1. Korintherbrief 10,1-13 – Warnung

Ihr sollt wissen, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren, alle durch das Meer zogen und alle auf Mose getauft wurden in der Wolke und im Meer. Alle aßen auch die gleiche gottgeschenkte Speise und alle tranken den gleichen gottgeschenkten Trank; denn sie tranken aus dem Leben spendenden Felsen, der mit ihnen zog. Und dieser Fels war Christus. (1Kor 10,1-4)

Paulus mahnt die Korinther dazu, sich nicht in falscher Selbstsicherheit zu wiegen. Als mahnendes Beispiel führt er die Geschichte Israels an. Der Exodus, der Auszug aus Ägypten, ist das Schlüsselerlebnis in der Geschichte Israels. Das ganze Volk machte dir Erfahrung von Gottes rettender Tat der Befreiung aus der Sklaverei Ägyptens.

Paulus sieht den Exodus als Vorausbild dessen, was die christliche Gemeinde heute erfährt. Wie Gott durch Mose das Volk durch das Rote Meer in die Freiheit führte, so sind die Christen durch die Taufe von der Sklaverei der Sünde befreit worden. Wie Gott das Volk Israel in der Wüste wunderbar versorgt hat, durch Wasser aus dem Felsen und Manna, so ist die Eucharistie die wunderbare Speise des neuen Gottesvolkes. Alle Christen haben Teil an Christi Leib und Blut, der Speise ewigen Lebens.

Und doch ist die Erfahrung dieser Wohltaten keine Garantie für das ewige Heil. Im Volk gab es solche, die aus Gier mehr Manna sammelten, als sie benötigten, und dafür bestraft wurden. Als Mose am Sinai war, machte sich das Volk ein Goldenes Kalb und trieb Götzendienst. Viele murrten und wollten lieber wieder in die Sklaverei zurück, als den beschwerlichen Weg durch die Wüste zu gehen. Nicht das große Ziel war ihnen wichtig, sondern einfach nur die Bequemlichkeit des Alltags. Auf dem Zug durch die Wüste kamen viele um, Mose musste immer wieder den Herrn um Verzeihung für das Volk anrufen. Diejenigen, die aus Ägypten ausgezogen waren, durften das gelobte Land nicht sehen, sondern erst der folgenden Generation wurde der Einzug gewährt.

So dürfen sich auch die Christen angesichts der Sakramente nicht in falscher Sicherheit wiegen. Gott will das Heil aller Menschen, er schenkt seine Gnade umsonst, aber der Mensch kann sein Heil auch verwirken. Gott sorgt sich um uns, wie der Gärtner im Gleichnis, der den fruchtlosen Baum nicht umhaut, sondern jahrelang weiter pflegt, dass er doch noch Früchte trägt. Aber es gibt keine Garantie für das Heil. Das sollen wir immer wieder bedenken.

Wer also zu stehen meint, der gebe Acht, dass er nicht fällt. (1Kor 10,12)

Hochmut kommt vor dem Fall, so lautet ein bekanntes Sprichwort. Wer meint, der beste zu sein, alles richtig zu machen und über den anderen zu stehen, für den kommt oft ein böses Erwachen. Selbst wenn wir etwas Tolles gemacht haben und viel Lob erhalten, kann uns im nächsten Augenblick ein Missgeschick passieren und alles ist dahin.

Das bedeutet nicht, dass wir mit negativen Gedanken durchs Leben gehen sollen und uns über nichts mehr freuen dürfen. Aber wir sollen wachsam sein. Wir dürfen dankbar sein für das, was uns gelingt, sicher auch ein wenig stolz, aber wir sollen das immer auch als ein Geschenk sehen und nicht übermütig werden.

Wir dürfen stolz darauf sein, Christen zu sein. Heute machen wir eher die andere Erfahrung, dass Christsein eben nichts Besonderes ist, dass wir die Sakramente nicht mehr Wunder des Heils erfahren, wie beispielsweise Israel den Exodus. Auch das ist eine Versuchung, die Versuchung zur Gleichgültigkeit. Machen wir uns immer neu bewusst, welche Großtaten Gott an uns erwiesen hat. Wir sind Kinder Gotts. Gott ist unser Vater, der auf uns schaut und für uns Sorge trägt.

Wir dürfen und sollen ein gesundes Selbstbewusstsein haben, müssen uns aber auch vor falscher Selbstsicherheit in Acht nehmen. In den Beispielen, die Paulus aufgezählt hat, zeigt sich, wie verhängnisvoll diese sein kann. Johannes Chrysostomus sagt:

„Wenn nämlich jene, die so große Wohltaten genossen, solches leiden mussten, wenn andere, bloß weil sie gemurrt haben, und wieder andere, weil sie Gott versucht haben, so hart gestraft wurden, und wenn jenes Volk nach so großen Dingen Gott nicht fürchtete, so wird uns dieses Schicksal, wenn wir nicht vorsichtig wandeln, umso mehr treffen. Paulus sagt treffend: „Wer zu stehen meint“, denn ein solches Stehen ist nicht das rechte, sondern es ist ein Vertrauen auf die eigene Kraft und wer so steht, wird bald fallen.“

Johannes Chrysostomus sieht die Menschen aber in einer ganz anderen Situation. Vielen sind gefallen und liegen am Boden, auch in der Kirche. Viele mögen zwar nach außen hin kraftvoll wirken, „könnte man aber die Seelen nackt schauen, wie man in einem Heer nach der Schlacht die einen tot, die andern schwer verwundet erblickt, so würde man dasselbe auch hier in der Kirche erblicken.“ Er ruft daher dazu auf, einander die Hand zu reichen und einander zu helfen, aufzustehen:

„Darum ermahne ich nicht nur dazu, dass wir uns vor dem Fall hüten, sondern den Gefallenen rufe ich zu, dass sie aufzustehen vermögen. Lasst uns also, Geliebte, wiewohl spät, erheben! Lasst uns aufstehen und tapfer dastehen! Wie lange wollen wir liegen bleiben? Wie lange wollen wir berauscht und von irdischen Begierden betäubt so fortleben? Ich bitte und ermahne: reichen wir einander die Hand und stehen wir auf!“

Haben wir den Mut, ehrlich zu unseren Fehlern zu stehen und unsere Sünden zu bekennen. Haben wir die Demut, um Verzeihung und Hilfe zu bitten. Greifen wir nach der Hand, die uns entgegengestreckt ist, um uns aufzuhelfen. Der Heilige Johannes Chrysostomus sagt:

„Auch ich gehöre zu den Verwundeten, die des heilenden Arztes bedürfen, aber darum sollt ihr den Mut nicht verlieren; denn sind die Wunden auch schwer, so sind sie doch heilbar. Wir haben nämlich einen Arzt, der uns, mag auch das Übel den äußersten Grad erreicht haben, viele Wege zur Besserung zeigt.“

Christus ist unser Arzt, er kann uns Heilung verschaffen. Er zeigt uns verschiedene Therapien, wie wir Heilung erlangen können. Wenn wir anderen verzeihen, so wird auch uns verziehen, durch Gebet und Almosen werden Sünden getilgt.

„Lasst uns also die Größe seiner Erbarmung erwägen und ihn versöhnen und vor ihm unsere Schuld bekennen, damit wir nicht beim Hinscheiden aus diesem Leben ohne Nachsicht der äußersten Strafe verfallen!“

Chrysostomus mahnt aber auch, nicht mit Gottes Barmherzigkeit zu spielen. Es muss uns ernst sein mit unserer Umkehr. Gerade auch das Geld birgt eine Versuchung, die uns immer wieder blind werden lässt:

„Wir vernachlässigen das Seelenheil aus Liebe zum Geld. Wie darfst du nun Gott bitten, dass er dich verschone, da du dich selbst nicht verschonst und das Geld der Seele vorziehst? Ich staune über den Zauber, der in dem Geld oder besser gesagt, in den Herzen der Verblendeten liegt. Doch gibt es auch sicherlich Menschen, welche dieses Blendwerk herzlich verlachen, denn was liegt wohl darin, das unsere Augen bezaubern könnte? Ist es nicht ein lebloses Wesen? Ist es nicht vergänglich? Ist sein Besitz nicht unsicher, verbunden mit Furcht und Gefahr, Mord und Nachstellungen, mit Feindschaft und Hass, mit Trägheit und allerlei Bosheit? Ist es nicht Staub und Asche? Welcher Wahnsinn! Welche Krankheit!“

Wir können dieser Versuchung dadurch begegnen, dass wir uns Gott viel größer und Herrlicher vorstellen als alle Pracht dieser Welt und alles, was wir uns mit Geld kaufen können. Machen wir uns die Wunder bewusst, die Gott an uns gewirkt hat. Wir sind neu durch seine Gnade. Lassen wir uns immer wieder erneuern, lassen wir Gott an uns wirken, dass wir durch seine Gnade wachsen zu wahrer Größe.

 

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