Von Judas Barsabbas berichtet uns Lukas in der Apostelgeschichte im Zusammenhang mit dem Apostelkonzil in Jerusalem (Apg 15). Paulus hat auf seiner ersten Missionsreise das Evangelium sowohl Juden als auch Heiden verkündet und dabei von den Heiden nicht die für Juden verpflichtende Bescheidung verlangt. Auch die Befolgung der jüdischen Speisevorschriften und anderer jüdischer Gesetze sah er für Heidenchristen nicht als geboten an. Darüber kam es in nahezu allen Städten, in denen Paulus gepredigt hat, zum Streit mit den Juden.
Schon vor Paulus hat sich Petrus in seiner Verkündigung des Evangeliums bereits an Heiden gewandt. In der Jerusalemer Gemeinde, deren Vorsteher wahrscheinlich Jakobus war, herrschte aber noch eine strengere Beachtung jüdischer Gesetze vor, von der sich Petrus und die anderen Jerusalemer Christen nicht in gleicher Weise lösen konnten wie Paulus. In Jerusalem lebte die Kirche inmitten einer jüdischen Welt, während Paulus sich mit seiner Mission vor allem an Menschen in den multikulturell geprägten Großstädten des Römischen Reiches wandte.
Der Streit um die Befolgung jüdischer Gesetze bedurfte also einer gesamtkirchlichen Lösung. Daher bestellte man Paulus und seine Mitarbeiter nach Jerusalem, um diese Frage dort im Kreis der Apostel und anderer führender Männer der christlichen Gemeinde zu diskutieren. Nachdem Petrus als erster der Apostel das Wort ergriffen hat, dürfen Paulus uns Barnabas ihr Anliegen vortragen und anschließend ergreift Jakobus als Leiter der Jerusalemer Gemeinde das Wort. Auch für ihn ist es unstrittig, dass es Gottes Wille ist, den Heiden das Evangelium zu verkünden. Dabei soll von den Heiden nicht die Beachtung aller jüdischen Gesetze gefordert werden, sondern es genügen einige wenige gemeinsame Regeln:
Darum halte ich es für richtig, den Heiden, die sich zu Gott bekehren, keine Lasten aufzubürden; man weise sie nur an, Verunreinigung durch Götzen(opferfleisch) und Unzucht zu meiden und weder Ersticktes noch Blut zu essen. (Apg 15,19-20)
Der Vorschlag des Jakobus wird einstimmig angenommen, worin die Kirche bis heute das Wirken des Heiligen Geistes sieht, der stets in ihr gegenwärtig ist. Um diese Beschlüsse den Gemeinden außerhalb Jerusalems zu überbringen, werden aus der Jerusalemer Gemeinde zwei Männer ausgewählt, die Paulus und Barnabas begleiten sollen und so die Einheit zwischen der Jerusalemer Gemeinde und den beiden Glaubensboten zeigen sollen.
Da beschlossen die Apostel und die Ältesten zusammen mit der ganzen Gemeinde, Männer aus ihrer Mitte auszuwählen und sie zusammen mit Paulus und Barnabas nach Antiochia zu senden, nämlich Judas, genannt Barsabbas, und Silas, führende Männer unter den Brüdern. (Apg 15,22)
Judas Barsabbas und Silas werden als führende Männer aus der Jerusalemer Christengemeinde vorgestellt. In einem der folgenden Verse werden sie zudem als Propheten charakterisiert. Wahrscheinlich gehörten sie bereits vor Jesu Tod zum Kreis der Jünger Jesu. Silas wird auch an anderen Stellen mehrmals erwähnt. Er hat hier seine Berufung gefunden und sich Paulus angeschlossen und ihn auf seinen Missionsreisen begleitet.
Judas Barsabbas aber wird nur hier erwähnt. Zu Beginn der Apostelgeschichte hören wir von einem anderen Barsabbas, Jusef Barsabbas, der zusammen mit Matthias als Kandidat für die Nachwahl in den Kreis der Zwölf aufgestellt war. Das Los fiel auf Matthias, über Josef Barsabbas erfahren wir nichts mehr. Wir wissen aber aus dieser Episode, dass er von der Taufe Jesu an zum Jüngerkreis gehörte, zudem sagt sein Beiname Justus, der Gerechte, mehr als 1000 Worte über sein Leben aus.
Viele Kommentatoren gehen davon aus, dass Josef und Judas Barsabbas Brüder waren. Ähnlich wie die Brüderpaare Petrus und Andreas und Jakobus und Johannes gehörten sie vielleicht beide auch zu den Jüngern, die Jesus gleich nach seiner Taufe im Jordan berufen hat. Sie stammen also wahrscheinlich auch aus Galiläa, möglicherweise waren sie auch Fischer am See Gennesaret. Jesu Auftreten damals hat also nicht nur auf die in den Evangelien erwähnten Fischer eine große Wirkung ausgeübt. Wir können uns gut vorstellen, dass damals viele Fischer unterwegs waren und eine große Anzahl von ihnen von Jesus begeistert war.
In der Heiligen Schrift stehen nur wenige Menschen im Mittelpunkt. Selbst aus dem Kreis der Zwölf werden nur wenige ausführlich erwähnt und nicht von allen Aposteln wird uns ein Wort überliefert. Noch viel weniger wissen wir über die anderen Jünger, die Jesus nachgefolgt sind, etwa den Kreis der 72. Es sind viele Namenlose, die aber dennoch zu dem Kreis der ersten Zeugen von Jesu Leben und Auferstehung gehören. Aus diesem weiteren Kreis der Jünger Jesu werden dann doch einige namentlich erwähnt. Unter ihnen sind Josef und Judas Barsabbas. Damit ragen sie aus der Schar der Namenlosen heraus, werden für uns greifbar, auch wenn wir sonst nichts weiter über ihr Leben erfahren.
Wenn es schon damals, als der Kreis der Jünger noch klein war, so viele Namenlose gab, wieviel mehr dann erst später, als die Kirche sich immer weiter ausgebreitet hat. So ist es bis heute geblieben. Es gibt einige wenige große Heilige, die in der ganzen Kirche bekannt sind. Doch die Zahl der Heiligen ist viel größer. So viele wirken im kleinen Kreis, sind nur wenigen bekannt und doch haben sie eine nicht zu unterschätzende Wirkung für die ganze Kirche. Die Kirche braucht die großen Heiligen als leuchtende Vorbilder für alle, sie braucht aber genauso die die vielen unscheinbaren Heiligen, die mit ihrem Gebet und ihrem Tun Jesus Christus in ihrer Nähe erfahrbar werden lassen.
Jeder von uns kann ein solcher Heiliger sein. Die Heilige Schrift gibt uns die Anleitung zum Leben. Jeder Mensch hat seine Fähigkeiten und mit diesen kann er an seinem Ort den Willen Gottes verwirklichen. Keiner soll sagen, er sei zu unbedeutend, zu unerfahren, zu schwach. Schon eine kleine gute Tat kann eine große Wirkung haben, ein unscheinbares gutes Wort kann für einen anderen Anlass zur Bekehrung sein. Denken wir nicht zu klein von uns. Seien wir Zeugen des Auferstandenen und bringen wir Gottes Liebe und Gottes Licht in diese Welt.
Sie gaben ihnen folgendes Schreiben mit: Die Apostel und die Ältesten, eure Brüder, grüßen die Brüder aus dem Heidentum in Antiochia, in Syrien und Zilizien. Wir haben gehört, dass einige von uns, denen wir keinen Auftrag erteilt haben, euch mit ihren Reden beunruhigt und eure Gemüter erregt haben. Deshalb haben wir uns geeinigt und beschlossen, Männer auszuwählen und zusammen mit unseren lieben Brüdern Barnabas und Paulus zu euch zu schicken, die beide für den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, ihr Leben eingesetzt haben. Wir haben Judas und Silas abgesandt, die euch das Gleiche auch mündlich mitteilen sollen.
Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden. Wenn ihr euch davor hütet, handelt ihr richtig. Lebt wohl!
Man verabschiedete die Abgesandten und sie zogen hinab nach Antiochia, riefen die Gemeinde zusammen und übergaben ihr den Brief. Die Brüder lasen ihn und freuten sich über die Ermunterung. Judas und Silas, selbst Propheten, sprachen ihnen mit vielen Worten Mut zu und stärkten sie. Nach einiger Zeit wurden sie von den Brüdern in Frieden wieder zu denen entlassen, die sie abgesandt hatten. Paulus aber und Barnabas blieben in Antiochia und lehrten und verkündeten mit vielen anderen das Wort des Herrn. (Apg 15,22-35)
Silas und Judas Barsabbas hatten eine verantwortungsvolle Aufgabe. Sie sollten zusammen mit Paulus und Barnabas nach Antiochien und weiter nach Syrien und Zilizien reisen, um den Gemeinden die Beschlüsse der Apostel zu überbringen. Das Thema war heikel, die Stimmung aufgeheizt. Sicher gab es viele Judenchristen, die ihre Hoffnung darauf gesetzt hatten, dass die Apostel ihnen Recht geben würden, dass auch von Heiden die Beschneidung und die Einhaltung des gesamten jüdischen Gesetzes gefordert werden muss. Wie werden sie reagieren? Sicher gab es Hardliner, die nach diesem Ereignis auf Distanz zur christlichen Gemeinde gegangen sind.
Der Auftrag von Judas und Silas erforderte viel Fingerspitzengefühl. Lukas berichtet nichts von größeren Streitigkeiten nach dem Apostelkonzil, sicher ein Beweis dafür, dass die beiden ihre Aufgabe vorbildlich erfüllt haben. Doch es bleiben auch Unklarheiten. Paulus erwähnt nur im Galaterbrief das Apostelkonzil und auch dort unter einem etwas anderen Blickwinkel. Er hat in seinen Gemeinden oft mit Streitigkeiten zu tun, die im Zusammenhang mit dem jüdischen Gesetz stehen. Wäre es da nicht einfach gewesen, auf die Beschlüsse des Konzils hinzuweisen, und damit jede Diskussion im Keim zu ersticken?
Paulus hat sich seine eigene Argumentation erdacht, um seine Lehre von der gesetzesfreien Verkündigung des Evangeliums zu rechtfertigen. Er zeigt damit, dass es in der Kirche eben nicht allein darauf ankommt, kirchenintern Beschlüsse zu fassen und diese dann umzusetzen. Die kircheninternen Beschlüsse geben die Linie vor, die der Lehre der Apostel gemäß ist. Es erfordert aber die Kreativität der Verkünder vor Ort, diese Lehre auch so zu vermitteln, dass die Menschen sie verstehen können. Die Verkündigung der katholischen Lehre ist also nicht die Rezitation von Beschlüssen des kirchlichen Lehramtes, sondern die sinngemäße Auslegung und Anwendung dieser Lehrsätze vor Ort. Auch wenn wir nichts darüber wissen, wie genau Judas Barsabbas und Silas vor den Gemeinden aufgetreten sind, so scheinen sie doch gerade diese Anwendung der Beschlüsse beispielhaft vermittelt zu haben und so werden sie zu einem Vorbild für alle Verkünder des Evangeliums bis heute.
Herr Jesus Christus, Heiland und Erlöser,
Haupt deiner Kirche.
Du hast uns versprochen, bei uns zu bleiben
alle Tage bis ans Ende der Zeit.
Wir vertrauen auf deine Zusage.
Wir glauben: Du gehst mit uns, auch durch unsere Zeit.Erfülle deine Kirche mit Wahrheit und mit Frieden
und bewahre sie vor Irrtum.
Reinige sie, wo sie verdorben ist,
richte sie auf, wo Kleinglauben sie niederdrückt.
Gib deiner Kirche, was ihr fehlt,
und heile den Riss, wo immer sie zerteilt und zerstreut ist.Schenke uns deinen Heiligen Geist,
damit wir die Zeichen der Zeit erkennen.
Er öffne uns die Augen.
Er nehme weg, was uns voneinander trennt.
Er gebe uns Geduld, aufeinander zu hören,
und den Mut, uns auf Neues einzulassen.Lass uns eine Gemeinschaft
des geschwisterlichen Miteinanders sein.
Lass uns gemeinsam deine Zeugen zu sein
in diesen unruhigen Zeiten.
Miteinander wollen wir Zeichen und Werkzeug
deiner frohen Botschaft sein.