An allen drei Lesejahren hören wir am zweiten Sonntag der Osterzeit einen Text aus der Apostelgeschichte, der das Leben der jungen Kirche schildert. In diesen Texten wird deutlich, wie die Frucht der Barmherzigkeit lebendig werden kann.
Die Gläubigen hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten. … Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. (Apg 2,42.43)
Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam. Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen. Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. (Apg 2,32-34a)
Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder im Volk. … Die Kranken trug man auf die Straßen hinaus und legte sie auf Betten und Bahren, damit, wenn Petrus vorüberkam, wenigstens sein Schatten auf einen von ihnen fiel. Auch aus den Nachbarstädten Jerusalems strömten die Leute zusammen und brachten Kranke und von unreinen Geistern Geplagte mit. Und alle wurden geheilt. (Apg 5,12a.15-16)
Die junge Kirche bildet eine starke Gemeinschaft. Zunächst sehen wir eine tiefe Verankerung der Gemeinde in Jesus Christus. An seiner Lehre, die durch die Apostel überliefert wurde, halten alle fest und die Gläubigen versammeln sich zum Gebet und zur Feier der Eucharistie. Wir sehen auch den festen inneren Zusammenhalt der Gemeinde. In einer Gesellschaft, die keine sozialen Sicherungssysteme kannte, sorgte man hier füreinander, so dass keiner Not litt. Der Dienst der jungen Christen geht aber auch nach außen und zeigt sich in der Verkündigung und der Sorge um Kranke und Notleidende außerhalb der Gemeinde.
Die Apostelgeschichte zeigt uns, wie Barmherzigkeit konkret werden kann. Barmherzigkeit hat ihren Ursprung in der uns von Christus zugesagten Vergebung der Sünden. Wir sind hinein genommen in die Gemeinschaft mit Gott. Aus dieser Bindung an Gott geht der Zusammenhalt der Gläubigen hervor und erwächst der Dienst jedes einzelnen an den Brüdern und Schwestern innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft.
Maximus der Bekenner sagt:
Gott tat Außerordentliches, um die Menschen zu sich zurückzuführen, und hat uns den höchsten Beweis seiner unendlichen Güte gegeben. … Das göttliche Wort hat nicht nur mit der Macht seiner Wunder unsere Krankheiten geheilt, sondern auch die Gebrechlichkeit unserer Leidenschaften auf sich genommen und unsere Schuld durch die Qual des Kreuzes bezahlt, als ob er, der Unschuldige, schuldig gewesen wäre. Er hat und von zahlreichen und schrecklichen Sünden erlöst. Auch hat er uns mit vielen Beispielen angespornt, ihm ähnlich zu werden im Verständnis, in der Freundlichkeit und in der vollkommenen Liebe zu den Brüdern.
Der heilige Klemens von Rom bittet in seinem Brief an die Korinther Christus:
Leite unsere Schritte, dass wir wandeln in Heiligkeit des Herzens.
Papst Franziskus ruft die Kirche dazu auf, Gottes Barmherzigkeit erfahrbar werden zu lassen:
Es ist entscheidend für die Kirche und für die Glaubwürdigkeit ihrer Verkündigung, dass sie in erster Person die Barmherzigkeit lebt und bezeugt! Ihre Sprache und ihre Gesten müssen die Barmherzigkeit vermitteln und so in die Herzen der Menschen eindringen und sie herausfordern, den Weg zurück zum Vater einzuschlagen. Die erste Wahrheit der Kirche ist die Liebe Christi. Die Kirche macht sich zur Dienerin und Mittlerin dieser Liebe, die bis zur Vergebung und zur Selbsthingabe führt. Wo also die Kirche gegenwärtig ist, dort muss auch die Barmherzigkeit des Vaters sichtbar werden. In unseren Pfarreien, Gemeinschaften, Vereinigungen und Bewegungen, das heißt überall wo Christen sind, muss ein jeder Oasen der Barmherzigkeit vorfinden können.