Am ersten Sonntag nach Weihnachten feiern wir das Fest der Heiligen Familie. Die beiden Evangelisten Matthäus und Lukas schildern uns ihre jeweils eigenen Berichte von der Kindheit Jesu. Sie zeigen, dass Jesus Christus in eine reale Familie hineingeboren wurde und in Nazaret aufgewachsen ist. Der Glaube der Kirche bekräftigt, dass seine Mutter Maria vor, während und nach der Geburt jungfräulich geblieben ist und nicht durch einen Mann, sondern durch das Wirken Gottes schwanger geworden ist. Daher gilt ihr Mann Josef nicht als leiblicher Vater Jesu und die Familie hatte auch keine weiteren Kinder, auch wenn die in der Heiligen Schrift genannten Brüder des Herrn – im Sinne einer verwandtschaftlichen Beziehung – oft fälschlicherweise als leibliche Brüder Jesu angesehen werden.
Josef war Zimmermann und sorgte somit als Handwerker für den Lebensunterhalt der Familie. Der Verdienst eines Handwerkers war sicher besser als der eines Tagelöhners, aber reich war die Heilige Familie nicht, worauf auch das Opfer bei der Darstellung im Tempel hinweist. Hierfür sind ursprünglich ein Schaf und eine Taube vorgesehen, nur bei armen Leuten, die sich kein Schaft leisten können, darf dieses durch eine weitere Taube ersetzt werden (vgl. Lk 2,24 und Lev 12,8).
Die Heilige Familie ist das Urbild der christlichen Familie. Aber hat sie uns heute noch etwas zu sagen? So wirklich traditionell war das Leben der Heiligen Familie damals ja auch nicht. Es gab noch keine frommen Gläubigen, die in der Schwangerschaft Mariens das Wirken Gottes sahen. Doch Josef hat seine Frau angenommen und das Kind, das nicht sein leiblicher Sohn war, wie seinen eigenen Sohn aufgezogen. Das Leben in Nazaret stand sicher nicht unter einem goldenen Schleier, wie es fromme Darstellungen zeigen. Es war eine Familie wie jede andere, die für ihren Lebensunterhalt hart arbeiten musste, die versuchen musste, mit ihren Nachbarn gut auszukommen und Freunde zu finden. Vielleicht kann die Heilige Familie auch heute Vorbild bleiben, wenn wir den Glanz frommer Legende von ihr nehmen und wir sie als ganz normale Familie sehen, zwar aus einer fernen Zeit, aber auch heute noch aktuell, weil sie zusammen gehalten hat, den Widrigkeiten des Schicksals getrotzt hat und gemeinsam ein Kind aufgezogen hat.
Für Charles des Foucauld war die Nachahmung des verborgenen Lebens der Heiligen Familie in Nazaret die Sehnsucht seines Lebens. Es war für ihn Vorbild für ein Leben in Armut, Demut und Gehorsam, für ein bescheidenes Leben von der eigenen Hände Arbeit. Jesus hat dieses Leben für sich gewählt, hat es die meiste Zeit gelebt. Wir dürfen nicht nur auf die kurze Zeit seines öffentlichen Wirkens schauen, wir müssen stets auch die Zeit betrachten, in der Jesus im Verborgenen gelebt hat, ganz als Mensch.
Welch ein Beispiel wollte er uns geben, allen, selbst Königssöhnen, da er selbst König war; uns allen, nicht nur den ehelos Lebenden, sondern auch den Eheleuten, denn in Nazaret lebte er zwischen Maria und Josef; nicht nur den Ordensleuten, sondern auch den in der Welt lebenden, denn in Nazaret lebte er inmitten seiner Gesellschaft. Er wollte das, er hat es sich ausgesucht, “Sohn des Zimmermanns”, “der Zimmermann, der Sohn der Maria” genannt zu werden. Das ist sein Ort im Leben, der Ort seiner Leute. …
So arm und klein sein wie Jesus es in Nazaret war. …
Wenn ich nicht klar sehe, mich fragen, was Jesus in Nazaret getan hätte und mich danach richten.
(Charles des Foucauld)
Nachfolge Jesu als Wohnen beim Herrn, als menschliches Zusammenleben mit dem Herrn in unserer Mitte. Wenn auch das Bild von Familie sich im Laufe der Zeiten wandelt, so soll christliche Familie doch ein Ort bleiben, an dem die Gegenwart des Herrn erfahrbar wird, ein Ort, an dem Menschen in Frieden zusammen leben, an dem man gerne ist, einladend und Freundlichkeit ausstrahlend.
Vor allem bekleidet euch mit der Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist! (Kol 3,14)
So hören wir es in der Lesung aus dem Kolosserbrief, ein Spruch, den auch viele für ihre Hochzeit wählen. Wenn auch das Bild von Familie sich im Laufe der Zeiten wandelt, so soll christliche Familie doch ein Ort bleiben, an dem das Band der Liebe hält und so die Gegenwart des Herrn erfahrbar wird, ein Ort, an dem Menschen in Frieden zusammen leben, an dem man gerne ist, einladend und Freundlichkeit ausstrahlend. Bitten wir Gott heute besonders um dieses Band der Liebe für unsere Familien.