Getsemani

Nach dem Mahl geht Jesus mit seinen Jüngern zum Ölberg, zu einem Grundstück, das Getsemani heißt. Er hat eine Ahnung davon, was geschehen wird. Die ganze Erschütterung Jesu über das ihm bevorstehende Leiden wird nun deutlich. Jesus ist ganz Gott und ganz Mensch, daher schaudert er genau wie wir bei dem Gedanken an Schmerzen und Tod. Doch er nimmt sein Leiden an – um den Willen des Vaters zu erfüllen und um uns das Heil zu schenken.

Jesus ist an der Schwelle seiner Ganzhingabe angekommen, sich Opfer für das Heil der Welt hinzugeben. Er scheint allein, doch er befindet sich ganz in der Gegenwart des Vaters. Wie hätte es auch anders sein können, da sein heimlicher Dialog der Liebe mit dem Vater niemals aufgehört hatte? Und doch hat Jesus Angst davor, was nun geschehen wird. Von dieser Angst bleibt uns nichts verborgen. Aber in seiner äußersten Angst sucht Jesus im Gebet Trost beim Vater. Und Jesus wagt es ein letztes Mal, vor dem Vater der Beunruhigung Ausdruck zu geben, die ihn befällt:

Meine Seele ist zu Tode betrübt. Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst. (Mt 26,38-39)

Jesus betet zum Vater, doch seine Jünger schlafen. Jesus bittet sie zu wachen, doch sie schaffen es nicht, mit ihm zu beten. In seiner Not ist Jesus allein, allein mit seinem Vater im Himmel. Dreimal muss Jesus die Jünger wecken und sie darum bitten, mit ihm zu beten. Doch sie schlafen immer wieder ein. Erst als die Soldaten im Garten erscheinen, angeführt von Judas, merken die anderen Jünger, was los ist. Jesus wird verhaftet, die Jünger aber fliehen.

Nun wird Jesus vor Gericht gestellt, zuerst bei den Juden. Doch die Römer haben zu dieser Zeit in Israel das Sagen. Die Juden dürfen niemand zum Tod verurteilen und deshalb bringen sie Jesus zum römischen Statthalter Pontius Pilatus. Eine lange Verhandlung beginnt.

Petrus ist neugierig. Er will sehen, was mit Jesus geschieht. Doch er hat Angst. Als man ihn als einen Jünger Jesu erkennt, streitet er es ab. “Ihr müsst euch irren, ich gehöre nicht zu Jesus.” Dreimal verleugnet er so Jesus, dann kräht ein Hahn. Petrus erkennt: Ich habe meinen besten Freund verleugnet. Es tut ihm leid, dass er aus Angst nicht zu Jesus gehalten hat. Er geht weg und weint.

Jesus ist ganz allein vor dem Richter. Ein Jünger hat ihn seinen Feinden ausgeliefert, der andere hat ihn verleugnet, alle anderen Jünger sind geflohen. Wo sind sie alle hin, die sonst zu ihm gehalten haben, all die Menschen die er geheilt, denen er geholfen hat?

Das Urteil lautet: Tod am Kreuz, die härteste Strafe, die die Römer zu bieten haben. So werden Schurken, Staatsfeinde, die schlimmsten Verbrecher bestraft. Wie es ihnen beliebt, dürfen die Soldaten nun ihren Spott mit Jesus treiben. Als er schon nicht mehr kann vor Schmerzen und Wunden muss er auch noch sein Kreuz durch die Stadt bis hinauf zum Hügel Golgota tragen. Sein einziger Trost: Seine Mutter und einige Frauen, die ihm gefolgt sind, haben ihn nicht verlassen sondern stehen an seinem Kreuzweg. Simon von Zyrene muss ihm helfen, das Kreuz zu tragen.

Gründonnerstag

Als es Abend wurde, begab er sich mit den zwölf Jüngern zu Tisch. Und während sie aßen, sprach er: Amen, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten und ausliefern. Da waren sie sehr betroffen und einer nach dem andern fragte ihn: Bin ich es etwa, Herr? Er antwortete: Der, der die Hand mit mir in die Schüssel getaucht hat, wird mich verraten. Der Menschensohn muss zwar seinen Weg gehen, wie die Schrift über ihn sagt. Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre. Da fragte Judas, der ihn verriet: Bin ich es etwa, Rabbi? Jesus sagte zu ihm: Du sagst es. (Mt 26,20-25)

Deutlich weist Jesus auf seinen bevorstehenden Tod hin und zugleich auch auf den, der ihn verraten und ausliefern wird. Noch immer sind die Jünger ratlos, wen und was Jesus damit meint. Nur Judas weiß es. Sein ganzes Sinnen und Trachten ist bereits darauf hin gerichtet, Jesus so schnell wie möglich an die Juden auszuliefern und seinen Lohn dafür zu kassieren. Das muss geschehen. Aber trotzdem ist es keine gute Tat, die Judas leistet. Er hat sich dafür hergegeben, zum Erfüller des Bösen zu werden. Und er besitzt die Unverfrorenheit, weiterhin im vertrauten Kreis um Jesus zu verweilen. Nur Jesus weiß um die Abgründe, die sich in seinem Jünger auftun. Jesus liebt ihn, auch wenn er weiß, was geschehen wird. Er schließt ihn nicht vom Mahl aus. Judas hat noch die Möglichkeit, umzukehren. Aber er wird seine Chance nicht nutzen und stellt sich so gegen die Liebe seines Herrn.

Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: Nehmt und esst; das ist mein Leib. Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet und reichte ihn den Jüngern mit den Worten: Trinkt alle daraus; das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Ich sage euch: Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich mit euch von neuem davon trinke im Reich meines Vaters. (Mt 26,26-29)

Nun ist alles gesagt. Jesus hat den Seinen das Gedächtnis seines Leidens und Sterbens hinterlassen. In seinem Tod wird er diese Worte erfüllen und fortan wird in jeder Feier der Eucharistie sein Opfer gegenwärtig gesetzt. Mein Leib, Brot des Lebens, mein Blut, für euch vergossen zur Vergebung der Sünden. Nehmt, esst und trinkt. So legt er sich selbst hinein – in das Zeichen von Brot und Wein. Er legt sich selbst hinein – und verschenkt sich an alle, die ihn empfangen. Der zerschlagene Leib im gebrochenen Brot, nehmt und esst: Das bin ich.

Nehmt und esst, das heißt auch: nehmt mich auf, nehmt mich hinein in euch. Wie Brot, das ihr teilt und esst euch ernährt und dabei in euch verwandelt wird, so nehmt mich auf. Wenn ihr mich aufnimmt habt ihr Gemeinschaft mit mir und ich nehme euch hinein in das, was an mir geschieht; so lasst es auch an euch geschehen: Das Geheimnis vom Leiden und Sterben und Auferstehen.

Aus voller Glaubensüberzeugung wollen wir also am Leib und Blut Christi teilhaben! In der Gestalt des Brotes wird dir der Leib gegeben, und in der Gestalt des Weines wird dir das Blut gereicht, damit du durch den Empfang des Leibes und Blutes Christi ein Leib und ein Blut mit ihm wirst. Durch diesen Empfang werden wir Christusträger; denn sein Fleisch und sein Blut kommt in unsere Glieder. Durch diesen Empfang werden wir der göttlichen Natur teilhaftig. …
Betrachte daher Brot und Wein nicht wie gewöhnliche Dinge! Denn nach der Aussage des Herrn sind sie Leib und Blut Christi. Wenn dich auch die Sinne hier im Stich lassen: der Glaube möge dir Festigkeit geben! Nicht nach dem Geschmack darfst du hier urteilen, der Glaube muss dir die zweifellose Sicherheit geben, dass du des Leibes und Blutes Christi gewürdigt wurdest. …
Wer zum Mahle kommt, der wird nicht eingeladen, Brot und Wein zu kosten, sondern die Wirklichkeit des Leibes und Blutes Christi. Kommst du nach vorn, tritt nicht mit ausgetreckten Händen und gespreizten Fingern hinzu, sondern mache die linke Hand zum Thron für die rechte, da diese den König empfangen soll. Forme die Hand zur Höhle, empfange den Leib Christi und antworte: Amen! Vorsichtig heilige nun deine Augen durch die Berührung mit dem heiligen Leib und dann genieße ihn, doch hab acht, dass dir nichts davon auf den Boden fällt! …
Nach der Kommunion des Leibes Christi tritt auch zum Kelch des Blutes hinzu. Strecke nicht die Hände aus, sondern verneige dich und in der Weise der Anbetung und Verehrung sprich das Amen. Dann empfange das Blut Christi und heilige dich. So lange noch Feuchtigkeit auf deinen Lippen ist, berühre sie mit den Fingern und heilige deine Augen, die Stirn und die übrigen Sinne. Dann warte das Gebet ab und danke Gott, der dich solcher Mysterien gewürdigt hat.
(Aus der Vierten Mystagogischen Katechese des hl. Cyrill von Jerusalem)

Jede Eucharistiefeier endet mit dem Dankgebet und dem Segen. Auch Jesus hat mit seinen Jüngern nach dem Mahl das Dankgebet gesprochen. Der jüdischen Feier entsprechend meint Matthäus damit wahrscheinlich die Lobpsalmen 113-118. Danach geht Jesus mit seinen Jüngern zum Ölberg und weist sie erneut auf die Bedeutung dessen hin, was nun geschehen wird.