Philemonbrief

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Der Philemonbrief ist der kürzeste Paulusbrief und zugleich der persönlichste. Paulus hat ihn wahrscheinlich um das Jahr 55 während seiner Gefangenschaft in Ephesus verfasst. Paulus befindet sich in einer prekären Situation. Onesimus, ein entlaufener Sklave des Philemon, der ein bedeutendes Gemeindemitglied der Kirche von Kolossä ist, hat bei Paulus in Ephesus Zuflucht gesucht. Paulus möchte den jungen Mann, der ihm eine große Hilfe ist, ungern verlieren. Als Sklave aber ist Onesimus Eigentum des Philemon und Paulus erweist sich rechtlich als Dieb, wenn er Onesimus nicht an Philemon zurückgibt. Das könnte ein schlechtes Licht auf Paulus werfen.

Paulus ist bemüht, die Situation in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln. Er schickt Onesimus mit dem Brief im Gepäck zu Philemon zurück und bittet darum, ihn freizulassen und zu Paulus zurück zu schicken. Jedoch lässt er Philemon die Freiheit, selbst zu entscheiden, was er für richtig hält. Auch das Geld, das Onesimus dem Philemon für seine Flucht gestohlen hat, ist Paulus bereit, aus eigener Tasche zu zahlen. Wir wissen nicht exakt, wie die Sache ausgegangen ist, aber wahrscheinlich hat Philemon den Onesimus freigelassen. Der Legende nach soll Onesimus später Bischof von Ephesus geworden sein und schließlich in Rom den Märtyrertod erlitten haben.

Paulus, selbst ein Gefangener, in Ketten um Christi Willen, bittet für Onesimus, der ein Gefangener des Systems der Sklaverei ist. Auch wenn Paulus dieses System an sich nicht abschaffen kann, so kann er doch Philemon, den Besitzer des Onesimus, dazu ermuntern, im Kleinen etwas zu ändern. Onesimus kann frei werden. Und wenn immer mehr Menschen nach dem Beispiel des Philemon handeln und ihre Sklaven frei lassen, dann wird sich auch das System der Sklaverei ändern.

Was sagt uns dieser Brief heute? Es gibt bei uns keine Sklaven mehr, werden wir sagen, und das ist gut so. Dennoch gibt es aber auch bei uns Systeme der Unfreiheit und Unterdrückung. Wir merken es vielleicht nicht, weil die Unterdrückten nicht vor unserer Haustüre leben, sondern am anderen Ende der Welt. Auch die Unterdrückung ist global geworden. Aber wenn nahezu jedes Kleidungsstück, das wir tragen, von Menschen hergestellt worden ist, die kaum das Nötigste zum Leben haben, wenn die Rohstoffe vieler unserer Technikprodukte unter menschenunwürdigen Bedingungen gefördert werden, sind wir die Nutznießer eines Systems der Unterdrückung und moderner Sklaverei.

Wir können dieses System nicht ändern. Aber wir können unseren Beitrag leisten, dass wir nicht von dieser Ausbeutung profitieren, sondern von unserem Überfluss denen ihren gerechten Lohn zahlen, die das produzieren, was wir kaufen. Dazu müssen wir genau hinsehen, uns nicht von Schnäppchenangeboten verführen lassen. Weniger, dafür besser einkaufen, von kleinen Herstellern, aus regionaler Produktion. Wenn immer mehr Menschen genau darauf achten, wo das her kommt, was sie einkaufen, kann sich Schritt für Schritt dieses System ändern.

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