Mariä Lichtmess

Er, der heiligt, und sie, die geheiligt werden, stammen alle aus Einem; darum schämt er sich nicht, sie Brüder zu nennen und zu sagen: Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkünden, inmitten der Gemeinde dich preisen; und ferner: Ich will auf ihn mein Vertrauen setzen; und: Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir geschenkt hat. Da nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hat auch er in gleicher Weise daran Anteil genommen. (Hebr 2,11-14)

Gott wird Mensch, weil er so seiner Schöpfung am nächsten sein kann. Gott hat die Welt erschaffen und steht von Anfang an mit ihr in einer engen Beziehung. Vielfältig und auf vielerlei Weise hat er seit Anbeginn zu den Menschen gesprochen. Aber all diese Offenbarungen überbietet jene, die Gott in Jesus Christus gebracht hat. Aber wer ist Jesus Christus? Kann Gott sich wirklich so erniedrigen, wie er es in Jesus Christus getan hat, dass er selbst Mensch wird? Dieses Geheimnis ist schon immer vielen unverständlich. Vielleicht haben wir uns nur zu sehr daran gewöhnt, dass es uns so selbstverständlich erscheint. Ein Gott, der Mensch wird, verletzlich, sterblich, schwach in den Augen der Menschen, der sogar am Kreuz stirbt, kann niemals selbstverständlich sein.

Menschen wollen lieber starke Götter, Geistwesen, die sich nicht mit der Welt des Menschlichen verbinden. Auch im Christentum hat es immer wieder Lehren gegeben, die Jesu Menschheit im Vergleich zu seiner Göttlichkeit als vernachlässigbar betrachtet haben oder sein Menschsein gar nur auf einen Scheinleib reduziert haben, der ihm lediglich als Hülle gedient hat. Andererseits gab es auch viele, die das Gottsein Jesu abgelehnt haben im Hinblick auf seine Menschlichkeit. Nur das Geistige zählt, dachten viele. Ihnen standen die Engel näher, die wie das Göttliche reine Lichtwesen waren und nicht mit der Materie vermengt.

Aber christlicher Glaube sieht die Welt anders. Göttliches und Weltliches stehen nicht im Widerspruch zueinander. Gott hat die Welt erschaffen und wohnt selbst in ihr. Alles in der Welt kann auf das Göttliche verweisen. Und weil die Welt Gott so nahe steht, kann er auch selbst in ihr Wohnung nehmen. In Jesus Christus kommt Gott selbst in diese Welt und als Jesus Christus zum Vater zurückkehrt, nimmt er auch sein Menschsein mit und sendet den Heiligen Geist, der unverwüstlich in der Welt Göttliches wirkt.

Die Menschwerdung Gottes ist angemessen, weil Gott die ganze Schöpfung zu sich führen will. Die ganze Geschichte der Menschheit ist nichts anderes als der Ruf Gottes nach dem Menschen. Gott will in inniger Vertrautheit mit dem Menschen leben, ihm seine Nähe und Fürsorge zeigen, ihm alles schenken. Aber der Mensch tut sich so schwer, Gottes Liebe zu erkennen. Er hat andere Ziele, Macht und Reichtum, und mit seiner Gier zerstört der Mensch die schöne und fruchtbare Schöpfung Gottes und er zerstört sich selbst, indem er das Bild Gottes zerstört, das er selbst sein soll.

Gott und Mensch gehören zusammen. Gott will nicht eine unnahbare und erhabene Majestät für den Menschen sein, kein Gott, den Priester im Tempel wegsperren, damit er dem gemeinen Volk ja nicht zu nahe kommt und sie selbst schön ihre Ehrenstellung als Diener Gottes behalten und damit auch ihren Anteil an den reichen Gaben, die das Volk den Göttern spendet. Gott will auch keine rein geistige Wesenheit sein, die nur große Denker ergründen können.

Gott will mitten unter den Menschen sein, er will allen Menschen nahe sein, den Reichen, aber mehr noch den Armen, den Gebildeten, aber mehr noch den Einfältigen, den Starken, aber mehr noch den Schwachen und Unterdrückten. So hat Jesus gelebt. Er ist unter das einfache Volk gegangen, hat sich der Nöte der Menschen angenommen, hat sich nicht von den Mächtigen bestechen lassen, sondern ihnen deutlich die Meinung gesagt, hat sich nicht von den Frommen blenden lassen, sondern ihnen den Spiegel vorgehalten, der zeigt, dass vieles an ihrer Frömmigkeit nur trügerischer Schein ist.

In Jesus ist Gott zum Menschensohn geworden, zum Jedermann, zu einem Menschen wie du und ich, er ist zum Bruder der Menschen geworden, der die Menschheit als geschwisterliche Gemeinschaft formen wollte, die eins ist in der Liebe. Er hat vor denen gewarnt, die ihn als Herrn erheben und so aus der Mitte der Menschen fortnehmen wollten, um ihn selbst in Besitz zu nehmen und sich an ihm zu bereichern.

Alle Menschen sind Gottes Kinder, Gott ist unser Vater und wir alle sind Schwestern und Brüder. In Gott sind alle Menschen untereinander verbunden und zugleich mit der Schöpfung. Es gilt nicht mehr die alte Unterscheidung zwischen Bruder und Fremder, sondern alle sind wir Brüder und Schwestern, weil wir alle von Gott stammen. Warum maßen wir uns an, den einen Fremden oder gar Feind zu nennen, den Gott uns zum Bruder oder zur Schwester gegeben hat?

Am Fest Mariä Lichtmess bringen seine Eltern Jesus in den Tempel, um das vorgeschriebene Reinigungsopfer darzubringen. Wie jeder jüdische Junge wird Jesus durch die Beschneidung in das Volk Gottes aufgenommen. Jesus –  ganz Mensch und doch Gottes Sohn. In seinem Leben wird er uns zeigen, wie Gott den Menschen gewollt hat. Er zeigt uns, wie auch wir leben können, um eine Welt zu gestalten, in der Gottes Bild lebendig wird.

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