O Immanuel, unser König und Lehrer, du Hoffnung und Heiland der Völker: o komm, eile und schaffe uns Hilfe, du unser Herr und unser Gott.
Der Name Immanuel geht zurück auf eine Verheißung des Propheten Jesaja. Dort heißt es, dass Gott dem zweifelnden Volk folgendes Zeichen geben wird:
Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären, und sie wird ihm den Namen Immanuel geben. (Jes 7,14)
Der Evangelist Matthäus sieht diese Verheißung in der Geburt Jesu Christi erfüllt:
Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. (Mt 1,22-23)
Aber, so wird immer wieder gefragt, warum heißt Gottes Sohn dann Jesus und nicht Immanuel? Weil der Name, den Jesaja verheißt, nicht als Eigenname zu verstehen ist, sondern vielmehr die tiefste Eigenschaft des Gottessohnes beschreibt. Gott wird durch dieses besondere Kind seine Gegenwart unter den Menschen auf unüberbietbare Weise offenbaren.
Matthäus und die anderen Evangelisten zeigen uns, wie Jesus sich als der Gott-mit-uns erweist. Jesus nimmt sich der Menschen an, er sieht ihre Nöte und schenkt Heil und Heilung, Vergebung der Sünden und Heilung der Krankheiten. Er lehrt den Weg zum Leben, nimmt die Sünden der Menschen auf sich und trägt sie an das Holz des Kreuzes. Seine Auferstehung schenkt den Vielen das Leben. Als der Auferstandene ist Jesus der wahre Immanuel, der nun durch alle Zeiten und an allen Orten bei den Menschen ist, wie Jesus selbst in den letzten Worten des Matthäusevangeliums sagt:
Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20)
Für uns mag die Geburt Jesu als Sohn Gottes eine Selbstverständlichkeit geworden sein, zu selbstverständlich. Die Konzentration auf das Wesentliche des Weihnachtsfestes geht unter im allgemeinen Geschenke-Kauf-Marathon und anderen Vorbereitungen für dieses Fest. Doch weil das Wesentliche verlorengeht, erzeugen wir mit all unserer Geschäftigkeit nichts als Leere und wir wundern uns, warum das Fest dann nicht so schön wird, wie es uns all die Werbespots und Reklamebilder versprochen haben.
Halten wir heute noch einmal kurz inne, lassen wir uns die Worte des Propheten zu Herzen gehen. Mit der letzten O-Antiphon sind wir einen Tag vor Heiligabend schon ganz nahe an das Weihnachtsgeschehen herangerückt. Wir stehen kurz davor, dass sich der Kreis zwischen der prophetischen Verheißung und ihrer Erfüllung schließt. Wir haben unseren Blick auf das Wesentliche des Weihnachtsfestes gerichtet: Gott will mitten unter uns gegenwärtig sein. Gott ist mit uns. Diese Verheißung kann im Leben jedes einzelnen Menschen ihre Erfüllung finden. Gott steht an der Tür und wartet darauf, dass auch du ihn in dein Leben lässt.
Mit dem sehnsuchtsvollen Ruf, der diese Antiphon abschließt, bitten wir eindringlich darum, dass die Gegenwart Gottes unter den Menschen auch heute erfahrbar werde, in einer Welt, die von so vielen Konflikten und Ungerechtigkeiten erschüttert wird, im Leben der Menschen, die entwurzelt sind und keine Heimat haben, aber auch im Leben derer, die sorglos in ihrer Wohlstandswelt dahinleben.
Komm Herr, zeige deine Gegenwart, rüttle uns wach, öffne unsere Augen, Geist und Sinn, dass wir erkennen, was um uns herum geschieht, dass wir aufstehen, und für Gerechtigkeit eintreten. Lass uns deine Gegenwart erfahren und mach uns zu Zeugen dafür, dass du der Immanuel bist, der Gott-mit-uns.