Correctio Fraterna (Mt 18,15)

Es gibt auch immer wieder Situationen, in denen Menschen nicht mehr weiter wissen und Rat suchen. Manche Entscheidungen zu treffen, fällt schwer. Da ist es gut, Freunde zu haben, mit denen man sich besprechen kann, doch auch dann kommt es vor, dass ein Mensch den falschen Weg einschlägt. Es ist anders gekommen als erwartet, er hat hoch gespielt und alles verloren, hatte mehr den eigenen Vorteil im Auge als die Gerechtigkeit … Menschen machen Fehler und Menschen fallen in Sünde. Jede Sünde aber betrifft stets die ganze Gemeinschaft. Was also sollen wir tun, wenn wir sehen, dass ein Mensch dabei ist, den falschen Weg einzuschlagen?

Wie leicht ist es da doch, über andere zu reden. Schau mal, der da, was der wieder ausgefressen hat. So entstehen Gerüchte und Getuschel und schnell wird der andere ins soziale Abseits manövriert. Ist ihm damit geholfen? Sicher nicht.
Und ich selbst und die Menschen, die mit mir so sicher über den anderen geurteilt haben, sind wir wirklich so gut und machen alles richtig? In den Augen Jesu werden wir sicher als Heuchler dastehen. Was also tun?

Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. (Mt 18,15)

Es kostet Mut, direkt auf einen Menschen zuzugehen und ihm unter vier Augen zu sagen, wie ich über sein Verhalten denke. Genau das erwartet Jesus von mir, ein offenes und ehrliches Gespräch mit dem anderen, in dem ich nicht als besserwisserischer Ratgeber erscheine. Vielleicht hat der andere gar nicht gemerkt, wie sein Verhalten auf andere wirkt und ist nun selbst erschüttert darüber und will sich ändern. Vielleicht hatte er bisher nicht den Mut, es anders zu machen und bekommt so den Anstoß, sich zu ändern. Vielleicht kommt er ohne fremde Hilfe nicht aus einer Situation heraus und wir können zusammen nach einem Weg für ihn suchen. Wie es im Einzelfall auch sein mag, sicher ist ein offenes und ehrliches Gespräch in vielen Fällen hilfreich.

Wer mehr, als gut ist, schweigt, soll bedenken, dass er, wenn er den Nächsten liebt wie sich selbst, durchaus nicht schweigen soll gegenüber einem Unrecht, das er an einem anderen zurecht missbilligt. Das gesprochene Wort wird zum Medikament und leistet einen heilsamen Dienst. Diejenigen aber, die das heilende Wort zurückhalten und schweigen, verhalten sich gerade so wie Leute, die Krankheiten erkennen, aber sich heimlich dem Gebrauch der Heilmittel entziehen und so schließlich den Tod dadurch verursachen, weil sie die Heilmittel verweigern, die Heilung bringen konnten. (Gregor der Große)