Cyrill von Jerusalem (315-386)

Cyrill_1Cyrill stammte aus einer christlichen Familie und empfing eine ausgezeichnete Ausbildung sowohl in christlicher als auch in griechisch-heidnischer Literatur. Diese bildete die Grundlage für seine auf das Studium der Bibel konzentrierte kirchliche Kultur. Maximus von Jerusalem weihte ihn um das Jahr 348 zum Priester und Cyrill wurde sein Nachfolger als Bischof dieser Stadt. Nach Rom, Konstantinopel, Alexandrien und Antiochien gehörte Jerusalem zu den fünf bedeutendsten Bischofssitzen.

Schon zu Beginn seiner Amtszeit wurde er in zwei massive Streitfälle verwickelt. Der eine betraf die Bedeutung des Ehrenprimats, der dem Bischof von Jerusalem zukam und der andere wohl weit gewichtigere die Auseinandersetzung mit dem Arianismus. Sein direkter Gegner war in beiden Fällen Bischof Acacius von Cäsarea, durch den Cyrill zum Bischof geweiht worden war.

Acacius war Arianer, wie viele Christen in der damaligen Zeit. Zwar wurde auf dem I. Ökumenischen Konzil von Nicäa im Jahre 325 die Lehre von der Gottgleichheit des Sohnes mit dem Vater als kirchliche Lehre festgeschrieben, aber es kam später immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern dieser Lehre und den Arianern, die Jesus Christus nur eine Ähnlichkeit mit Gott zugestehen wollten. Viele Kaiser unterstützten die Lehre des Arianismus und lange Zeit waren die rechtgläubigen Christen im Osten des Römischen Reiches eine Minderheit, während der Westen weitgehend an der Lehre von Nicäa festhielt. Es bedurfte mehrerer Synoden und heftiger Kämpfe über Jahrzehnte hinweg, bis dieser Streit entschieden war.

Ähnlich wie Athanasius von Alexandrien und andere Bischöfe hatte auch Cyrill wegen seines rechtgläubigen Bekenntnisses zu leiden. Von den 38 Jahren seines Episkopats verbrachte er 16 in der Verbannung. Die erste war im Jahr 357, dieser folgte 360 eine zweite Verbannung, beide veranlasst durch Acacius, und schließlich eine dritte, die längste, für eine Dauer von elf Jahren, im Jahr 367 auf Veranlassung des arianischen Kaisers Valens. Erst nach dessen Tod im Jahr 378 konnte Cyrill endgültig von seinem Bischofsstuhl Besitz ergreifen und unter den Gläubigen Einheit und Frieden wiederherstellen. Auf dem II. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel im Jahr 381, an dem Cyrill selbst teilnahm, wurde schließlich die Lehre des Konzils von Nicäa auf gesamtkirchlicher Ebene bestätigt und der Arianismus verurteilt.

Es war keine leichte Aufgabe, die durch die innerkirchlichen Wirren entstandenen Streitigkeiten zu schlichten. Vieles war in Unordnung geraten und die Versöhnung der bisher bis aufs Blut verfeindeten Lager kostete alle Mühe. Dabei hatte Cyrill auch gegen persönliche Verunglimpfungen zu kämpfen. Doch bis zu seinem Tod am 18. März 386 arbeitete Cyrill unermüdlich daran, den Frieden wiederherzustellen.

Von Cyrill sind 24 Katechesen erhalten, die er um das Jahr 350 gehalten hat. Die ersten 18 davon richten sich an die Taufbewerber und wurden in der Grabeskirche gehalten. Diese war unter Kaiser Konstantin errichtet worden, als das Grab Christi unter einem heidnischen Venustempel gefunden wurde, der nach der römischen Neugründung der Stadt nach deren Zerstörung im Jüdischen Krieg errichtet worden war. Der Ort der Kreuzigung Christi ist für Cyrill der Mittelpunkt der Welt:

Gott breitet am Kreuz seine Hände aus, um die äußersten Enden des Universums zu umarmen. So wurde der Berg Golgatha zum Angelpunkt der Welt.

In seinen Katechesen weist Cyrill die Taufbewerber zunächst auf die Notwendigkeit eines sittlichen Lebens nach christlichen Maßstäben hin, das die Abkehr von den heidnischen Bräuchen erfordert. Es folgt eine Einführung in die im Glaubensbekenntnis enthaltenen Wahrheiten. Die letzten fünf, die so genannten mystagogischen Katechesen, führen in die christlichen Riten ein, sie handeln von der Bedeutung des Chrisamöls, des Leibes und Blutes Christi, der eucharistischen Liturgie und vom Vaterunser. Im Ritus erfährt der Mensch eine Verwandlung. Diese Erfahrung muss der Erklärung voran gehen, weshalb einige zentrale christliche Wahrheiten den Außenstehenden verborgen bleiben und auch den Taufbewerbern erst nach der Erfahrung der Taufe erklärt werden. Im folgenden Text erläutert Cyrill das Geheimnis der Taufe:

Dreimal seid ihr ins Wasser getaucht worden, und nach jedem der drei Male seid ihr wieder aufgetaucht, um die drei Tage der Grablegung Christi zu versinnbildlichen, das heißt: um mit diesem Ritus unseren Heiland nachzuahmen, der drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde verbrachte. … Wie der, der in der Nacht ist, nicht sieht, und wie der, der am Tage ist, das Licht genießt, so auch ihr. Während ihr in die Nacht eingetaucht ward und nichts saht, so habt ihr euch dagegen nach dem Auftauchen im hellen Tag vorgefunden. Geheimnis des Todes und der Geburt, dieses Wasser des Heils ist für euch Grab und Mutter gewesen.

Cyrill ist ein wichtiger historischer Zeuge für die altkirchliche Eucharistielehre und war wohl der Erste, der den Begriff der „Wandlung“ für das Geschehen der Transsubstantiation von Brot und Wein in Christi Leib und Blut gebrauchte. Die von ihm in der Jerusalemer Grabeskirche gefeierte Liturgie hatte großen Einfluss auf die Entwicklung des Messritus.

 

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