Auf, werde licht, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir. (Jes 60,1)
Auf, steht auf! So ruft der Prophet eindringlich der Stadt Jerusalem zu. Vorbei ist die Zeit des Wartens auf die Ankunft des Messias, vorbei die Zeit der Dunkelheit. Das Licht ist da. Gott ist erschienen und zu seinem Glanz ziehen alle Völker.
Wir dürfen uns die Worte des Propheten Jesaja auf der Zunge zergehen lassen, sie immer und immer wieder lesen. Sie sind eine unvergängliche Zusage an uns, dass das Licht mächtiger ist als die Finsternis und das Helle kraftvoller als die Schatten. Wir haben keinen Gott, der uns fesselt und niederdrückt, sondern einen Gott, der uns aufrichtet und unseren Blick zum Licht lenkt. Er hat sich selbst klein gemacht, um uns groß herauskommen zu lassen. Stauend dürfen wir das Geheimnis betrachten, das Gottes Liebe uns schenkt. Im Dunkeln geht ein Licht auf und in der Nacht leuchtet ein heller Stern.
Die biblische Tradition kennt die Vision einer Wallfahrt der Völker nach Jerusalem zum Berg Zion. Israel ist das von Gott als Hüter seiner Weisung auserwählte Volk. Wenn Israel diese Weisung treu bewahrt, werden alle Menschen über die Weisheit der Gebote Gottes staunen. Sie werden kommen, um diese Weisheit zu lernen und um den Gott anzubeten, der diese Weisung gegeben hat. So wird Gott seine Weisheit und Herrlichkeit der ganzen Welt offenbaren.
Bereits von König Salomo hören wir, dass die Königin von Saba und andere ferne Herrscher kamen, um Salomos Weisheit zu bestaunen. Die späteren Könige aber strebten nicht so zielstrebig nach der Weisheit, sondern taten oft, was Gott missfiel. Schließlich kam mit der Eroberung Jerusalems das Ende des Königtums in Israel. Nun tritt in der Prophetie immer mehr die Erwartung des Messias in den Vordergrund. Gott wird einen neuen Herrscher aus dem Haus Davids erwecken, der gerecht ist und nach Gottes Weisung das Volk regiert.
Wenn Matthäus uns in seinem Evangelium von den Weisen aus dem Morgenland berichtet, die gekommen sind, um das göttliche Kind anzubeten, so sieht er genau diese Vision des Propheten erfüllt. Jesus Christus ist der Messias, der lange ersehnte Herrscher aus dem Haus Davids. Mit ihm strahlt das Licht der Weisheit Gottes in die ganze Welt. Daher hat die Kirche diesen Text aus Jesaja auch zur Lesung am Hochfest Epiphanie gewählt. In den Bildern vom Zug der “Heiligen Drei Könige” wird lebendig, was Jesaja voraussah:
Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz. Der Reichtum des Meeres strömt dir zu, die Schätze der Völker kommen zu dir. Zahllose Kamele bedecken dein Land, Dromedare aus Midian und Efa. Alle kommen von Saba, bringen Weihrauch und Gold und verkünden die ruhmreichen Taten des Herrn. (Jes 60,4-6)
Schließen wir uns dem Zug der Weisen aus dem Morgenland an, ziehen wir hin zum göttlichen Kind, in dem Gottes Licht und Weisheit der Welt erschienen ist. Auch wenn der Weg manchmal beschwerlich ist und wir manchmal in die Irre gehen, wie die Weisen, die zunächst beim “falschen” König in Jerusalem angeklopft haben. Immer wieder leuchtet der Stern uns auf und zeigt uns den Weg.