Geduld (4)

In seiner Auslegung der Texte zum Ersten Fastensonntag spricht Klaus Berger davon, dass es gerade die Ungeduld des Menschen war, die zum Sündenfall geführt hat. Gott hat Adam und Eva ein Verbot ausgesprochen, nicht vom Baum des Lebens und vom Baum der Erkenntnis zu essen. Gott tat dies nicht, um dem Menschen etwas vorzuenthalten. Es ließe sich sicher nicht zu Unrecht behaupten, dass Gott dieses Verbot nur für eine gewisse Zeit ausgesprochen hat. Sicher hätte er dem Menschen einmal gewährt davon zu kosten – wenn die Zeit dafür reif gewesen wäre. Doch der Mensch hatte keine Geduld. Alles und jetzt sofort, dieses Streben steckt in jedem Menschen und daher hatte der Versucher leichtes Spiel.

Kennen wir das nicht auch an uns, dass wir ungeduldig sind, alles haben möchten und zwar am liebsten sofort? Wir können nicht warten, bis uns etwas geschenkt wird. Doch viele Dinge kann man nur als Geschenk erhalten. Das größte Geschenk ist die Liebe. Sie lässt sich nicht erzwingen und nicht kaufen. Liebe kann nur freiwillig geschenkt werden.

Um wirklich liebende Menschen zu werden, müssen wir lernen, Geduld zu haben – mit uns und mit anderen. Geduld mit uns, dass wir im Leben vieles lernen müssen, Erfahrungen sammeln, um so zu reifen Menschen zu werden. Geduld mit anderen, da jeder Mensch eine eigenständige Persönlichkeit ist und eben manchmal anders denkt und handelt als wir es erwarten.

Geduld lernen, könnte das nicht ein Vorsatz für diese Fastenzeit sein? Jesus sagt einmal:

In patientia vestra possidebitis animas vestras. – In eurer Geduld werdet ihr das Leben gewinnen. (Lk 21,19)

Wir aber sind oft zu sehr in uns gefangen, können nicht loslassen, sind ungeduldig. Viele Dinge im Leben – besonders die wichtigen – brauchen aber ihre Zeit, um zu reifen. Wir brauchen Ausdauer, wenn wir wirklich vorankommen wollen im Leben. Manchmal geben wir vielleicht kurz vor dem Ziel auf. Manchmal mag eine Lebenssituation so anstrengend und quälend sein, dass wir einen schnellen Ausweg suchen, der uns aber nicht weiter bringt. Später erkennen wir dann vielleicht, dass sich durch eine unerwartete Wendung der Umstände ein großer Gewinn für uns ergeben hätte – wenn wir doch etwas geduldiger gewesen wären.

Abwarten können, den richtigen Zeitpunkt erkennen, aber auch zu erkennen, wenn es sich nicht lohnt, etwas zu verfolgen – auch das gibt es ja, dass wir unsere Ausdauer in Dinge stecken, die einfach unerreichbar oder nicht wirklich erstrebenswert sind. Hier müssen wir immer wieder lernen, auch einmal umzudenken, müssen bereit sein, gewohnte Strategien im Leben zu hinterfragen, ob sie wirklich zielführend sind. Wer kennt das nicht, dass man immer wieder in dasselbe Pechnäpfchen tritt. Hier läuft etwas falsch in unserem Kopf, das müssen wir erkennen und ändern, auch das braucht Geduld.

Wir müssen aufhören, wie ein Huhn mal da und mal dort zu picken, um schnell ein Korn zu erwischen. Wenn wir wirklich den großen Gewinn im Leben machen wollen, müssen wir erkennen, was wirklich wichtig ist, was wir wirklich wollen, wohin unser Sehnen geht, ein Ziel, das zu erreichen uns wirklich glücklich macht. Und dann gilt es, unsere ganze Kraft dazu aufzubringen, dieses Ziel zu erreichen – und die nötige Ausdauer und Geduld.