Gott als Richter

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Gott ist ja der Gott des Rechts, bei ihm gibt es keine Begünstigung. Der Herr ist der Gott des Rechts, bei ihm gibt es keine Begünstigung. Er ist nicht parteiisch gegen den Armen, das Flehen des Bedrängten hört er. Er missachtet nicht das Schreien der Waise und der Witwe, die viel zu klagen hat.

Rinnt nicht die Träne über die Wange und klagt nicht Seufzen gegen den, der sie verursacht? Denn von der Wange steigt sie zum Himmel empor, der Herr achtet darauf und es missfällt ihm. Die Nöte des Unterdrückten nehmen ein Ende, das Schreien des Elenden verstummt. Das Flehen des Armen dringt durch die Wolken, es ruht nicht, bis es am Ziel ist. Es weicht nicht, bis Gott eingreift und Recht schafft als gerechter Richter. (Sir 35,15-22)

Gott als Richter, dieses Bild war noch vor einigen Jahren viel stärker verbreitet als heute. Man möchte heute nicht mehr so gern vom Gericht Gottes reden in einer Gesellschaft, in der es kaum mehr Grenzen gibt. Ein Gott, der über alles hinweg sieht und alles verzeiht, erscheint da viel populärer.

Doch wo führt es hin, wenn es keine Grenzen mehr gibt? Werden dann nicht bald gewisse Menschen diese Freiheit missbrauchen, um ihren Vorteil daraus zu ziehen? Unmerklich schnürt sich auch heute das Netz um unsere ach so freie Gesellschaft und viele gehen freiwillig in den Käfig, der aus den Daten gesponnen wird, die sie so sorglos über sich preisgeben. Und dann ist es plötzlich wieder da, das Gericht, nun besetzt von selbsternannten Richtern, die sich ungefragt über das Tun ihrer Mitmenschen erheben.

Die Worte vom richtenden Gott, die Jesus Sirach schreibt, sollten den Menschen Trost geben. Die damalige Zeit kannte noch keine unabhängigen Gerichtsverfahren wie sie in unserem Rechtsstaat üblich sind. Oft waren die Richter bestechlich. Wer mehr zahlen konnte, bekam Recht, auch wenn er im Unrecht war. So war es für arme Menschen nahezu unmöglich, ihr Recht durchzusetzen.

Gott ist nicht bestechlich. Er lässt sich nicht davon beeinflussen, wie viel einer geben kann. Es war zu allen Zeiten üblich, Gott Opfer zu bringen, es gab den Zehnten, den jeder an den Tempel oder die Kirche zu entrichten hatte. Das gehörte zur Ordnung der Gesellschaft, in der auch die Priester ihren festen Platz hatten.

Aber wenn einer in Not ist, dann hilft Gott ohne Ansehen der Person. Er wird den Reichen nicht ungestraft lassen, der das Geld für seine zahlreiche Opfer durch die Ausbeutung anderer erworben hat. Gott schaut nicht auf das Opfer, sondern auf das Herz. Und wenn ein Armer mit reinem Herzen zu ihm ruft, so wird Gott dessen Ruf eher vernehmen als das Gebet eines Menschen, der Opfer anhäuft, dessen Herz aber nicht rein ist vor Gott.

Gottes Urteile sind gerecht, weil er die Menschen bis in ihr tiefstes Inneres kennt. Vor menschlichen Richtern kann manches verborgen bleiben. Gott aber weiß alles. Er ist unbestechlich, weil er selbst keinen Vorteil hat aus den Gaben, die Menschen ihm darbringen. Auch die Freundschaft mit Mächtigen vermehrt seine Größe nicht. Gott ist groß, auch wenn er nur der Gott der armen und einfachen Menschen ist. Geben wir uns vertrauensvoll in seine Hände

Barmherziger Gott, Richter der Welt,

du bist unbestechlich in deinem Maßstab,

doch voller Erbarmen in deinem Urteil.

Vergib uns,

dass wir aus Sorge um unseren Vorteil

das Unrecht oft nicht klar benennen,

und nicht so handeln, wie du es uns lehrst.

Wir nutzen unsere Möglichkeiten zu wenig,

um etwas zu ändern an unserem Leben

und an den Verhältnissen dieser Welt.

Gib, dass uns nicht die Macht blendet,

sondern dass wir für die Freiheit eintreten

und gegen Not und Unterdrückung kämpfen.

Gott, dir können wir nichts vormachen.

Sende dein Licht und deine Wahrheit,

dass sie uns leiten zu neuer Klarheit.

Schenke uns den Mut, ehrlich und

konsequent die Gerechtigkeit zu leben.