Du kannst nicht davonlaufen

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Pilgern ist schon immer bei Menschen beliebt. Im Mittelalter wie heute nehmen viele Menschen beispielsweise die Strapazen des weiten Weges nach Santiago de Compostela auf sich. Pilgern kann das Leben verändern, zu größerer Tiefe führen, aber nur dann, wenn man auch bereit ist, sich wirklich darauf einzulassen. Nicht allein das Laufen an sich macht schon zu einem besseren Menschen.

Dabei nimmt man auf jeden Weg sich selbst mit. Daher ist es das Entscheidende, dass man an sich selbst arbeitet, seine Fehler erkennt und dann auch alles daran setzt, sich zu verändern. Dazu kann auch eine Pilgerreise hilfreich sein. Albert der Große mahnt aber diejenigen zur Vorsicht, die meinen, allein durch körperliche Anstrengung schon zu einem besseren Menschen zu werden. In seiner dritten und vierten Weisung schreibt er:

„Das dritte ist, dass du dich vor Gott demütigst unter alle Geschöpfe. Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du von einem Ende der Welt bis ans andere gingst und deine Fußstapfen von Blut gerötet wären.

Das vierte ist, dass du Gott mit seiner Gnade stets Reue bietest in deiner Seele. Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du von einem Ende der Welt bis ans andere liefst.“

Birkenreiser

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Vor allem im Mittelalter war es ein Zeichen besonderer Frömmigkeit, wenn Menschen sich selbst geißelten, ja solche Übungen wurden sogar als Instrumente des geistlichen Lebens empfohlen. Heute gehört eine solche Leibfeindlichkeit nicht mehr zu einem Zeichen christlicher Frömmigkeit.

Albert der Große zeigt in seiner zweiten Weisung, dass es ein Gott wohlgefälligeres Tun gibt als private Bußübungen. Das Leben an sich bietet schon genug Gelegenheit, Schläge geduldig zu ertragen. Das können unliebsame Worte anderer Menschen sein, oder die Schicksalsschläge, die in keinem Leben ausbleiben.

„Wer ein hartes Wort geduldig erträgt, Lieb und Leid in rechter Demut von Gottes Hand empfängt und beides als Gottes Gabe erkennt: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn er auf seinem Rücken alle Tage einen Wagen voll Birkenreiser zerschlüge.“

Leo der Große (+461)

Leo wurde um 400 in Tuszien, der heutigen Toskana, geboren. Um das Jahr 430 wurde er Diakon der Kirche von Rom und erlangte dort bald eine einflussreiche Position. Nach dem Tod von Papst Sixtus III. wurde Leo im Jahr 440 auf den Stuhl Petri berufen. „Sein Pontifikat, das mehr als einundzwanzig Jahre lang dauerte, war zweifellos eines der wichtigsten Pontifikate in der Geschichte der Kirche.“ (Benedikt XVI.) Bei seinem Tod am 10. November 461 wurde er beim Grab des heiligen Petrus beigesetzt. Seine Reliquien werden auch heute noch in einem der Altäre der Vatikanbasilika bewahrt.

Das Pontifikat Leos des Großen fällt in die unruhige Zeit der Völkerwanderung. In dieser Zeit kommt es Leo zu, sowohl den überlieferten Glauben zu bewahren, als auch die Stadt Rom und die Gläubigen zu beschützen.

„Defensor civitatis”, Verteidiger Italiens und Roms, diesen Titel haben spätere Zeiten dem großen Papst verliehen. Nichts ist mehr geblieben von der einstigen Macht und dem Glanz Roms. Als der Hunnenkönig Attila 452 in Italien einmarschiert, scheint ihm das Land schutzlos ausgeliefert. Doch Leo tritt den wilden Horden der Hunnen unbewaffnet mit einigen Begleitern entgegen und erreicht, dass Land und Stadt von Plünderung und Zerstörung verschont bleiben. Prosper von Aquitanien, ein Zeitgenosse Leos, erwähnt dieses Ereignis in seiner Weltchronik:

„Der selige Papst Leo nahm diesen Auftrag im Vertrauen auf Gottes Hilfe an, da er wusste, dass diese bei frommen Werken niemals fehlt. Es traf dann auch nicht anders ein, als der Glaube erwartet hatte. Denn die ganze Delegation wurde gebührend empfangen, ja der König freute sich so sehr, den Papst zu treffen, dass er nicht nur versprach, den Feldzug nicht zu unternehmen, sondern sogar, nachdem er seine Friedensbereitschaft versicherte, sich über die Donau zurückzuziehen.”

Weniger Erfolg war Leo beschieden, als im Jahr 455 die Vandalen unter ihrem Anführer Geiserich bis vor die Tore Roms gelangt waren und in die schutzlose Stadt einfielen. Das mutige Auftreten des Papstes konnte nicht verhindern, dass die Stadt zwei Wochen lang geplündert wurde, aber er erreichte, dass Rom nicht in Brand gesetzt wurde und dass die Basiliken Sankt Peter, Sankt Paul und Sankt Johannes, in die sich ein Teil der verschreckten Bevölkerung geflüchtet hatte, von der Plünderung verschont blieben.

Doch Gefahr drohte nicht nur von außen. Auch innerhalb der Kirche gab es Irrlehrer, die gegen den wahren Glauben kämpften. Es ging um nichts Geringeres als um die Frage, wer Jesus Christus ist. Schon auf den Konzilien von Nikäa (325) und Konstantinopel (381) und dann auch in Ephesus (431) war das Verhältnis von Gottheit und Menschheit in der Person Jesu Christi und seine Stellung in der Dreifaltigkeit definiert worden. Doch das Ringen um das rechte Verständnis dieses Geheimnisses ging weiter und erreichte schließlich im Konzil von Chalzedon im Jahr 451 einen gewissen Abschluss.

Auf die genauen Abläufe und Inhalte dieser Konzilien einzugehen ist hier nicht möglich. Der Großteil der Streitigkeiten spielte sich im Ostteil des Römischen Reiches ab und der Streit wurde nicht immer mit fairen Mitteln geführt. Bereits im Jahr 449 wurde in Ephesus eine Bischofsversammlung abgehalten, die als Räubersynode in die Geschichte eingegangen ist. Dorthin hatte auch Papst Leo hochrangige Vertreter Roms entsandt, die ein Schreiben des Papstes, den sogenannten Tomus Leonis, verlesen sollten. Doch diese kamen nicht zu Wort, ja wurden sogar brutal aus dem Konzilssaal geworfen.

Der Protest gegen diese Bischofsversammlung war groß, ihre Beschlüsse wurden von der Kirche nicht übernommen und man beschloss, im Jahr 451 in Chalzedon bei Konstantinopel erneut ein Konzil einzuberufen. Hier nun kamen auch die Gesandten Roms zu Wort. Der Tomus Leonis, in dem das Verhältnis von Gottheit und Menschheit in Jesus Christus definiert wurde, kam zur Verlesung und wurde mit großer Zustimmung von den anderen Bischöfen angenommen.

„Petrus hat durch Leo gesprochen.“

Die Autorität Roms in Fragen des Glaubens wurde somit von den anwesenden Bischöfen bestätigt.

Leo der Große war vor allem auch eines: Hirte und Seelsorger für die ihm anvertraute Herde. Eine Sammlung von etwa 100 Predigten ist uns von ihm überliefert. In einem prächtigen und klaren Latein abgefasst, zeigen sie uns den Papst in seiner ganzen Größe, wie er sich durch die unermüdliche Verkündigung des Wortes, die ihn gleichzeitig als Theologen und als Hirten zeigt, dem Dienst der Wahrheit in der Liebe zuwendet. In einem Rom, das unter Hungersnot, dem Zustrom von Flüchtlingen, unter Ungerechtigkeit und Armut zu leiden hatte, ermunterte er zu tätiger Nächstenliebe und zu einem wahrhaft christlichen Leben.

„Christ, erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden, kehre nicht zu der alten Erbärmlichkeit zurück und lebe nicht unter deiner Würde. Denk an das Haupt und den Leib, dem du als Glied angehörst! Bedenke, dass du der Macht der Finsternis entrissen und in das Licht und das Reich Gottes aufgenommen bist. Durch das Sakrament der Taufe wurdest du ein Tempel des Heiligen Geistes. Verjage nicht durch deine Sünden den hohen Gast, der in dir Wohnung genommen hat. Unterwirf dich nicht wieder der Knechtschaft Satans; denn der Preis für deine Freiheit ist das Blut Christi.“

„In der Kraft dieses christologischen Glaubens konnte er Frieden und Liebe vermitteln. So zeigt er uns den Weg: im Glauben lernen wir die Liebe. Lernen wir also mit Leo dem Großen an Christus, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist, zu glauben und diesen Glauben jeden Tag zu leben, indem wir unserem Nächsten Frieden und Liebe schenken.“ (Benedikt XVI.)

Allerheiligen

Hoch auf Sockeln erhoben

den Häuptern entrückt

mit leuchtendem Blick

verklärt gen Himmel – verzückt

 

So stehn sie und schauen

tagein und tagaus

auf alle die kommen

und gehen hinaus

 

Und stehst du vor ihnen

schaust fragend sie an

können sie Antwort dir geben

wie alles begann?

 

Willst einem Heilgen du begegnen

und Antwort von ihm hörn

musst von dem Sockel ihn reißen

und seine Ruhe störn

 

Schaust du ihm dann ins Auge

wird wandeln sich sein Blick

vom verklärten Träumen

kehrt er ins Leben zurück

 

Willst du ihm begegnen

musst du mit ihm gehn

ihn aus der Kirche tragen

mit ihm im Leben stehn

 

Dann wird er dir zeigen

wie er einst gelebt

wird Weisung dir geben

die dich selbst erhebt

 

Er kennt ja das Leben  

hat selbst geliebt und gelitten

mal wankenden Muts

mal mit tapferen Schritten

 

In Freuden und Nöten

wird er bei dir sein

deine Liebe dein Leiden

sie sind dann auch sein

 

Und kommst du dann wieder

in die Kirche hinein

siehst du über den Häuptern

die Freunde dein

 

Sie blicken nicht mehr

von ferne dich an

du bist einer von ihnen

der heilig sein kann