Als sie auf ihrem Weg weiterzogen, redete ein Mann Jesus an und sagte: Ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. (Lk 9,57-58)
Als Jesus auf dem Weg nach Jerusalem ist, kommen mehrere junge Männer
auf ihn zu, mit dem Wunsch, ihm nachzufolgen. Ihnen allen macht Jesus
deutlich, dass sie sich bei der Nachfolge auf ein entbehrungsreiches
Leben einstellen müssen. Sie müssen bereit sein, ihr Zuhause zu
verlassen, ihre Familien und ihren gesamten Besitz. Er verspricht ihnen
nicht ein besseres Leben, wohl aber ein erfülltes Leben und einen
ewigen, unvergänglichen Lohn, der größer und wertvoller ist als aller
Besitz und alle Gemeinschaft auf Erden.
Die von dem jungen Mann geäußerte Bereitschaft, Jesus zu folgen,
“wohin er auch geht”, könnte unbedacht ausgesprochen sein. Oft kann man
sich vorher nicht vorstellen, wie viel eine Entscheidung letztlich von
einem fordert. Vielleicht hat er nur die schönen Seiten des Umerziehens
Jesu mit seinen Jüngern gesehen, die euphorische Aufnahme ihres Kommens
in den einzelnen Orten, die Gastfreundschaft. Es scheint Jesus und
seinen Jüngern an nichts gefehlt zu haben, nahezu überall waren sie
beliebt und wurden sogar von reichen Leuten zu Gastmählern eingeladen.
Wer aber in die Nachfolge Jesu eintritt, sollte es nicht wegen dieser
augenscheinlichen Annehmlichkeiten tun. Ja, es ist ein schöner
Nebeneffekt, wenn man wegen der Verkündigung des Glaubens
Gastfreundschaft findet. Aber der erste Schritt ist zunächst die
Heimatlosigkeit. Es ist der Verzicht auf ein eigenes Zuhause, das
Geborgenheit und Behaglichkeit bietet. Das ist der erste und wesentliche
Schritt. Wie radikal dieser Schritt ist macht Jesus mit einem Vergleich
deutlich. Sogar Tiere haben einfache Behausungen, die Füchse haben ihre
Höhlen, die Vögel ihre Nester, wer aber mit Jesus umherzieht, hat nicht
einmal das. Er ist auf das angewiesen, was er angeboten bekommt, und er
muss damit rechnen, dass er überhaupt keinen Schlafplatz hat.
Sicher, unter freiem Himmel zu schlafen mag im warmen Klima Israels
leichter möglich gewesen zu sein als hierzulande, wo es im Winter gar
tödlich sein kann. Zumal sind wir heute einige Annehmlichkeiten gewohnt,
anders als Leute früherer Zeiten, die kein weiches Federbett hatten,
sondern gewohnt waren, auf Stroh oder auf dem Boden zu schlafen. Aber
doch können wir Jesu Worten auch heute eine Botschaft an uns entnehmen.
Für alle Christen mag sie heißen, dass wir nicht vergessen sollen,
dass es Menschen gibt, denen es nicht so gut geht wie uns. Wir sollen
unseren Blick offenhalten für die Nöte von Obdachlosen, Heimatlosen und
Flüchtlingen. Wir sollen uns nicht in die Idylle unseres Zuhause
zurückziehen, sondern uns der Nöte der Welt bewusst bleiben und wenn
möglich und erforderlich, selbst anderen Gastfreundschaft anzubieten.
Es gibt aber auch heute noch Menschen, an die der Ruf Jesu zu
radikaler Nachfolge ergeht. Wer diesen Ruf vernimmt, muss sich fragen,
ob er bereit ist, seine Heimat zu verlassen, und Jesus dorthin zu
folgen, wohin er ruft, auch wenn zunächst nicht klar ist, wohin es geht.
Wer Jesus nachfolgt, lässt sich führen, im Vertrauen darauf, dass Gott
bereits den Ort bereitet hat, an dem das Leben fruchtbar werden kann.