Mamertus stammt aus der alten, südlich von Lyon gelegenen Stadt Vienne. Über sein Leben wissen wir nicht viel, er stammte aber wahrscheinlich aus einer der vornehmsten Familien der Stadt. Sein Bruder war Claudianus Mamertus, dessen christlichen Schriften und Kompositionen – obgleich heute kaum mehr bekannt – eine wichtige Bedeutung in der Entwicklung der Theologie und auch der Liturgie zukommt.
Mamertus wurde um das Jahr 461 Bischof seiner Heimatstadt Vienne. Bald nach seinem Amtsantritt kam es zu einem Streit zwischen ihm und Papst Hilarius (461-68) wegen jurisdiktioneller Fragen. Er missachtete eine unter Papst Leo I. (dem Großen, 440-61) durchgeführte Neueinteilung der Bistümer in Südgallien und setzte unter Nichtbeachtung der Rechte des Metropoliten von Arles selbst einen neuen Bischof in St. Die ein. Dies zeigt, dass auch unter Heiligen nicht immer ein harmonischer Umgangston herrscht und es durchaus zu Meinungsverschiedenheiten kommen darf.
In dieser Zeit gab es in Vienne und Umgebung zahlreiche Erdbeben und Feuer, die Stadt und Land verwüsteten und Missernten und Hungernöte zur Folge hatten. Mamertus führte daher im Jahr 469 an den drei Tagen vor dem Fest Christi Himmelfahrt die sogenannten “Drei Bußgänge” ein. An diesen Tagen sollte durch besondere Gebete, mit Prozessionen und durch Fasten die Hilfe Gottes für sein bedrängtes Volk erbeten werden.
Diese Tradition der Bitttage hat sich in verschiedenen Formen rasch in ganz Gallien und darüber hinaus ausgebreitet, wurde um das Jahr 800 offiziell von Rom übernommen und ist bis heute erhalten geblieben. Die “Grundordnung des Kirchenjahres und des Kalenders” aus dem Jahr 1969 beschreibt den Sinn der Bitttage folgendermaßen:
An den Bitt- und Quatembertagen betet die Kirche für mannigfache menschliche Anliegen, besonders für die Früchte der Erde und für das menschliche Schaffen; auch eignen sich die Tage für den öffentlichen Dank.
Bittgebete und Prozessionen entbinden den Christen nicht von seiner Verantwortung, bei der Lösung anstehender Probleme der Menschheit mitzuwirken. Sie zeigen aber, dass der Mensch diese Probleme nicht alleine lösen kann und muss, sondern auf die Hilfe Gottes vertrauen darf. Dazu schreibt Karl Rahner:
Bete so, dass du unter der Bitte um die Gabe von oben dich immer mehr selbst zur Opfergabe nach oben machst. Bete so, dass dein anhaltendes Bittgebet als Bewährung erscheint für deinen Glauben an das Licht Gottes in der Finsternis der Welt, für deine Hoffnung auf Leben in diesem beständigen Sterben, für deine Treue der Liebe, die liebt ohne Lohn. Wir sind unterwegs, Wanderer zwischen zwei Welten. Weil wir noch auf Erden wandeln, lasst uns bitten um das, was wir auf dieser Erde brauchen. Da wir aber Pilger der Ewigkeit auf dieser Erde sind, lasst uns nicht vergessen, dass wir nicht so erhört werden wollen, als ob wir hier eine bleibende Stätte hätten, als ob wir nicht wüssten, dass wir durch Untergang und Tod eingehen müssen in das Leben, das in allen Bitten allein das Ziel des Lebens und Betens ist. Solange die Hände gefaltet bleiben, gefaltet bleiben auch im entsetzlichen Untergang, so lange umgibt uns die Huld und das Leben Gottes, und alle Abstürze in das Entsetzen und in den Tod sind nur ein Fallen in die Abgründe der ewigen Liebe.
Mamertus starb im Jahr 475 in Vienne. An seinem Grab ereigneten sich wundersame Heilungen. Daher wurde er schon bald als Heiliger verehrt. Der Legende nach wurden seine Gebeine später nach Orleans übertragen. In vielen Gegenden zählt Mamertus zu den sogenannten “Eisheiligen”.