1. Korintherbrief 10,1-13 – Warnung

Ihr sollt wissen, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren, alle durch das Meer zogen und alle auf Mose getauft wurden in der Wolke und im Meer. Alle aßen auch die gleiche gottgeschenkte Speise und alle tranken den gleichen gottgeschenkten Trank; denn sie tranken aus dem Leben spendenden Felsen, der mit ihnen zog. Und dieser Fels war Christus. (1Kor 10,1-4)

Paulus mahnt die Korinther dazu, sich nicht in falscher Selbstsicherheit zu wiegen. Als mahnendes Beispiel führt er die Geschichte Israels an. Der Exodus, der Auszug aus Ägypten, ist das Schlüsselerlebnis in der Geschichte Israels. Das ganze Volk machte dir Erfahrung von Gottes rettender Tat der Befreiung aus der Sklaverei Ägyptens.

Paulus sieht den Exodus als Vorausbild dessen, was die christliche Gemeinde heute erfährt. Wie Gott durch Mose das Volk durch das Rote Meer in die Freiheit führte, so sind die Christen durch die Taufe von der Sklaverei der Sünde befreit worden. Wie Gott das Volk Israel in der Wüste wunderbar versorgt hat, durch Wasser aus dem Felsen und Manna, so ist die Eucharistie die wunderbare Speise des neuen Gottesvolkes. Alle Christen haben Teil an Christi Leib und Blut, der Speise ewigen Lebens.

Und doch ist die Erfahrung dieser Wohltaten keine Garantie für das ewige Heil. Im Volk gab es solche, die aus Gier mehr Manna sammelten, als sie benötigten, und dafür bestraft wurden. Als Mose am Sinai war, machte sich das Volk ein Goldenes Kalb und trieb Götzendienst. Viele murrten und wollten lieber wieder in die Sklaverei zurück, als den beschwerlichen Weg durch die Wüste zu gehen. Nicht das große Ziel war ihnen wichtig, sondern einfach nur die Bequemlichkeit des Alltags. Auf dem Zug durch die Wüste kamen viele um, Mose musste immer wieder den Herrn um Verzeihung für das Volk anrufen. Diejenigen, die aus Ägypten ausgezogen waren, durften das gelobte Land nicht sehen, sondern erst der folgenden Generation wurde der Einzug gewährt.

So dürfen sich auch die Christen angesichts der Sakramente nicht in falscher Sicherheit wiegen. Gott will das Heil aller Menschen, er schenkt seine Gnade umsonst, aber der Mensch kann sein Heil auch verwirken. Gott sorgt sich um uns, wie der Gärtner im Gleichnis, der den fruchtlosen Baum nicht umhaut, sondern jahrelang weiter pflegt, dass er doch noch Früchte trägt. Aber es gibt keine Garantie für das Heil. Das sollen wir immer wieder bedenken.

Wer also zu stehen meint, der gebe Acht, dass er nicht fällt. (1Kor 10,12)

Hochmut kommt vor dem Fall, so lautet ein bekanntes Sprichwort. Wer meint, der beste zu sein, alles richtig zu machen und über den anderen zu stehen, für den kommt oft ein böses Erwachen. Selbst wenn wir etwas Tolles gemacht haben und viel Lob erhalten, kann uns im nächsten Augenblick ein Missgeschick passieren und alles ist dahin.

Das bedeutet nicht, dass wir mit negativen Gedanken durchs Leben gehen sollen und uns über nichts mehr freuen dürfen. Aber wir sollen wachsam sein. Wir dürfen dankbar sein für das, was uns gelingt, sicher auch ein wenig stolz, aber wir sollen das immer auch als ein Geschenk sehen und nicht übermütig werden.

Wir dürfen stolz darauf sein, Christen zu sein. Heute machen wir eher die andere Erfahrung, dass Christsein eben nichts Besonderes ist, dass wir die Sakramente nicht mehr Wunder des Heils erfahren, wie beispielsweise Israel den Exodus. Auch das ist eine Versuchung, die Versuchung zur Gleichgültigkeit. Machen wir uns immer neu bewusst, welche Großtaten Gott an uns erwiesen hat. Wir sind Kinder Gotts. Gott ist unser Vater, der auf uns schaut und für uns Sorge trägt.

Wir dürfen und sollen ein gesundes Selbstbewusstsein haben, müssen uns aber auch vor falscher Selbstsicherheit in Acht nehmen. In den Beispielen, die Paulus aufgezählt hat, zeigt sich, wie verhängnisvoll diese sein kann. Johannes Chrysostomus sagt:

„Wenn nämlich jene, die so große Wohltaten genossen, solches leiden mussten, wenn andere, bloß weil sie gemurrt haben, und wieder andere, weil sie Gott versucht haben, so hart gestraft wurden, und wenn jenes Volk nach so großen Dingen Gott nicht fürchtete, so wird uns dieses Schicksal, wenn wir nicht vorsichtig wandeln, umso mehr treffen. Paulus sagt treffend: „Wer zu stehen meint“, denn ein solches Stehen ist nicht das rechte, sondern es ist ein Vertrauen auf die eigene Kraft und wer so steht, wird bald fallen.“

Johannes Chrysostomus sieht die Menschen aber in einer ganz anderen Situation. Vielen sind gefallen und liegen am Boden, auch in der Kirche. Viele mögen zwar nach außen hin kraftvoll wirken, „könnte man aber die Seelen nackt schauen, wie man in einem Heer nach der Schlacht die einen tot, die andern schwer verwundet erblickt, so würde man dasselbe auch hier in der Kirche erblicken.“ Er ruft daher dazu auf, einander die Hand zu reichen und einander zu helfen, aufzustehen:

„Darum ermahne ich nicht nur dazu, dass wir uns vor dem Fall hüten, sondern den Gefallenen rufe ich zu, dass sie aufzustehen vermögen. Lasst uns also, Geliebte, wiewohl spät, erheben! Lasst uns aufstehen und tapfer dastehen! Wie lange wollen wir liegen bleiben? Wie lange wollen wir berauscht und von irdischen Begierden betäubt so fortleben? Ich bitte und ermahne: reichen wir einander die Hand und stehen wir auf!“

Haben wir den Mut, ehrlich zu unseren Fehlern zu stehen und unsere Sünden zu bekennen. Haben wir die Demut, um Verzeihung und Hilfe zu bitten. Greifen wir nach der Hand, die uns entgegengestreckt ist, um uns aufzuhelfen. Der Heilige Johannes Chrysostomus sagt:

„Auch ich gehöre zu den Verwundeten, die des heilenden Arztes bedürfen, aber darum sollt ihr den Mut nicht verlieren; denn sind die Wunden auch schwer, so sind sie doch heilbar. Wir haben nämlich einen Arzt, der uns, mag auch das Übel den äußersten Grad erreicht haben, viele Wege zur Besserung zeigt.“

Christus ist unser Arzt, er kann uns Heilung verschaffen. Er zeigt uns verschiedene Therapien, wie wir Heilung erlangen können. Wenn wir anderen verzeihen, so wird auch uns verziehen, durch Gebet und Almosen werden Sünden getilgt.

„Lasst uns also die Größe seiner Erbarmung erwägen und ihn versöhnen und vor ihm unsere Schuld bekennen, damit wir nicht beim Hinscheiden aus diesem Leben ohne Nachsicht der äußersten Strafe verfallen!“

Chrysostomus mahnt aber auch, nicht mit Gottes Barmherzigkeit zu spielen. Es muss uns ernst sein mit unserer Umkehr. Gerade auch das Geld birgt eine Versuchung, die uns immer wieder blind werden lässt:

„Wir vernachlässigen das Seelenheil aus Liebe zum Geld. Wie darfst du nun Gott bitten, dass er dich verschone, da du dich selbst nicht verschonst und das Geld der Seele vorziehst? Ich staune über den Zauber, der in dem Geld oder besser gesagt, in den Herzen der Verblendeten liegt. Doch gibt es auch sicherlich Menschen, welche dieses Blendwerk herzlich verlachen, denn was liegt wohl darin, das unsere Augen bezaubern könnte? Ist es nicht ein lebloses Wesen? Ist es nicht vergänglich? Ist sein Besitz nicht unsicher, verbunden mit Furcht und Gefahr, Mord und Nachstellungen, mit Feindschaft und Hass, mit Trägheit und allerlei Bosheit? Ist es nicht Staub und Asche? Welcher Wahnsinn! Welche Krankheit!“

Wir können dieser Versuchung dadurch begegnen, dass wir uns Gott viel größer und Herrlicher vorstellen als alle Pracht dieser Welt und alles, was wir uns mit Geld kaufen können. Machen wir uns die Wunder bewusst, die Gott an uns gewirkt hat. Wir sind neu durch seine Gnade. Lassen wir uns immer wieder erneuern, lassen wir Gott an uns wirken, dass wir durch seine Gnade wachsen zu wahrer Größe.

 

27.2. P. Johann Schwingshackl (1887-1945)

SchwingshacklJohann Schwingshackl wurde am 4. Mai 1887 in Welsberg/Südtirol geboren und wuchs in einer religiös geprägten Bergbauernfamilie auf. Acht der zwölf Kinder ergriffen geistliche Berufe. Als Zehnjähriger bat er den Vater, studieren gehen zu dürfen, doch dieser soll seinen Wunsch abgelehnt haben mit den Worten: „Aus dir wird doch nur ein Lump!“ Später sieht Schwingshackl darin das Eingreifen der göttlichen Vorsehung: „Ich glaube nämlich nicht, dass ich am Priesterberuf festgehalten hätte, wenn ich damals als Knabe die Studien begonnen hätte.“ So arbeitete er als Knecht auf dem Hof der Eltern, bis er endlich als 22-jähriger das Mittelschulstudium beginnen konnte.

Im Ersten Weltkrieg kämpfte er bei den Tiroler Kaiserjägern und gelangte nach seiner Verwundung vier Jahre in russische Kriegsgefangenschaft. Diese harte Zeit in sibirischen Lagern sollte seine Gesundheit ruinieren. Er lernte dort aber auch den Juden Aaron Eisen kennen, mit dem er viele religiöse Gespräche führte, was ihn im Umgang mit Andersgläubigen viel toleranter und einsichtsvoller machte. Er sagt später selbst: „Das war für mich ein großer Nutzen. Ich war zu eng.“

Nach seiner Heimkehr trat er Anfang 1919 in St. Andrä im Lavanttal bei den Jesuiten ein. Sein Vater war davon nicht begeistert: „Ausgerechnet bei den Jesuiten, die immer eine Zielscheibe der Verfolgung sind“, sagte er. Doch Johann entgegnete: „Gerade deshalb!“ Nach Studien in Innsbruck und Krakau und wurde er 1924 zum Priester geweiht. Um seine Lungenerkrankung auszukurieren, musste er längere Zeit zuhause verbringen, war dann zunächst am Canisianum in Innsbruck tätig, wurde 1931 Novizenmeister, 1933 nach seinem sehnlichsten Wunsch Volksmissionar, 1936 aber als Novizenmeister zu den Missionsschwestern von „Regina Apostolorum” in Straßhof in Niederösterreich versetzt.

Aus seinem Widerwillen dem Nazi-Regime gegenüber machte er von Anfang an keinen Hehl. „Kein Wort zu viel, aber auch keines zu wenig!“, lautete seine Devise. Er wollte angesichts der Zeitumstände „recht handeln – nie unklug, aber ja nie feige!“ Als er 1938 Kirchenrektor an St. Martin in Wien wurde, begann er mit seinen unerschrockenen Predigten gegenüber dem Nationalsozialismus. Aus Furcht vor den Übergriffen der Nazis versetzte ihn der Orden 1941 nach Bad Schallerbach bei Wels. Der Provinzial der Jesuiten ermahnte ihn „alle unangebrachte Kritik, auch die Kritik an weltlichen und kirchlichen Personen, auf der Kanzel und im Privatgespräch zu unterlassen“. Doch P. Schwingshackl konnte nicht schweigen. „Ich will kein stummer Hund gewesen sein in heutiger Zeit“, sagte er.

Im Februar 1944 wurde P. Schwingshackl verhaftet. Er sieht es als Ehre an, denn „man muss heute schon fast ein schlechtes Gewissen haben, wenn man bei diesem Regime noch nicht eingesperrt ist.“ Bei der Verhaftung fiel der Gestapo auch ein Brief an den Provinzial in die Hände, in dem P. Schwingshackl das Nazi-Regime scharf kritisiert. Dieser gab den Ausschlag dafür, dass der Volksgerichtshofpräsident Roland Freisler schließlich am 16. Dezember 1944 das Todesurteil wegen „Wehrkraftzersetzung“ verhängte. In seinem Abschiedsbrief schreibt er:

„Klar hat die Untersuchung, besonders aber die Art der Verurteilung gezeigt, dass ich nur für die Sache Christi sterbe… Den Priestersegen gebe ich Euch täglich, oft mit gefesselten Händen.“

Noch vor der Vollstreckung des Todesurteils starb P. Johann Schwingshackl in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1945 in seiner Gefängniszelle in München-Stadelheim. Johann Schwingshackl wurde zunächst auf dem Perlacher Friedhof in München bestattet, 1946 wurde er auf den Jesuiten-Friedhof in München-Pullach überführt. Seit dem 13. Juni 1985 befindet sich sein Grab in der Gruft der Jesuitenkirche in Innsbruck.

22.02. Papias von Hierapolis (um 60-um 135)

PapiasPapias war Bischof von Hierapolis in Phrygien, einer damals sehr bedeutenden Stadt, deren Ruinen heute im türkischen Landkreis Pamukkale zu finden sind. Irenäus nennt Papias „einen Hörer des Johannes, Freund des Polykarp und Mann aus alter Zeit“. Seine um 130 verfasste „Darstellung der Herrenworte” in fünf Büchern ist uns nicht erhalten. Eusebius von Caesarea, der um das Jahr 325 seine Kirchengeschichte schreibt, hatte das Werk offenbar noch vorliegen und geht im 39. Kapitel des dritten Buches ausführlich darauf ein.

Aus dem Zitat des Irenäus darf man nicht schließen, dass Papias ein direkter Schüler der Apostel war. Er hat deren Lehren von den Presbytern übernommen, wie in einem Zitat aus dem Werk des Papias bei Eusebius deutlich wird:

Nicht an denen, die viele Worte machen, sondern an denen, welche die Wahrheit lehren, hatte ich meine Freude. Ich folgte auch nicht denen, welche die fremden Gebote anführen, sondern denen, welche die vom Herrn dem Glauben gegebenen und aus dem Glauben entspringenden Gebote der Wahrheit lehren. Kam einer, der den Presbytern gefolgt war, dann erkundigte ich mich nach den Lehren der Presbyter und fragte: Was sagte Andreas, was Petrus, was Philippus, was Thomas oder Jakobus, was Johannes oder Matthäus oder irgendein anderer von den Jüngern des Herrn? Und was sagen Aristion und der Presbyter Johannes, die Jünger des Herrn?

Bereits Eusebius bemerkt, dass Papias hier zweimal einen Johannes erwähnt, einmal in Zusammenhang mit den Aposteln, einmal mit den Presbytern. Somit wird deutlich, dass in der frühen Kirche Kleinasiens neben dem Apostel Johannes auch ein Presbyter namens Johannes eine herausragende Stellung eingenommen hat. Von letzterem stammen wahrscheinlich die Johannesbriefe und die Offenbarung oder wurden zumindest in seinem Namen geschrieben.

Durch das Hören der Augenzeugen Jesu wird für Papias das Evangelium lebendig,

denn die aus Büchern geschöpften Berichte können für mich nicht denselben Wert haben wie die Worte frischer, noch lebender Stimmen.

Auch uns führen die wenigen Zeilen, die Eusebius uns aus dem Werk des Papias übermittelt, näher an die Zeit der frühen Kirche heran. Papias berichtet vom Apostel Philippus und Justus Barsabas, den wir aus der Apostelgeschichte (Apg 1,23) kennen. Philippus hatte zwei Töchter, die Papias in Hierapolis kennen gelernt hat und die ihm eine wunderbare Geschichte von einer Totenerweckung durch den Apostel berichteten. Von Justus Barsabas erwähnt Papias, dass er tödliches Gift getrunken habe, ohne dass es ihn geschadet hat. Eusebius schreibt weiter:

Papias bietet auf Grund mündlicher Überlieferung auch noch andere Erzählungen, nämlich unbekannte Gleichnisse und Lehren des Erlösers und außerdem noch einige sonderbare Berichte. Zu diesen gehört seine Behauptung, dass nach der Auferstehung der Toten tausend Jahre kommen werden, in denen das Reich Christi sichtbar auf Erden bestehen werde.

Eusebius kritisiert diese Anschauung über die tausendjährige Herrschaft Christi, jedoch finden wir diese Prophezeiung auch im 20. Kapitel der Offenbarung des Johannes, was wiederum die enge Verbindung von Johannes und Papias, von der Irenäus berichtet, bestätigt. Gerne würden wir mehr über das erfahren, was die beiden miteinander geredet haben. Das würde uns auch helfen, die Offenbarung des Johannes besser zu verstehen. Wenn man die Offenbarung liest, kann man daraus schließen, dass die Christen zur Zeit des Papias große Not und Bedrängnisse erfahren haben. Die Kirche hat sich nicht in einer ihr wohlgesonnenen Umgebung ausgebreitet. Sie hat auch nicht den Leuten nach dem Mund geredet und in das Horn des Zeitgeistes geblasen. Vielmehr war es die Standhaftigkeit zum Zeugnis des Glaubens in der Bedrängnis bis zum Tod, was die Christen attraktiv machte.

Nach einem Zitat bei Eusebius berichtet uns Papias über die Evangelisten Markus und Matthäus mit folgenden Worten:

Markus hat die Worte und Taten des Herrn, an die er sich als Dolmetscher des Petrus erinnerte, genau aufgeschrieben. Zwar hatte er nicht selbst den Herrn gehört und begleitet, wohl aber folgte er später dem Petrus, welcher seine Lehrvorträge nach den jeweiligen Bedürfnissen einrichtete, nicht aber so, dass er eine zusammenhängende Darstellung der Reden des Herrn gegeben hätte. Markus trug dafür Sorge, nichts von dem, was er gehört hatte, auszulassen. … Matthäus hat in hebräischer Sprache die Reden zusammengestellt, ein jeder aber übersetzte dieselben so gut er konnte.

Über das Leben des Papias haben wir keine Berichte. Späteren Legenden zu Folge soll er als Märtyrer gestorben sein.

 

2. Fastensonntag – Gemeinschaft mit dem Herrn

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Ahmt auch ihr mich nach, Brüder, und achtet auf jene, die nach dem Vorbild leben, das ihr an uns habt. Denn viele – von denen ich oft zu euch gesprochen habe, doch jetzt unter Tränen spreche – leben als Feinde des Kreuzes Christi. Ihr Ende ist das Verderben, ihr Gott der Bauch; ihr Ruhm besteht in ihrer Schande; Irdisches haben sie im Sinn.

Unsere Heimat aber ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann.

Darum, meine geliebten Brüder, nach denen ich mich sehne, meine Freude und mein Ehrenkranz, steht fest in der Gemeinschaft mit dem Herrn, liebe Brüder. (Phil 3,17-4,1)

 Es ist ein inniges Anliegen, das Paulus hier am Herzen liegt und sichtlich schmerzt. Er erinnert sich an viele, die ihm wohl seit der Zeit seiner Missionstätigkeit sehr vertraut waren. Jetzt aber gehen sie andere Wege. Sie halten sich nicht an das Evangelium, das Paulus in seinen Gemeinden verkündet hat. Was sie genau zu Feinden des Kreuzes Christi gemacht hat, erwähnt Paulus nicht. Vielleicht haben sie ihre Position in der Gemeinde zu ihrem eigenen Vorteil ausgenutzt, haben es dann mit dem Glauben nicht mehr so ernst genommen und sich eine eigene Religion zusammen gebastelt, die dem nicht mehr entsprach, was Paulus über Jesus Christus verkündet hat.

Umso mehr ermahnt Paulus diejenigen, die ihm und seinem Evangelium bisher treu geblieben sind, das auch weiterhin zu bleiben. Wer seinem Beispiel folgt, geht sicher auf dem Weg des Heiles und soll sich von anderen vermeintlichen Heilsbringern nicht verunsichern lassen.

Unsere Heimat ist im Himmel. Jesus Christus, der für und gestorben und auferstanden ist, ist Garant für unser Heil. In ihm ist Gott uns nahe gekommen und bleibt uns nahe. In ihm hat Gott uns die Gemeinschaft mit sich angeboten.

Paulus weist darauf hin, dass der Leib vergänglich ist. Christus wird unseren Leib verwandeln. Er meint damit sicher nicht, dass wir unseren Leib vernachlässigen sollen, aber wir sollen ihn auch nicht vergöttern. Der Leib ist das irdische Zuhause unserer Seele und sie soll es dort gut haben, im Himmel aber bekommt sie eine neue Wohnung von Gott geschenkt.

Daher lohnt es nicht, nach Irdischem zu streben. Es ist vergänglich und Christus wird es sich letztlich unterwerfen. Als Christen sind wir schon zu Bürgern des himmlischen Reiches geworden. Auch wenn wir jetzt noch in der Fremde leben, ist Christus uns dennoch nahe.

Weil aber unsere wahre Heimat noch verborgen ist, lassen sich viele beirren. Noch dazu, wenn es so viele Irrlehrer gibt. Was ist richtig, was ist wahr? Wie kann ich bei all dem den richtigen Weg finden?

Das Richtige ist nicht immer das, was sich gut anhört und selbst auch nicht immer das, was sich gut anfühlt. Es gilt auch einige Entbehrungen auf sich zu nehmen und Durststrecken zu durchschreiten, um zum Ziel zu gelangen. Aber doch ist der Weg nicht so schwer, dass das Ziel unerreichbar wäre.

Es ist gut, Vorbilder im Glauben zu haben, wie Paulus ein Vorbild für seine Gemeinden war. Wir brauchen solche Vorbilder. Das sind Menschen die mehr gesehen haben von Gottes Größe, wie die drei Apostel am Berg Tabor oder Paulus bei seiner Berufung vor Damaskus, als ihm der Herr begegnet ist. Solche Menschen können uns den Weg weisen, uneigennützig, und mit einer tiefen Sehnsucht im Herzen, dass alle das Heil erlangen.

 

17.2. Heiliger Evermod (um 1100-1178)

EvermodDer romanische Dom ist noch heute das Wahrzeichen der südlich von Lübeck idyllisch auf einer Insel im gleichnamigen See gelegenen Kleinstadt Ratzeburg. Die “Racesburg” wird erstmals erwähnt in einer in Worms ausgestellten Urkunde aus dem Jahre 1062. Heinrich IV schenkte diese Festung dem Billungerherzog Otto von Sachsen. Der Name “Racesburg” geht vermutlich zurück auf den slawischen Fürsten Ratibor, der Ratse genannt wurde und in einer Ringburg residierte.

Die Entwicklung der Ansiedlung geht einher mit der Christianisierung des Gebietes, bereits um das Jahr 1044 wurde Ansverus, ein Mönch aus dem Kloster Harsefeld bei Stade, vom christlichen Obotritenfürst Gottschalk in dieses Gebiet berufen. Ein Kloster auf dem St. Georgsberg wurde begründet. Im Jahr 1060 wurde das Bistum Ratzeburg von Erzbischof Adalbert von Bremen errichtet. Doch schon nach kurzer Zeit, im Jahr 1066, wurde bei einem Slawenaufstand alles Christliche in und um Ratzeburg vernichtet, das Kloster St. Georgsberg wurde zerstört, der Abt Ansverus und 18 seiner Gefährten gesteinigt.

Als im Jahr 1093 der endgültige Sieg über die Ostseeslawen errungen wurde, konnte das Kloster St. Georgsberg zusammen mit der Kirche wieder aufgebaut werden, um das Jahr 1142 wurde Ansverus heiliggesprochen. Im Jahr 1154 errichtete Heinrich der Löwe das Bistum Ratzeburg neu. Es umfasste den Westen Mecklenburgs und das Herzogtum Lauenburg und bestand bis zur Reformation. Um 1165 wurde von Heinrich dem Löwen der Bau des Domes begonnenen, der im Jahr 1220 vollende wurde. Bereits 1172 wurden die Gebeine des hl. Ansverus in einer feierlichen Prozession in den Dom überführt.

Der hl. Evermod war der erste Bischof des neu errichten Bistums Ratzeburg. Evermod wurde um das Jahr 1100 in Belgien geboren. 1120 schloss er sich Norbert von Xanten an und trat in den von diesem gegründeten Orden der Prämonstratenser ein. Er wurde einer der treuesten Schüler des heiligen Norbert und begleitete ihn auf vielen seiner Reisen. Bald übernahm er wichtige Funktionen in den Neugründungen des Ordens, zunächst 1131 im Kloster Gottesgnaden, das Norbert auf einer Insel in der Saale nahe Calbe, südlich von Magdeburg gegründet hatte. Evermod selbst gründete vier Klöster in Havelberg, Jerichow, Quedlinburg und Pöhlde.

Im Jahr 1154 wurde Evermod Bischof von Ratzeburg. Zusammen mit ihm kamen mehrere Prämonstratenser in das neu errichtete Bistum. Mit großem missionarischem Eifer ging er daran, den christlichen Glauben unter den neu bekehrten Slawen zu festigen. In der Umgebung wirkte er beim Wendenstamm der Polaben als Glaubensbote, weshalb er auch “Apostel der Wenden” genannt wird. In einer Chronik heißt es:

„Der eifrige Oberhirte bot alle Kräfte auf, um die Laster, welche zufolge der Einfälle und Plünderungen der Slaven eingerissen waren, zu vertilgen; es erhoben sich in seinem Sprengel eine Menge Kirchen, wodurch die Gottesfurcht und Religion bedeutenden Vorschub gewann.“

In seine Amtszeit fällt auch die Errichtung des Domes, womit Evermod zugleich den Grundstein für die spätere Stadt legte. Es werden viele Wunder des heiligen Bischofs berichtet. Evermod starb am 17. Februar 1178. Seine Gebeine befinden sich im Dom zu Ratzeburg.

Auch die beiden Nachfolger Evermods werden als Heilige verehrt. Der heilige Isfried, Beichtvater Heinrichs des Löwen, wurde 1180 Bischof von Ratzeburg. Er war wie Evermod Prämonstratenser und hatte zuvor den Bau des Klosters Jerichow vorangetrieben. Nun trug er maßbeglich zur Vollendung des Ratzeburger Domes bei. Der hl. Ludolf, ebenfalls Prämonstratenser, kam etwa 1230 als Diakon nach Ratzeburg und wurde 1236 zum Bischof gewählt. Aufgrund von Streitigkeiten mit Herzog Albrecht von Sachsen musste er um 1247 fliehen und starb 1250 in Wismar.

1. Fastensonntag – Dank

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Dankbarkeit, über die Früchte des Landes, das ist es, was Mose das Volk lehrt. Die Israeliten sollen immer im Gedächtnis behalten, woher sie kommen. Ihr Urvater Abraham kam als Fremder in das gelobte Land, die Stammväter zogen mit ihren noch kleinen Familien nach Ägypten, dort wurden sie zu einem großen Volk, das Gott aus Ägypten herausgeführt hat.

Nun lebt Israel im gelobten Land, in dem Land, in dem Milch und Honig fließen. Gott hat es dem Volk geschenkt. Gott schenkt immer neu die Ernte des Landes. Das sollen die Israeliten nicht vergessen und Gott ihr Dankopfer bringen.

Auch uns schenkt Gott das, was wir zum Leben brauchen. Sicher ist es auch die Frucht menschlicher Anstrengung. Aber dass der Boden fruchtbar und das Klima günstig ist, das ist auch ein Geschenk.

Dankbar sein für das, was wir zum Essen haben, dankbar den Menschen gegenüber, die dafür gearbeitet haben (und für diese Arbeit oft nur einen Hungerlohn bekommen), dankbar Gott gegenüber, der uns diese Erde geschenkt hat.

Guter Gott,

gib uns ein hörendes Herz,

damit wir von deiner Schöpfung

nicht mehr nehmen, als wir geben,

damit wir nicht willkürlich zerstören,

um unserer Habgier willen.

Damit wir uns nicht weigern,

ihre Schönheit mit unseren Händen zu erneuern,

damit wir nichts von der Erde nehmen,

was wir nicht wirklich brauchen.

Lass uns stets dankbar sein

für alles, was du uns schenkst.

1. Fastensonntag – Rettung

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Ist Rettung wirklich so einfach? Oder ist das, was Paulus hier sagt, doch schwerer umzusetzen, als es auf den ersten Blick scheint?

Habe ich den Mut, mich zu Jesus Christus zu bekennen? Vor anderen, in der Öffentlichkeit, nicht nur unter Gleichgesinnten, sondern auch da, wo Kritik an diesem Bekenntnis geübt werden könnte? Manchmal hindert uns falsche Rücksichtnahme an diesem Bekenntnis, öfter aber die Angst, uns bloßzustellen.

„Jesus ist der Herr“ – der Herr meines Lebens, der Herr der ganzen Welt. Kann ich das aus vollem Brustton der Überzeugung sagen? Oder nur kleinlaut, mit einem großen Aber? Jesus ist der Herr, aber man muss ja auf die anderen Rücksicht nehmen, die nicht daran glauben. Jesus ist der Herr, aber wer bin ich, dass ich das behaupten darf. Die Kirche sagt, Jesus sei der Herr, aber ich will keinen Gott, der Herr ist …

Merken wir, wie sich in uns Zweifel über dieses Bekenntnis breit machen? Will ich fest zu diesem Bekenntnis stehen? Was hindert mich daran?

Glaube ich mit ganzem Herzen an die Auferstehung Jesu? Bin ich mir unerschütterlich sicher, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat? Was bedeutet für mich der Satz „Jesus lebt!“ ?

Jesus ist Herr und Jesus lebt. Er ist mächtig und hier und jetzt in unserer Mitte. Er ist da, um mich zu retten, um alle Menschen zu retten, um unser Leben in seiner Hand zu tragen. Wenn um uns die Welt aus den Fugen gerät, wenn wir täglich von Unheil hören und wir uns selbst bedrängt fühlen, Jesus ist da. An ihn können wir uns halten.

Rettung ist so einfach und für alle erreichbar. Warum machen wir es uns selbst oft so schwer?

 

Für die Menschen

Die Leute sind unvernünftig, unlogisch und selbstbezogen,

liebe sie trotzdem.

Wenn du Gutes tust, werden sie dir egoistische Motive und Hintergedanken vorwerden,

tue trotzdem Gutes.

Wenn du erfolgreich bist, gewinnst du falsche Freunde und echte Feinde,

sei trotzdem erfolgreich.

Das Gute, das du tust, wird morgen vergessen sein,

tue trotzdem Gutes.

Ehrlichkeit und Offenheit machen dich verwundbar,

sei trotzdem ehrlich und offen.

Was du in jahrelanger Arbeit aufgebaut hast, kann über Nacht zerstört werden,

baue trotzdem.

Deine Hilfe wird wirklich gebraucht, aber die Leute greifen dich vielleicht an, wenn du ihnen hilfst,

hilf ihnen trotzdem.

Gib der Welt dein Bestes, und sie schlagen dir die Zähne aus,

gib der Welt trotzdem dein Bestes.

Mutter Teresa

Aschermittwoch

05A_Heil

Im dritten Teil des Jesajabuches, das die Kapitel 56 bis 66 umfasst, sind unter dem Namen des Propheten Jesaja Sprüche verschiedener Propheten aus der Zeit nach dem Babylonischen Exil gesammelt. Das Volk Israel lebt wieder im gelobten Land. Gott hat sich nach der Katastrophe der Eroberung Jerusalems seinem Volk wieder zugewandt, wie es Jesaja verheißen hat. Nun ist es die Aufgabe der Propheten, das Volk zu einem Leben gemäß dem Willen Gottes aufzurufen, damit sich Gottes Heilswirken vollenden kann.

Für uns ist die Österliche Bußzeit immer wieder eine solche Zeit, in der wir uns an Gottes Willen ausrichten, neu orientieren, wieder auf den Kompass unseres Lebens schauen und eine nötige Kurskorrektur vornehmen können. Habe ich seit der letzten Fastenzeit mehr zu Gott gefunden? Wie bin ich seither meinen Mitmenschen begegnet? Bin ich selbst noch in meiner Mitte, lebe ich ehrlich und authentisch?

Das Kapitel 58 des Jesajabuches kann uns bei einer solchen Orientierung helfen:

So spricht Gott, der Herr: Rufe aus voller Kehle, halte dich nicht zurück! Lass deine Stimme ertönen wie eine Posaune! Halt meinem Volk seine Vergehen vor und dem Haus Jakob seine Sünden! Sie suchen mich Tag für Tag; denn sie wollen meine Wege erkennen. Wie ein Volk, das Gerechtigkeit übt und das vom Recht seines Gottes nicht ablässt, so fordern sie von mir ein gerechtes Urteil und möchten, dass Gott ihnen nah ist. Warum fasten wir, und du siehst es nicht? Warum tun wir Buße, und du merkst es nicht? Seht, an euren Fasttagen macht ihr Geschäfte und treibt alle eure Arbeiter zur Arbeit an.

Obwohl ihr fastet, gibt es Streit und Zank, und ihr schlagt zu mit roher Gewalt. So wie ihr jetzt fastet, verschafft ihr eurer Stimme droben kein Gehör. Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, an dem man sich der Buße unterzieht: wenn man den Kopf hängen lässt, so wie eine Binse sich neigt, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt? Nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem Herrn gefällt?

Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.

Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach. Wenn du dann rufst, wird der Herr dir Antwort geben, und wenn du um Hilfe schreist, wird er sagen: Hier bin ich. (Jes 58,1-9a)

Am Aschermittwoch beginnen wir mit der Auflegung des Aschenkreuzes die Fastenzeit, die Österliche Bußzeit. Die Asche will uns hin weisen auf die Vergänglichkeit unseres Lebens. Die Kirche will uns deutlich machen, dass es nicht egal ist, wie wir die Jahre unseres Lebens verbringen. Das Fasten ist ein Mittel, um uns in die Haltung der Besinnung und Umkehrbereitschaft zu versetzen. Der Prophet Jesaja wirft den Menschen vor, dass sie nicht in rechter Weise fasten. Was machen sie falsch? Wie können wir in rechter Weise Fasten?

Mit dem Wort Fasten verbinden wir zunächst den materiellen Verzicht. Viele nehmen sich vor, in der Fastenzeit auf gutes Essen, Naschereien, Alkohol und dergleichen zu verzichten. Das ist gut so, denn wir brauchen für das Fasten einen äußeren Rahmen, wenn es etwas Besonderes sein soll. Dazu sind die Zeiteinteilung der Kirche und der persönliche Vorsatz wichtig. Dass dies allein aber noch nicht genügt, ist meines Erachtens die Aussage des Propheten Jesaja. Es genügt nicht, ein rein äußerliches Fastenpensum zu erfüllen, um zu meinen, man sei ein besonders frommer Mensch.

Wenn wir vom Fasten reden, müssen wir auch vom Essen reden. Hunger ist ein erzwungener Verzicht auf Nahrung. Fasten hingegen ist ein bewusster Verzicht, der einem höheren Zweck dient. Dieser ist meist entweder gesundheitlicher oder spiritueller Natur. In einer ganzheitlichen Sicht des Menschen sind diese beiden Pole nicht getrennt zu betrachten. Zwar gab es immer wieder Asketen, auch Heilige, die durch das Fasten ihre Gesundheit ruiniert haben, aber das muss nicht Vorbild unseres Fastens sein.

Wir leben in einer Gesellschaft der Verschwendung. Alles gibt es praktisch immer und überall. Aber zu welchem Preis? Unsere Lebensmittel werden immer synthetischer. Eine Vielfalt an unterschiedlichen Obst- und Gemüsesorten wird billigen Einheitsprodukten geopfert. Der größte Teil unseres Fleisches kommt vom Einheitsvieh der Tierfabriken.

Auch wenn die globale Entwicklung durch den Einzelnen nicht zu stoppen ist, gibt es doch viele Möglichkeiten der Einflussnahme. Wenn ich bewusst einkaufe und bereit bin, etwas mehr zu zahlen, bekomme ich Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft. Es ist nicht viel aufwändiger, gesund zu kochen, anstatt auf Industrieprodukte zurückzugreifen.

Fasten ist ein bewusster Umgang mit Nahrung, aber auch anderen Konsumgütern oder Medien. In einer Welt, in der uns alles in Fülle zur Verfügung steht, müssen wir lernen, dies alles in rechter Weise zu gebrauchen. Vor allem kommt es darauf an, der Verschwendung entgegen zu steuern, dort nicht mitzumachen, wo billiger Konsum offensichtlich auf Kosten anderer geht.

In unserer Gesellschaft greift immer mehr die Haltung um sich, sich einfach zu bedienen. Warum soll ich verzichten, wenn sich dann ein anderer das nimmt, worauf ich verzichtet habe? Dann lange ich doch besser gleich mit beiden Händen zu, bevor ich als einziger mit leeren Händen dastehe. Unsere Gesellschaft ist auf den Konsum aufgebaut. Unsere Wirtschaft funktioniert nur, wenn wir das mühsam erworbene Geld wieder ausgeben. Versuchen wir, gegen diesen Strom des Konsumismus zu schwimmen.

Ich will mich in dieser Fastenzeit bewusst ernähren. Weniger ist mehr. Ich esse bewusst weniger Fleisch und mehr Gemüse und achte bei meinen Einkäufen darauf, welche Produkte in den Einkaufskorb kommen.

Fasten ist immer auch geben. Ich gebe etwas von meinem Überfluss, vielleicht sogar einen empfindlichen Teil davon, für andere. Doch zugegeben, es ist nicht leicht, heute großherzig den Mitmenschen gegenüber zu leben. Uns geht es gut, aber die globale Not ist groß. Was kann ich tun? An jeder Ecke steht ein Bettler – gehört er zu einer kriminellen Bande oder ist er wirklich bedürftig? Zigtausende Flüchtlinge strömen in unser Land. Eine Bedrohung für unsere Gesellschaft oder eine Herausforderung, unsere Großherzigkeit zu zeigen?

Jeder Reichtum geht auf Kosten anderer. Unser Wohlstand ist nur durch die Armut in anderen Ländern möglich. Oft sind es Großkonzerne und korrupte Politiker, die Geld in die eigene Tasche stecken und eine gerechte Verteilung verhindern. Was kann ich da tun?

Ich kann versuchen, differenziert zu denken, mir umfassende Informationen holen. Ich kann versuchen, Hintergründe zu verstehen, anstatt mich mit billigen Parolen zufrieden zu geben. Unser freies Denken ist heute wieder mehr und mehr bedroht. Das liegt aber auch daran, dass sich immer weniger Menschen die Mühe machen, wirklich nachzudenken. Seien wir kritisch, mit dem, was uns von allen Seiten entgegenschallt. Hören wir auf die leisen Töne, die leicht überhört werden. Haben wir den Mut, uns einzusetzen und unsere Stimme zu erheben, dort wo es nötig ist.