1.1. Hochfest Gottesmutter (1)

Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen.  (Gal 4,4-5)

Am Neujahrstag feiert die Kirche als Oktavtag von Weihnachten das Hochfest der Gottesmutter. An diesem Tag hören wir eine Lesung aus dem Galaterbrief. In diesem Brief beschäftigt sich Paulus besonders mit der Frage, welche Bedeutung das jüdische Gesetz für die Christen hat. Er ist davon überzeugt, dass die Menschen nicht durch Werke des Gesetzes gerettet werden, sondern allein durch den Glauben an Jesus Christus. Aber die Vorschriften des Gesetzes stehen in der Heiligen Schrift. Mit welchem Recht kann Paulus also eine Lehre verkünden, die dazu scheinbar im Widerspruch steht?

Paulus argumentiert damit, dass das Gesetz des Alten Bundes nur eine vorübergehende Bedeutung hatte. Abraham, der Stammvater Israels, hatte bereits wegen seines Glaubens das Heil von Gott erfahren, und nicht, weil er Werke des Gesetzes erfüllt hat. Gottes Verheißung des Heils ist damals bereits an alle ergangen, die wie Abraham den Glauben haben. Aber die Menschen waren von Abraham an bis zur Zeit des Paulus unmündigen Kindern gleich, denen zwar das Erbe des Abraham verheißen war, die aber noch nicht reif dafür waren, dieses Erbe anzutreten. Daher hat Gott das Gesetz gegeben, dem die Menschen bis zu ihrer Mündigkeit wie einem Vormund unterstellt sein sollten.

Als aber die Zeit erfüllt war, in der Gott die unmündigen Kinder zu mündigen Erben machen wollte, hat er seinen Sohn gesandt. Er hat das Vormundschaftsrecht des Gesetzes beendet und somit allen Menschen die Möglichkeit eröffnet, das Erbe anzutreten, das er einst Abraham verheißen hat, nämlich durch den Glauben zu Söhnen und Töchtern Gottes zu werden und so das Heil zu erlangen.

Wir wissen aus unserem Alltag, welche Bedeutung eine Testamentseröffnung hat, gerade bei wohlhabenden Leuten. Da geht es oft um viel Geld und Besitz. Eine Testamentseröffnung ist ein hochrichterlicher Akt. Daher hat Gott seine Testamentseröffnung auch nicht mal eben so erledigt, nicht durch einen Propheten oder einen noch so besonders auserwählten Menschen, sondern Gott kam selbst auf die Erde in seinem Sohn Jesus Christus.

Heiliger Stephanus

Herr Jesus Christus,

der heilige Stephanus hat Zeugnis gegeben

von dir durch Wort und Tat

und hat als erster dieses Zeugnis

mit seinem Leben bezahlt

und ist dir nachgefolgt

auf dem Weg ins ewige Leben.

In seinem Sterben hat er

für seine Bedränger gebetet.

Wir danken dir für das Beispiel des heiligen Stephanus,

durch das wir herausgefordert werden,

es ihm gleich zu tun.

Wir bitten dich, Herr,

lass uns nachahmen, was wir feiern,

so dass wir lernen, selbst unsere Feinde zu lieben;

denn wir begehen ja das Geburtsfest dessen,

der es verstand, selbst für seine Verfolger zu beten.

Amen.

Die Gnade Gottes ist erschienen

Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. (Tit 2,11)

So heißt es in der Lesung aus dem Brief an Titus, die wir in der Heiligen Nacht hören. Der Brief ist ein Lehrschreiben an christliche Gemeinden, das Regeln für das Leben der Vorsteher und aller Christen formuliert. Die Gläubigen werden dazu aufgerufen, ihrer Berufung gemäß zu leben, in der Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn.

Das Leben der Christen spielt sich ab in einem “Jetzt”, das in der weiten Spanne zwischen dem “Einst” und dem “Noch nicht” liegt. Jesus Christus ist gekommen, um uns zu erlösen. In seiner Geburt ist Gottes Gnade in der Welt aufgestrahlt, in seinem Tod und seiner Auferstehung wurde sie allen offenbar. So hat Christus das Werk der Erlösung vollendet.

Wir leben als Erlöste in dieser Welt und sind doch stets den Versuchungen dieser Welt ausgesetzt. Es gilt, den Blick von den Dingen dieser Welt auf das Licht Gottes zu richten. Wir müssen lernen, über das hinaus zu blicken, das uns vor Augen liegt. Dann können wir die Botschaft Jesu Christi verstehen und entdecken, was Gottes Gnade bedeutet.

Erschienen bist du heute der Welt, und

dein Licht ward auf uns gezeichnet, o Herr,

und erkennend singen wir dir:

Gekommen und erschienen bist du,

das unzugängliche Licht!

(Gebet der Ostkirche)

Heiliger Abend

Gott auf Erden, Gott unter Menschen, nicht im Feuer und unter Posaunenschall, nicht auf rauchendem Berg oder bei Dunkel und bei herzerschütterndem und ohrenbetäubendem Sturmwind Gesetze gebend, sondern in leiblicher Erscheinung sanft und gütig mit Seinesgleichen verkehrend.

Gott im Fleische, nicht aus weiten Entfernungen wirksam wie in den Propheten, sondern vereint mit einer der Menschheit wesensgleichen Natur, um so durch sein mit uns verwandtes Fleisch die ganze Menschheit zu sich zurückzuführen. (Basilius der Große)

Gott mitten unter uns. An Weihnachten offenbart uns Gott seine Nähe und seine Liebe. Er will bei uns sein, mitten unter uns sein. Das ist die Weihnachtsbotschaft heute und für das ganze Jahr. Wir sind nicht allein in der Welt, nicht verloren im Universum. Überall ist Gottes Nähe erfahrbar. Er bleibt bei uns alle Tage. Nicht im Donnerschall, nicht im gebietenden Gesetz, sondern still und verborgen als das Kind von Betlehem.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie Gotts Liebe und Nähe immer tiefer erfahren. Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!