Denn lebendig ist das Wort Gottes, wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenken und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens; vor ihm bleibt kein Geschöpf verborgen, sondern alles liegt nackt und bloß vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schulden. (Hebr 4,12-13)
Gottes Wort ist nicht irgendein Wort, es ist nicht wie ein Menschenwort, das gesprochen wird und wieder verhallt. Gottes Wort ist wirksam und machtvoll. Es ist schärfer als jedes Schwert und dringt durch die Grenze von Körper und Geist. Es trifft den Menschen in der Mitte seines Menschseins und fordert ihn zu einer Entscheidung heraus.
Was ist machtvoller auf der Erde zu betrachten als die Kraft eines ausbrechenden Vulkans? Mir schien dies als ansprechendes Beispiel dafür, die Macht des Wortes Gottes zu symbolisieren. Der Mensch kann die Kraft aktiver Vulkane nicht bezwingen. Er kann sich nur rechtzeitig in Sicherheit bringen, sonst verbrennt er in der Glut der heißen Lava. Auch Gottes Wort brennt im Menschen, aber es verbrennt ihn nicht. Vielmehr reinigt es den Menschen, der sich seiner Kraft aussetzt.
Wenn wir in eine Kirche gehen, erfahren wir leider nur wenig von der Kraft des Wortes. Seine Kraft wurde im Laufe der Geschichte zu bändigen versucht. Die verzehrende Glut brennt lieblich und geordnet in den Flämmchen der Altarkerzen. Gottes Wort auf Sparflamme in den immer gleichen Floskeln der Priester und Lektoren. Worte ohne Kraft, die nur selten die Herzen der Menschen treffen.
Wie können wir Gottes Wort seine Kraft zurückgeben? Versuchen wir einmal, alles was wir bisher über Gottes Wort gehört haben, beiseite zu legen, all die frommen Erklärungen, mit denen Gottes Wort schön und handlich verpackt worden ist, dass wir uns daran nicht verbrennen. Nehmen wir die Hülle weg, auch wenn sie noch so fromm und ehrfurchtgebietend erscheinen mag. Legen wir den Kern frei und dann werden wir das Feuer spüren. Je näher wir dem Kern kommen, umso heißer wird es, je mehr Hülle wir entfernen, desto wahrscheinlicher ist es, dass seine Kraft zum Ausbruch kommt.
Feuerzungen waren es, in denen der Heilige Geist an Pfingsten auf die Apostel herabgekommen ist, keine weißen Federn oder flauschige Wölkchen. Nur im Feuer liegt die Kraft, die Herzen zu verändern. Nicht umsonst wird Jesu Herz als Flamme dargestellt – oft leider etwas kitschig, aber es ist eben nicht leicht, eine geistige Wirklichkeit von solcher Kraft bildlich darzustellen. Auch viele Erklärungen bringen uns nicht weiter, da man beim Erklären leicht wieder in die Floskeln verfällt und das Feuer mehr umhüllt als es freizulegen.
Vielleicht hilft es, diesen Vers bewusst als Einstieg der täglichen Bibellektüre voranzustellen. Und Vorsicht: wenn ich die Bibel öffne, hantiere ich mit Feuer. Ihre Worte sind dazu gesprochen und aufgeschrieben, mich zu durchdringen und zu verwandeln. Ich will mich formen lassen von ihrer Kraft.