Nach den schweren Christenverfolgungen unter Kaiser Marc Aurel brachte die Regierung seines Nachfolgers Commodus (180 bis 192) den Christen etwas Ruhe. Unter diesen günstigen Umständen bekehrten sich auch zunehmend vornehme Römer zum Christentum. Dennoch kam es auch weiterhin zu meist lokal begrenzten Christenverfolgungen. Dabei wurde auch Apollonius, der von einem seiner Sklaven wegen seines christlichen Glaubens angezeigt wurde, verhaftet. Gegen ihn kam es zu einem Gerichtsverfahren vor dem Prokonsul Perennis. Über das Leben des Apollonius wissen wir wenig. Er war Alexandriner von Geburt und ein philosophisch gebildeter Römer aus vornehmem Haus. Wegen seiner ausführlichen Verteidigungsrede hat er den Beinamen „der Apologet“ erhalten.
Apollonius wird angeklagt, gegen einen Senatsbeschluss, der das Christentum verbietet und Opfer vor den Göttern und dem Standbild des Kaisers vorschreibt, zu verstoßen. Er macht deutlich, dass der Gott der Christen der Schöpfer von allem ist und ein Christ auch ohne diese Opfer ein gerechter Staatsbürger sein kann:
Ich bin Christ und darum verehre und fürchte ich Gott, der Himmel und Erde und das Meer und alles, was darin ist, gemacht hat. Wer von den gerechten, guten und bewundernswerten Geboten Gottes seinen Sinn abwendet, der ist gesetzlos, sündhaft und in Wahrheit gottlos; wer aber von jeder Ungerechtigkeit, Gesetzlosigkeit, Götzendienerei und von bösen Gedanken sich abwendet, die Herrschaft der Sünden flieht und nicht mehr zu ihnen zurückkehrt, ein solcher ist gerecht.
Der Prokonsul Perennis aber verlangt ein Opfer vor den Göttern und dem Standbild des Kaisers, mit dem Apollonius seine Loyalität gegenüber Kaiser und Reich zum Ausdruck bringen soll. Dies kann Apollonius als Christ nicht leisten. Er erklärt Perennis vielmehr, was ein wahres Opfer ist:
Ein unblutiges und reines Opfer bringen ich und alle Christen dem allmächtigen Gott dar, dem Herrn über Himmel und Erde und alles, was Leben hat, ein Opfer, das besonders in Gebeten besteht für die geistigen und vernünftigen Ebenbilder, die von der göttlichen Vorsehung zum Herrschen auf Erden eingesetzt sind. Darum beten wir täglich nach Vorschrift rechten Gebotes zu Gott, der im Himmel wohnt, für Commodus, der auf dieser Erde herrscht, indem wir sicher wissen, dass er nicht von einem anderen, sondern einzig nach dem Willen des unbesiegbaren Gottes, der, wie ich vorhin sagte, alle Dinge umfasst, die Herrschaft auf Erden ausübt.
Nach diesen Worten des Apollonius unterbricht der Prokonsul das Verfahren und setzt es nach drei Tagen unter Anwesenheit einer großen Menge von Senatoren, Ratsherren und Gelehrten fort. Auch vor ihnen bleibt Apollonius fest bei seinem Entschluss, in der Gottesfurcht zu verharren. Er zeigt die Nichtigkeit des Götzendienstes. Was für eine Erniedrigung ist es für den Menschen, sein eigenes Werk als Gott anzubeten. Auch das, was die Natur hervorbringt, ist nicht als göttlich zu verehren. „Dinge, die in den Bauch eingehen und in den Abort ausgeworfen werden“ können nicht göttlich sein, ebenso wenig wie Tiere oder andere Lebewesen. Auch sterbliche Menschen sind keine Götter.
Dass die Christen aber den wahren Gott verehren, zeigt sich darin, dass Verfolgungen ihnen nicht schaden können:
Der Ratschluss Gottes kann von einem menschlichen Ratschluss nicht aufgehoben werden. Denn je mehr man die, welche an ihn glauben, die nichts Übles tun, ohne Recht und Urteil tötet, desto mehr wird ihre Zahl von Gott gemehrt.
Erneut zeigt er, dass Christen ein rechtschaffenes Leben ohne Ausschweifungen führen:
Die Schüler des Logos entsagen täglich den Lüsten, indem sie diese durch Enthaltsamkeit zügeln und sich vornehmen, nach den göttlichen Vorschriften zu leben. … Es gibt auch nicht ein Stücklein ausschweifenden Vergnügens bei uns Christen, vielmehr entfernen wir jeden schändlichen Anblick, der uns zu verführen sucht, aus unseren Augen, damit unser Herz unverwundet bleibe. Bei solchen Lebensgrundsätzen halten wir das Sterben um des wahrhaftigen Gottes willen nicht für ein Unglück, denn was wir sind, sind wir um Gottes Willen. Darum ertragen wir auch alles, um nicht unglückselig zu sterben. Denn ob wir leben oder sterben, wir gehören dem Herrn.
Damit zeigt Apollonius die Zuversicht der Christen. Nichts kann ihnen etwas anhaben, weil sie zum Herrn gehören und der Herr ihnen nahe ist, auch in allen Verfolgungen und Nöten. Sie geben ihr Leben für den Herrn, weil es ein höheres Gut gibt als das irdische Leben: das ewige Leben bei Gott. Das veranlasst Perennis zu der Frage: So entschlossen stirbst du gern? Darauf antwortet Apollonius:
Ich lebe gern, Perennis, jedoch so, dass ich den Tod nicht fürchte aus Liebe zum Leben. Denn nichts ist schätzenswerter als das Leben. Ich meine aber das ewige Leben, das die Unsterblichkeit der Seele ist, die das gegenwärtige Leben gut verbracht hat.
Die Rede von der Unsterblichkeit der Seele und dem ewigen Leben ist für Perennis unverständlich. Sein Denken unterscheidet sich grundlegend von dem des Apollonius. Auch was die Rede vom Logos – einem Begriff aus der griechischen Philosophie – angeht, unterscheiden sich christliches und heidnisches Denken grundlegend. So werfen auch einige der anwesenden Gelehrten Apollonius Irrtum vor. Für die Heiden ist „der Logos Gottes der Erzeuger des Leibes und der Seele, der erkennt und lehrt, was Gott angenehm ist.“ Apollonius aber sagt über den Logos, dass er „für ein sehendes Herz wie das Licht für sehende Augen ist. Wenn einer aber zu unempfänglichen Menschen über ihn spricht, so nützt das ihnen nichts, ebenso wie einem Blinden das Licht nichts nützt, wenn es für ihn aufleuchtet.“ Der wahre Logos ist Jesus Christus.
Dass aber Christus für seine Gerechtigkeit den Tod erleiden musste, ist nichts Ungewöhnliches, denn das ist das Schicksal aller Gerechten. Er führt dabei das Beispiel des Sokrates an und ein Zitat eines unbekannten griechischen Schriftstellers, der sagt, dass „der Gerechte gegeißelt, gefoltert, gefesselt, an beiden Augen geblendet und zuletzt, nachdem er alles Üble erlitten hat, gekreuzigt werden wird.“ So ist der Tod des Gerechten nicht ein Zeichen für mangelnde Gerechtigkeit, sondern die Folge von Neid und Missgunst der Mächtigen um ihn.
Der Statthalter Perennis ist beeindruckt von den Worten des Apollonius und hätte ihn wohl gerne frei gelassen, aber das verbieten ihm die geltenden Gesetze, die das Opfer vor dem Standbild des Kaisers verlangen, das Apollonius verweigert. Perennis will aber „Humanität walten lassen in der Ausführung der Todesstrafe.“ Daraufhin stirbt Apollonius den Märtyrertod durch Enthauptung.