Endlich wieder Markus. Mit dem ersten Advent im Lesejahr B beginnt alle drei Jahre von neuem das Kirchenjahr, in dem die Texte aus dem Markusevangelium im Mittelpunkt stehen. Im Jahr 2009 habe ich damit begonnen, das Markusevangelium als erstes der vier Evangelien nahezu durchgängig zu kommentieren. Als Hilfe dienten mir dabei der ausführliche Kommentar von Wilfried Eckey: Das Markus-Evangelium, Orientierung am Weg Jesu, und der knappe und sehr gut lesbare Kommentar von Martin Ebner: Das Markusevangelium, Neu übersetzt und kommentiert. Letzteren kann ich ganz besonders allen Interessierten zur kurzweiligen Lektüre empfehlen. Beim deutschen Text des Evangeliums habe ich mich neben der Einheitsübersetzung auch an den Übersetzungen dieser beiden Exegeten orientiert.
In den vergangenen Jahren habe ich meine Texte zu den Büchern der Heiligen Schrift stark erweitert. Nun ist wieder Markus dran. Vieles ist seit 2009 geschehen, die Welt hat sich verändert, ebenso mein Leben und damit auch mein Denken. Die Evangelien sind keine Dokumente aus vergangener Zeit, sondern Worte, die in die Zukunft weisen. Sie sind lebendige Texte, die immer wieder neu interpretiert werden wollen. Sie geben immer wieder neu Antworten auf unsere Fragen. Mit ihnen zeigt uns Gott, wie unser Leben gelingen kann, wenn wir unseren Weg mit Jesus Christus gehen.
Markus zeigt uns, was damals vor fast 2000 Jahren geschehen ist, aber dieses Geschehen ist auch heute noch aktuell, weil dieser Jesus, von dem Markus seinen Lesern erzählt, nicht nur eine historische Persönlichkeit war. Jesus Christus ist Gottessohn, wie Markus gleich im ersten Satz klarstellt, er ist Gott und als solcher unvergänglich. Jesus, der nach seinem Tod ins Grab gelegt wurde und aus diesem Grab verschwunden ist, ist zu seinem Vater in den Himmel gegangen und ist von dort den Menschen aller Zeiten nahe. Er hat das Reich Gottes auf Erden gegründet und dieses Reich besteht bis heute. In ihm leben alle, die an Jesus Christus glauben.
Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn. (Mk 1,1)
Schon im ersten Satz des Evangeliums liegt die ganze Sprengkraft christlichen Glaubens, liegt die ganze Wucht des Aufpralls, mit der das Christentum das Römische Reich umwälzen und sich über die ganze Welt verbreiten wird. Schon in diesem Satz wird deutlich, warum die Christen von Anfang an mit der Verfolgung durch die Römischen Kaiser zu rechnen hatten. Wer damals den ersten Satz des Markusevangeliums las, der verstand sofort, worum es hier ging.
Evangelium – Gute Nachricht, damit waren damals Meldungen von höchstem Rang gemeint, Meldungen, die direkt aus dem Kaiserhaus kamen, etwa die Proklamation eines neuen Kaisers oder die Meldung über einen Sieg der kaiserlichen Truppen oder die Ankündigung der Geburt eines Sohnes des Kaisers. Das, was Markus hier schreibt, ist somit als eine Botschaft ersten Ranges zu verstehen. Das Evangelium von Jesus Christus hat Bedeutung für ALLE Menschen und zu ALLEN Zeiten. Dieser Jesus Christus, von dem hier berichtet wird, wird dem Kaiser gleichgestellt, ja, es wird sich zeigen, dass er über dem Kaiser steht. Das zeigt auch sein Titel, Gottessohn, ein Sohn eines Gottes, wie es im Griechischen heißt. So nannten sich auch die Kaiser, die ihre Väter und später auch sich selbst vergöttlicht haben. Jesus Christus aber ist der Sohn des einzigen wahren Gottes und er ist gekommen, um das Reich Gottes auf dieser Erde zu erreichten, das alle anderen Reiche überragt. Mit ihm wird die Gottesherrschaft auf dieser Welt Wirklichkeit. Dies von einem Menschen zu behaupten, der im hintersten Winkel des Römischen Reiches als einfacher Handwerkersohn geboren wurde, musste den Menschen damals als etwas Unglaubliches erscheinen.