Petrus Chrysologus

Wer dem Hungrigen sein Brot bricht, gibt sich selbst das Himmelreich! Der aber wird sich die Quelle des Lebens versiegen machen, der dem Durstigen den Wasserbecher verweigert! Aus Liebe zu den Armen verkauft Gott sein Reich, und damit jeder Mensch es sich kaufen kann, bietet er es an für den Preis eines Stückes Brot. Weil er wollte, dass alle es erhalten sollen, setzt er den Preis so gering an, dass jeder Mensch ihn zahlen kann. … Mensch, du gibst dir, wenn du dem Armen gibst; denn was du dem Armen nicht gibst, wird ein anderer einheimsen; dir wird nur das bleiben, was du dem Armen gibst!

20.7. Apollinaris von Ravenna (+75 oder um 200)

Mit dem heiligen Apollinaris kommen wir sehr nah an die Zeit Jesu und der Apostel heran. Legenden berichten sogar davon, dass Apollinaris einer der 72 Jünger war, die Jesus ausgesandt hat. Dafür finden sich jedoch keine Belege. Andere Legenden berichten davon, dass Apollinaris ein Schüler des Apostels Petrus war und sich diesem entweder bereits in Antiochien oder später in Rom angeschlossen hat. Von Rom aus soll Petrus dann den Apollinaris in die Stadt Ravenna gesandt haben, um dort das Evangelium zu verkünden. Apollinaris wurde der erste Bischof der Stadt Ravenna und ist bis heute Schutzpatron dieser Stadt.

Möglicherweise spiegeln diese Legenden, die das Wirken des hl. Apollinaris eng mit dem Apostel Petrus verknüpfen, das Bestreben der Stadt Ravenna wieder, in ihrer Würde mit Rom gleichzuziehen. Ravenna war in den letzten Jahrzehnten des Weströmischen Reiches anstelle von Rom Kaiserresidenz. Nach dem Ende des Weströmischen Reiches (476) übernahmen die Ostgoten die Herrschaft. Unter Kaiser Justinian eroberte das Oströmische Reich Teile Italiens zurück. Von 540 bis 751 war das Exarchat Ravenna die wichtigste Stadt des Oströmischen Reiches in Italien. Im Jahr 751 eroberten die Langobarden die Stadt, unterlagen aber bald dem Heer des Karolingers Pippin des Jüngeren, dem Vater Karls des Großen. Dieser soll in der sogenannten Pippinischen Schenkung das eroberte Gebiet um Ravenna dem Papst vermacht haben, woraus sich dann der Kirchenstaat entwickelt hat.

Die Kirche von Ravenna sollte also mit Apollinaris einen Gründer haben, der in seiner Würde nur wenig geringer war als ein Apostel und durch die Verbindung mit Petrus eng mit dem Haupt des Apostelkollegiums verbunden war. Andere Legenden hingegen datieren die Lebenszeit des hl. Apollinaris erst auf das 2. Jahrhundert. Nach allen Legenden aber soll er als Märtyrer gestorben sein und während seines Wirkens in Ravenna viele Wunder vollbracht und unerschrocken den Glauben an Jesus Christus verkündet haben. So soll er durch sein Gebet einen Blinden geheilt und die verstorbene Tochter eines vornehmen Römers wieder zum Leben erweckt haben.

Die Tochter des Patriziers Rufus, eines Fürsten von Ravenna, wurde krank, und er rief den hl. Apollinaris herbei, damit er sie heile. Aber als der Heilige in sein Haus kam, starb die Tochter. Da sprach Rufus: “Wärst du doch nicht in mein Haus gekommen, siehe, nun sind die großen Götter zornig geworden und wollen meine Tochter nicht mehr heilen. Was aber kannst du schon für sie tun?” Apollinaris antwortete: “Hab keine Furcht, doch schwöre mir: wird deine Tochter wieder lebendig, so hindere sie nicht, ihrem Schöpfer nachzufolgen.” Das schwor der Vater. Da betete der hl. Apollinaris und die Jungfrau stand auf, bekannte den Namen Jesu Christi und empfing mit ihrer Mutter und vielen anderen die heilige Taufe, und blieb danach jungfräulich bis an ihren Tod. (Legenda Aurea)

Der Kaiser aber hörte von diesem Wunder und befahl daraufhin, Apollinaris zu zwingen, den christlichen Glauben zu leugnen und den Göttern zu opfern. Da dieser standhaft blieb, wurde er geschlagen, gefoltert und anschließend mit heißem Wasser übergossen. Danach wurde Apollinaris auf einem Schiff gefesselt in die Verbannung geführt. Das Schiff aber soll in Seenot geraten sein und allein Apollinaris und einige Soldaten, die sich von ihm taufen ließen, wurden gerettet. So kehrte Apollinaris nach Ravenna zurück, wurde aber sofort wieder festgenommen. Da er aber den blinden Sohn des Richters heilte, brachte ihn dieser vier Jahre lang in seinem Landgut in Sicherheit. Erst unter Kaiser Vespasian stellten die Heiden den Christen wieder stärker nach und spürten auch Apollinaris auf. Um das Jahr 75 wurde er von heidnischem Mob zu Tode geprügelt und starb den Märtyrertod. Andere Legenden datieren diese Ereignisse erst auf die Zeit um 200.

Über dem Grab des Heiligen in Classe, einem Vorort Ravennas, wurde um das Jahr 549 die weltberühmte dreischiffige Basilika S. Apollinare in Classe erbaut, im Jahr 856 wurden die Reliquien von dort in die Kirche S. Apollinare Nuovo im Zentrum der Stadt Ravenna übertragen. Seine Verehrung breitete sich von Ravenna über Rom und Mailand bis nach Südfrankreich und ins Elsass aus. Im Mittelalter kamen Reliquien des Heiligen nach Aachen, Siegburg, Düsseldorf und Remagen, wo die Verehrung des Heiligen bis heute lebendig ist. Apollinaris ist der Schutzpatron der Städte Düsseldorf und Remagen. Auf dem Apollinarisberg in Remagen, wo mit der Hauptreliquie die bedeutendste Reliquie des Heiligen aufbewahrt wird, ist seit dem 14. Jahrhundert eine Wallfahrt belegt, zu der auch heute noch jedes Jahr viele Pilger kommen.

Brendan, der Reisende (3)

Ein Beispiel für Brendans Gottvertrauen gibt uns die folgende Episode:

Zu jener Zeit aber, als der hl. Brendan das Fest des hl. Apostels Petrus gefeiert hatte, war das Meer so klar, dass sie alles sehen konnten, was sich in der Tiefe regte. Als sie hineinsahen, erblickten sie die unterschiedlichsten Arten von Ungeheuern. Es schien ihnen, als könnten sie diese mit Händen greifen, so klar war die See. Sie lagen da wie Herden auf der Weide, wie eine große Schaar, die sich dadurch, dass jeweils der eine auf den Folgenden sein Maul legte, zu einem gewaltigen Kreis verbunden hat.

Die Brüder aber baten den ehrwürdigen Vater, dass er die Heilige Messe mit größtem Schweigen feiern solle, damit nicht die Ungeheuer ihn hörten und sich erhöben und sie verfolgten. Der heilige Vater aber lächelte und sagte zu ihnen:

“Ich wundere mich sehr über eure Dummheit. Warum fürchtet ihr diese Ungeheuer und habt euch nicht vor dem gefürchtet, der all diese Ungeheuer verschlingt und ihr Meister ist, auf dessen Rücken ihr gesessen seid und viele Psalmen gesungen habt (Brendan spielt hier auf die vorhergehende Episode mit dem Meerungeheuer Jasconius an)? Vielmehr habt ihr auf ihm Holz gespalten und Fleisch gebraten. Was also fürchtet ihr diese? Ist nicht Gott der Herr aller Ungeheuer und kann nicht unser Herr Jesus Christus alles Belebte bezwingen?”

Nachdem er das gesagt hatte, begann er so laut er konnte zu singen. Einige von den Brüdern aber beobachteten die Ungeheuer. Als diese die Stimme des Singenden vernahmen, erhoben sie sich und schwammen um das Schiff herum, so dass die Brüder ringsum nichts anderes sahen als Ungeheuer. Dennoch näherten sie sich nicht dem Schiff, sondern schwammen weit davon entfernt mal hierhin, mal dorthin und hielten sich zurück, bis der Mann Gottes sein Gebet beendet hatte. Danach aber flohen sie vor dem Angesicht des Dieners Gottes und schwammen in alle Richtungen des Ozeans davon. Der hl. Brendan aber konnte acht Tage lang bei günstigem Wind und mit vollen Segeln das klare Meer durchfahren.

Brendan, der Reisende (2)

Eine der beeindruckendsten Szenen ist die Begegnung mit dem Meerungeheuer Jasconius. Dieses ist bereits in der antiken Mythologie bekannt. Es heißt, dass oft Seefahrer diesen riesigen Fisch für eine Insel halten, dort vor Anker gehen und auf dem vermeintlichen Strand ein Feuer machen, um Essen zu braten, wie es auch die Brüder des hl. Brendan gemacht haben. Die meisten Seefahrer bezahlen ihre Unvorsichtigkeit mit ihrem Leben, weil der Fisch, sobald er das Feuer spürt, die Seefahrer zusammen mit ihrem Schiff mit sich in die Tiefe reißt. Der hl. Brendan aber kannte die Gefahr und blieb auf dem Schiff. So konnte er die Brüder aus der Gefahr retten.

Einmal kamen sie zu einer Insel, und ihr Schiff kam zum Stehen, bevor sie einen Hafen erreichten. Der hl. Brendan gebot ihnen, an Land zu gehen, und sie zogen das Schiff mit Seilen bis zu einem geeigneten Ankerplatz. Die Insel war steinig und ohne alle Gewächse, nur etwas Wald gab es dort, am Ufer aber war nichts als Sand. Sie verbrachten die Nacht mit Gebeten und Nachtwachen, wobei die Brüder außerhalb des Schiffes waren, der Mann Gottes aber im Schiff blieb. Der hl. Brendan wusste nämlich, was es mit der Insel auf sich hatte, aber er wollte es den Brüdern nicht sagen, damit sie nicht ängstlich würden.

Als es Morgen wurde, gebot er den Priestern, dass sie einzeln ihre Messen lasen, und so geschah es. Als aber diese und der hl. Brendan im Schiff die Messen sangen, begannen die Brüder, frisches Fleisch vom Schiff nach draußen zu schaffen, um es mit Salz zuzubereiten, zusammen mit den Fischen, die sie bei sich hatten. Dafür machten sie ein Feuer und setzten die Bratpfanne darüber. Als sie aber Holz ins Feuer warfen und die Bratpfanne heiß wurde, begann die Insel sich zu bewegen wie eine Welle. Die Brüder begannen zum Schiff zu laufen und riefen den heiligen Vater um Hilfe an. Dieser aber zog jeden einzelnen mit der Hand ins Schiff. Sie ließen alles, was sie hinaus geschafft hatten, auf der Insel zurück und stachen in See, die Insel aber erhob sich ins Meer. Die Brüder konnten das darauf brennende Feuer zwei Meilen weit sehen.

Der hl. Brendan aber erklärte den Brüdern, was es damit auf sich hatte. Er sagte. “Brüder, wundert ihr euch, was diese Insel getan hat?” Sie antworteten: “Wir wundern uns sehr und der Schrecken steckt uns noch in den Gliedern.” Er sagte zu ihnen: “Meine Kinder, erschreckt euch nicht. Gott nämlich hat mir in der Nacht in einer Vision das Geheimnis dieser Sache enthüllt. Wir waren nicht auf einer Insel, sondern auf einem Fisch. Es ist der Oberste von allem, was im Meer schwimmt. Er sucht immer seinen Schwanz, damit er sein Maul mit ihm verbindet, aber er kann es nicht, weil er so lang ist. Sein Name ist Jasconius.”

16.5. Brendan “der Reisende” (ca. 484-578)

In früheren Zeiten steckten die Meere noch voller Abenteuer. Die Leute glaubten, dass darin Ungeheuer lebten, riesige Fische und anderes Getier. Man vermutete geheimnisvolle Inseln, auf denen es fremde Pflanzen und Lebewesen gab. Wer das Festland verließ und weiter als in Küstennähe auf das Meer hinaus fuhr, auf den wartete ein ungewisses Schicksal, das konnten märchenhafte Entdeckungen sein, aber auch der Tod.

Der hl. Brendan hat eine solche Entdeckungsfahrt gemacht. Von dieser Seefahrt gibt es verschiedene Berichte. Wenn auch seine Geschichte erst vierhundert Jahre nach seinem Tod aufgeschrieben wurde und daher ungewiss ist, was Brendan wirklich erlebt hat und was menschliche Phantasie hinzugedichtet hat, begegnen wir hier doch einem ganz besonderen Menschen.

Brendan wurde um das Jahr 484 im Südwesten Irlands geboren, im heutigen Fenit, einem kleinen Hafen an der Tralee Bay, mit Blick auf die Dingle-Halbinsel mit dem nach ihm benannten Mount Brandon. Er soll vom hl. Ardfert “Erth of Cornwall” (auch Erc genannt), einem Gefährten des hl. Patrick, getauft worden sein. Dieser hat ihn später auch zum Priester geweiht. Brendan wurde selbst Missionar, gründete Klöster und reiste nach Schottland, Wales und in die Bretagne.

Missionare gab es damals viele in Irland. Sie haben aus dem einst heidnischen Land eine christliche Keimzelle gemacht. Iro-schottische Mönche haben nach den Wirren der Völkerwanderung den christlichen Glauben auf dem Kontinent, vor allem auch in den Gebieten des heutigen Deutschland, wieder neu gefestigt. Doch von Brendan erzählt man sich eine Geschichte, die noch wundersamer erscheint als die weiten Wanderungen seiner Glaubensbrüder.

Die “Navigatio Sancti Brendani Abbatis”, die “Reisen des heiligen Abtes Brendan”, waren im Mittelalter ein beliebtes Buch, von dem heute noch über einhundert Handschriften erhalten sind und das in viele Sprachen übersetzt wurde. Es gibt unterschiedliche Versionen der Reisen. Eine Fassung beginnt damit, dass Brendan ein Buch findet, in dem wundersame Dinge stehen, von drei Himmeln, zwei Paradiesen, neun Fegefeuern und einem Land unter der Erde, bei dem Tag ist, während hier Nacht herrscht. Er kann das alles nicht glauben und verbrennt das Buch. Daraufhin gebietet ihm ein Engel, selbst auf Reisen zu gehen, um zu erfahren, dass die Dinge, die er nicht glauben wollte, der Wahrheit entsprechen. Nach einer anderen Fassung hört Brendan von einem Mönch über die Insel der Seligen, die er daraufhin selbst besuchen möchte. Zusammen mit mehreren Mönchen als Gefährten macht er sich auf eine siebenjährige Seereise.

Das Motiv für die Reise Brendans finde ich faszinierend. Wie schnell tun wir Dinge, die wir nicht kennen, als falsch ab. Wir machen uns unsere eigene Welt zurecht und was da nicht hinein passt, das klammern wir aus. Obwohl das Wissen der Menschheit immer umfangreicher wird, leben viele Menschen doch gerne weiter in ihrer kleinen Welt. Psychologische Untersuchungen zeigen, dass wir sehr gut darin sind, Fakten auszublenden, die uns nicht vertraut sind. Jeder Mensch nimmt seine Umgebung anders wahr, je nachdem, mit welchem Blick er darauf sieht. Schon Karl Valentin hat gesagt: “Es ist eigenartig, dass jeden Tag gerade so viel passiert, wie in eine Zeitung passt.” Und wenn wir uns heute in die Hände der modernen sozialen Medien begeben, dann werden die Informationen, die wir von diesen erhalten, bereits nach unseren Vorlieben gefiltert. Einfach gesagt heißt das, ich bekomme nur die Informationen, von denen ein geschickt programmierter Algorithmus glaubt, dass sie mir gefallen könnten.

Brendan hatte den Mut, aufzubrechen, und selbst zu erkunden, wie es um die Welt steht. Er wollte die Wahrheit wissen über Paradies, Fegefeuer und vor allem die Insel der Seligen. Er und seine Gefährten sind vermutlich um das Jahr 535 zu ihrer Reise aufgebrochen. Sie benutzen dazu einen Curragh, wie er damals in Irland üblich war, ein Holzboot, das mit Leder verkleidet war. Sie erlebten viele Abenteuer, begegneten riesigen Meerungeheuern und seltsamen Wesen und kamen er zu verschiedenen Inseln mit herrlichen Pflanzen und teilweise seltsamen Bewohnern. So wird von einer Insel der Schafe, dem Paradies der Vögel, der Insel der Schmiede und dem Land der Kristallsäulen berichtet.

An erster Stelle aber steht bei diesen Seefahrern der Glaube. Gott ist es, der ihr Schiff lenkt und ihnen stets die passenden Winde schickt. Er rettet sie aus allen Gefahren. Wenn sie eine neue Insel betreten, sprechen sie erst ein Gebet. Brendan und seine Gefährten sind Mönche, und sie vernachlässigen auch auf ihrer Reise nicht das klösterliche Stundengebet und die Feier der großen Festtage.

Sicher müsste man selbst den Dingen auf den Grund gehen, um zu sehen, was wirklich wahr ist in diesem Reisebericht. Die Insel der Seligen ist ein Sehnsuchtsort, der oft in der Literatur auftaucht. Gibt es diese Insel? Noch Jahrhunderte später haben Seefahrer nach diesem legendären Brendon-Island gesucht. Immer wieder gab es Versuche, die genannten Inseln zu lokalisieren. So identifizierte man die Stationen der Reise als die Hebriden, die Färöer, Island, Grönland und Neufundland bzw. Amerika. Ja, es gibt wirklich Leute, die vermuten, dass Brendan mit seinen Gefährten Amerika erreicht haben könnte. Dass eine solche Reise mit einem Boot, wie es Brendan benutzt hatte, möglich war, hat in den 1970er Jahren ein Abenteurer bewiesen, der diese Route mit einem solchen Boot zurückgelegt hat.

Vielleicht geht es aber gar nicht darum, wirklich eine geheimnisvolle Insel zu entdecken. Vielleicht geht es einfach darum, aufzubrechen, auf Entdeckungsreise zu gehen, damit wir andere Dinge sehen, als sie uns der vertraute Alltag bietet. Dabei können wir faszinierenden Menschen begegnen und Erfahrungen machen, die unser Leben verändern und bereichern. Das sind die Wunder einer Reise, die wir auch heute erleben können und diese können spektakulärer sein, als eine unbekannte Insel zu entdecken. Vielleicht genügt es einfach schon, einmal die Augen aufzumachen und unsere nähere Umgebung mit einem anderen Blick wahrzunehmen.

Nach seiner Rückkehr unternahm Brendan noch viele weitere Reisen, nicht nur Seefahrten. Er gründete Klöster in Schottland, Wales und der Bretagne. In Irland gründete er um das Jahr 563 das Kloster Clonfert und mehrere andere Klöster. Im Alter von mehr als 90 Jahren zog er zu seiner Schwester, wo er auch starb. Sie ließ ihn auf seinen ausdrücklichen Wunsch in Clonfert begraben, nicht weit vom größten Strom Irlands, dem Shannon.

11.5. Hl. Mamertus

Mamertus stammt aus der alten, südlich von Lyon gelegenen Stadt Vienne. Über sein Leben wissen wir nicht viel, er stammte aber wahrscheinlich aus einer der vornehmsten Familien der Stadt. Sein Bruder war Claudianus Mamertus, dessen christlichen Schriften und Kompositionen – obgleich heute kaum mehr bekannt – eine wichtige Bedeutung in der Entwicklung der Theologie und auch der Liturgie zukommt.

Mamertus wurde um das Jahr 461 Bischof seiner Heimatstadt Vienne. Bald nach seinem Amtsantritt kam es zu einem Streit zwischen ihm und Papst Hilarius (461-68) wegen jurisdiktioneller Fragen. Er missachtete eine unter Papst Leo I. (dem Großen, 440-61) durchgeführte Neueinteilung der Bistümer in Südgallien und setzte unter Nichtbeachtung der Rechte des Metropoliten von Arles selbst einen neuen Bischof in St. Die ein. Dies zeigt, dass auch unter Heiligen nicht immer ein harmonischer Umgangston herrscht und es durchaus zu Meinungsverschiedenheiten kommen darf.

In dieser Zeit gab es in Vienne und Umgebung zahlreiche Erdbeben und Feuer, die Stadt und Land verwüsteten und Missernten und Hungernöte zur Folge hatten. Mamertus führte daher im Jahr 469 an den drei Tagen vor dem Fest Christi Himmelfahrt die sogenannten “Drei Bußgänge” ein. An diesen Tagen sollte durch besondere Gebete, mit Prozessionen und durch Fasten die Hilfe Gottes für sein bedrängtes Volk erbeten werden.

Diese Tradition der Bitttage hat sich in verschiedenen Formen rasch in ganz Gallien und darüber hinaus ausgebreitet, wurde um das Jahr 800 offiziell von Rom übernommen und ist bis heute erhalten geblieben. Die “Grundordnung des Kirchenjahres und des Kalenders” aus dem Jahr 1969 beschreibt den Sinn der Bitttage folgendermaßen:

An den Bitt- und Quatembertagen betet die Kirche für mannigfache menschliche Anliegen, besonders für die Früchte der Erde und für das menschliche Schaffen; auch eignen sich die Tage für den öffentlichen Dank.

Bittgebete und Prozessionen entbinden den Christen nicht von seiner Verantwortung, bei der Lösung anstehender Probleme der Menschheit mitzuwirken. Sie zeigen aber, dass der Mensch diese Probleme nicht alleine lösen kann und muss, sondern auf die Hilfe Gottes vertrauen darf. Dazu schreibt Karl Rahner:

Bete so, dass du unter der Bitte um die Gabe von oben dich immer mehr selbst zur Opfergabe nach oben machst. Bete so, dass dein anhaltendes Bittgebet als Bewährung erscheint für deinen Glauben an das Licht Gottes in der Finsternis der Welt, für deine Hoffnung auf Leben in diesem beständigen Sterben, für deine Treue der Liebe, die liebt ohne Lohn. Wir sind unterwegs, Wanderer zwischen zwei Welten. Weil wir noch auf Erden wandeln, lasst uns bitten um das, was wir auf dieser Erde brauchen. Da wir aber Pilger der Ewigkeit auf dieser Erde sind, lasst uns nicht vergessen, dass wir nicht so erhört werden wollen, als ob wir hier eine bleibende Stätte hätten, als ob wir nicht wüssten, dass wir durch Untergang und Tod eingehen müssen in das Leben, das in allen Bitten allein das Ziel des Lebens und Betens ist. Solange die Hände gefaltet bleiben, gefaltet bleiben auch im entsetzlichen Untergang, so lange umgibt uns die Huld und das Leben Gottes, und alle Abstürze in das Entsetzen und in den Tod sind nur ein Fallen in die Abgründe der ewigen Liebe.

Mamertus starb im Jahr 475 in Vienne. An seinem Grab ereigneten sich wundersame Heilungen. Daher wurde er schon bald als Heiliger verehrt. Der Legende nach wurden seine Gebeine später nach Orleans übertragen. In vielen Gegenden zählt Mamertus zu den sogenannten “Eisheiligen”.

Heiliger Josef

Die Kirche feiert heute den Festtag des hl. Josef. Er ist der Mann an der Seite Mariens und Ziehvater des Jesuskindes. Die Evangelisten Matthäus und Lukas berichten über ihn in ihren Kindheitsgeschichten, bei Johannes wird zweimal erwähnt, dass Jesus als der Sohn Josefs galt (Joh 1,45 und 6,42). Doch es wird kein Wort von ihm überliefert. Bei Markus wird er nicht einmal namentlich erwähnt. Von ihm erfahren wir nur indirekt über den hl. Josef. In seiner Heimatstadt Nazaret kannte man Jesus uns seine Eltern und sagte über ihn:

Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab. (Mk 6,3)

Matthäus formuliert ähnlich:

Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria und sind nicht Jakobus, Josef, Simon und Judas seine Brüder? Leben nicht alle seine Schwestern unter uns? Woher also hat er das alles? (Mt 13,55-56)

Aus diesen Stellen erfahren wir, dass Josef Zimmermann war und dass auch Jesus von ihm dieses Handwerk gelernt hatte. Ob Josef selbständig war oder wie groß sein Betrieb war, wissen wir nicht. Was wir bei Lukas über die Kindheit Jesu hören, lässt aber darauf schließen, dass Josef eher ein einfacher Handwerker war, der von seinem Gewerbe leben konnte, aber damit nicht reich wurde. Darauf weist das Einfache-Leute-Opfer von zwei Tauben hin, das die Eltern bei der Darstellung Jesu im Tempel darbringen.

Bereits die frühe Kirche glaubte, dass Josef nicht der leibliche Vater Jesu war. Schon immer galt Jesus als der Sohn Gottes, und das bedeutet, dass er zwar aus einer Frau geboren war, aber nicht von einem menschlichen Vater gezeugt wurde. Gott hat ihn auf wunderbare Weise im Leib Mariens entstehen lassen.

Für Josef war es nicht leicht, die Schwangerschaft Mariens anzunehmen. Es galt als Schande, wenn eine Frau schwanger wurde, bevor sie verheiratet war und diese Schande fiel auch auf den Mann, der mit ihr eine Verbindung einging. Maria war bei ihrer Schwangerschaft mit Josef verlobt, aber Josef wusste sicher, dass das Kind nicht von ihm sein konnte. Wie sollte er mit dieser Situation umgehen? Um der öffentlichen Schande zu entgehen, wäre es am besten gewesen, wenn er sich von Maria getrennt hätte. Wir wissen nicht, ob Maria ihm sogleich die Geschichte mit dem Engel erzählt hat, und wenn ja, selbst einem frommen Mann fällt es schwer, so etwas zu glauben. Doch auch ihm erscheint ein Engel, und dann versteht er.

Wenn wir die beiden Berichte von Lukas und Matthäus vergleichen, so fällt uns auf, dass bei Lukas Maria im Zentrum des Geschehens steht. Ihr erscheint der Engel. Sie spricht ihr Ja zu Gottes Willen. Josef braucht keine Erklärung. Er steht an der Seite Mariens. Anders bei Matthäus. Hier ist es Josef, dem im Traum mehrmals ein Engel erscheint, um ihm zu sagen, was er tun soll. Von einer Begegnung Marias mit einem Engel erfahren wir bei Matthäus nichts. Hier ist es Josef, der sein “fiat” zum Willen Gottes gibt. Doch das geschieht anders als bei Maria im Lukasevangelium. Ihm tritt nicht der Erzengel Gabriel leibhaftig gegenüber, sondern es erscheint ihm ein namenloser Engel im Traum. Ist er uns dadurch aber nicht umso näher? Dass ein Erzengel leibhaftig einem Menschen erscheint, ist etwas Einmaliges. Doch dass ein Engel zu einem Menschen im Traum spricht, das kann jedem passieren. Wir merken es vielleicht nur nicht immer. Joseph hört die Stimme Gottes, der durch einen Engel im Traum zu ihm spricht. Bitten wir den heiligen Joseph um seine Fürsprache, dass auch wir zu solch hörenden Menschen werden.

Mehr zum hl. Josef lesen Sie hier.

Heiliger Patrick

Die Lebensgeschichte des Heiligen Patrick ist eine Geschichte voll Hoffnung. In einer Zeit des Niedergangs, in der altgewohnte Strukturen zerbrachen, neue Völker die Herrschaft übernahmen und der Blick in die Zukunft ungewiss war, trägt er den Glauben an den einen Gott weiter an Völker, die diesen Gott bisher nicht kannten. Eine neue christliche Nation entsteht, aus der später wiederum Glaubensboten ausziehen werden, um den Glauben in anderen Gegenden zu stärken. Gottes Wege mit dem Menschen führen auch mitten durch die Umbrüche unserer Zivilisation hindurch. Aber Gott braucht Menschen, die sich ganz auf ihn einlassen und ihm nachfolgen, damals wie heute.

Ich ging mit der Kraft Gottes, der mir den Weg zum Guten in mir wies.

Dieser Satz aus der Lebensgeschichte des hl. Patrick kann auch für jeden von uns wegweisend sein. Gottes Kraft führt jeden, der bereit ist, sich führen zu lassen. Wenn auch die Wege Gottes mit den Menschen manchmal unergründlich scheinen, Gott will stets das Gute in uns zur Entfaltung bringen, was in uns grundgelegt ist. Auch wenn der Weg mit Gott manchmal hart erscheint, am Ende steht die Fülle des Glücks.

Mehr zum hl. Patrick finden Sie hier.