Verklärung (2)

Jesus wurde vor ihren Augen verwandelt und seine Kleider wurden strahlend weiß und es erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus. (Mt 17,2f)

Auf dem Berg geschieht mit Jesus etwas Außergewöhnliches, das die Jünger in Angst und Staunen versetzt. Das Aussehen Jesu verändert sich. Er strahlt in einer Klarheit, wie sie für uns Menschen unbeschreiblich ist. Göttliches Licht bricht mit seinem Glanz hinein in unsere Welt.

Zwei Sonnen erblickten dort die Jünger: eine am Himmel, wie gewöhnlich, und noch eine auf ungewöhnliche Weise, eine, die ihnen allein schien, nämlich das Angesicht des Herrn. Seine Kleider aber zeigte er weiß wie Licht, weil aus seinem ganzen Körper die Herrlichkeit seiner Gottheit hervorquoll und sein Licht allen seinen Gliedern entstrahlte; denn nicht wie bei Mose leuchtete nur äußerlich sein Fleisch in hellem Glanze, sondern die Herrlichkeit seiner Gottheit quoll aus ihm hervor. Sein Licht ging auf und blieb in ihm gesammelt, es ging nirgend anderswohin und verließ ihn nicht. Es kam ja auch nicht von anderswoher, um ihn zu verklären; es war ihm nicht etwa zu zeitweiligem Gebrauche geliehen. (Ephräm der Syrer)

Der himmlische Glanz, den die drei Apostel sehen dürfen, soll sie darauf vorbereiten, dass sie nicht an Jesus zweifeln, wenn sie ihn am Kreuz in seiner Niedrigkeit sehen werden. Jesus war vorbereitet auf das, was geschehen sollte. Die Jünger aber brauchten lange, um zu verstehen, warum der Messias leiden muss. Bis heute stehen viele mit Unverständnis vor dem Zeichen des Kreuzes. Und doch war es Gottes Wille, dass Gottes Sohn uns Menschen am Kreuz erlösen soll.

Mose, der Mittler des Gesetzes und Elija, der Prophet, dessen Kommen vor dem Erscheinen des Messias erwartet wird, treten auf und reden mit Jesus. Lukas präzisiert: Sie sprechen mit Jesus über sein Ende, das ihn in Jerusalem erwartet. Die drei Apostel aber sind sprachlos und verwirrt. Zugleich sind sie überwältigt, von dem was geschieht und wollen diesen Moment für immer festhalten.

Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen. (Mk 9,5)

O Simon, was sagst du da? Wenn wir hier bleiben, wer erfüllt dann die Weissagung der Propheten? Wer besiegelt dann die Worte der Boten? Wer bringt dann die Geheimnisse der Gerechten zur Vollendung? … Wenn wir hier bleiben, wer zerreißt dann die Handschrift Adams, und wer tilgt seine Schuld? Wer gibt ihm dann das Gewand der Herrlichkeit zurück? Wenn wir hier bleiben, wie soll dann geschehen, was ich dir gesagt habe? Wie soll dann die Kirche gebaut werden? Wie wirst du dann von mir die Schlüssel des Himmelreichs bekommen? Wen wirst du dann binden, wen lösen? Wenn wir hier bleiben, wird alles, was durch die Propheten gesagt wurde, ohne Erfüllung bleiben. (Ephräm der Syrer)

Verklärung (1)

Jesus nahm Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg. (Lk 9,28)

Nur drei seiner Apostel nimmt Jesus mit auf den Berg. Nur ihnen wird zuteil, Jesus in seiner himmlischen Herrlichkeit zu sehen. Der Berg, auf den sie steigen, wird in keinem der Evangelien genannt, die Tradition sieht aber den Berg Tabor als den Berg der Verklärung an. Wer schon einmal auf dem Tabor gewesen ist, wird verstehen, warum. Er ist ein beeindruckender Berg, der die umliegenden Hügel weit überragt. Man bekommt auf ihm ein Gefühl der Weite und ein Gespür für die Gegenwart Gottes.

Berge sind seit jeher Orte der Gottesbegegnung. Mose ist erhält auf dem Berg die Tafeln der Gebote von Gott und Elija erfährt das Vorüberziehen Gottes in der Höhle auf dem Berg. Auf einem Berg bekommen wir eine ganz neue Perspektive. Was uns beengt, fällt von uns ab und unser Blick weitet sich. Sehen wir auch die Fastenzeit als eine Art Bergwanderung mit Jesus. Lassen wir uns von ihm führen und seien wir gespannt, welche neuen Ausblicke er für uns öffnet.

Auch den drei Jüngern eröffnet Jesus auf dem Berg eine ganz neue Perspektive:

Er führte sie auf den Berg, um ihnen zu zeigen, dass er Gottes Sohn ist, der vor aller Zeit vom Vater erzeugt wurde, am Ende der bestimmten Zeit aus der Jungfrau Fleisch annahm und, wie er selbst wusste, ohne Zeugung und auf unaussprechliche Weise geboren wurde, indem er die Jungfrauschaft seiner Mutter unversehrt bewahrte. … Er führte sie auf den Berg, um ihnen die Herrlichkeit der Gottheit zu zeigen und ihnen kund zu tun, dass er der Erlöser Israels ist, wie er es durch die Propheten geoffenbart hatte, damit sie nicht an ihm Anstoß nehmen, wenn sie seine freiwilligen Leiden sehen, die er als Mensch für uns erduldet hat.

Sie kannten ihn nämlich nur als Menschen und wussten nicht, dass er Gott ist. Sie kannten ihn als den Sohn Mariens, als einen Menschen, der mit ihnen in der Welt umherwandelte, aber auf dem Berg tat er ihnen kund, dass er Gottes Sohn und Gott ist. Sie sahen ihn essen und trinken, müde werden und ausruhen, schläfrig werden und schlafen, sich fürchten und schwitzen. All dies entsprach nicht der Natur seiner Gottheit, sondern nur seiner Menschheit. Daher führte er sie auf den Berg, damit der Vater ihn den Sohn nennt und ihnen zeigt, dass er in Wahrheit sein Sohn und Gott ist.

Er führte sie auf den Berg und zeigte ihnen sein Reich vor seinem Leiden und seine Macht vor seinem Tod und seine Herrlichkeit vor seiner Beschimpfung und seine Ehre vor seiner Entehrung, damit sie, wenn er von den Juden gefangen und gekreuzigt wird, erkennen, dass er nicht aus Schwäche gekreuzigt worden ist, sondern aus freiem Willen, weil es ihm so gefiel, zum Heil der Welt. Er führte sie auf den Berg und zeigte ihnen vor der Auferstehung die Herrlichkeit seiner Gottheit, damit sie, wenn er in der Herrlichkeit seiner göttlichen Natur vom Tode erstanden ist, erkennen, dass er die Herrlichkeit nicht zur Belohnung seines Leidens erhalten hat, als ob er ihrer bedurft hätte, sondern dass sie schon vor aller Zeit mit dem Vater und bei dem Vater sein eigen gewesen ist. (Ephräm der Syrer)

Gottes heiliger Ruf

Paulus erinnert Timotheus an seine Berufung. Gottes Ruf hat ihn getroffen und diesem Ruf soll er sich treu erweisen. Es ist die Grundlage unseres christlichen Daseins, Gerufene zu sein. Auch das Zweite Vatikanische Konzil spricht ausdrücklich davon, dass alle Christen Berufene sind, Berufene zur Heiligkeit. Wir empfangen den Glauben meist von unseren Eltern. So weist auch Paulus den Timotheus auf das Vorbild seiner Mutter und Großmutter hin. Es ist nicht verwunderlich, dass es gerade die Frauen sind, die den Glauben weitergeben. Sie haben oft in der Erziehung einen engeren Kontakt zu ihren Kindern als die Väter.

Doch es bedarf auch der ständigen persönlichen Aktualisierung des Glaubens. Es ist gut, wenn die Eltern ein Fundament des Glaubens bei ihren Kindern gelegt haben. Aber als Erwachsene dürfen wir nicht bei diesem Kinderglauben stehenbleiben. Wir müssen auf dem Fundament weiterbauen, müssen zu einer persönlichen Beziehung zu Gott finden, Gott Ruf annehmen und ihm mit den uns eigenen Gaben folgen.

So wie jeder Mensch einmalig und unverwechselbar von Gott geschaffen ist, hat er auch seine einmalige und unverwechselbare Berufung. Es ist ein lebenslanger Prozess, dieser Berufung nachzuspüren und Schritt für Schritt den ganz eigenen Weg mit Gott zu finden. Es braucht immer wieder das aufmerksame Hinhören nach innen und nach außen, um den Ruf Gottes für das eigene Leben wahrzunehmen. Es ist wichtig, die eigene innere Stimme zu hören und seine Sehnsucht zu spüren, zu spüren, was einen im Innersten wirklich glücklich und lebendig macht, wohin es einen “zieht”.

Im täglichen Umgang mit anderen Menschen können wir unsere besonderen Begabungen entdecken. Manche Begegnungen können auch Wegweiser auf dem Lebens- und Berufungsweg sein, die eine Richtung für den nächsten Schritt aufzeigen. Dem eigenen, ganz persönlichen Anruf Gottes zu folgen, ist der Weg zu einem gelingenden Leben. Das bedeutet, jeden Tag neu aufmerksam zu sein für das, was Gott uns sagen möchte – im Gebet, bei der Arbeit, im Gespräch und im Umgang mit den Menschen um uns herum, im Lesen der Heiligen Schrift, letztlich in allem, was uns begegnet. Jeden Tag neu sollen wir die Stimme Gottes in unserem Leben hören und seinem Ruf folgen.

Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner!
Erleuchte du meine Augen, dass ich den Weg zu dir finde.
Mach du meine Schritte fest, dass ich vom Weg nicht abirre.
Öffne, du meinen Mund, dass ich von dir spreche.
Du willst, dass ich meine Mitmenschen liebe.
Lass mich ihnen dienen, dass sie ihr Heil finden
und in die Herrlichkeit gelangen.
(Hl. Alkuin)

Die Versuchung des Menschen

Mit scheinbar frommen Sprüchen ist der Satan an Jesus heran getreten. Dabei hat er das Wort der Schrift verdreht. Jesus aber besiegt den Satan, indem er ihm die rechte Auslegung des Wortes Gottes entgegenhält. Gottes Wort zu verdrehen ist eine beliebte Taktik des Satans. Er war damit schon bei den ersten Menschen erfolgreich:

Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? (Gen 3,1)

Nein, so hat Gott nicht gesagt, das weiß auch Eva.

Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben. (Gen 3,2-3)

Alles hat Gott für den Menschen gemacht. Wir hören in den vorangehenden Versen, dass Gott für den Menschen einen wundervollen Garten angelegt hat. Ein Garten, das war für den orientalischen Menschen etwas Wunderbares. Nur Könige und besonders reiche Menschen hatten die Mittel dazu, in den trockenen Ländern einen immergrünen Garten anzulegen. Ein solcher Garten war den Menschen von Gott geschenkt. Aber ein Baum sollte tabu sein. Von ihm durften die Menschen nicht essen. Aber gerade durch dieses Verbot bekommt der Baum eine unwiderstehliche Anziehungskraft, als die Schlange ihre verführerischen Worte an Eva richtet:

Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und dazu verlockte, klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß. (Gen 3,4-6)

Die Folgen aber sind fatal. Nicht die von der Schlange versprochene Göttlichkeit wird den Menschen zuteil, sondern Gott wird den Menschen aus dem Paradies vertreiben. Das Vertraute Miteinander der Menschen untereinander, zwischen Mensch und Gott und Mensch und Natur ist fortan gestört. Die einzige Erkenntnis, die Adam und Eva nach dem Verzehr der Frucht des Baumes gewinnen, ist die, dass sie nackt sind, und sie bedecken ihre Blöße mit Feigenblättern.

Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz. (Gen3,7)

Die Versuchung Jesu

Jesus wird zu Beginn seines öffentlichen Wirkens vor die Wahl gestellt, ob er ein sensationeller Wunderprediger sein will, dem die Menschen in Scharen nachlaufen und der sich selbst in den Mittelpunkt stellt, oder ob er sich zum Diener Gottes und der Menschen machen möchte, der dem Willen Gottes gehorsam ist bis in den Tod.

Exemplarisch wird das Wesen der Versuchung an drei Beispielen dargestellt. Durch die Verwandlung von Steinen zu Brot soll Jesus dazu versucht werden, ein Wunder allein zu seinen Gunsten zu wirken, ein Wunder das allein die menschliche Gier befriedigt, aber nicht zu einer Begegnung mit Gott führt. Alles Tun Jesu ist aber darauf hin gerichtet, den Willen des Vaters zu erfüllen. Davon lebt er, nicht vom Brot allein.

Wenn sich Jesus vor aller Augen von der Zinne des Tempels stürzen würde und heil am Boden ankäme, würden ihn alle bewundern. Aber er würde zugleich den Vater herausfordern und auf die Probe stellen. Jesus zeigt seine Göttlichkeit nicht durch sensationelle Taten, vielmehr folgt der Erweis seiner Göttlichkeit nach seiner größten Erniedrigung am Kreuz in der Auferweckung durch den Vater.

Bestand die erste Versuchung im Missbrauch der Gabe Gottes zum Eigennutz, die zweite in der Versuchung Gottes, so ist das Wesen der dritten Versuchung die explizite Gotteslästerung. Der Satan verlangt, dass Jesus sich vor ihm niederwirft und ihn anbetet. Dafür verspricht er ihm die Macht über alle Reiche der Welt. Doch welchen Preis hat diese Macht. Jesus wird über die ganze Erde herrschen, aber nicht nach dem Sinn Satans, sondern nach Gottes Willen. Die Herrschaft des Satans bringt der Welt das Verderben, die Herrschaft Jesu Christi aber bringt der Welt das Heil.

Fastenzeit – eine Zeit, um Gottes Liebe neu zu entdecken

Gott ist barmherzig. Er weist keinen ab, der sich ihm zuwendet. Er ruft die Sünder und all jene, die von den Menschen ausgestoßen und gemieden werden, in seine Gemeinschaft. Das macht Jesus deutlich, wenn er zusammen mit Zöllnern und Sündern zu Tisch sitzt. Den Pharisäern, die sich darüber empören, antwortet er:

Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten. (Mt 9,12-13)

Jesus zitiert hier den Propheten Hosea (Hos 6,6). Wie Jesus, so hält auch der Prophet Hosea dem Volk und dessen Führern den Spiegel vor Augen. Sie gehen ihre eigenen Wege und haben ihren Gott vergessen, sie leben nach ihrem eigenen Sinn und nicht nach dem Willen Gottes. Ihr Weg führt ins Verderben, in ihrer Not aber denken die Menschen an Gott und wenden sich ihm wieder zu. Sie erinnern sich an seine Barmherzigkeit und seine Gegenwart in seinem Volk, die Gott so zuverlässig erweist, wie er jeden Morgen die Sonne aufgehen lässt und Regen schenkt, der die Erde tränkt.

Kommt, wir kehren zum Herrn zurück! Denn er hat (Wunden) gerissen, er wird uns auch heilen; er hat verwundet, er wird auch verbinden. Nach zwei Tagen gibt er uns das Leben zurück, am dritten Tag richtet er uns wieder auf und wir leben vor seinem Angesicht. … Er kommt so sicher wie das Morgenrot; er kommt zu uns wie der Regen, wie der Frühjahrsregen, der die Erde tränkt. (Hos 6,1-3)

Aber ist das die Liebe, die Gott erwartet? Kehren sie wirklich von ganzem Herzen zu ihm um?  In den Worten des Propheten Hosea heißt es weiter:

Eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der bald vergeht. … Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer. (Hos 6,4-6)

Kraftvolles Morgenrot und ergiebiger Frühjahrsregen stehen für die beständige Treue, die Gott schenkt und bilden einen starken Kontrast zu der flüchtigen Liebe, die Menschen Gott erweisen. Eine Wolke am Morgen ist in einem Land wie Israel kein Zeichen für den lange ersehnten Regen in der Hitze des Sommers. Die Wolke am Morgen ist sogleich verschwunden, wenn die Sonne am Himmel emporsteigt, ebenso wie der Tau, der sich über Nacht auf die Pflanzen gelegt hat. Ein kleiner Anflug von Liebe zu Gott, der bei der ersten Verlockung durch die Welt wieder verfliegt, das nützt nichts. Wer nicht an die Macht der Liebe Gottes glaubt und ihr ungeteilt folgt, hat keinen Bestand vor Gott. Diese Liebe kann durch nichts ersetzt werden, nicht durch Opfer und sonstige fromme Übungen. Wo die Liebe fehlt, wird alles wertlos, die Liebe aber lässt jedes noch so kleine Werk und Opfer vor Gott glänzen.

Gottes Liebe hat die Kraft, sein Volk zu retten, sie hat die Kraft, einen Sünder, selbst einen, der seinen Gott und sein Volk verraten hat, wieder als vollgültigen Mitbürger des Reiches Gottes einzusetzen. Die Wege Gottes sind unergründlich. Wir können ihnen nur folgen, wenn wir immer wieder neu bereit sind, uns von der Größe der Liebe Gottes überraschen zu lassen. Wer dieser Liebe folgen will, muss bereit sein, das aufzugeben, was dieser Liebe entgegensteht und sich immer neu von Gottes Liebe und Barmherzigkeit beschenken zu lassen.

Herr, hilf mir immer wieder dabei, umzukehren und lass mich nie an der Macht deiner Liebe zweifeln.

Aschermittwoch

Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.

oder

Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium.

Diese Worte begleiten die Auflegung des Aschenkreuzes am Aschermittwoch. Der erste Satz erinnert an den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies (vgl. Gen 3,19). Er soll uns die Vergänglichkeit unseres Lebens vor Augen führen und zugleich eine Mahnung sein, unsere Lebenszeit nicht sinnlos zu vergeuden.

Der zweite Satz ist der Ruf zur Umkehr, den der Evangelist Markus an den Beginn des Wirkens Jesu stellt (Mk 1,15). Die Fastenzeit ist die Zeit im Jahr, in der wir uns besonders dieser Notwendigkeit der Umkehr bewusst werden sollen. Darüber schreibt der hl. Benedikt in seiner Mönchsregel, doch das, was er sagt, können sich alle Gläubigen zu Herzen nehmen:

Der Mönch soll zwar immer ein Leben führen wie in der Fastenzeit. Dazu aber haben nur wenige die Kraft. Deshalb raten wir, dass wir wenigstens in diesen Tagen der Fastenzeit in aller Lauterkeit auf unser Leben achten und gemeinsam in diesen heiligen Tagen die früheren Nachlässigkeiten tilgen. Das geschieht dann in rechter Weise, wenn wir uns von allen Fehlern hüten und uns um das Gebet unter Tränen, um die Lesung, die Reue des Herzens und um Verzicht mühen. Gehen wir also in diesen Tagen über die gewohnte Pflicht unseres Dienstes hinaus durch besonderes Gebet und durch Verzicht beim Essen und Trinken.

Die Asche des Aschermittwochs stammt von den verbrannten Palmzweigen des vergangenen Jahres. Bereits im Alten Testament ist das Bestreuen des Hauptes mit Asche ein Zeichen der Buße. Der Schmutz der Asche ist ein äußeres Zeichen für den Schmutz, den der Mensch durch die Sünde auf sich geladen hat.

Indem der Mensch bereit ist, öffentlich das Zeichen seiner Schuld zu tragen, zeigt er zugleich seine Bereitschaft, sein Leben zu ändern. Die Einsicht, etwas falsch gemacht zu haben und das Bekenntnis zu den eigenen Fehlern ist der erste Schritt zur Vergebung.

Das Nachdenken über unsere Fehler und Sünden soll uns aber nicht einschüchtern und mutlos machen. Vielmehr vertrauen wir darauf, dass Gott immer wieder bereit ist, uns zu vergeben, wenn wir ihm unsere Sünden bekennen. Und auch mit unseren Mitmenschen können wir zu neuer Gemeinschaft finden, wenn wir den Mut haben, zu unseren Fehlern zu stehen, andere um Verzeihung zu bitten und das, was wir durch unsere Fehler angerichtet haben, soweit es uns möglich ist wieder gut zu machen.

Ja, es ist gut, uns daran zu erinnern, dass wir Sünder sind. Nehmen wir die Einladung an, unsere Vergehen aufrichtig zu bedauern und möglichst wiedergutzumachen. Fragen wir uns, wie wir unseren Lebensstil ändern müssen, damit er mehr dem Evangelium entspricht. (Basil Hume)

Der Mut und die Bereitschaft, zu unseren Fehlern zu stehen, führen uns mit Gottes Hilfe zu neuer Stärke und zu einem bewussten und erfüllten Leben.

Gott oder Mammon

In engem Zusammenhang min den Worten Jesu über Gottes Sorge für uns Menschen steht der Ruft zur Entscheidung. Wir müssen uns entscheiden, worum wir uns in unserem Leben sorgen. Darum, dass wir viel Geld haben, Ansehen und Macht, oder darum, dass wir Gottes Willen tun. Wenn wir uns allein um irdischen Gewinn sorgen, wird uns diese Sorge verzehren. Wenn es uns aber zuerst um Gott geht und darum, seine Liebe in der Welt sichtbar zu machen, dann dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott uns alles schenken wird, was wir zum Leben brauchen.

Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben, oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon. (Mt 6,24)

Was uns Jesus im heutigen Evangelium sagt, ist eine Tatsache, die wir im eigenen Leben erfahren können. Irgendwann kommt der Moment, ab dem die Wünsche der beiden Herren so unterschiedlich sind, das man nur noch als Heuchler leben kann, wenn man sich nicht zwischen einem der beiden entscheidet.

Der Habsüchtige, der mit dem Namen Christ bezeichnet wird, soll also darauf hören, dass er nicht gleichzeitig dem Reichtum und Christus dienen kann. Christus sagte jedoch nicht: Wer Reichtum besitzt, sondern: Wer dem Reichtum dient. Denn wer Sklave des Reichtums ist, wacht über seinen Reichtum wie ein Sklave. Wer aber das Joch des Reichtums abgelegt hat, verteilt ihn wie ein Herr. (Hieronymus)

Die beiden Herren, die Jesus uns vor Augen stellt, sind Gott und der Mammon. Wer den Mammon zum Herrn des Lebens macht, der wird in seinem Leben von der Sorge um die materiellen Güter bestimmt. Ihm geht es darum, immer mehr anzuhäufen und seine Schätze beisammen zu halten. Er muss selbst um alles kämpfen und kann nichts schenken, weil er sich selbst nicht als Beschenkter erfährt.

Ganz anderes sieht es für den aus, der Gott zum Herrn seines Lebens macht. Er wird die Erfahrung machen, dass er sich zwar im Leben um vieles mühen muss, dass ihn aber auch Gott immer wieder beschenkt. Das rückt die eigenen Anstrengungen in ein ganz anderes Licht. Die Erfahrung des Beschenktseins befreit von einer übermäßigen Sorge, die einem die Haare ausfallen lässt.
Jesus will, dass wir mit dieser Zuversicht, Gottes geliebte Kinder zu sein und immer von ihm beschenkt zu werden, durch das Leben gehen. Diese Zuversicht macht unser Leben bunt und lässt die helle Sonne der Liebe Gottes durch unseren Alltag strahlen.

Es gibt etwas, das wichtiger ist als Leben und Leib, als alles, was wir auf Erden haben können. Es kommt darauf an, dass der Mensch zu Gott findet, sonst ist sein ganzes Leben sinnlos. Der Glaube an Gott gibt dem Menschen die Gewissheit, dass er nicht vergebens hier auf Erden ist und dass sein Leben zu einem guten Ziel führen wird. Wichtiger als alle Sorge um den Lebensunterhalt ist unser Vertrauen auf Gott, unsere dankbare Antwort auf seine Liebe. Aber da auch der Lebensunterhalt notwendig ist, wird Gott dafür sorgen, dass es uns nicht an dem fehlt, was zum Leben nötig ist.

Gottes Sorge

Zion sagt: Der Herr hat mich verlassen, Gott hat mich vergessen. Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht – Spruch des Herrn. (Jes 49,14-15)

Die Worte des Propheten Jesaja sind ein Trost für ein Volk, das an seinem Gott zweifelt. Israel musste in die Verbannung. Der Prophet verheißt die baldige Heimkehr. Doch kann man seinen Worten vertrauen? Zu tief sitzt die Erfahrung der Vertreibung, zu sehr quält die Not, in der Fremde leben zu müssen.

Wenige Verse davor hat der Prophet davon gesprochen, dass es Nahrung geben wird auf kahlen Bergen und sprudelnde Quellen in einem Land, das von Hitze ausgedörrt ist. Gott schenkt neues Leben in einer lebensfeindlichen Welt. Gerade heute, wo wir so viel Zerstörung in unserer Welt durch den Eingriff des Menschen sehen, gewinnen diese Worte eine ganz neue Aktualität.

Wir sehen so viel Hunger und Durst in der Welt. Bei uns gibt es alles in Hülle und Fülle, aber andernorts fehlt es am Nötigsten für das Leben. Das Trinkwasser wird immer knapper, Dürren und Naturkatastrophen bedrohen die Ernten. Vieles davon ist menschengemacht, weil vielerorts ohne Rücksicht auf die Natur gewirtschaftet wird. Manches ist bedingt durch Veränderungen, die es in der Erdgeschichte immer wieder gegeben hat.

Manche Wissenschaftler glauben, dass es Aufgabe der Menschheit ist, durch immer mehr Fortschritt neue Nahrungs- und Energiequellen zu finden, um unabhängiger von den Einflüssen der Natur zu werden. Andere meinen, dass die Menschheit nur überleben kann, wenn sie wieder lernt, mehr im Einklang mit der Natur zu leben. Wer schaut hier noch auf Gott? Dürfen wir überhaupt Gott in die Verantwortung nehmen für das, was Menschen angerichtet haben?

Gott sorgt für die Welt, die er erschaffen hat, aber er hat seine Schöpfung zugleich dem Menschen anvertraut. Wie müssen wir Christen uns verhalten angesichts der Herausforderungen unserer Zeit? Die Thematik ist komplex. Ich denke, zunächst müssen wir uns über Hintergründe informieren und versuchen, die Dynamik zu verstehen, die hinter dem System der Weltwirtschaft steht, aber auch lernen, die Natur zu verstehen. Es gibt kein Patentrezept. Jeder ist aufgefordert, sich hier selbst ein Bild zu machen und sich mit seinem Engagement einzubringen.

Vor allem aber ist es die Aufgabe von uns Christen, die Rede auf Gott zu bringen und das nicht mit einer weltfremden Frömmigkeit, sondern auf dem Hintergrund fundierten Wissens um die Zusammenhänge unserer Gesellschaft. So können wir Menschen, die von der gegenwärtigen Entwicklung verunsichert sind, Trost und Halt geben, aber auch für viele Suchende eine neue Perspektive eröffnen.

Gottes Sorge um die Welt ist keine billige Ausrede, mit der wir uns vor einem Engagement in den Herausforderungen unserer Zeit drücken könnten. Der Glaube an eine Welt, die Schöpfung Gottes ist, drängt uns vielmehr dazu, uns für diese Schöpfung einzusetzen und das Feld nicht denen zu überlassen, die die Welt allein in der Hand des Menschen sehen.
Gott sagt uns seine Nähe zu. Er wird mit uns sein, wenn wir für seine Schöpfung eintreten. Er gibt uns Halt und Trost, wenn wir an der Welt, wie wir sie erleben, verzweifeln. Er wird uns neue Perspektiven eröffnen, wenn wir angesichts der Herausforderungen nicht mehr weiter wissen. Vertrauen wir auf die Zusage Gottes, dass er uns nie vergisst. Selbst wenn das Unerhörte unter Menschen geschehen kann, dass eine Mutter ihr Kind im Stich lässt, Gott wird so etwas nie tun.

Wahl des Matthias zum Apostel

In diesen Tagen erhob sich Petrus im Kreis der Brüder – etwa hundertzwanzig waren zusammengekommen – und sagte: … (Apg 1,15)

Petrus hat nach der Himmelfahrt Jesu die Leitung der kleinen, aber ständig wachsenden Gruppe der Anhänger Jesu übernommen. Waren nach der Rückkehr vom Ort der Himmelfahrt zunächst nur etwa 20 Personen zum gemeinsamen Gebet versammelt, sind nun schon 120 zusammen gekommen. Diese Zahl entspricht dem symbolischen Wert 10×12, was eine Vielzahl von 12 meint. Die Zwölf steht für das Zwölfstämmevolk Israel. Wie die zwölf Söhne Jakobs die Stammväter Israels bilden, so sind die zwölf Apostel das Fundament des neuen Gottesvolkes. Wenn nun die 12 mit der 10 multipliziert wird, so steht dies symbolisch für das Wachstum der Kirche Gottes. Um aber diesen symbolischen Wert beizubehalten, musste der Kreis der Zwölf, der nach dem Verrat und Tod des Judas Iskariot eines seiner Mitglieder verloren hat, wieder zu seiner symbolischen Fülle ergänzt werden. Hierzu ergreift Petrus mit seinen Worten die Initiative:

Brüder! Es musste sich das Schriftwort erfüllen, das der Heilige Geist durch den Mund Davids im Voraus über Judas gesprochen hat. Judas wurde zum Anführer derer, die Jesus gefangen nahmen. Er wurde zu uns gezählt und hatte Anteil am gleichen Dienst. Mit dem Lohn für seine Untat kaufte er sich ein Grundstück. Dann aber stürzte er vornüber zu Boden, sein Leib barst auseinander und alle Eingeweide fielen heraus. Das wurde allen Einwohnern von Jerusalem bekannt; deshalb nannten sie jenes Grundstück in ihrer Sprache Hakeldamach, das heißt Blutacker. Denn es steht im Buch der Psalmen: Sein Gehöft soll veröden, niemand soll darin wohnen! und: Sein Amt soll ein anderer erhalten! (Apg 1,16-20)

Drastisch schildert Petrus hier das Ende des Judas Iskariot. An dem vom Lohn seines Verrats erworbenen Grundstück hatte er keine Freude, vielmehr erleidet er einen qualvollen Tod. Von Selbstmord ist hier nicht die Rede, das Hervorquellen der Eingeweide ist aber ein Bild für ein besonders schmerzhaftes und unrühmliches Lebensende. In allem was geschieht, erfüllt sich, was in den Psalmen verheißen ist. Sowohl der Verrat des Judas als auch sein Ende und die Verdammnis seines Besitzes (die Gegend um das Hakeldamach-Kloster, in der man den Blutacker vermutet, ist bis heute ein ungewöhnlicher Ort in Jerusalem) wird in den Psalmen vorgezeichnet. Der kundige Leser kann die Psalmenstellen (Ps 69,26; 109,8) auf diese Ereignisse deuten.
Aber noch etwas anderes ist in den Psalmen vorausgesagt: dass für das Apostelamt des Judas, das dieser durch sein Tun verloren hat, ein würdiger Nachfolger gefunden werden muss. die Kriterien für einen solchen Nachfolger lauten:

Einer von den Männern, die die ganze Zeit mit uns zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging, angefangen von der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns ging und (in den Himmel) aufgenommen wurde, – einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein. (Apg 1,21-22)

Der Kreis derer, die Jesus gefolgt sind, ging schon immer über die zwölf Apostel hinaus. So wird beispielsweise von einer Aussendung von zweiundsiebzig Jüngern berichtet (Lk 10,1-16). Auch wenn wir beim Lesen der Evangelien den Eindruck gewinnen, dass allein die Zwölf den harten Kern gebildet haben, der immer bei Jesus war, so wird hier deutlich, dass die Zahl derer, die Jesus vom Beginn seines Auftretens an nachgefolgt sind, weit größer ist. Den zwölf Aposteln kam in diesem Jüngerkreis wohl eine symbolische Bedeutung und eine hierarchische Vorrangstellung zu. Die Abweichungen in den Apostellisten der vier Evangelien, die die Exegese versucht, durch verschiedene Deutungen in Einklang zu bringen, könnten auch ein Hinweis darauf sein, dass es unterschiedliche Überlieferungen gab, wer genau dem Zwölferkreis angehörte. Außerdem müssen wir unterscheiden zwischen dem Begriff Apostel und dem Zwölferkreis. Auch Paulus sieht sich als Apostel, ebenso wie andere Missionare der “ersten Stunde”.
Hier wird auch die wichtigste Aufgabe der Apostel und aller Jünger Jesu genannt: Zeuge der Auferstehung Jesu Christi zu sein, das heißt, der Welt zu verkünden, dass Jesus lebt und das eigene Leben auf diesen Glauben zu bauen, dass Jesus von den Toten auferstanden ist und somit erfahrbar zu machen, dass für alle Menschen der Weg zu Himmel offen steht und Gott mit den Menschen ist und sich um die kümmert, die an seinen Namen glauben.

Und sie stellten zwei Männer auf: Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias. Dann beteten sie: Herr, du kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast, diesen Dienst und dieses Apostelamt zu übernehmen. Denn Judas hat es verlassen und ist an den Ort gegangen, der ihm bestimmt war. Dann gaben sie ihnen Lose; das Los fiel auf Matthias und er wurde den elf Aposteln zugerechnet. (Apg 1,15-26)

Zwei Männer erfüllen diese Voraussetzungen und werden zur Wahl aufgestellt: Josef, genannt Barsabbas und Matthias. Das Los soll entscheiden, aber wichtig ist auch das Gebet. Somit wird deutlich, dass durch den Losentscheid letztlich Gott seinen Willen offenbar werden lässt. Das Los fällt auf Matthias, der von nun an zu den zwölf Aposteln gehört.