Fronleichnam

Brot vom Himmel hast du ihnen gegeben,
das alle Erquickung in sich birgt.

So beten wir am Ende des Tantum Ergo, des Lobgesangs auf die Eucharistie, nach dem der sakramentale Segen folgt. Diese Worte erinnern uns an das Manna, welches dem Volk Israel während der Wüstenwanderung als Nahrung diente und das als Vorausbild der Eucharistie gilt. In der ersten Lesung hören wir davon:

Du sollst an den ganzen Weg denken, den der Herr, dein Gott, dich während der vierzig Jahre in der Wüste geführt hat. Durch Hunger hat er dich gefügig gemacht und hat dich dann mit dem Manna gespeist. Er wollte dich erkennen lassen, dass der Mensch nicht nur von Brot lebt, sondern dass der Mensch von allem lebt, was der Mund des Herrn spricht.
Wenn der Herr, dein Gott, dich in ein prächtiges Land führt, ein Land mit Bächen, Quellen und Grundwasser, das im Tal und am Berg hervorquillt und wenn du dort isst und satt wirst und den Herrn, deinen Gott, für das prächtige Land, das er dir gegeben hat, preist, dann nimm dich in acht und vergiss den Herrn, deinen Gott, nicht, missachte nicht seine Gebote, Rechtsvorschriften und Gesetze. (Dtn 8,2.3.8.10.11)

Die Lesung aus dem Buch Deuteronomium schildert die Situation des Volkes Israels unmittelbar vor dem Überschreiten des Jordan, dem langersehnten Einzug in das Gelobte Land nach den entbehrungsreichen Jahren der Wüstenwanderung.

Gott hat sein Volk durch diese Zeit geführt. Auch wenn es eine mühevolle Zeit war, es fehlte nie am Lebensnotwendigen, immer hat Gott dafür gesorgt, dass alles da war, auch wenn das Volk oft ungeduldig wurde und das Vertrauen auf Gottes Sorge schwand.

Nun im Gelobten Land wartet der Überfluss, es wird alles, worauf das Volk bisher verzichten musste, in Überfülle da sein. Überfluss aber macht leichtsinnig, er lässt vergessen, dass die Güter der Erde nicht selbstverständlich sind, sondern ein Geschenk, für das wir stets dankbar sein müssen.

Sattsein lässt den Hunger vergessen, nicht nur den Hunger nach Nahrung. Es macht uns bequem und nimmt uns die Sehnsucht, nach Höherem zu streben. Darum dürfen wir nie vergessen, die Erinnerung an den Hunger in uns wach zu halten, die Erinnerung an unsere Sehnsucht und an ein Ziel, für das es sich lohnt, einen entbehrungsreichen Weg zu gehen.

Der Weg des Glaubens ist auch ein solcher entbehrungsreicher Weg zu einem Ziel, dem höchsten Glück, das Gott uns ewig schenken möchte. Wer den Glauben ernst nimmt, muss bereit sein, Entbehrungen auf sich zu nehmen, wie das Volk in der Wüste, um so die Erfahrung machen zu können, das Gott für uns sorgt und uns beschenken möchte.

Für diesen Weg hat Gott uns eine besondere Nahrung geschenkt, die Eucharistie, das Brot vom Himmel, Jesu Leib im Zeichen des Brotes. Ihn empfangen wir, wenn wir in der Heiligen Messe gläubig zum Altar treten. Die Eucharistie ist eine Speise, die uns stets sättigt, aber nie satt sein lässt, die unseren Hunger nach dem Höchsten nährt, uns aber stets auch nach mehr verlangen lässt.

Heute am Fest Fronleichnam feiern wir dieses Brot, in dem unser Herr Jesus Christus sich uns selbst zur Speise gibt. Eucharistie, Brot des Lebens, Speise zum ewigen Leben. Brot der Sehnsucht nach Leben. Brot, das uns Kraft gibt, nach dem Höheren zu streben.

Dreifaltigkeitssonntag

Am Sonntag nach Pfingsten feiern wir den Dreifaltigkeitssonntag. Das Geheimnis der Dreifaltigkeit gehört zu den Wesenswerkmalen des Christentums. Wie wir sehen werden, ist der Glaube an den dreifaltigen Gott bereits in den Worten Jesu in den Evangelien grundgelegt und keineswegs das Ergebnis späterer, vom hellenistischen Denken beeinflusster Spekulationen.

Als eigenständiger Festtag ist das Dreifaltigkeitsfest relativ neu. Lange sah die Kirche und allen voran der Papst in Rom keinen Grund dafür, ein solches Fest einzuführen, durchdringt doch die Feier des dreifaltigen Gottes alle Feste des Christentums. Gott offenbart sich als der Dreifaltige sowohl bei der Geburt seines Sohnes, als auch bei Jesu Tod und Auferstehen.

Im 8. Jahrhundert kam im Abendland eine besondere Verehrung der Dreifaltigkeit auf, Kirchen und Altäre wurden der Dreifaltigkeit geweiht und es gab eine eigene Votivmesse zu Ehren der heiligsten Dreifaltigkeit. Doch erst im Jahr 1334 nahm Papst Johannes XXII. den Dreifaltigkeitssonntag in den allgemeinen Kalender der römischen Kirche auf.

Die Feier am Sonntag nach Pfingsten kommt nicht von ungefähr. Pfingsten bildet den Abschluss der 50-tägigen Osterzeit. An Ostern feiern wir die Auferstehung Jesu Christi als zentrales Heilswerk Gottes zu unserer Erlösung. An Pfingsten tritt der Heilige Geist in den Mittelpunkt. Zwar wirkt er bei allen Heilsereignissen mit, aber hier feiert die Kirche ganz besonders seine Herabkunft auf die ersten Jünger und damit die Entstehung der Kirche. Die Sendung des Geistes an Pfingsten schließt somit das Heilswerk Christi ab.

Im Anschluss an das Pfingstfest feiert die Kirche dann die heiligste Dreifaltigkeit. Durch die Taufe auf den dreifaltigen Gott, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, werden von nun an Menschen in die Kirche, die Gemeinschaft der Glaubenden aufgenommen. Somit stehen sowohl Pfingsten als auch der Dreifaltigkeitssonntag in engstem Zusammenhang zum Erlösungswerk Christi, das wir an Ostern feiern. Daher wird der Dreifaltigkeitssonntag auch, auf den ersten Blick verwunderlich, zu den Herrenfesten gezählt.

Wir feiern heute Gottes Heilswirken an uns Menschen. Die Dreifaltigkeit Gottes erschließt sich uns ja letztlich nur durch Gottes Wirken. Wir preisen Gott Vater, der alles erschaffen hat, wir preisen den Sohn, durch den alles geschaffen wurde und der in seine Schöpfung gekommen ist, um sie zu erlösen, wir preisen den Heiligen Geist, der in uns wirkt und uns hinein nimmt in Gottes Liebe.

Heiliger Gott, heiliger, starker Gott, heiliger, unsterblicher Gott, erbarme dich unser!
Dir sei Lob, dir sei Ehre, dir sei Dank in alle Ewigkeit, heilige Dreifaltigkeit!
Dich, Gott, den ungezeugten Vater, dich, den eingeborenen Sohn, und dich, den Heiligen Geist, den Tröster, die heilige, ungeteilte Dreifaltigkeit, bekennen wir mit ganzem Herzen und mit dem Munde, dich preisen und loben wir. Amen.

Christi Himmelfahrt (3)

Dann führte er sie hinaus in die Nähe von Betanien. Dort erhob er seine Hände und segnete sie. Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben; sie aber fielen vor ihm nieder. (Lk 24,50-52a)

Nachdem Jesus als der Auferstandene seinen Jüngern erschienen ist und ihnen alles gesagt hat, was zu sagen war, geht er mit ihnen hinaus zum Ölberg in Richtung Betanien. Diesen Weg sind sie oft gemeinsam gegangen. Nun ist es das letzte Mal, dass Jesus leiblich diesen Weg mit ihnen geht. Dort wird er ihren Blicken entzogen. In der Apostelgeschichte wird Lukas dieses Ereignis durch das Erscheinen von Engeln noch weiter ausschmücken.

Die letzte Geste Jesu ist die des Segens. Segnend hält er seine Hände über den Jüngern, als er zum Himmel erhoben wird. Dieser Segen Jesu wird ein Segen ohne Ende sein, denn seine Segenshände wird er nun von seinem Platz bei Vater im Himmel immer über seine Jünger halten.

Jesus wird vor den Augen der Jünger in den Himmel erhoben. Das bedeutet nicht, dass Jesus als eine Art Superman der Antike in die Lüfte geflogen ist. Sicher, die Jünger haben vor Staunen den Mund nicht mehr zubekommen und mussten erst wieder in die Realität zurückgeholt werden. Aber es ist nicht das Wunder eines fliegenden Jesus, das es heute zu bestaunen gilt.

Was uns an Christi Himmelfahrt auch heute noch zum Staunen bringen kann, ist die Ehre, die Gott dem Menschen erweist. In Jesus Christus ist Gott wirklich als Mensch geboren worden und hat als Mensch gelebt. Bei seiner Himmelfahrt nimmt Jesus nun auch dieses Menschsein von der Erde mit in den Himmel hinauf.

Jesus, Gottes Sohn und Bruder der Menschen, kehrt mit unserer menschlichen Natur in Gottes Herrlichkeit zurück! Nun ist Gott nicht mehr nur der Freund des Menschen aus der Ferne, sondern das Menschliche ist ihm ganz nah, ist direkt am “Herzen Gottes”, ist mit Christus in die Mitte der Göttlichkeit erhoben.

Es gibt jetzt keinen Gegensatz mehr zwischen Mensch und Gott. Nun hat Gott endgültig einen Weg geöffnet für die innige Gemeinschaft mit dem Menschen, nach der er sich schon seit der Schöpfung sehnt. Warum zögern wir noch? Staunen wir über die Wunder, die Gott uns bereitet und treten wir ein in die Gemeinschaft mit ihm!

Christus wurde zum Himmel emporgehoben (Lk 24,51). – Mancher wird vielleicht sagen: Was geht das mich an? Es geht dich an, weil auch du in ähnlicher Weise in die Wolken emporgehoben werden wirst, denn dein Leib ist von derselben Natur wie seiner. Es wird also auch dein Leib so beweglich werden, dass er durch die Lüfte gehen kann; denn wir das Haupt, so auch der Leib. Wie der Anfang, so auch das Ende. Sieh aber, wie sehr du geehrt bist durch diesen Anfang. Der Mensch war das niedrigste der geistigen Geschöpfe. Aber die Füße sind Haupt geworden, sie sind erhoben zu königlichem Sitz in ihrem Haupt. (Johannes Chrysostomus)

Christi Himmelfahrt (2)

Nachdem du für uns die Heilsordnung erfüllt

und das Irdische mit dem Himmlischen vereint hast,

bist du aufgefahren in Herrlichkeit, Christus, unser Gott.

Ohne uns zu verlassen, ungetrennt,

rufst du denen, die dich lieben zu:

Ich bin mit euch, und niemand kann gegen euch sein.

(Gebet der Ostkirche)

Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20b)

Diese Zusage des Auferstandenen steht am Schluss des Matthäus-Evangeliums als zentrale Aussage des kurzen Berichtes dieses Evangeliums von der Himmelfahrt Jesu. Jesus kehrt zurück zum Vater, während seine Jünger auf der Erde bleiben, aber dennoch verlässt er sie nicht. Durch seine Auferstehung und Himmelfahrt wird eine neue Form seiner Gegenwart in dieser Welt möglich.

Jesus lebte zu einer bestimmten Zeit in einem ganz bestimmten Gebiet bei ganz bestimmten Menschen. Aber durch seinen Tod hindurch durchbrach er diese Grenzen von Zeit und Raum. Er wurde für alle Menschen der Jesus, der kam, um einen Bund mit der Menschheit zu schließen. Dieser Bundesschluss wurde durch seinen Tod sichtbar. … Das Geheimnis des Kreuzes und das Kreuz ist der Ort, von dem her alle Energie aufbricht und Jesus zum Liebhaber aller Menschen wird. (Henry Nouwen)

Von daher ist auch das Kreuz zum Kennzeichen der Christen geworden und nicht ein irgendwie geartetes Symbol der Auferstehung. Das Kreuz ist Zeichen des Lebens und Zeichen der bleibenden Gegenwart des Herrn, mit unserer Hand machen wir das Zeichen des Kreuzes über unserem Leib und bekennen so die Gegenwart des Auferstandenen. Das letzte Wort des Herrn aus dem Matthäus-Evangelium soll so zum Leitwort unseres Lebens werden:

Ich bin bei euch –  fürchtet euch nicht!

 

Christi Himmelfahrt (1)

Christi Himmelfahrt ist bei näherem Betrachten ein verwirrendes Fest. Diese Aussage mag viele verwundern. Lukas berichtet uns doch in der Apostelgeschichte davon, dass Jesus vierzig Tage nach seiner Auferstehung  in den Himmel aufgefahren ist. Doch bereits bei Lukas finden wir zwei verschiedene Darstellungen dieses Ereignisses, eine im Evangelium und eine in der Apostelgeschichte. Nur in der Apostelgeschichte berichtet er von Engeln, die den verdutzen Jüngern einen Zuspruch erteilen.

Bei Lukas findet die Himmelfahrt in nächster Umgebung zu Jerusalem statt, auf dem Weg nach Betanien, wie es im Evangelium heißt, bzw. am Ölberg nach der Schilderung der Apostelgeschichte. Das ist kein Widerspruch, der Weg nach Betanien führt über den Ölberg. Wenn wir genau hinsehen, erkennen wir, dass Lukas alle Ereignisse um die Auferstehung Jesu in Jerusalem und dessen nächster Umgebung ansiedelt. Hier ist Jesus gestorben und begraben worden, hier ist er auferstanden und den Jüngern erschienen. Lukas zeichnet eine kontinuierliche Linie, die vom Abendmahlssaal, in dem Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendendmahl gefeiert hat, hin zur Entstehung der Kirche führt. In eben diesem Abendmahlssaal versammeln sich die Jünger nach Jesu Tod und Auferstehung, hier beten sie gemeinsam mit Maria und bereiten sich auf die Sendung des Heiligen Geistes an Pfingsten vor.

Anders bei Matthäus. Hier erscheint Jesus den Jüngern in Galiläa. Dorthin sind sie nach Jesu Tod geflohen, bzw. auf ausdrücklichen Wunsch Jesu hingegangen. Er sagt zu den Frauen am leeren Grab, dass er den Jüngern vorausgeht nach Galiläa und sie ihn dort sehen werden. Auf einem Berg in Galiläa, der genau so wenig wie das nach Lukas bei Jerusalem gelegene Emmaus genau lokalisiert werden kann, findet dann die letzte Erscheinung des Auferstandenen statt. Johannes kennt beide Traditionen bezüglich der Erscheinungen des Auferstandenen. Er erscheint den Jüngern in Jerusalem und in Galiläa am See von Tiberias. Von einem Ereignis, das der Himmelfahrt Jesu entspricht, berichtet Johannes nicht.

Wir finden hier also mehrere Überlieferungslinien vor, mündliche Erzählungen, die die Evangelisten nicht eigenmächtig harmonisieren wollten. Da die Berichte des Lukas in seinem Evangelium und in der Apostelgeschichte ausführlicher sind, wird oft der Ölberg als Ort der Himmelfahrt Jesu genannt. Dorthin fanden im 4. Jahrhundert von Jerusalem aus auch Prozessionen statt, als man anfing, das Fest Christi Himmelfahrt als eigenständigen Festtag zu begehen.

Doch mit der eindeutigen Lokalisierung und historisierenden Feier dieses Tages traten auch erste Missverständnisse zutage. Hat man bis ins 4. Jahrhundert hinein der Himmelfahrt Jesu am Pfingsttag gedacht und sie in engem Zusammenhang mit der Sendung des Heiligen Geistes gesehen, so bildete die Feier von Christi Himmelfahrt am 40. Tag nach Ostern einen Einschnitt in die fünfzigtägige Feier der Osterzeit. Sollte diese Osterzeit ursprünglich wie ein festlicher Tag in der Freude über die Auferstehung des Herrn gefeiert werden, so wurde diese Feier der Auferstehung fortan auf vierzig Tage begrenzt und die Tage zwischen Himmelfahrt und Pfingsten wurden als Tage der Vorbereitung auf die Herabkunft des Heiligen Geistes am Pfingstfest gesehen.

Vor allem im Westen hat man das Fest Christi Himmelfahrt oft als Feier des Heimgangs Jesu zum Vater missverstanden. Jesus entzieht sich den Blicken der Jünger, wie die barocke Figur des Auferstandenen, die im Kirchendach verschwindet. Aber warum sollten die Jünger fröhlich sein, wenn Jesus sie verlässt? Nicht so sehr der Weggang Jesu steht also im Zentrum dieses Festes, sondern dessen bleibende Gegenwart, die er den Jüngern verheißen hat. Es ist auch das Fest der Erhöhung der menschlichen Natur, denn Jesus Christus kehrt anders zum Vater zurück, als er von dort ausgegangen ist. Er kehrt zurück als Gott und Mensch.

Was ist nun das für ein Fest? Es ist ein großes und herrliches Fest, meine Geliebten, das den menschlichen Verstand übersteigt, würdig der großen Freigebigkeit dessen, der es geschaffen hat. Denn heute ist das Menschengeschlecht mit Gott ausgesöhnt, heute die lange Feindschaft beendigt worden und der langwierige Krieg zum Abschluss gekommen; ein bewunderungswürdiger Friede, ein Friede, den wir früher nie zu hoffen gewagt, ist wiedergekehrt. Denn wer hätte wohl Hoffnung gehabt, dass sich Gott je mit dem Menschen wieder versöhne? … Unser Geschlecht wandelte früher so schlimm, dass es selbst die Erde zu verlieren in Gefahr stand; und dennoch wurden wir, die wir der Erde unwürdig waren, heute in den Himmel erhoben; die wir nicht einmal der Herrschaft hienieden wert sind, steigen heute zum Himmel empor, ja selbst über den Himmel hinauf und nehmen dort den Herrscherthron ein, und die Kreatur, um derentwillen die Cherubim das Paradies bewachten, sitzt heute über dem Cherubim. (Johannes Chrysostomus)

Osterwoche (1)

Nach dem Sabbat in der Morgendämmerung des ersten Tages der Woche kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. (Mt 28,1)

Bei Matthäus sind es nur zwei Frauen, die kommen, um nach dem Grab Jesu zu sehen. Bei Markus und Lukas sind sie zu dritt, neben Maria aus Magdala ist auch eine andere Maria (die Mutter des Jakobus) dabei und Salome (Markus) bzw. Johanna (Lukas). Bei Johannes kommt nur Maria Magdalena zum Grab. Auch haben die Frauen nur bei Markus und Lukas wohlriechende Öle bei sich. Matthäus folgt hier also mehr einer Vorlage, die auch Johannes verwendet haben könnte. Das wird auch in der späteren Erscheinung Jesu vor den Frauen deutlich. Diese Begegnung erweitert Johannes zu der bekannten Episode der Erscheinung Jesu vor Maria aus Magdala.

Maria aus Magdala und die andere Maria waren bereits bei der Beisetzung Jesu zugegen und haben beobachtet, wie Josef von Arimathäa das Grab mit einem Stein verschlossen hat. Dann kamen die von den Hohenpriestern bei Pilatus angeforderten Wachen. Als Maria von Magdala und die andere Maria am dritten Tag wieder zum Grab kommen, ist der Stein immer noch dort. Das Grab ist also äußerlich unversehrt. Es ist gänzlich ausgeschlossen, dass in der Zwischenzeit irgendjemand heimlich den Leichnam Jesu hätte stehlen können. Wahrscheinlich kursierten bereits damals Gerüchte, dass die Sache mit der Auferstehung ein gut ausgedachter Betrug der Jesusanhänger gewesen sein könnte. Doch es gibt Beweise, Augenzeugen. Die Auferstehung Jesu ist somit eine historisch belegbare Tatsache.

Plötzlich entstand ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Seine Gestalt leuchtete wie ein Blitz und sein Gewand war weiß wie Schnee. (Mt 28,2-3)

Der Stein lag also noch vor dem Grab, als die beiden Frauen gekommen sind. Doch dann geschah etwas Außergewöhnliches. Ein gewaltiges Erdbeben entstand und ein Engel mit einem himmlisch-weißen Gewand erschien und plötzlich war das Grab offen, der Stein weggewälzt. Ein Erdbeben gab es bereits bei Jesu Tod. Mit seinem Tod und seiner Auferstehung bringt Jesus die Unterwelt ins Wanken. Nach altem jüdischem und antikem Glauben war die Unterwelt der Ort der Toten, das Totenreich, aus dem es kein Entrinnen gab.

Auch Jesus geht den Weg aller Verstorbenen, den Weg, vor dem sich bis heute viele fürchten, weil er für uns Menschen ganz im Dunkeln liegt und noch keiner von ihm zurückgekehrt ist. Doch Jesu Eintritt erschüttert die Festung des Todes. Er reißt die Tore des Hades heraus, er öffnet einen Weg, auf dem die Gefangenen diesen schaurigen Ort verlassen können.

Von jetzt an ist der Weg der Verstorbenen keine Sackgasse mehr, die Unterwelt kann die Toten nicht länger gefangen halten. Es wird ein Durchgang frei in die lichte Weite der Auferstehung. Jesus ist als erster diesen Weg gegangen. Er nimmt alle mit, die hier so lange ausharren mussten. Ab sofort ist der Tod der Durchgang zu neuem Leben.

Osterfest

Wir sind mit Christus auferweckt, neues Leben ist uns allen geschenkt.

Auferstehung – das Leben Jesu geht weiter, im Leben jedes einzelnen Menschen.

Jesus Christus, Hoffnung der Welt, jeder Mensch der in Christus lebt, ein Hoffnungsträger.

Was Jesus einst getan hat, kann auch heute geschehen.

Wir sind mit Christus auferweckt, leben wir, wie er es getan hat.

Auferstehung – Sieg des Lebens, das Reich Gottes ist mitten unter uns.

Ostern, Fest der Freude!

Geht alle ein in die Freude unseres Herrn. Arme und Reiche – freut euch miteinander. Enthaltsame und Nachlässige – ehrt diesen Tag. Die ihr gefastet und nicht gefastet habt – freut euch. Der Tisch ist reichlich gedeckt, genießt alle davon.

Erquickt euch alle am Gastmahl des Glaubens. Empfangt alle vom Reichtum der Barmherzigkeit. Es klage niemand über seine Armut, denn das Reich ist für alle erschienen. Es beweine niemand seine Sünden, denn die Vergebung strahlt hervor aus dem Grabe. Es fürchte keiner den Tod, denn befreit hat uns der Tod des Erlösers.

Vernichtet hat den Tod, er, der von ihm umfangen. Abgenommen hat der Hölle die Beute, er, der zur Hölle hinabfuhr. Die Bitterkeit hat er sie spüren lassen, da sie von seinem Fleische genossen. …

Erstanden ist Christ, und der Tod ist gestürzt. Erstanden ist Christus und gefallen sind die Dämonen. Erstanden ist Christus und es freuen sich die Engel. Erstanden ist Christus und das Leben ist befreit. Erstanden ist Christus und von den Toten ist keiner mehr im Grab.

Denn Christ ist erstanden von den Toten und als Erstling der, die Entschlafenen. Ihm sei Ehre und Macht in Ewigkeit. Amen.

(Johannes Chrysostomus)

Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Osterfest und die Freude des Auferstandenen!

Karfreitag

Heute hängt am Kreuze,

der die Erde über den Wassern aufgehängt;

mit einem Kranz aus Dornen wird umwunden

der König der Engel;

zum Spotte wird in Purpur gehüllt,

der den Himmel mit Wolken umhüllt;

Backenstreiche erhält,

der im Jordan den Adam befreite;

mit Nägeln wird angeheftet

der Bräutigam der Kirche;

mit der Lanze wird durchbohrt

der Sohn der Jungfrau;

wir verehren Deine Leiden, o Christus;

zeige uns auch Deine glorreiche Auferstehung!

(Gebet der Ostkirche)

Getsemani

Nach dem Mahl geht Jesus mit seinen Jüngern zum Ölberg, zu einem Grundstück, das Getsemani heißt. Er hat eine Ahnung davon, was geschehen wird. Die ganze Erschütterung Jesu über das ihm bevorstehende Leiden wird nun deutlich. Jesus ist ganz Gott und ganz Mensch, daher schaudert er genau wie wir bei dem Gedanken an Schmerzen und Tod. Doch er nimmt sein Leiden an – um den Willen des Vaters zu erfüllen und um uns das Heil zu schenken.

Jesus ist an der Schwelle seiner Ganzhingabe angekommen, sich Opfer für das Heil der Welt hinzugeben. Er scheint allein, doch er befindet sich ganz in der Gegenwart des Vaters. Wie hätte es auch anders sein können, da sein heimlicher Dialog der Liebe mit dem Vater niemals aufgehört hatte? Und doch hat Jesus Angst davor, was nun geschehen wird. Von dieser Angst bleibt uns nichts verborgen. Aber in seiner äußersten Angst sucht Jesus im Gebet Trost beim Vater. Und Jesus wagt es ein letztes Mal, vor dem Vater der Beunruhigung Ausdruck zu geben, die ihn befällt:

Meine Seele ist zu Tode betrübt. Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst. (Mt 26,38-39)

Jesus betet zum Vater, doch seine Jünger schlafen. Jesus bittet sie zu wachen, doch sie schaffen es nicht, mit ihm zu beten. In seiner Not ist Jesus allein, allein mit seinem Vater im Himmel. Dreimal muss Jesus die Jünger wecken und sie darum bitten, mit ihm zu beten. Doch sie schlafen immer wieder ein. Erst als die Soldaten im Garten erscheinen, angeführt von Judas, merken die anderen Jünger, was los ist. Jesus wird verhaftet, die Jünger aber fliehen.

Nun wird Jesus vor Gericht gestellt, zuerst bei den Juden. Doch die Römer haben zu dieser Zeit in Israel das Sagen. Die Juden dürfen niemand zum Tod verurteilen und deshalb bringen sie Jesus zum römischen Statthalter Pontius Pilatus. Eine lange Verhandlung beginnt.

Petrus ist neugierig. Er will sehen, was mit Jesus geschieht. Doch er hat Angst. Als man ihn als einen Jünger Jesu erkennt, streitet er es ab. “Ihr müsst euch irren, ich gehöre nicht zu Jesus.” Dreimal verleugnet er so Jesus, dann kräht ein Hahn. Petrus erkennt: Ich habe meinen besten Freund verleugnet. Es tut ihm leid, dass er aus Angst nicht zu Jesus gehalten hat. Er geht weg und weint.

Jesus ist ganz allein vor dem Richter. Ein Jünger hat ihn seinen Feinden ausgeliefert, der andere hat ihn verleugnet, alle anderen Jünger sind geflohen. Wo sind sie alle hin, die sonst zu ihm gehalten haben, all die Menschen die er geheilt, denen er geholfen hat?

Das Urteil lautet: Tod am Kreuz, die härteste Strafe, die die Römer zu bieten haben. So werden Schurken, Staatsfeinde, die schlimmsten Verbrecher bestraft. Wie es ihnen beliebt, dürfen die Soldaten nun ihren Spott mit Jesus treiben. Als er schon nicht mehr kann vor Schmerzen und Wunden muss er auch noch sein Kreuz durch die Stadt bis hinauf zum Hügel Golgota tragen. Sein einziger Trost: Seine Mutter und einige Frauen, die ihm gefolgt sind, haben ihn nicht verlassen sondern stehen an seinem Kreuzweg. Simon von Zyrene muss ihm helfen, das Kreuz zu tragen.