Der heilige Leonhard zählt besonders im süddeutschen Raum zu den populärsten Heiligen. Grund dafür ist sicher seine Rolle als Schutzheiliger von Vieh und Pferden. Ihn rief man bei den nicht selten auftretenden Viehseuchen um Hilfe an und nicht wenige Wallfahrtskirchen sind ihm zu Ehren als Dank für den erwiesenen Beistand erbaut worden. Bis heute gehören Leonhardiritte und Leonhardifahrten in manchen Orten Südbayerns zu den Höhepunkten im jährlichen Brauchtum.
Leonhard stammt aus adligem Haus. Seine Eltern lebten am Hof des Merowinger-Königs Chlodwig. Dort wurde Leonhard um das Jahr 500 geboren. Getauft wurde er von keinem Geringeren als dem heiligen Remigius, Erzbischof von Reims. Dieser übernahm auch die Ausbildung des Knaben.
Leonhard stand beim König in so hoher Gunst, dass alle Gefangenen, für die er Fürsprache einlegte, sogleich freigelassen wurden. Der König wollte den fähigen jungen Mann zum Bischof machen, doch Leonhard lehnte ab. Ihn zog es in die Einsamkeit. Zunächst lebte er eine gewisse Zeit in einem Kloster bei Orleans, dann ließ er sich in einem Wald nahe der Stadt Limoges nieder.
Als der König eines Tages mit seinem Gefolge in diesem Wald zur Jagd ging, überkamen die Königin, die ihn begleitete, die Wehen. Man fürchtete schon um das Leben von Mutter und Kind. Da kam Leonhard herbei, der in seiner Einsiedelei den Lärm der aufgeregten Schar vernommen hatte. Auf sein Gebet hin wurden Mutter und Kind gerettet. Als Dank wollte ihm der König viel Gold und Silber schenken, doch Leonhard sagte, er solle das lieber den Armen geben.
„Von all dem bedarf ich nichts. Ich begehre nichts anderes, als allein zu leben in diesem Wald, und fern von allen Schätzen der Welt, Gott dem Herrn zu dienen.“ (Legenda Aurea)
Daraufhin wollte der König ihm den ganzen Wald schenken, doch Leonhard wollte nur so viel annehmen, wie er in einer Nacht mit seinem Esel zu umreiten vermochte. In diesem Wald nun gründete er ein Kloster und wirkte viele Wunder.
Besondere Hilfe erwies Leonhard den Gefangenen. Wer im Gefängnis seinen Namen anrief, dem fielen die Fesseln ab, heißt es in der Legenda Aurea. Viele der Befreiten kamen zu ihm in den Wald, um ein frommes Leben zu führen. Man hat den Eindruck, dass der Wald des hl. Leonhard eine Zufluchtsstätte für Menschen wurde, für die die Gesellschaft keinen Platz hatte.
Der Ruf seiner Heiligkeit verbreitete sich rasch. Nach seinem Tod errichtete man eine neue Kirche, die leichter zugänglich war als das mitten im tiefen Wald gelegene Kloster, denn es kamen viele Pilger an das Grab des Heiligen. Viele brachten ihre Ketten mit als Zeichen des Dankes für die Rettung aus der Gefangenschaft. Wie groß dieser Dank gewesen ist, mag man ermessen, wenn man sich die Haftbedingungen der damaligen Zeit vor Augen führt, wo die Gefangenen in einem finsteren Verließ gehalten wurden.
Damals ließ der Graf von Limoges zur Abschreckung die Gefangenen an einer langen Eisenkette, die mit einer Stange an einem Turm befestigt war, aufhängen. Einer rief St. Leonhard an, woraufhin die Kette zerbrach. Der Befreite schleppte sie zur Kirche des Heiligen und brachte sie ihm zum Dank. Ein anderer Graf wollte St. Leonhard trotzen und ließ seine Gefangenen nicht in Eisen legen, sondern sperrte sie in eine tiefe Höhle. Doch auch von dort drang der Hilfeschrei an das Ohr des Heiligen und die Gefangenen wurden befreit.
Weite Verbreitung fand die Verehrung des hl. Leonhard durch die Kreuzfahrer. Diese verehrten Leonhard sehr, denn sie waren stets in Gefahr, durch die Kämpfe in fremden Ländern in Gefangenschaft zu geraten. Die Fürsprache des Heiligen sollte sie davor bewahren.
Wahrscheinlich übertrug sich durch die wichtige Bedeutung der Pferde für die Kreuzfahrer das Patronat des Heiligen auch auf die Tiere. Eine andere Erklärung besagt, dass die Eisenketten, mit denen Leonhard dargestellt wird, später als Viehketten fehlgedeutet wurden und er so zum Patronat von Vieh und Pferden kam.