Heiliger Abend

Gott auf Erden, Gott unter Menschen, nicht im Feuer und unter Posaunenschall, nicht auf rauchendem Berg oder bei Dunkel und bei herzerschütterndem und ohrenbetäubendem Sturmwind Gesetze gebend, sondern in leiblicher Erscheinung sanft und gütig mit Seinesgleichen verkehrend.

Gott im Fleische, nicht aus weiten Entfernungen wirksam wie in den Propheten, sondern vereint mit einer der Menschheit wesensgleichen Natur, um so durch sein mit uns verwandtes Fleisch die ganze Menschheit zu sich zurückzuführen. (Basilius der Große)

Gott mitten unter uns. An Weihnachten offenbart uns Gott seine Nähe und seine Liebe. Er will bei uns sein, mitten unter uns sein. Das ist die Weihnachtsbotschaft heute und für das ganze Jahr. Wir sind nicht allein in der Welt, nicht verloren im Universum. Überall ist Gottes Nähe erfahrbar. Er bleibt bei uns alle Tage. Nicht im Donnerschall, nicht im gebietenden Gesetz, sondern still und verborgen als das Kind von Betlehem.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie Gotts Liebe und Nähe immer tiefer erfahren. Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!

O-Antiphon Gott mit uns / Immanuel

O Immanuel, unser König und Lehrer, du Hoffnung und Heiland der Völker: o komm, eile und schaffe uns Hilfe, du unser Herr und unser Gott.

Der Name Immanuel geht zurück auf eine Verheißung des Propheten Jesaja. Dort heißt es, dass Gott dem zweifelnden Volk folgendes Zeichen geben wird:

Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären, und sie wird ihm den Namen Immanuel geben. (Jes 7,14)

Der Evangelist Matthäus sieht diese Verheißung in der Geburt Jesu Christi erfüllt:

Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. (Mt 1,22-23)

Aber, so wird immer wieder gefragt, warum heißt Gottes Sohn dann Jesus und nicht Immanuel? Weil der Name, den Jesaja verheißt, nicht als Eigenname zu verstehen ist, sondern vielmehr die tiefste Eigenschaft des Gottessohnes beschreibt. Gott wird durch dieses besondere Kind seine Gegenwart unter den Menschen auf unüberbietbare Weise offenbaren.

Matthäus und die anderen Evangelisten zeigen uns, wie Jesus sich als der Gott-mit-uns erweist. Jesus nimmt sich der Menschen an, er sieht ihre Nöte und schenkt Heil und Heilung, Vergebung der Sünden und Heilung der Krankheiten. Er lehrt den Weg zum Leben, nimmt die Sünden der Menschen auf sich und trägt sie an das Holz des Kreuzes. Seine Auferstehung schenkt den Vielen das Leben. Als der Auferstandene ist Jesus der wahre Immanuel, der nun durch alle Zeiten und an allen Orten bei den Menschen ist, wie Jesus selbst in den letzten Worten des Matthäusevangeliums sagt:

Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20)

Für uns mag die Geburt Jesu als Sohn Gottes eine Selbstverständlichkeit geworden sein, zu selbstverständlich. Die Konzentration auf das Wesentliche des Weihnachtsfestes geht unter im allgemeinen Geschenke-Kauf-Marathon und anderen Vorbereitungen für dieses Fest. Doch weil das Wesentliche verlorengeht, erzeugen wir mit all unserer Geschäftigkeit nichts als Leere und wir wundern uns, warum das Fest dann nicht so schön wird, wie es uns all die Werbespots und Reklamebilder versprochen haben.

Halten wir heute noch einmal kurz inne, lassen wir uns die Worte des Propheten zu Herzen gehen. Mit der letzten O-Antiphon sind wir einen Tag vor Heiligabend schon ganz nahe an das Weihnachtsgeschehen herangerückt. Wir stehen kurz davor, dass sich der Kreis zwischen der prophetischen Verheißung und ihrer Erfüllung schließt. Wir haben unseren Blick auf das Wesentliche des Weihnachtsfestes gerichtet: Gott will mitten unter uns gegenwärtig sein. Gott ist mit uns. Diese Verheißung kann im Leben jedes einzelnen Menschen ihre Erfüllung finden. Gott steht an der Tür und wartet darauf, dass auch du ihn in dein Leben lässt.

Mit dem sehnsuchtsvollen Ruf, der diese Antiphon abschließt, bitten wir eindringlich darum, dass die Gegenwart Gottes unter den Menschen auch heute erfahrbar werde, in einer Welt, die von so vielen Konflikten und Ungerechtigkeiten erschüttert wird, im Leben der Menschen, die entwurzelt sind und keine Heimat haben, aber auch im Leben derer, die sorglos in ihrer Wohlstandswelt dahinleben.

Komm Herr, zeige deine Gegenwart, rüttle uns wach, öffne unsere Augen, Geist und Sinn, dass wir erkennen, was um uns herum geschieht, dass wir aufstehen, und für Gerechtigkeit eintreten. Lass uns deine Gegenwart erfahren und mach uns zu Zeugen dafür, dass du der Immanuel bist, der Gott-mit-uns.

1. Advent

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Denn wie es in den Tagen des Noach war, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Wie die Menschen in den Tagen vor der Flut aßen und tranken und heirateten, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. (Mt 24,37-39)

In den letzten Tagen vor seinem Tod gibt Jesus seinen Jüngern in Jerusalem eine lange Unterweisung darüber, was nach seinem Tod geschehen wird, und wie die Jünger leben sollen, um seine Zeugen in der Welt zu sein. Vor allem sollen sie sich der Wiederkunft des Herrn bewusst sein. Dies soll eine tröstliche Gewissheit sein angesichts der Nöte der Zeit, in der die Jünger leben. Den frühen Christen stand die baldige Wiederkunft des Herrn deutlich vor Augen, heute aber sind bereits fast 2000 Jahre seit Jesu Tod vergangen, ohne dass der Herr gekommen ist.

Waren Jesu Worte eine falsche Verheißung? Lohnt es sich überhaupt noch, an Jesus zu glauben? Sind das nicht alles Märchen aus fernen Zeiten? Jesus hat bewusst keine Aussage über die Zeit seines Kommens gemacht. Er ruft dazu auf, wachsam zu bleiben und nicht die Geduld zu verlieren. Die Worte Jesu sind keine falsche Prophetie, auch wenn sich seine Wiederkunft erst nach vielen weiteren Jahrhunderten ereignen würde.

Die Gewissheit der Wiederkunft des Herrn mahnt uns, so zu leben, als würde Jesus jeden Augenblick wiederkommen. Sie mahnt uns dazu, nicht aus Sorglosigkeit unsere täglichen Pflichten zu vernachlässigen, wie Jesus uns in den Gleichnissen vom klugen Knecht, den zehn Jungfrauen und den Talenten deutlich macht. Jede Stunde ist wertvoll und kann über unser Leben entscheiden. Ein Beispiel dafür ist auch die Erzählung von Noach. Er allein baute die Arche, während alle anderen sorglos weiterlebten. Nur er und seine Familie wurden gerettet.

Der Advent ist die besondere Zeit im Jahr, um uns die Bedeutung der Wiederkunft des Herrn für unser Leben neu bewusst zu machen. Daher hat die Kirche auch für den ersten Adventssonntag des Lesejahres A, des Matthäusjahres, diese Verse als Evangelium gewählt. Mit dem Ersten Advent beginnt ein neues Kirchenjahr. Der Kreislauf der Jahre ist nicht eine Wiederholung des ewig Gleichen, sondern mit dem Kreislauf der Jahre kommen wir wie auf einer Spirale dem Ziel immer näher.

So will uns die Kirche darauf hinweisen, was es bedeutet, Christ zu sein: Wir leben in dieser Welt, sind aber nicht von dieser Welt. Unsere Heimat ist bei Christus im Himmel. Wir stehen als Christen von Anfang an in der Erwartung der Wiederkunft unseres Herrn. Wir sind dazu berufen, das Licht unseres Glaubens am Leuchten zu halten, wie eine Kerze, die immer in Gefahr ist, dass ein Windstoß sie auslöscht. Dieses unser Licht soll vor den Menschen leuchten und Zeugnis geben für den Herrn, der bei seiner Wiederkunft der ganzen Welt erscheinen wird.

Petrus und Paulus

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Nicht der Todestag der beiden Apostel Petrus und Paulus wird am 29. Juni gefeiert, sondern die Übertragung ihrer Reliquien in die Katakombe an der Via Appia, nahe bei der heutigen Kirche San Sebastiano in Rom. Bereits in der Mitte des 3. Jahrhunderts wurde der Festtag der beiden Apostel an diesem Tag gemeinsam begangen.

Die Heilige Schrift berichtet uns viel über die beiden Apostel. Von Petrus erfahren wir vor allem aus den Evangelien. Er, der Fischer am See von Galiläa, wird von Jesus zum Apostel berufen. Unter ihnen nimmt er bald den ersten Platz ein. Ihm werden von Jesus selbst die Schlüssel des Himmelreiches anvertraut. Dennoch hat Petrus lange gebraucht, bis er Jesus verstanden hat. Er musste lernen, dass das Bekenntnis “Jesus, du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!” auch das Leiden und Sterben des Messias am Kreuz einschließt. Auf das Wort Jesu: “Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen!” folgt unmittelbar der Ausruf: “Weg von mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.”

Noch in der Stunde der Passion hat Petrus nicht den Mut, zu Jesus zu stehen. Dreimal verleugnet er den Herrn. Doch er bereut und Jesus nimmt ihn an, indem er ihn als der Auferstandene dreimal fragt: “Liebst du mich?” Nun hat Petrus die Kraft, das Werk Jesu fortzuführen und der jungen Christengemeinde vorzustehen. Die Apostelgeschichte berichtet von Wundertaten des Petrus in Jerusalem und Umgebung, dann schweigt die Heilige Schrift über ihn.

Paulus hat von Jesu Erdenleben keine Notiz genommen. Wahrscheinlich ist er erst später von Tarsus nach Jerusalem gekommen. Im Gegensatz zum einfachen Fischer Petrus ist Paulus ein Mann von Welt. Er hat das jüdische Gesetz studiert und gehört zu den Gelehrten. Als sich die frühe Kirche in Jerusalem und Umgebung ausbreitet, wird er auf die Christen aufmerksam und verfolgt diese mit großem Eifer. Dann aber begegnet ihm Christus vor Damaskus, ein Ereignis, das sein Leben grundlegend verändert. Aus dem Verfolger wird einer der eifrigsten Verkünder der Botschaft Jesu Christi.

Die Begegnung mit Jesus vor Damaskus wird für Paulus zugleich zur Legitimation, sich Apostel nennen zu dürfen. Immer wieder betont er in seinen Briefen, dass er den übrigen Aposteln um nichts nachsteht. Wie diese wurde er vom Herrn selbst berufen und in das Evangelium eingeführt. Daher geht er nach seiner Berufung auch nicht nach Jerusalem, um sich dort die Legitimation der anderen Apostel zu holen und von ihnen zu lernen, sondern beginnt sofort zu predigen. Die Apostelgeschichte und seine eigenen Briefe geben Zeugnis von der umfangreichen Missionstätigkeit des Paulus im östlichen Mittelmeerraum und seinen Wunsch, das Evangelium auch in Rom und darüber hinaus weiter im Westen zu verkünden.

Erst Jahre später geht Paulus nach Jerusalem und begegnet dort zum ersten Mal Petrus. Seine Reise nach Jerusalem hatte allein den Zweck, Petrus den Fels (Kephas) kennenzulernen. Nicht, um von ihm zu lernen oder sich von ihm die oberhirtliche Bestätigung für seine Missionstätigkeit einzuholen, sondern allein aus Respekt und Freundschaft dem Petrus gegenüber ist Paulus nach Jerusalem gegangen. Er hat sonst keinen anderen der Apostel kennengelernt, außer Jakobus, den Bruder des Herrn, der damals wohl die Leitung der Jerusalemer Gemeinde innehatte.

In Petrus und Paulus wird die ganze Bandbreite christlicher Berufung sichtbar. Gott schaut nicht auf die Person. Gott sieht das Herz. Er kennt die Fähigkeiten jedes einzelnen und ruft jeden dazu, diese in den Dienst des Reiches Gottes zu stellen. Das bedeutet für jeden Menschen, seine eigenen Pläne aufzugeben und Jesus nachzufolgen. Doch wohin geht der Weg? Gott ist es, der diesen Weg bahnt und der Mensch erkennt ihn erst nach und nach im immer neuen Suchen und Fragen, in der ständigen Begegnung mit Jesus Christus.

Trotz so vielfältiger Berichte über Petrus und Paulus schweigt die Heilige Schrift über deren letzte Lebensjahre. Wir erfahren nichts mehr über Petrus, nachdem er Jerusalem verlassen hat, und auch der Bericht über Paulus endet, als dieser in Rom als Gefangener angekommen ist. Der hl. Isidor schreibt:

Nachdem Petrus die Kirche von Antiochia gegründet hatte, reiste er unter Kaiser Claudius nach Rom, um gegen Simon den Magier vorzugehen. In Rom predigte er 25 Jahre lang und wurde Bischof dieser Stadt. Im 36. Jahr nach dem Leiden des Herrn wurde er von Nero gekreuzigt, mit dem Haupt nach unten, wie er es selbst gewollt hatte.

Zuverlässige außerbiblische Quellen und die Tradition der Kirche geben Zeugnis davon, dass Petrus der erste Bischof von Rom gewesen ist und dass er zusammen mit Paulus dort das Martyrium erlitten hat. Viele Legenden schmücken die letzten Tage der beiden Apostel in Rom und deren Zusammentreffen und gemeinsamen Gang zum Martyrium. Auch der Wettstreit der beiden mit dem bereits in der Apostelgeschichte genannten Simon den Magier gehört zu diesen Legenden. Simon war inzwischen zu einem Vertrauten des Kaisers geworden und wetteiferte mit Petrus und Paulus darum, wer die größten Wunder vollbringen konnte. Am Ende war er mit seiner Zauberei der Glaubenskraft der Apostel unterlegen.

Als sicher gilt das Martyrium der Apostel Petrus und Paulus unter Kaiser Nero (54-68) um das Jahr 67, wie es heißt am gleichen Tag. Petrus wurde auf seinen eigenen Wunsch hin, da er sich nicht für würdig hielt, wie der Herr zu sterben, mit dem Kopf nach unten gekreuzigt, Paulus aber, der als Römischer Bürger nicht gekreuzigt werden durfte, starb durch Enthauptung und wird daher mit dem Schwert dargestellt, zugleich Symbol für die Kraft seines Wortes. Petrus aber hält die Himmelsschlüssel in der Hand.

Um das Jahr 450 predigte Papst Leo der Große in Rom zum Festtag der beiden Apostelfürsten:

Über die Verehrung hinaus, die dem heutigen Fest mit Recht auf dem ganzen Erdkreis entgegengebracht wird, ist es doch in unserer Stadt mit besonderem und ureigenem Jubel zu feiern, denn dort, wo die Apostelfürsten im Tod verherrlicht wurden, soll am Tag ihres Martyriums auch die höchste Freude herrschen.

Petrus und Paulus, die so grundlegend voneinander verschieden waren, sind beide zum Fundament geworden, auf dem Jesus Christus seine Kirche gebaut hat. An der Stätte des Petrusgrabes wurde der Petersdom errichtet, das Zentrum der Christenheit. Paulus wurde der Überlieferung nach auf einem heidnischen Friedhof an der Via Ostiense beigesetzt. Über seinem Grab wurde die Basilika Sankt Paul vor den Mauern errichtet, eine der vier Hauptkirchen Roms.

Herz Jesu

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Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wieder gefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren. (Lk 15,4-7)

Im Lesejahr C hören wir am Herz-Jesu-Fest im Evangelium das Gleichnis vom verlorenen Schaf. Jesus offenbart uns darin die Tiefe der Liebe des göttlichen Herzens. Bevor Jesus das Gleichnis erzählt, berichtet Lukas davon, dass alle Zöllner und Sünder zu Jesus kommen. Darüber empören sich die Pharisäer und Schriftgelehrten. Mit solchen Menschen darf ein Frommer keinen Umgang haben.

Die Welt ist klar geordnet. Auf der einen Seite die Guten, auf der anderen die Bösen. Jeder entscheidet selbst, wo er hingehören will. Wer sich für die böse Seite entscheidet, der ist verloren und abgeschrieben. Er ist selbst schuld an seinem Schicksal. Hätte er mal früher bedacht, was er tut. Soll er doch sehen, wohin er mit seiner Einstellung kommt.

Sind die Hirten wirklich so, wie Jesus sie beschreibt? Kann sich ein Hirte wirklich erlauben, dem einen verlorenen Schaft nachzugehen, und die anderen allein zurück zu lassen? Selbst wenn er es sucht, wird er es dann nicht viel mehr voller Zorn mit vielen Schlägen zur Herde zurück treiben, anstatt es auf den Schultern zu tragen?

Nur wer die Liebe kennt, kann sich vorstellen, was der Verlust eines geliebten Menschen bedeutet. Nur wer liebt, wird seine ganze Mühe daran setzen, den geliebten Menschen rastlos zu suchen. Und wenn er ihn gefunden hat, wird er alle Sorge um den Vermissten vergessen, aus lauter Freude über das Wiedersehen. Er denkt gar nicht daran, dem anderen Vorwürfe zu machen, sondern allein die Freude erfüllt nun sein Herz.

Diese Freude ist das zentrale Geheimnis des Gleichnisses. Nur wer diese Freude der Liebe kennt, weiß etwas vom Herzen Gottes. Gott geht dem Verlorenen nach und seine Arme sind weit ausgestreckt, um jeden zu umfassen, der sich ihm zuwendet. Wer Gottes Liebe kennt, wird keinen Menschen mehr verurteilen und über niemand mehr richten. Er wird erkennen, wie sehr er selbst ständig der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit bedarf.

Wir alle sind wie verirrte Schafe. Nie werden wir vollkommen den Willen Gottes erfüllen. Immer werden wir unseren eigenen Weg gehen und brauchen den guten Hirten, der uns voller Liebe sucht und an sein Herz zurückholt. Gott wird nicht müde, sich an uns zu freuen, wenn er uns an sein Herz drücken kann.

Beten wir mit der Hl. Gertud von Helfta darum, dass unser Herz dem Herzen Gottes immer ähnlicher werde:

Ich grüße dich, Heiligstes Herz Jesu, du lebendige und lebendig machende Quelle des ewigen Lebens, du unendlicher Schatz der Gottheit und flammender Glutofen der göttlichen Liebe! Du bist mein Ruheplatz und mein Zufluchtsort. O mein göttlicher Erlöser, entflamme mein Herz mit der heißen Liebe, von der dein Herz ganz verzehrt wird! Gieße aus in mein Herz die großen Gnaden, deren Quelle du bist, und mach, dass mein Herz sich so mit dem deinen vereine, dass dein Wille der meine sei, und dass mein Wille auf ewig dem deinigen gleichförmig sei; denn ich wünsche fortan deinen heiligen Willen zur Richtschnur aller meiner Handlungen zu haben. Amen.

Fronleichnam

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Im Lesejahr C hören wir an Fronleichnam von der Speisung der Fünftausend aus dem Lukasevangelium. Eine große Menschenmenge folgt Jesus und seinen Jüngern. Am Abend sind die Menschen müde und hungrig. Doch Jesus will sie so nicht nach Hause schicken. Nachdem er ihnen durch sein Wort geistige Nahrung gegeben hat, will er sie auch leiblich stärken.

Gebt ihr ihnen zu essen!

So sagt es Jesus deutlich zu seinen Jüngern, aber sie wissen nicht, wie sie Jesu Auftrag umsetzen sollen. Sie haben weder einen ausreichenden Vorrat an Lebensmitteln bei sich, noch genügend Geld, um für alle etwas zu kaufen. Doch Jesus zeigt ihnen, dass es auch anders geht. Aus dem kleinen Vorrat von fünf Broten und zwei Fischen macht er alle satt.

Jesus lässt durch die Jünger die Menschenmenge ordnen, so dass alle in kleinen Gruppen beieinander sitzen. Dann spricht er ein Dankgebet zum Vater und verteilt durch die Jünger das Essen. Obwohl ihnen nur wenig zur Verfügung steht, werden ihre Hände nicht leer und alle werden satt. Und plötzlich leuchtet Gottes Gemeinschaft mit den Menschen auf. Die Fülle wird zum Zeichen des messianischen Mahls am Ende der Zeiten.

„Durch die Hände der Jünger gibt er das Brot. So ehrt er sie und lässt sie die Erinnerung an dieses Wunder besser bewahren. … Für die Kranken tat er ein besonderes Wunder, hier aber tut er eines für alle, indem er auch die, die an keiner Krankheit leiden, speist. Darum heißt es: Und alle aßen und wurden satt.“ (Johannes Chrysostomus)

Die wunderbare Speisung der Volksmenge ist ein Vorausbild der Eucharistie. Die leibliche Sättigung der Menschenmenge durch Jesus weist auf ein tieferes Geheimnis hin. Jesus will ganz bei den Seinen sein und sie mit einer noch viel tieferen Gegenwart erfüllen, als er es durch sein Wort allein vermag. Jesus will sich selbst den Menschen schenken.

In Kapitel 22,14-23 wird Lukas vom letzten Abendmahl berichten. Jesus spricht dabei über Brot und Wein die Worte: Das ist mein Leib, das ist mein Blut. Das Brot als Grundnahrungsmittel des Lebens wird in gewandelter Form zur Speise ewigen Lebens. Brot und Wein werden zum realen Zeichen seiner Gegenwart in dieser Welt.

Jesus verbirgt sich in den Gestalten von Brot und Wein, die in der Feier der Eucharistie in sein Fleisch und Blut gewandelt wurden. Daher gebührt der Eucharistie auch Verehrung und Anbetung. Wenn wir aus dieser Speise leben, können wir heute tun, was Jesus damals seinen Jüngern aufgetragen hat: Gebt ihr ihnen zu essen.

Jesus hat sich selbst zum Brot des Lebens gemacht, um uns Leben zu geben.

Nacht und Tag ist er da. Wenn du wirklich in der Liebe wachsen willst,

kehre zurück zur Eucharistie, kehre zurück zur Anbetung.

Mutter Teresa

Dreifaltigkeitssonntag

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In den Evangelien spricht Jesus von seinem Vater im Himmel und vom Heiligen Geist, den er den Jüngern senden wird. Bei der Taufe im Jordan kommt der Geist auf Jesus herab und die Stimme des Vaters ertönt aus den Wolken. Am Ende des Matthäusevangeliums trägt Jesus den Jüngern auf, in die Welt hinauszugehen und die Menschen zu taufen „auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19).

Die Lehre vom dreifaltigen Gott hat ihre feste Grundlage in der Heiligen Schrift, aber es hat lange gedauert, bis sie auch theologisch ausformuliert wurde. Dies war nötig, nachdem verschiedene Irrlehrer, allen voran Arius, die Auffassung vertreten haben, dass Jesus Christus nicht Gott gleich ist. Wenn Menschen etwas nicht verstehen, dann versuchen sie oft, es verständlich zu machen. Anstatt Gottes Geheimnis stauend zu betrachten, versuchte man, Gott verstehbar zu machen. Gottes Sohn wurde degradiert zu einem Menschen, den Gott in besonderer Weise erwählt hat, sehr verständlich, aber eben total an der Wirklichkeit vorbei.

Die Dreifaltigkeit Gottes ist ein Geheimnis, das menschliches Denken übersteigt und das wir daher nur annähernd erfassen können. Es gibt viele Bilder, die uns helfen wollen zu verstehen, aber wir müssen dabei immer bedenken, dass es Bilder sind, die nicht absolut betrachtet werden dürfen, sondern nur Hinweise sind auf etwas Größeres. So werden vielfältige Dreiheiten genannt, die uns im alltäglichen Leben begegnen, wie die zeitliche Dreiheit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, oder die Dreifaltigkeit der Liebe in den Gestalten von Liebendem, Geliebten und dem Band der Liebe, das beide verbindet.

Besonders im Mittelalter war der sogenannte Gnadenstuhl eine verbreitete Darstellung der Dreifaltigkeit. Gott Vater thront in der Mitte, vor ihm der Sohn am Kreuz und über beiden schwebt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube. Man sieht hier deutlich die drei Personen der göttlichen Dreifaltigkeit, jedoch ist deren Einheit zu wenig erkennbar. Oder man stellt die Dreifaltigkeit dar als einen Kopf mit drei Gesichtern. Hier wird die Einheit deutlicher, aber das Ganze wirkt irgendwie unnatürlich.

Eine geniale Darstellung der Dreifaltigkeit ist die Ikone von Andrej Rublev. Im Besuch Gottes bei Abraham in Gestalt von drei Engeln sieht der christliche Glaube seit jeher ein Vorausbild der Dreifaltigkeit Gottes im Alten Testament. Mehr als bei anderen Darstellungen wird hier deutlich, dass sich das Geheimnis, das sich dahinter verbirgt, nur durch ständige Betrachtung erschließt und letztlich nie ganz ergründet werden kann.

Der Dreifaltigkeitssonntag als eigenständiger Festtag hat sich erst im 14. Jahrhundert durchgesetzt, jedoch ist das Festgeheimnis an sich schon seit frühesten Zeiten tief im Glauben der Kirche verwurzelt. So hat man von päpstlicher Seite her lange die Einführung eines speziellen Dreifaltigkeitssonntages blockiert, da letztlich jeder Sonntag im Zeichen des dreifaltigen Gottes steht. Seine Lage am Sonntag nach Pfingsten kommt nicht von ungefähr. Die Sendung des Geistes an Pfingsten schließt das Heilswerk Christi ab. Wie Christus es verheißen hat, werden die Getauften im Heiligen Geist hinein genommen in die Gemeinschaft des dreifaltigen Gottes.

Wir feiern am heutigen Festtag Gottes Heilswirken an uns Menschen. Die Dreifaltigkeit Gottes erschließt sich uns ja letztlich nur durch Gottes Wirken. Wir preisen Gott Vater, der alles erschaffen hat, wir preisen den Sohn, durch den alles geschaffen wurde und der in seine Schöpfung gekommen ist, um sie zu erlösen, wir preisen den Heiligen Geist, der in uns wirkt und uns hinein nimmt in Gottes Liebe.

Christi Himmelfahrt (2) – Eph 1,20-23

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20 Er hat sie an Christus erwiesen, den er von den Toten auferweckt und im Himmel auf den Platz zu seiner Rechten erhoben hat, 21 hoch über alle Fürsten und Gewalten, Mächte und Herrschaften und über jeden Namen, der nicht nur in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen genannt wird.

Die Auferweckung Christi ist das machtvolle Zeichen, an dem wir Gottes Stärke erkennen können. Gott hat die Macht, die Toten zum Leben zu rufen. Das hat er an Christus gezeigt, aber auch durch die vielen Wunder wie die Auferweckung des Lazarus. Gott ist ein Gott, der Tote lebendig machen und dem Verdorrten neues Leben einhauchen kann. Nicht nur irgendwann einmal, sondern jetzt, hier und heute.

Der Vater hat den Sohn zu seiner Rechten erhoben. Der Sohn, ewig von Gott gezeugt, ist ein Mensch geworden. Er hat sich erniedrigt, um uns Menschen zu erhöhen. Gott hat seinen menschgewordenen Sohn zu sich zurück in den Himmel geholt, an seine Seite, erhoben über alles, was im Himmel und auf Erden ist.

Was immer im Himmel existiert, er steht höher als alles. Dies bezieht sich auf den von den Toten Erweckten, und darum eben ist es staunenswert; wäre es vom Wort Gottes gesprochen, würde es nicht wunderbar sein. … Nicht vom göttlichen Wort gilt diese Stelle, sondern von dem, der wie einer aus uns geworden ist; das ist in der Tat großartig und wunderbar. Denn von den Tiefen der Erde hat er ihn erhöht. (Johannes Chrysostomus)

Versuchen wir am Fest Christi Himmelfahrt und angesichts dieser Worte des hl. Paulus unsere Herzen mit Hilfe des Heiligen Geistes in diese Zuversicht des Glaubens einzustimmen. Gottes Sohn ist im Himmel. Er, der ein Mensch war wie wir, thront zur Rechten des Vaters. Jesus, der so viele Wunder auf Erden getan hat, um die Menschen zu heilen und zu retten, er herrscht vom Himmel her über alles. Es gibt keine Macht und Kraft, die stärker ist als er. So kann er auch heute seine Wunder wirken, wenn Menschen in der Zuversicht des Glaubens seine Macht auf Erden Wirklichkeit werden lassen.

Als Glaubende sind wir keine Einzelkämpfer, sondern eingebunden in die Gemeinschaft der Kirche. Nur durch die Kirche bekommen wir Anteil an Gottes Macht. Die Sakramente vermitteln uns das Heil Gottes. Zugleich muss die Kirche aber stets darauf bedacht sein, die Gemeinschaft mit ihrem Haupt, das Jesus Christus ist, unverfälscht die bewahren.

22 Alles hat er ihm zu Füßen gelegt und ihn, der als Haupt alles überragt, über die Kirche gesetzt. 23 Sie ist sein Leib und wird von ihm erfüllt, der das All ganz und gar beherrscht.

Das Bild der Kirche als Leib Christi, das uns Paulus hier und auch an anderen Stellen vor Augen stellt, zeigt die enge Verbundenheit zwischen der Kirche und Jesus Christus und dadurch auch jedes einzelnen Gläubigen mit ihm.

Wie hoch hat Christus die Kirche erhoben! Wie mittels eines Hebegerätes zog er sie zu großer Höhe empor und setzte sie auf jenen Thron. Denn wo das Haupt, da ist auch der Leib. Das Haupt wird vom Leib durch keinen Zwischenraum getrennt. Würden sie aber getrennt, dann könnte man nicht mehr von einem Leib, nicht mehr von einem Haupt sprechen. (Johannes Chrysostomus)

Haupt und Leib gehören zusammen. Wir können vom unserem Haupt aus mit unserem Denken und Fühlen alle unsere Glieder durchdringen. So ist auch Christus in jedem Einzelnen, der ein Glied an seinem Leib, der Kirche, ist. Die Gemeinschaft mit Christus wird uns über die Kirche vermittelt, aber wer durch die Kirche ein Glied am Leib Christi geworden ist, der hat dadurch zugleich eine direkte Verbindung mit Jesus Christus, so wie die Blutbahnen den ganzen Leib verbinden und jede einzelne Zelle des Körpers versorgen.

Wenn das Haupt des Leibes zur Rechten des Vaters thront, zugleich aber zwischen Haupt und Leib eine untrennbare Beziehung besteht, dann sind auch wir als Glaubende schon jetzt mit Christus beim Vater!

Siehst du den “Reichtum der Herrlichkeit seiner Erbschaft?” Siehst du “die überschwängliche Größe seiner Kraft an den Gläubigen?” Siehst du “die Hoffnung seiner Berufung?” So lasst uns denn Ehrfurcht haben vor unserem Haupt! Lasst uns bedenken, dass wir der Leib eines Hauptes sind, dem alles unterworfen ist! …

Die zwei denkbar großartigsten Dinge hat er getan: er stieg hinab in die tiefste Erniedrigung und hob den Menschen auf die höchste Stufe empor. …

Wenn wir keiner dieser beiden Gnaden gewürdigt worden wären, wir hätten uns bescheiden müssen; und wenn wir nur der einen gewürdigt worden wären ohne seinen blutigen Opfertod, es hätte uns genügen müssen. Da uns aber beides zuteil ward, übersteigt das nicht himmelweit selbst den kühnsten Ausdruck, dessen die menschliche Sprache fähig ist? Selbst die Auferstehung kommt mir nicht groß vor, wenn ich dieses bedenke. (Johannes Chrysostomus)

Herrlich erweist sich Gottes Macht an uns. Gott ist uns nahe. Unser Erdenleben ist kein leidvoller Zustand der Gottesferne, den es zu durchschreiten gilt, sondern ist Ort der Gottesbegegnung. Das ist unser Glaube und es ist unsere Berufung, durch unser Leben freudig Gottes Gegenwart erfahrbar zu machen.

Komm, Heiliger Geist!

Zeige uns Gottes Gegenwart in deiner Kirche und in uns!

Schenke uns die Zuversicht, dass wir stets mit Gott und seiner Macht verbunden sind.

Christus thront zur Rechten des Vaters, erhoben über alle Mächte und Gewalten.

Mit ihm sind auch wir erhoben, wenn wir mit ihm verbunden bleiben.

Heiliger Geist, lass nicht zu, dass wir von Christus getrennt werden.

Rufe uns, führe uns, heilige uns!

Amen.