Als achte kam die Auferstehung Christi, an dem der Tod keinen Anteil hat.“