Und sie brachten das Fohlen zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere aber Büschel, die sie von den Feldern abgerissen hatten. (Mk 11,7-8)
Ein auf einem Esel reitender Rabbi, dem seine Schüler zu Fuß folgen, ist zur Zeit Jesu kein ungewöhnliches Bild. Doch was hier geschieht hat eine ganz andere Dimension. Wahrscheinlich haben die Menschen in Jerusalem schon früh davon erfahren, dass Jesus kommt. Man hat sicher schon viel von diesem Wunderheiler aus Galiläa gehört. Nun ist er da und die Begeisterung der Menge ist groß. Und wenn es anfangs vielleicht nur einige wenige waren, die Jesus begrüßt haben, eilen sicher bald viele andere herbei, um zu sehen, was hier geschieht, und schließen sich den Jubelrufen an.
Auch gewöhnliche Pilger wurden mit Jubelrufen in Jerusalem empfangen, doch der Ruf, der hier erschallt, ist mehr als nur ein Begrüßungsruf für gewöhnliche Pilger. Einige haben verstanden, was hier geschieht. Die Verheißung der Propheten geht in Erfüllung, der Messias kommt in seine Stadt. Das Ausbreiten von Kleidern und Büscheln verstärkt als Gestus die Huldigung. Ebenso wurde der alttestamentliche König Jehu empfangen, nachdem von Elischa gesalbt worden war (2Kön 9,13).
Die Leute, die vor ihm hergingen und die und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe! (Mk 11,9-10)
Der Ruf “Hosanna” hat sich in seiner Bedeutung gewandelt von einem ursprünglichen Flehruf (“Hilf doch!”) zu einem Huldigungsruf an den, von dem Hilfe erwartet wird. Er findet sich in Psalm 118 (“Hosanna! Gesegnet, der da kommt im Namen des Herrn!” Ps 118,25-26). Die Menge jubelt Jesus mit diesem Ruf als dem ersehnten Messias zu. Gerecht, siegreich und demütig ist dieser Messias gemäß der Prophezeiung des Sacharja. Gerecht, weil er den Willen Gottes tut, siegreich, weil Gott ihm beisteht und rettet aus der Not, demütig, weil er sich nicht über andere erhebt, sondern sich mit den Armen und Schwachen solidarisiert.
Der Ruf der Menschen in Jerusalem wird auch der Jubelruf unserer Befreiung. Das, was in den nächsten Tagen dort geschehen wird, wird die Welt verändern und macht den Weg frei zum neuen, ewigen Leben.
Begraben mit Dir durch die Taufe, Christus unser Gott, sind wir des unsterblichen Lebens gewürdigt durch Deine Auferstehung, und singen und rufen Dir zu: “Hosanna in den Höhen! Gesegnet, der da kommt im Namen des Herrn!” (Gebet der Ostkirche)
Die Hoffnung auf den Anbruch der Gottesherrschaft als Wiederherstellung des Königtums David wird durch den zweiten Teil des Rufes zum Ausdruck gebracht. Eine weit verbreitete Vorstellung sah den Messias als neuen König David, der für Israel das Reich wiederherstellt. Viele werden nun genau das von Jesus erwartet haben, als er in “seine” Stadt Jerusalem einzieht. Jesus schweigt zu den Rufen der Menge. Er weiß, dass er als Messias jetzt nicht so die Herrschaft antreten wird, wie es die Menge erwartet. Der Thron, den er besteigen wird, ist das Kreuz. Hier zeigt sich seine Königsmacht. Doch das würden die Menschen jetzt nicht verstehen. So lässt er sie gewähren.