Korbinian

Der Bär des Korbinian gehört zum Wappen des Erzbistums München-Freising und findet sich auch im Papstwappen Benedikt XVI. Anlässlich seines Besuches in München sagte Benedikt XVI. am 9. September 2006 auf dem Münchner Marienplatz:

„Vielleicht darf ich bei dieser Gelegenheit einen Gedanken wieder aufgreifen, den ich in meinen kurzen Erinnerungen im Zusammenhang meiner Ernennung zum Erzbischof von München und Freising dargestellt hatte. Ich sollte ja Nachfolger des heiligen Korbinian werden und bin es geworden. An der Legende dieses Heiligen hat mich seit meiner Kindheit die Geschichte fasziniert, wonach ein Bär sein Reittier auf seiner Reise über die Alpen zerrissen hat. Korbinian verwies es ihm streng und lud ihm zur Strafe sein Gepäck auf, das er nun bis nach Rom zu schleppen hatte. So musste der Bär, beladen mit dem Bündel des Heiligen, nach Rom wandern und wurde erst dort von Korbinian freigelassen.

Als ich 1977 vor die schwierige Entscheidung gestellt wurde, die Ernennung zum Erzbischof von München und Freising anzunehmen oder nicht … da habe ich viel nachgedacht und mich gerade an diesen Bären erinnert und an die Interpretation, die der heilige Augustinus zu Psalm 73,22 gibt. … In diesem Psalm fragt sich der Psalmist, warum es den schlechten Menschen dieser Welt oft so gut geht und warum es so vielen guten Menschen in der Welt so schlecht geht. Dann sagt der Psalmist:

Ich war dumm, wie ich nachdachte, ich war wie ein Stück Vieh vor dir, aber dann bin ich in den Tempel hineingegangen und habe gewusst, dass ich gerade in meinen Nöten ganz nah bei dir bin und dass du immer mit mir bist.

Augustinus hat diesen Psalm mit Liebe immer wieder aufgenommen und hat in diesem Wort: „Ich war wie ein Vieh vor dir“ (iumentum im Lateinischen) die Bezeichnung für die Zugtiere gesehen, die damals in der Landwirtschaft in Nordafrika üblich waren, und er hat sich selbst in dieser Bezeichnung „iumentum“ als Lasttier Gottes wiedererkannt, sich selbst darin gesehen als einen, der unter der Last seines Auftrages der „sarcina episcopalis“ steht. Er hatte von sich aus das Leben eines Gelehrten gewählt und war, wie er dann sagt, von Gott zum „Zugtier“ Gottes bestimmt worden – zum braven Ochsen, der den Pflug im Acker Gottes zieht, die schwere Arbeit tut, die ihm aufgetragen wird. Doch dann erkannte er: Wie das Zugtier ganz nahe bei dem Bauern ist, unter dessen Führung es arbeitet, so bin ich ganz nahe bei Gott, denn so diene ich ihm unmittelbar für das Errichten seines Reiches, für das Bauen der Kirche.

Auf dem Hintergrund der Gedanken des Bischofs von Hippo ermutigt mich der Bär immer neu, meinen Dienst mit Freude und Zuversicht zu tun – vor dreißig Jahren wie auch nun in meiner neuen Aufgabe – und Tag für Tag mein Ja zu Gott zu sagen: Ein Lasttier bin ich für dich geworden, doch gerade so bin ich „immer bei dir“ (Ps 73,23).

Der Bär des heiligen Korbinian wurde in Rom freigelassen. In meinem Fall hat der Herr anders entschieden. Und so stehe ich also wieder zu Füßen der Mariensäule, um die Fürsprache und den Segen der Muttergottes zu erflehen, nicht nur für die Stadt München und auch nicht nur für das liebe Bayernland, sondern für die Kirche der ganzen Welt und für alle Menschen guten Willens.“ 

Leben mit Gott

Leben mit Gott, das bedeutet, sich nicht über andere zu erheben, andere nicht zu verurteilen.

„Das siebte ist: Verurteile und verdamme niemanden! Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du sieben Stunden am Tag dein Blut vergössest.“

Leben mit Gott, das bedeutet auch, das mit Geduld anzunehmen, was das Leben bringt, auch wenn es oft schwer fällt. Das Leben mit Gott ist nicht ewiger Sonnenschein auf Wolke sieben. Gott kann sich uns überall und in jeder Situation des Lebens zeigen und ist uns immer nahe.

„Das achte ist, dass du mit Geduld entgegennimmst, was Gott über dich verhängt: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du wie St. Paulus in den dritten Himmel entrückt würdest.“

Liebe zu Gott

Es ist für uns alles so selbstverständlich, wenn wir immer wieder hören und auch selbst davon sprechen, dass Christus für uns gestorben ist. Uns fällt es so schwer, die Liebe zu ermessen, die Gott uns erwiesen hat, und wirklich ergriffen zu sein vom Geheimnis dieser Liebe. Albert der Große sagt:

„Das fünfte ist, dass der Mensch einen Tropfen aus lauter Liebe wegen des Leidens Christi weint: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn seine Nachkommen aus Schmerzen einen Bach so groß wie die Donau weinten.“

Wenn wir nur einen kleinen Schimmer davon bekommen würden, was diese Liebe Gottes für uns bedeutet, dann würde es uns nicht so schwer fallen, Gott auch nur einige Minuten unseres Lebens zu schenken. Wenn wir von Gottes Liebe ergriffen sind, dann lernen wir nicht nur vom Hörensagen und aus Büchern über das Leben mit Gott, dann machen wir uns selbst auf, um unser Leben mit Gott zu leben.

„Das sechste ist: Geh selber zu Gott! Das ist dir nützlicher, als wenn du alle Heiligen und alle Engel, die im Himmel sind, hinsenden würdest.“

Du kannst nicht davonlaufen

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Pilgern ist schon immer bei Menschen beliebt. Im Mittelalter wie heute nehmen viele Menschen beispielsweise die Strapazen des weiten Weges nach Santiago de Compostela auf sich. Pilgern kann das Leben verändern, zu größerer Tiefe führen, aber nur dann, wenn man auch bereit ist, sich wirklich darauf einzulassen. Nicht allein das Laufen an sich macht schon zu einem besseren Menschen.

Dabei nimmt man auf jeden Weg sich selbst mit. Daher ist es das Entscheidende, dass man an sich selbst arbeitet, seine Fehler erkennt und dann auch alles daran setzt, sich zu verändern. Dazu kann auch eine Pilgerreise hilfreich sein. Albert der Große mahnt aber diejenigen zur Vorsicht, die meinen, allein durch körperliche Anstrengung schon zu einem besseren Menschen zu werden. In seiner dritten und vierten Weisung schreibt er:

„Das dritte ist, dass du dich vor Gott demütigst unter alle Geschöpfe. Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du von einem Ende der Welt bis ans andere gingst und deine Fußstapfen von Blut gerötet wären.

Das vierte ist, dass du Gott mit seiner Gnade stets Reue bietest in deiner Seele. Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du von einem Ende der Welt bis ans andere liefst.“

Birkenreiser

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Vor allem im Mittelalter war es ein Zeichen besonderer Frömmigkeit, wenn Menschen sich selbst geißelten, ja solche Übungen wurden sogar als Instrumente des geistlichen Lebens empfohlen. Heute gehört eine solche Leibfeindlichkeit nicht mehr zu einem Zeichen christlicher Frömmigkeit.

Albert der Große zeigt in seiner zweiten Weisung, dass es ein Gott wohlgefälligeres Tun gibt als private Bußübungen. Das Leben an sich bietet schon genug Gelegenheit, Schläge geduldig zu ertragen. Das können unliebsame Worte anderer Menschen sein, oder die Schicksalsschläge, die in keinem Leben ausbleiben.

„Wer ein hartes Wort geduldig erträgt, Lieb und Leid in rechter Demut von Gottes Hand empfängt und beides als Gottes Gabe erkennt: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn er auf seinem Rücken alle Tage einen Wagen voll Birkenreiser zerschlüge.“

Liebesgabe

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Jesus stellt uns im Evangelium die arme Witwe als Vorbild hin. Obwohl das, was sie gibt, materiell fast wertlos ist, hat es einen größeren Wert als alle Spenden der Reichen zusammen:

„Sie haben nur etwas von ihren Überfluss gegeben – diese Frau aber hat alles gegeben.“  

Gott will von uns nicht nur einen Teil von unserem Überfluss,

Gott will nicht nur am Rand in unserem Leben mitspielen,

Gott will uns ganz, weil er selbst sich uns ganz schenken möchte.

Nur wer bereit ist, loszulassen, der bekommt das wahre Gut geschenkt,

und wer bereit ist, sein Leben zu geben, erlangt Leben in Fülle.

Wir wollen in den nächsten Tagen zwölf Weisungen Albert des Großen betrachten. Die erste von ihnen passt gut zum heutigen Evangelium:

„Wenn einer einen Cent in der Liebe unseres Herrn in diesem Leben gibt, so ist das Gott wohlgefälliger und den Menschen nützlicher, als wenn seine Nachkommen nach seinem Tod so viel Gold und Silber austeilen, um Dome zu bauen, die von dieser Erde bis zum Himmel reichen.“  

Elija und die Witwe von Sarepta (1Kön17)

Not-Zeit

König Ahab und seine Frau Isebel taten, was dem Herrn missfiel. Das Buch der Könige teilt die Könige Israels in gute und schlechte Könige ein, die meisten waren schlecht und König Ahab gehört zu den ganz schlechten. Seine Frau Isebel wurde zum Synonym für die Verführerin zum Abfall vom Glauben an den Gott Israels schlechthin. Sie ließ viele Priester und Propheten des Gottes Israels hinrichten und förderte den Kult des Gottes Baal.

Doch Gott lässt sein Volk nicht im Stich. Im Propheten Elija schickt er einen ebenso mächtigen Kämpfer für den wahren Glauben. Das Wort des Elija ist kraftvoll. Es ist Gottes Wort, das bewirkt, was es sagt:

„Es sollen weder Tau noch Regen fallen, es sei denn auf mein Wort hin.“ (1Kön 17,1)

Nun herrscht Dürre in Israel. Immer weitere Teile des Landes trocknen aus, die Not wird immer größer. Erst nach drei Jahren, nach einem triumphalen Erweis der Größe Gottes durch Elija (vgl. 1Kön 18) wird der Herr wieder Regen senden. In den dazwischenliegenden Jahren der Not spielt die Episode von Elija und der Witwe von Sarepta.

Auf nach Sarepta

Elija ist in Israel nicht mehr sicher. Ahab und Isebel setzten alles daran, diesen mächtigen Propheten zum Schweigen zu bringen. Gott schafft für Elija zunächst an dem Bach Kerit östlich des Jordan einen Zufluchtsort. Als aber schließlich auch dieser Bach austrocknet, schickt Gott den Elija nach Sarepta, einer kleinen Stadt am Mittelmeer, die zu Sidon gehört, das im Norden an Israel angrenzt und nicht mehr zum Herrschaftsbereich des Königs Ahab gehört.

Elija macht sich auf den Weg nach Sarepta. Er verlässt den vertrauten Boden des Landes Israel, um im Heidenland zu leben. Er ist ein Ausländer, ein Fremder, den niemand kennt. Und doch findet er schnell Anschluss, Gott sorgt auch dort für ihn:

„Ich habe dort einer Witwe befohlen, dich zu versorgen.“

Begegnung

Elija kommt in Sarepta an und auch die Witwe ist dort. Sie hat keinen Namen, ein Mensch unter vielen. Sie sammelt Feuerholz zum Kochen, eine mühsame Angelegenheit in einem kargen Land, in dem es nur wenige Bäume gibt. Mühsam ist das ganze Leben der Witwe. Auch sie ist scheinbar am Ende, ebenso wie Elija, der aus seiner Heimat fliehen musste. Sie hat nichts mehr zu Hause außer einer Handvoll Mehl und einigen Tropfen Öl, das gerade noch reicht für ein letztes spärliches Mahl.

Sie wird mit sich selbst beschäftigt gewesen sein, mit ihren eigenen Sorgen, als da plötzlich der Fremde vor ihr stand:

„Bring mir ein wenig Wasser zum Trinken! Und bring auch noch einen Bissen Brot mit!“

Elija scheint das Gebot der Gastfreundschaft bis aufs letzte auszureizen. Es war der Witwe sicher anzusehen, dass sie arm war und selbst nichts hatte. Warum geht er nicht zu den Reichen, die ihm nur etwas von ihrem Überfluss abzugeben bräuchten? Warum verlangt er von dieser armen Witwe, dass sie mit ihm ihren letzten Bissen teilt?

Fürchte dich nicht!

Die Witwe hat schon abgeschlossen mit sich, mit der Welt, mit dem Leben. Ein letztes Mahl will sie für sich und ihren Sohn zubereiten und dann sterben. Sie sieht keinen Ausweg mehr. Wer soll ihr jetzt noch helfen? Wer weiß wie viele Menschen sie schon um Hilfe gebeten hat – vergeblich. Es ist niemand da, der ihr Elend sieht.

Doch Gott hat ihr Elend gesehen. Er hat schon Hilfe für sie im Sinn. Doch zuvor muss sie eine schwere Entscheidung treffen. Will sie sich in ihr Elend fallen lassen, das letzte Mahl bereiten und alle Hoffnung aufgeben, oder ist sie bereit, ihren letzten Bissen mit dem Fremden zu teilen? Ist sie bereit dafür, dass ihr Leben eine entscheidende Wendung nimmt?

Elija sagt ihr: „Tu, was du tun willst, nur bereite mir zuerst eine Kleinigkeit zu. Dann kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten.“

Sie soll das letzte hergeben für den Fremden, und dann für sich und ihren Sohn kochen. Aber was, wenn das letzte Häufchen Mehl und der letzte Tropfen Öl weg sind? Kann man den Worten des Fremden trauen:  

„So spricht der Herr, der Gott Israels: Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet.“

Was ist das für ein Mann und was ist das für ein Gott? Haben sie nicht in Sidon ihre eigenen Götter? Was haben sie mit dem Gott Israels zu schaffen? Wenn ihre Götter nicht auf sie schauen, warum sollte dann ein fremder Gott für sie sorgen? Ist die Witwe bereit, auf diesen Gott Israels zu vertrauen?

Sie tut, was Elija ihr sagt. Sie wird nicht enttäuscht. Im Teilen erfährt die Witwe einen Reichtum, wie sie ihn bisher nicht kannte. Alle drei – Elija, die Witwe und ihr Sohn haben viele Tage genug zu essen.

Nachspiel

Hier könnte die Geschichte von Elija und der Witwe zu Ende sein. Doch ihr Glaube wird noch einmal auf eine harte Probe gestellt. Ihr Sohn wird plötzlich krank, steht kurz vor dem Tod.

„Was habe ich mit dir zu schaffen, Mann Gottes?“

Wir können die Wut der Frau verstehen. Sie hatte schon abgeschlossen mit dem Leben, dann neue Hoffnung geschöpft und jetzt soll ihr das Kostbarste, das sie besitzt, ihr Kind genommen werden? Dann hätten sie ja gleich beide an Hunger sterben können.

Auch Elija versteht Gott nicht. „Herr, mein Gott, willst du denn auch über die Witwe, in deren Haus ich wohne, Unheil bringen, und ihren Sohn sterben lassen?“

Doch Elijas Glaube ist stark. Er weiß sich in jeder Situation von Gott beschützt. Er weiß, dass Gott die Seinen nicht im Stich lässt. Voll Vertrauen betet er flehentlich für den Sohn der Witwe. Und Gott erhört das Gebet Elijas, das Leben kehrt in den Knaben zurück und Elija gibt ihn seiner Mutter wieder. Nun ist auch der Glaube der Witwe gefestigt:

„Jetzt weiß ich, dass du ein Mann Gottes bist und dass das Wort des Herrn wirklich in deinem Mund ist.“