Antonius (2) … den Weg finden, ein Original zu sein.

Nach seinem Eintritt bei den Franziskanern schien der Weg des Antonius klar zu sein, Aufbruch nach Marokko, Predigt bei den Muslimen und – so hat er es sich sehnlich gewünscht – das Martyrium. Doch es sollte anders kommen. Die Franziskaner waren die Berufung des Antonius, aber anders, als er es sich vorgestellt hatte. Die Lebensbeschreibung sagt dazu:

„Der Eifer in der Verbreitung des Glaubens drängte Antonius mit immer größerer Kraft, und das Verlangen nach dem Martyrium, das ihm im Herzen brannte, ließ ihm keine Ruhe. So geschah es, dass er gemäß dem Versprechen, das man ihm gegeben hatte, und nachdem er die Erlaubnis dazu bekommen hatte, eilig in das Land der Sarazenen aufbrach. Aber der Allmächtige, der das Herz der Menschen kennt, stellte sich seinen Plänen entgegen.“

Ende des Jahres 1220 ist Antonius aufgebrochen. Doch schon bald setzte ihn eine schwere Krankheit außer Gefecht. Das Schiff, auf dem Antonius sich befindet, erreicht nicht die Küste Afrikas, sondern muss wegen heftiger Stürme die Küste Siziliens anlaufen. Wegen seines Gesundheitszustandes ist Antonius gezwungen, dort an Land zu gehen. Sein Plan wurde ein totaler Misserfolg und es heißt:

„Nachdem er gesehen hatte, dass er nichts von dem, was er sich vorgenommen hatte, zu Ende führen konnte, war Antonius, um zumindest die Gesundheit des Körpers wiederzuerlangen, gezwungen, sich auf den Rückweg in die Heimat zu machen.“

Er konnte nichts zu Ende führen, ein vernichtendes Urteil über einen so eifrig gefassten Lebensplan. Sicher war Antonius nicht nur körperlich, sondern auch geistig am Ende. Doch es tut sich ihm ein neuer Weg auf. Von Sizilien aus gelangte er nach Assisi. Dort fand Pfingsten 1221 das Generalkapitel seines Ordens statt, an dem er teilnahm. Auch Franziskus war dort. Wir wissen nicht, wie viel die beiden miteinander geredet haben. Antonius war ein Neuling im Orden, aus einem fremden Land, von dem keiner etwas Näheres wusste und der zudem krank war. Es scheint, dass man ihm nicht allzu viel Beachtung geschenkt hat. Am Ende des Generalkapitels ist sein Provinzial nicht einmal bereit, ihn in seine Heimat mitzunehmen.

„Nachdem das Kapitel wie gewöhnlich abgeschlossen war und die Provinziale die ihnen anvertrauten Brüder zu ihrem Bestimmungsort geschickt hatten, blieb nur Antonius verlassen beim Generalminister zurück, da er von keinem Provinzial gewünscht worden war – wie einer, der, weil er unbekannt war, zu nichts gut schien.“

Antonius verbarg seine umfassende Bildung. Er wollte nicht prahlen mit seinen Fähigkeiten. Er wollte nur den gekreuzigten Christus kennenlernen und ihm sein Leben anvertrauen. Und dazu bekam er Gelegenheit. Etwa ein Jahr lang wird er mit einigen Mitbrüdern in einer Einsiedelei des Ordens auf dem Monte Paolo leben. Wie es Franziskus in seiner Regel für die Einsiedeleien vorschreibt, wechseln sich die Brüder dort ab, so dass eine gewisse Zeit lang die einen ganz frei sind für die Meditation, während die anderen sich um den Haushalt kümmern und dann wieder die einen den Haushalt übernehmen und der andere Teil der Brüder frei ist für die Meditation.

Und dann kommt der große Auftritt des Antonius. Plötzlich erkennt man im Orden, welch begabten Mitbruder man da unter sich hat. In der Stadt Forli wurden einige Mitbrüder zu Priestern geweiht und viele kamen zusammen, um diesen großen Tag zu feiern, auch Antonius kam dorthin. Aber – welch peinliche Situation – man hatte vergessen, einen Prediger zu bestimmen. So hatte keiner der Brüder eine Predigt vorbereitet und keiner wollte unvorbereitet vor so vielen Mitbrüdern predigen.

„Da wandte sich der Obere an Antonius und trug ihm auf, den versammelten Brüdern zu predigen, was ihm vom Heiligen Geist eingegeben werde. Dies nicht etwa, weil er annahm, dass in ihm eine gewisse Kenntnis der Heiligen Schrift stecke oder dass er irgendetwas anderes gelesen habe, als höchstens das, was den Kirchendienst anging: der Obere erinnerte sich lediglich daran, dass er ihn Latein hatte sprechen hören, wenn es der Umstand erforderte. In der Tat, obwohl Antonius die große Begabung hatte, sich anstelle eines Buches des Gedächtnisses bedienen zu können, und die Gnade der mystischen Sprache besaß, hielten ihn seine Mitbrüder für geeigneter zum Spülen des Geschirrs in der Küche als zum Auslegen der Geheimnisse der Schrift.“

Doch als Antonius anfing zu predigen kamen seine Mitbrüder aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie waren beeindruckt von seiner Weisheit. Antonius war nun 27 Jahre alt und es begann nun der Lebensabschnitt, über den wir am meisten von ihm wissen. Plötzlich steht er im Mittelpunkt als großer Volksprediger, Wunder geschehen in seiner Umgebung und der Ruf seiner Heiligkeit verbreitet sich in ganz Europa.