Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe. (Jes 55,10-11)
Der zweite Teil des Buches Jesaja beinhaltet Worte, die ein ansonsten unbekannter Prophet zur Zeit des babylonischen Exils gesprochen hat. Seine Worte wurden als sogenannter Deuterojesaja in das Buch Jesaja integriert. Von ihm stammen unter anderem die Lieder vom Gottesknecht und die hoffnungsvollen Worte über die Befreiung aus dem Exil in Babylon.
Die Verse über die Wirkkraft des Wortes Gottes stehen am Ende des Deuterojesaja. Sie sollen die Aussage des Propheten bekräftigen. Seine Worte sind nicht bloßes Gerede. Wenn Gott spricht, so wohnt seinem Wort auch die Kraft inne, das zu erfüllen, was er verheißen hat. Konkret heißt das hier, dass die Rede von der Befreiung aus dem Exil in Babylon nicht nur ein schöner Text ist, sondern dass diese Befreiung Wirklichkeit werden wird.
Der Prophet nutzt dazu den Vergleich mit Regen und Schnee. Bedenken wir einmal, wie lebenswichtig es ist, dass Wasser vom Himmel kommt. Wenn es zu wenig regnet, trocknet die Erde aus, die Pflanzen verdorren, die Fruchtbarkeit geht zurück und irgendwann merken auch wir Menschen, dass das Wasser knapp wird, das wie selbstverständlich aus unseren Leitungen fließt. Wie wichtig ist es, dass es genug regnet, wie zerstörerisch kann zu heftiger Niederschlag sein. Wenn genügend Regen fällt, dann wachsen die Pflanzen, und Mensch und Tier können gut leben.
Im trockenen Land sehnen sich die Menschen nach Regen. In manchen Teilen der Erde ist Regen auf eine bestimmte Jahreszeit beschränkt. Wenn die Erde immer mehr austrocknet, warten die Menschen sehnsüchtig auf den Beginn der Regenzeit. Bleibt sie aus, so führt das meist zu einer katastrophalen Hungersnot. Doch wenn der Regen kommt, wird aus dem ausgetrockneten Land nach kurzer Zeit eine grüne Welt.
So wie die Menschen sich im trockenen Land nach Regen sehnen, so ist auch Gottes Wort ein Sehnsuchtsziel des Menschen. Gottes Wort lässt seine Nähe erfahrbar werden, es zeigt, dass Gott um die Nöte der Menschen weiß und sich ihrer annimmt. Es gibt dem Leben Richtung und Ziel. Dass Gott zu uns Menschen spricht ist irgendwie ein Wunder, wie auch Regen und Schnee irgendwie ein Wunder sind. Regen und Schnee sind zwar einerseits ganz selbstverständliche Ereignisse und wissenschaftlich erklärbare Phänomene. Aber wenn wir etwas genauer hinsehen, entdecken wir wie einzigartig die Kristalle einer Schneeflocke sind oder wie verzaubernd die Stimmung an einem Regentag sein kann.
Gottes Wort bewirkt, was Gott will, es wirkt, so wie Gott es will. Es wirkt zu allen Zeiten, zur Zeit der alten Propheten, zur Zeit Jesu und auch heute. Immer gibt es Menschen, die vom Wort Gottes getroffen werden und dann ihr ganzes Leben nach diesem Wort ausrichten. Das soll uns Mut machen, wenn wir meinen, gerade heute würde das Wort Gottes ungehört verhallen. Machen auch wir uns bereit, sein Wort aufmerksam zu hören.