Die Versuchung Jesu

Jesus wird zu Beginn seines öffentlichen Wirkens vor die Wahl gestellt, ob er ein sensationeller Wunderprediger sein will, dem die Menschen in Scharen nachlaufen und der sich selbst in den Mittelpunkt stellt, oder ob er sich zum Diener Gottes und der Menschen machen möchte, der dem Willen Gottes gehorsam ist bis in den Tod.

Exemplarisch wird das Wesen der Versuchung an drei Beispielen dargestellt. Durch die Verwandlung von Steinen zu Brot soll Jesus dazu versucht werden, ein Wunder allein zu seinen Gunsten zu wirken, ein Wunder das allein die menschliche Gier befriedigt, aber nicht zu einer Begegnung mit Gott führt. Alles Tun Jesu ist aber darauf hin gerichtet, den Willen des Vaters zu erfüllen. Davon lebt er, nicht vom Brot allein.

Wenn sich Jesus vor aller Augen von der Zinne des Tempels stürzen würde und heil am Boden ankäme, würden ihn alle bewundern. Aber er würde zugleich den Vater herausfordern und auf die Probe stellen. Jesus zeigt seine Göttlichkeit nicht durch sensationelle Taten, vielmehr folgt der Erweis seiner Göttlichkeit nach seiner größten Erniedrigung am Kreuz in der Auferweckung durch den Vater.

Bestand die erste Versuchung im Missbrauch der Gabe Gottes zum Eigennutz, die zweite in der Versuchung Gottes, so ist das Wesen der dritten Versuchung die explizite Gotteslästerung. Der Satan verlangt, dass Jesus sich vor ihm niederwirft und ihn anbetet. Dafür verspricht er ihm die Macht über alle Reiche der Welt. Doch welchen Preis hat diese Macht. Jesus wird über die ganze Erde herrschen, aber nicht nach dem Sinn Satans, sondern nach Gottes Willen. Die Herrschaft des Satans bringt der Welt das Verderben, die Herrschaft Jesu Christi aber bringt der Welt das Heil.

Fastenzeit – eine Zeit, um Gottes Liebe neu zu entdecken

Gott ist barmherzig. Er weist keinen ab, der sich ihm zuwendet. Er ruft die Sünder und all jene, die von den Menschen ausgestoßen und gemieden werden, in seine Gemeinschaft. Das macht Jesus deutlich, wenn er zusammen mit Zöllnern und Sündern zu Tisch sitzt. Den Pharisäern, die sich darüber empören, antwortet er:

Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten. (Mt 9,12-13)

Jesus zitiert hier den Propheten Hosea (Hos 6,6). Wie Jesus, so hält auch der Prophet Hosea dem Volk und dessen Führern den Spiegel vor Augen. Sie gehen ihre eigenen Wege und haben ihren Gott vergessen, sie leben nach ihrem eigenen Sinn und nicht nach dem Willen Gottes. Ihr Weg führt ins Verderben, in ihrer Not aber denken die Menschen an Gott und wenden sich ihm wieder zu. Sie erinnern sich an seine Barmherzigkeit und seine Gegenwart in seinem Volk, die Gott so zuverlässig erweist, wie er jeden Morgen die Sonne aufgehen lässt und Regen schenkt, der die Erde tränkt.

Kommt, wir kehren zum Herrn zurück! Denn er hat (Wunden) gerissen, er wird uns auch heilen; er hat verwundet, er wird auch verbinden. Nach zwei Tagen gibt er uns das Leben zurück, am dritten Tag richtet er uns wieder auf und wir leben vor seinem Angesicht. … Er kommt so sicher wie das Morgenrot; er kommt zu uns wie der Regen, wie der Frühjahrsregen, der die Erde tränkt. (Hos 6,1-3)

Aber ist das die Liebe, die Gott erwartet? Kehren sie wirklich von ganzem Herzen zu ihm um?  In den Worten des Propheten Hosea heißt es weiter:

Eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der bald vergeht. … Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer. (Hos 6,4-6)

Kraftvolles Morgenrot und ergiebiger Frühjahrsregen stehen für die beständige Treue, die Gott schenkt und bilden einen starken Kontrast zu der flüchtigen Liebe, die Menschen Gott erweisen. Eine Wolke am Morgen ist in einem Land wie Israel kein Zeichen für den lange ersehnten Regen in der Hitze des Sommers. Die Wolke am Morgen ist sogleich verschwunden, wenn die Sonne am Himmel emporsteigt, ebenso wie der Tau, der sich über Nacht auf die Pflanzen gelegt hat. Ein kleiner Anflug von Liebe zu Gott, der bei der ersten Verlockung durch die Welt wieder verfliegt, das nützt nichts. Wer nicht an die Macht der Liebe Gottes glaubt und ihr ungeteilt folgt, hat keinen Bestand vor Gott. Diese Liebe kann durch nichts ersetzt werden, nicht durch Opfer und sonstige fromme Übungen. Wo die Liebe fehlt, wird alles wertlos, die Liebe aber lässt jedes noch so kleine Werk und Opfer vor Gott glänzen.

Gottes Liebe hat die Kraft, sein Volk zu retten, sie hat die Kraft, einen Sünder, selbst einen, der seinen Gott und sein Volk verraten hat, wieder als vollgültigen Mitbürger des Reiches Gottes einzusetzen. Die Wege Gottes sind unergründlich. Wir können ihnen nur folgen, wenn wir immer wieder neu bereit sind, uns von der Größe der Liebe Gottes überraschen zu lassen. Wer dieser Liebe folgen will, muss bereit sein, das aufzugeben, was dieser Liebe entgegensteht und sich immer neu von Gottes Liebe und Barmherzigkeit beschenken zu lassen.

Herr, hilf mir immer wieder dabei, umzukehren und lass mich nie an der Macht deiner Liebe zweifeln.

Aschermittwoch

Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.

oder

Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium.

Diese Worte begleiten die Auflegung des Aschenkreuzes am Aschermittwoch. Der erste Satz erinnert an den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies (vgl. Gen 3,19). Er soll uns die Vergänglichkeit unseres Lebens vor Augen führen und zugleich eine Mahnung sein, unsere Lebenszeit nicht sinnlos zu vergeuden.

Der zweite Satz ist der Ruf zur Umkehr, den der Evangelist Markus an den Beginn des Wirkens Jesu stellt (Mk 1,15). Die Fastenzeit ist die Zeit im Jahr, in der wir uns besonders dieser Notwendigkeit der Umkehr bewusst werden sollen. Darüber schreibt der hl. Benedikt in seiner Mönchsregel, doch das, was er sagt, können sich alle Gläubigen zu Herzen nehmen:

Der Mönch soll zwar immer ein Leben führen wie in der Fastenzeit. Dazu aber haben nur wenige die Kraft. Deshalb raten wir, dass wir wenigstens in diesen Tagen der Fastenzeit in aller Lauterkeit auf unser Leben achten und gemeinsam in diesen heiligen Tagen die früheren Nachlässigkeiten tilgen. Das geschieht dann in rechter Weise, wenn wir uns von allen Fehlern hüten und uns um das Gebet unter Tränen, um die Lesung, die Reue des Herzens und um Verzicht mühen. Gehen wir also in diesen Tagen über die gewohnte Pflicht unseres Dienstes hinaus durch besonderes Gebet und durch Verzicht beim Essen und Trinken.

Die Asche des Aschermittwochs stammt von den verbrannten Palmzweigen des vergangenen Jahres. Bereits im Alten Testament ist das Bestreuen des Hauptes mit Asche ein Zeichen der Buße. Der Schmutz der Asche ist ein äußeres Zeichen für den Schmutz, den der Mensch durch die Sünde auf sich geladen hat.

Indem der Mensch bereit ist, öffentlich das Zeichen seiner Schuld zu tragen, zeigt er zugleich seine Bereitschaft, sein Leben zu ändern. Die Einsicht, etwas falsch gemacht zu haben und das Bekenntnis zu den eigenen Fehlern ist der erste Schritt zur Vergebung.

Das Nachdenken über unsere Fehler und Sünden soll uns aber nicht einschüchtern und mutlos machen. Vielmehr vertrauen wir darauf, dass Gott immer wieder bereit ist, uns zu vergeben, wenn wir ihm unsere Sünden bekennen. Und auch mit unseren Mitmenschen können wir zu neuer Gemeinschaft finden, wenn wir den Mut haben, zu unseren Fehlern zu stehen, andere um Verzeihung zu bitten und das, was wir durch unsere Fehler angerichtet haben, soweit es uns möglich ist wieder gut zu machen.

Ja, es ist gut, uns daran zu erinnern, dass wir Sünder sind. Nehmen wir die Einladung an, unsere Vergehen aufrichtig zu bedauern und möglichst wiedergutzumachen. Fragen wir uns, wie wir unseren Lebensstil ändern müssen, damit er mehr dem Evangelium entspricht. (Basil Hume)

Der Mut und die Bereitschaft, zu unseren Fehlern zu stehen, führen uns mit Gottes Hilfe zu neuer Stärke und zu einem bewussten und erfüllten Leben.