Trost und Befreiung (Jes 40)

Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. (Jes 40,1)

Mit diesem Ruf beginnt das Buch Deuterojesaja, das den zweiten Hauptteil des Jesajabuches bildet. Wir befinden uns in der Zeit, als das Volk Israel im Exil in Babylon (597-539 v.Chr.) gelebt hat. Etwa 150 Jahre nach dem Auftreten des Propheten Jesaja (ca. 740-701 v.Chr.) wurde sein Buch von einem oder mehreren namentlich unbekannten Propheten weitergeschrieben. Jesaja gilt als der größte unter den Propheten. Im Neuen Testament ist oft nur von “dem Propheten” die Rede, wenn Jesaja gemeint ist. Darum ist es nicht verwunderlich, dass Propheten in seinem Namen auch nach seinem Tod gesprochen haben.

Jesaja hat das Volk Israel vor dem Untergang gewarnt, falls es sich in trügerischer Hoffnung wiegt und nicht bereit ist, umzukehren. Nun ist die Katastrophe eingetreten, Jerusalem und der Tempel des Herrn wurden zerstört, das Volk lebt im Exil im fremden Babylon. Doch auch dort ist Gott seinem Volk nahe. Nun ist es die Aufgabe des Propheten, nicht mehr zu warnen und zu drohen, sondern zu trösten und dem Volk Mut zu machen, dem Volk zu zeigen, dass Gott auch in der Fremde bei ihm ist und es bald wieder heimführen wird.

Gott wird einen Neubeginn mit seinem Volk machen. Doch bis es soweit ist, muss das Volk warten, muss die Härte des Exils ertragen. Die Texte des Deuterojesaja hören wir besonders in der Adventszeit, die uns auch immer wieder neu bewusst macht, dass wir als Christen Wartende sind. Wir leben in der Fremde und warten auf die Wiederkunft des Herrn, auf den Tag, an dem wir als Kinder Gottes offenbar werden, wenn Jesus Christus uns zum Vater führen wird.

Eine Stimme ruft: Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott! Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben. (Jes 40,3-4)

Gott selbst wird sein Volk aus dem Exil führen, er wird ihm vorangehen, so wie er einst vorangezogen ist, als Israel aus Ägypten ausgezogen ist. Kein Hindernis wird es auf dem Weg geben, den Gott mit seinem Volk gehen wird. Es ist ein gewaltiger Weg, der für Gott gebahnt werden soll, Berge sollen abgetragen und Täler zugeschüttet werden, so dass ein ebener Weg ohne Hindernis entsteht. Ein Weg, der würdig ist, dass Gott auf ihm reist, ein Weg, auf dem Gott Einzug halten kann bei seinem Volk, ein Weg für das Kommen Gottes in diese Welt. Jetzt ist die Zeit gekommen für die Heimkehr Israels, und wenn Gott etwas beschlossen hat, dann macht er es richtig. Nichts kann sich ihm in den Weg stellen, kein Hindernis kann ihn aufhalten.

Steig auf einen hohen Berg, Zion, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme mit Macht, Jerusalem, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme, fürchte dich nicht! Sag den Städten in Juda: Seht, da ist euer Gott. Seht, Gott der Herr, kommt mit Macht, er herrscht mit starkem Arm. Seht, er bringt seinen Siegespreis mit: Alle, die er gewonnen hat, gehen vor ihm her. (Jes 40,9-10)

Der Zug der Heimkehrer wird freudig angekündigt. Gott kehrt mit seinem Volk zurück, wie ein reicher Hirte mit seiner großen Herde. Diejenigen, die einst schmachvoll in die Verbannung geführt wurden, kehren heim wie Sieger. Gott schenkt Glück und Freude, er führt aus jeder Not. Gott kommt jedem Menschen entgegen, um ihm das Glück als Geschenk anzubieten.

Ist das nicht alles nur ein schöner Traum, zu schön, um wahr zu sein? Fühlen wir uns nicht allzu oft wie in der Verbannung, in einer Welt, in der Gott keinen Platz mehr zu haben scheint und unser Leben ein Frondienst ist für den schnöden Mammon?

Aber es steht unumstößlich fest: Gott beschützt die Seinen, er führt sie durch die Tiefpunkte der Geschichte und des eigenen Lebens hindurch. Wer Gott vertraut, für den gibt es immer einen Ausweg, auch wenn es vielleicht etwas länger dauert, bis er sichtbar wird. Wir brauchen Geduld. Wer zu früh aufgibt, wird nie das Schöne erfahren, das das Leben noch bereit hält.

Herr, gib uns Geduld
gib uns die Kraft zu Warten,
lass uns niemals verzweifeln
und lass uns nie die Hoffnung verlieren
dass nach jedem Leid eine Freude
und nach jeder Niederlage ein Sieg
auf uns wartet.
Schenke uns deinen Trost,
wenn wir am Boden sind
und lass uns die Freude
zusammen mit dir erfahren.
Amen.

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