Die hl. Notburga gehört zu den großen Volksheiligen, deren Verehrung tief in der heimischen Frömmigkeit verwurzelt ist, über deren Leben es aber keine im Sinn der modernen Geschichtswissenschaft stichhaltigen Angaben gibt. Sie ist vor allem in Tirol und im südlichen Bayern bekannt. Ihr Grab befindet sich in der Wallfahrtskirche St. Notburga in Eben am Achensee, deren Hochaltar den Reliquienschrein mit den kostbar verzierten Gebeinen der Heiligen enthält. Im Jahr 1862 wurde Notburga durch Papst Pius IX. offiziell als Heilige für die gesamte Kirche anerkannt, da sie seit unvordenklicher Zeit bis in die Gegenwart ununterbrochen öffentlich als Heilige verehrt wurde.
Anfang des 17. Jahrhunderts sammelte der fromme Haller Stiftsarzt Hippolyt Guarinoni die in der Bevölkerung verbreiteten Erzählungen über die Heilige und verfasste im Jahr 1622 eine Lebensbeschreibung. Demnach wurde Notburga um das Jahr 1265 als Tochter einfacher Hutmacherleute im damals noch bayerischen Rattenberg am Inn geboren. Mit 18 Jahren trat sie auf der nahen Rottenburg in den Dienst als Küchenmagd und Beschließerin bei der dortigen Grafenfamilie. Sie war tüchtig und fromm und verteilte darüber hinaus Brot und Wein an die Armen.
Als der alte Graf starb, verbot dessen Sohn, wahrscheinlich auf dem Betreiben seiner hartherzigen Gattin hin die Armenspeisung. Notburga solle die Reste vom Tisch besser an die Schweine verfüttern. Dennoch verteilte Notburga heimlich Speise und Trank an die Armen, es heißt, dass sie diese Gaben von ihrer eigenen Ration nahm. Eines Tages wurde sie vom jungen Grafen dabei ertappt, wie sie den Armen Brot und Wein bringen wollte. Er stellte sie zur Rede, aber als Notburga ihre Schürze öffnete, waren statt Brot Hobelspäne darin und im Krug statt Wein bittere Lauge. Das Wunder erinnert an das Rosenwunder der hl. Elisabeth von Thüringen. Dennoch musste Notburga die Burg verlassen und suchte das Rupertkirchlein in Eben auf, das sie vom Schloss aus auf der anderen Seite des Inn oft im Blick gehabt hatte.
In Eben trat Notburga eine Stelle als Magd beim Spießenbauer an, wo sie fünf Jahre blieb. Mit dem Bauer hatte sie ausgehandelt, dass sie nach dem abendlichen Gebetsläuten, das auch das Ende der Feldarbeit angab, und an Feiertagen keine Arbeit zu verrichten hatte, sondern sich ganz dem Gebet widmen durfte. Das abendliche Gebetsläuten als Gruß an die Gottesmutter und Gedenken an die Menschwerdung Christi verbreitete sich übrigens gerade zu dieser Zeit von einem Franziskanischen Brauch her in der ganzen Kirche. Sicher hat die Notburga-Legende einen wichtigen Beitrag zur Festigung dieses bis heute tief im katholischen Glauben verwurzelten Gebetsbrauchs geleistet.
Als der Bauer in der Erntezeit diese Regel außer Kraft setzen wollte, ereignete sich das zweite bekannte Wunder der hl. Notburga. Der Bauer verlangte, dass sie nach dem Gebetsläuten den Weizenschnitt fortsetzen sollte und verbot ihr, die Sichel an ihren Platz im Geräteschuppen zu hängen. Daraufhin bat Notburga Gott, ein Zeichen zu setzen. Sie hängte ihre Sichel einfach in der Luft an einem Sonnenstrahl auf, wo sie in der Luft schwebend hängen blieb.
Während Notburgas Abwesenheit ging es dem jungen Grafen und seiner Frau nicht gut. Viele verließen die Burg, weil es sich dort nicht mehr gut leben ließ. Erst als die Frau des jungen Grafen starb und er eine neue Ehe einging, besserte sich die Situation. Die neue Gräfin war liebevoller als die erste Frau. Auch Notburga kehrte auf die Rottenburg zurück und durfte dort die Betreuung der Armen wieder aufzunehmen. 18 Jahre lang diente sie als Köchin und Erzieherin der fünf Kinder auf der Burg. Eine Urkunde aus dem Jahre 1337 berichtet, dass sich die Rottenburger Grafen verpflichtet haben, mehr als 300 Arme zu versorgen.
Notburga starb wahrscheinlich am 14. September 1313. Nach ihrem Tod ereignete sich das dritte Wunder. Ihrem Wunsch gemäß wurde ihr Sarg auf einen Wagen geladen und Ochsen sollten ihn an den Ort ziehen, an dem sie bestattet werden sollte. Der Leichenzug durchquerte auf wundersame Weise den Inn und blieb vor dem Rupertkirchlein in Eben stehen. Dort wurde die Heilige begraben. Die erste urkundliche Erwähnung der Heiligen stammt aus dem Jahr 1434. Damals wurde das Rupertkirchlein nach einer Erweiterung neu geweiht und als Kapelle zur hl. Notburga bezeichnet. Im 16. Jahrhundert ließ Kaiser Maximilian die Kirche neu bauen. 1735 wurden Notburgas sterbliche Überreste als Ganzkörperreliquie in die Kirche von Eben überführt.
Die Verehrung der hl. Notburga reicht über Eben und Tirol hinaus in die Steiermark, nach Bayern, Slowenien, Kroatien und Istrien. Sie ist ein Idealbild christlicher Nächstenliebe und Frömmigkeit. Dargestellt wird sie in der ländlichen Kleidung einer Dienstmagd, Ährenbündel und Schlüssel verweisen auf ihre Tätigkeit, Brot, Kanne und Sichel auf die beiden bekanntesten Wunder. Sie ist Patronin der Dienstboten, der Bauern und der Armen.