Kamillus von Lellis (1550-1614)

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Kamillus von Lellis gründete den Orden der “Kamillianer”, die sich besonders der Kranken annehmen. In einem vierten Gelübde versprechen diese, den Kranken zu dienen, auch unter Einsatz des eigenen Lebens.

Jeder soll sich unbedingt davor hüten, den armen Kranken mit Abschätzigkeit oder mit lieblosen Worten zu begegnen. Er soll sie mit Geduld und Liebe behandeln. Denn der Herr hat gesagt: Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan. Daher soll jeder im Kranken die Person des Herrn sehen.

Kolosserbrief (1)

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Der Kolosserbrief nennt Paulus und Timotheus als Verfasser. Wie in anderen Briefen, wird auch hier Paulus als Apostel bezeichnet. Timotheus wird durch seine Klassifizierung als Bruder des Paulus diesem an Würde gleichgestellt. Ungewöhnlich ist die Formulierung heilige Brüder, die nur hier vorkommt. Von ihrer Bedeutung her ist sie aber mit anderen Stellen der Paulusbriefe verwandt, in denen die Gläubigen als Heilige bezeichnet werden.

Die moderne Exegese betrachtet, trotz der Nennung des Paulus im Präskript und dem Hinweis auf den eigenhändig von Paulus geschriebenen Gruß am Ende des Briefes, die paulinische Verfasserschaft des Kolosserbriefes als literarische Fiktion. Sie begründet dies vor allem mit starken Unterschieden in der Christologie und Eschatologie zu anderen Paulusbriefen und sieht in dem Brief ein um das Jahr 70 entstandenes Werk von Paulusschülern. Jedoch können die Unterschiede auch mit einer Weiterentwicklung der theologischen Sichtweise des Paulus selbst und einer Anpassung an die Situation der Gemeinde erklärt werden.

Bereits die Kirchenväter sahen im Kolosserbrief einen späten Brief des Paulus. Wie die Briefe an Philemon, die Philipper und die Epheser zählt der Kolosserbrief zu den sogenannten Gefangenschaftsbriefen, die Paulus, ob real oder fiktiv, aus dem Gefängnis geschrieben hat.

Die Gemeinde in Kolossä war Paulus persönlich nicht bekannt. Der Kolosserbrief ist somit der einzige Paulusbrief, der an eine Gemeinde gerichtet ist, die Paulus weder selbst missioniert hat, noch selbst zu besuchen beabsichtigt. Die Mission war durch Epaphras erfolgt, der im Brief als „geliebter Mitarbeiter“ des Paulus bezeichnet wird und dessen Legitimation somit durch Paulus bekräftigt wird. Er hat Paulus vom Zustand der Gemeinde berichtet und auch von einer Irrlehre, die sich in Kolossä und anderen Gemeinden in der Umgebung ausgebreitet hat.

Der Brief will vor allem die durch diese Irrlehre verunsicherten Christen in ihrem Glauben stärken und die kirchliche Struktur festigen, die durch Paulus und seine Mitarbeiter repräsentiert wird, letztlich aber durch das von Christus legitimierte Apostelamt des Paulus auf Christus gründet. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass der Brief auch in der Gemeinde der Nachbarstadt Laodizea vorgelesen werden soll, gleichwie der Brief an diese Gemeinde, der uns nicht erhalten ist, auch in Kolossä vorgelesen werden soll. Aus diesem Grund sehen manche Exegeten in dem Kolosserbrief eher ein Rundschreiben an mehrere Gemeinden, als einen an eine einzelne Gemeinde gerichteten Brief.

Die phrygische Stadt Kolossä war zu Zeit des Paulus eine eher unbedeutende Kleinstadt. Sie liegt im fruchtbaren Tal des Lykos, eines Nebenflusses des Mäanders, an einer wichtigen Handelsstraße in der Nähe der zu jener Zeit weitaus bedeutenderen Städte Hierapolis und Laodizea. Seine einstige Bedeutung hatte Kolossä verloren, nachdem es mehrmals durch Erdbeben zerstört wurde, woraufhin wichtige Handels- und Verwaltungssitze von dort in sicherere Städte abwanderten. Obwohl es in jener Gegend sicher viele Juden gab, da in Geschichtsquellen berichtet wird, dass Antiochus III. diese dort angesiedelt hatte, bestand die Gemeinde in Kolossä weitgehend aus Heidenchristen.

Die Irrlehre, die damals um sich gegriffen hat, lässt sich anhand der Aussagen des Briefes nicht exakt definieren. Ihr zentraler Bestandteil war offensichtlich die Beachtung der Weltelemente, die als personale Schicksalsmächte gesehen wurden, was eine unchristliche Engellehre zur Folge hatte. Daneben werden asketische Speise- und Sexualgebote und die Forderung nach Beachtung bestimmter Zeiten erwähnt. Möglicherweise war mit dieser Lehre auch die in anderen Paulusbriefen viel diskutierte Forderung nach der Beschneidung der Heidenchristen verbunden. Dies alles bedeutet für Paulus eine Abkehr von Christus, der das Fundament des Glaubens ist, zu dem er die Kolosser zurückführen möchte.

Hl. Benedikt von Nursia

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Ora et labora – bete und arbeite! Das ist der Wahlspruch der Benediktiner, der zwar so nicht in der Regel steht, aber deren Inhalt prägnant wiedergibt. Jeder Müßiggang soll dem Mönch fremd sein. In der Regel des Hl. Benedikt heißt es:

Müßiggang ist der Seele Feind. Deshalb sollen die Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden mit heiliger Lesung beschäftigt sein.

Jeder Tag ist geprägt von einer festen Struktur. Die erste Stelle nimmt das Gebet ein. Die Stunden des Gebets unterteilen den Tag. Zwischen den Gebetszeiten gibt es feste Zeiten für die Arbeit, die zur Zeit des Hl. Benedikt vornehmlich Handarbeit war. Später kamen vor allem Aufgaben in der Seelsorge oder Erziehung hinzu. Natürlich benötigt auch der Mönch Zeiten der Erholung. Nachtruhe, gemeinsame Essenszeiten und gemeinschaftliche Erholung haben ihren festen Platz im Tagesablauf.

An erster Stelle aber steht das gemeinsame Gebet und dabei kommt es nicht nur auf die innere Gesinnung, sondern auch auf die äußere Haltung an. Das Stehen vor Gottes Angesicht, das Benedikt seine Mönche lehrt, kann auch für unseren Alltag hilfreich sein.

Überall ist Gott gegenwärtig, so glauben wir, und die Augen des Herrn schauen an jedem Ort auf Gute und Böse. Das wollen wir ohne jeden Zweifel ganz besonders dann glauben, wenn wir Gottesdienst feiern. Denken wir daher immer an die Worte des Propheten: “Dient dem Herrn in Furcht.” (Ps 2,11) “Singt die Psalmen in Weisheit.” (Ps 47,8) “Vor dem Angesicht der Engel will ich dir Psalmen singen.” Beachten wir also, wie wir vor dem Angesicht Gottes und seiner Engel sein müssen, und stehen wir so beim Psalmensingen, dass Herz und Stimme in Einklang sind. (Regel des Hl. Benedikt)

Hl. Ulrich von Augsburg (890 – 973) Bischof

Ulrich_2Im Jahr 890 wurde Ulrich als Kind einer der vornehmsten Adelsfamilien Oberschwabens geboren. Schon früh wurde er für den geistlichen Stand bestimmt und zur Ausbildung in das Kloster St. Gallen geschickt. Es heißt, dass damals eine Reklusin namens Wiberat prophezeit hat, dass Ulrichs Zukunft nicht im Kloster sein wird, sondern dass Gott ihn zum Regieren bestimmt hat.

Im Alter von etwa 18 Jahren verlässt er St. Gallen und kehrt zu seiner Familie zurück. Er wird Kämmerer unter dem mächtigen Bischof Adalbero, “wegen des Adels seiner Eltern, seiner vortrefflichen Anlagen und seines angenehmen Äußeren”, wie es in seiner Lebensbeschreibung heißt.

Im Jahr 923, Ulrich ist 33 Jahre alt, wird er durch Heinrich I. zum Bischof von Augsburg eingesetzt. Fünfzig Jahre lang wird er nun als Bischof der Kirche von Augsburg und als Reichsfürst dem König in Treue dienen.

Die kirchliche Struktur ist in dieser frühen Zeit des Mittelalters vor allem im ländlichen Raum noch keineswegs gefestigt. Zwar existieren bereits Klöster als geistliche Zentren und Pfarreien, aber es befindet sich vieles noch im Aufbau und ist durch die instabile politische Situation und die räuberischen Einfälle der Ungarn ständig bedroht. Ulrich macht sich zunächst daran, die Stadt Augsburg auf- und auszubauen. Er lässt die Stadtmauern verstärken und baut zerstörte Gebäude wieder auf.

Die kirchliche Ordnung in der Stadt und auf dem Land stärkte er durch regelmäßige Pastoralreisen. Er sorgte für eine fundierte Ausbildung des Klerus und eine tiefgehende Missionierung der Bevölkerung, in der immer noch heidnische Bräuche lebendig waren. Seine Reisen unternahm er mit einem sogenannten Karrensitzer, einem zweirädrigen Wagen mit einer Bank, die an den Seitenwänden mit Eisenhaken eingehängt war.

Mit großem Einsatz kümmerte sich Ulrich um Arme und Kranke.

Menschen auf Tragbahren, auf Schemeln kriechend oder in Rollbetten liegend, befanden sich in seiner Umgebung, und er sorgte für ihren täglichen Unterhalt von den besten Speisen und Getränken.

Auch wenn er auf Reisen war, nahm er die Abendmahlzeit nicht eher ein, als der mit der Armenspeisung beauftrage Kleriker die Bedürftigen bedacht hatte. Den Gebrechlichen aber, die mitgekommen waren, wies man in seiner Nähe Plätze an und Ulrich ließ diese reichlich mit Speisen versorgen. Auch von Krankenheilungen weiß die Lebensbeschreibung des Heiligen zu berichten.

Seine Persönlichkeit war überaus glaubwürdig. Was er von anderen forderte, verlangte er zuvor sich selbst ab. Als Bischof schlief er auf einer Strohmatte, von der er sich nachts aber erhob, um zu beten. Auf bloßer Haut trug er ein raues Untergewand zum Zeichen der Buße. Sein Biograph beschreibt ihn als vorbildlich: bescheiden in der Lebensführung, gastfreundlich vor allem gegenüber den Armen, gewissenhaft in der Amtsführung und der Feier der Liturgie. Gerade die würdige Feier der Heiligen Messe und des Stundengebetes lagen ihm am Herzen und ihre Feier sollte in einem schönen Gotteshaus mit den entsprechend festlichen Gewändern und Utensilien stattfinden. Er machte sich auch daran, möglichst viele Reliquien zu sammeln, denn die Gebeine der Glaubenszeugen gelten bis heute als festes Fundament, auf dem die Kirche errichtet ist.

Als Reichsfürst hatte sich Ulrich auch mit weltlichen Angelegenheiten zu beschäftigen und musste für die militärische Verteidigung im Kriegsfall sorgen. Wie bereits erwähnt, suchten damals die Ungarn immer wieder Süddeutschland mit verheerenden Raubzügen heim. In der berühmten Schlacht auf dem Lechfeld am 10. August 955 wurden sie vor allem auch durch den Einsatz Bischof Ulrichs entscheidend besiegt.

Am 8. August 955 begannen die Ungarn, Augsburg zu belagern. Ulrich hatte innerhalb der Stadtmauern zahlreiche erfahrene Kämpfer zusammengezogen. Ein plötzlicher Ausfall aus dem Osttor überraschte die anreitenden Ungarn. Ulrich selbst ritt mutig auf seinem Pferd mit dem Kreuz in der Hand voraus. In der Schlacht wurde der Anführer der Ungarn tödlich verwundet, woraufhin sich diese zurückzogen. Am nächsten Tag umzingelten sie die Stadt, wagten aber nicht den Angriff. König Otto I. rückte mit einem Heer von 8000 Reitern heran, die Augsburger stellten unter Ulrichs Bruder Dietpald ebenfalls eine kräftige Heeresabteilung. Obwohl zahlenmäßig überlegen, wurden die Ungarn vernichtend besiegt. Doch auch im deutschen Heer gab es viele Tote, unter ihnen Ulrichs Bruder Dietpald und sein Neffe Reginbald. Ulrich bereitete den verstorbenen Helden ein gebührendes Begräbnis.

Mit großer Sorgfalt kümmerte sich Ulrich bis an sein Lebensende um die Kirche in seinem Bistum. Er sorgte sich um die würdige Feier der Liturgie und eine gute Ausbildung der Priester. Alle vier Jahre hielt er in den Hauptorten seiner Diözese Versammlungen ab, spendete die Firmung, visitierte die Geistlichen und sorgte für deren Unterhalt. Viele Kirchenbauten gehen auf ihn zurück, unter anderem der Wiederaufbau des zerstörten Mariendoms und der Kirche St. Afra. Großen Wert legte Ulrich auch auf die Sorge um die Armen und Kranken.

Als am 4. Juli 973 Ulrich starb, wurde er nach mehrtägiger Aufbahrung im Dom nach St. Afra überführt und dort in der bereits zu Lebzeiten von ihm vorbereiteten Grablege beigesetzt. Bereits im Jahr 993 wurde er heiliggesprochen. Er ist der erste Heilige, dessen Heiligsprechung nach einem offiziellen Verfahren in Rom erfolgt ist.

Über sein Leben sind wir bestens unterrichtet durch die “Vita Sancti Uodalrici episcopi Augustani”, die Gerhard, Ulrichs letzter Kaplan und Propst der Augsburger Domkirche, bald nach dem Tod des Heiligen verfasst hat. Diese beginnt mit den Worten:

Gar vielen ist die Kunde von den Wundern, die Christus durch seinen Diener, den heiligen Ulrich, zu Ehren seiner heiligsten Mutter Maria geschehen ließ, oft genug zu Ohren gekommen.

Bis heute sind diese Wunder bekannt geblieben und auch heute noch kommen viele Pilger an sein Grab, um dem Heiligen ihre Anliegen anzuvertrauen.

Paulus – Ruhm im Kreuz

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Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt. (Gal 6,14)

Wir hören heute das Schlusswort des Galaterbriefes. Paulus schreibt es eigenhändig, wie er wenige Zeilen vorher betont. Das ist eine besondere Auszeichnung, die seine Verbundenheit mit den Galatern deutlich machen soll. Die Aussöhnung mit ihnen liegt ihm wirklich am Herzen. Es geht ihm nicht um seinen eigenen Ruhm. Er will nicht, wie er es seinen Gegnern vorwirft, Menschen gefallen, sondern Gott. Ihm geht es um das Heil der Menschen.

Seine Gegner scheinen sich damit gebrüstet zu haben, dass sie die Galater zur Beschneidung „bekehrt“ haben. Paulus hat deutlich gemacht, dass die Beschneidung nichts ist, womit man sich rühmen kann. Allein das Kreuz Jesu Christi ist entscheidend. Unser Ruhm ist, dass Christus für uns gekreuzigt wurde. Worin andere eine Schande sehen, darin sehen wir Christen das Zeichen der Liebe Gottes und unseres Heiles. Durch das Kreuz Jesu Christi eröffnet sich eine neue Dimension. Nicht mehr die Dinge dieser Welt sind entscheidend. Wir leben nun nach anderen Maßstäben.

Unter Welt versteht er hier nicht den Himmel oder die Erde, sondern die irdischen Dinge, das sind Menschenlob, äußere Macht, Ruhm, Reichtum und alles dergleichen, das glänzend zu sein scheint. Dieses nämlich ist für mich tot. So muss der Christ beschaffen sein, dieses Wort muss immerdar in seinen Ohren ertönen. (Johannes Chrysostomus)

Der Christ lebt in der Welt, ist aber nicht mehr von dieser Welt. Seine Heimat ist im Himmel. Die irdischen Dinge besitzen für ihn keinen Wert mehr in sich, sondern nur, insofern sie dem Himmlischen dienen. Er hat sich freigemacht von den Verlockungen dieser Welt und lässt sich allein Locken von den Seligkeiten des Himmels. Das ist das Zeichen der neuen Schöpfung.

Denn es kommt nicht darauf an, ob einer beschnitten oder unbeschnitten ist, sondern darauf, dass er neue Schöpfung ist. Friede und Erbarmen komme über alle, die sich von diesem Grundsatz leiten lassen, und über das Israel Gottes. (Gal 5,15-16)

Dieser Satz ist eine knappe Zusammenfassung dessen, was Paulus im Brief ausführlich dargelegt hat. Mit Jesus Christus ist etwas Neues entstanden. Gott hat seinen Bund mit den Menschen erneuert. Der Bund, den Gott mit Abraham geschlossen hat, bezog sich nicht nur auf Israel, sondern auf alle Menschen. Nun ist die Zeit da, in der sich diese Ausweitung des Bundes vom Volk Israel auf die ganze Welt vollzieht. Die Beschneidung aber hat in diesem neuen Volk Gottes, das sich auf den Glauben an Jesus Christus gründet, keine Bedeutung mehr.

In Zukunft soll mir niemand mehr solche Schwierigkeiten bereiten. Denn ich trage die Zeichen Jesu an meinem Leib. (Gal 6,17)

Noch einmal betont Paulus, welche Stellung er hat. Wie er am Anfang des Briefes seine apostelgleiche Berufung durch Jesus Christus deutlich gemacht hat, so macht er nun deutlich, dass er die Zeichen Jesu an seinem Leib trägt. Was meint er damit? Vielleicht will Paulus mit diesen Worten den Leser am Ende des Briefes noch einmal zum Nachdenken bringen. Das Zeichen Jesu an seinem Leib ist sicher nicht das Zeichen der Beschneidung, das Paulus als Jude trägt. Das Zeichen Jesu ist ein neues Zeichen. Warum aber spricht er hier von einem Zeichen am Leib, wenn er doch vorher so sehr die Geistigkeit des Glaubens betont hat?

Zeichen am Leib, Stigmata, wie es im griechischen Text heißt, kennen wir von manchen Heiligen, so zum Beispiel von Franziskus von Assisi oder Pater Pio. Die Wundmale der Kreuzigung Christi kommen bei diesen Heiligen zum Vorschein. Was nach außen hin als eine besondere Auszeichnung der Heiligkeit erscheint, ist für den Träger der Stigmata ein großes Leiden. Es ist nichts, das man sich wünschen sollte. Wer kann es ertragen, die Zeichen des Leidens Jesu am eigenen Leib zu tragen!

War Paulus auch stigmatisiert, oder meint er hier etwas anderes? Eine weitere Deutung dieser Stelle macht darauf aufmerksam, dass in der Antike religiös motivierte Tätowierungen üblich waren. So waren zum Beispiel die Priesterinnen und Priester gewisser Kulte tätowiert. Die Tätowierung bringt die Zugehörigkeit zu einer Person oder Gottheit zum Ausdruck. Sklaven trugen das Brandmal ihres Herrn, Soldaten oft das SPQR des römischen Reiches. Der selige Heinrich Seuse, in einer späteren Zeit, hat sich mit einer spitzen Feder das Christusmonogramm JHS über seinem Herzen eingeritzt. Es wäre also durchaus möglich, dass Christen sich damals ein solches Erkennungsmal in die Haut brennen ließen.

Am wahrscheinlichsten aber erscheint mir die Deutung, dass Paulus hier die Wunden meint, die er um Christi willen zugefügt bekam. Diese schildert er ausführlich in 2Kor 11,23-33. Wegen seiner Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi wurde er mehrmals ausgepeitscht, geschlagen und gesteinigt, er ist gezeichnet von den Strapazen seiner Reisen, den langen Fußmärschen oft durch karge Landschaften, er ist gezeichnet von den im Gebet durchwachten Nächten und häufigem Fasten. Darin zeigt sich sein Einsatz für Jesus Christus auch körperlich. Das sind die wahren Zeichen des Glaubens am Leib. Dem gegenüber ist die Bescheidung eine lächerliche Kleinigkeit. Die Zeichen, die Paulus am Leib trägt, sind mühsamer erworben und, was das entscheidende ist, nicht bloß äußerer Schein, sondern Ausdruck tiefer Ausdauer und wahrer Frömmigkeit.

Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit eurem Geist, meine Brüder. Amen. (Gal 6,18)

Es ist ein versöhnlicher Gruß, mit dem Paulus den Brief an die Galater abschließt. Lange hat er um die Gunst der Adressaten gerungen und ihnen gegenüber seine Überzeugung verteidigt. Nun geht er davon aus, dass die Galater seine Argumente annehmen und auf seiner Seite stehen. Die hoch emotional aufgeladene Stimmung soll nicht mehr das einträchtige Verhältnis zwischen Paulus und seinen Gemeinden trüben. Nicht allein durch Argumente, auch durch sein Gebet und seine Bitte um den Segen Gottes, will er die Galater vor den Irrlehrern schützen.